CRYSTAL TEARS – Decadence Deluxe

Band: Crystal Tears
Album: Decadence Deluxe
Spielzeit: 46:56 min.
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Fastball Music
Veröffentlichung: 18.05.2018
Homepage: www.crystaltearsofficial.webs.com

Nachdem erst letzten Monat EMERALD SUN mit „Under The Curse Of Silence“ ein äußerst erfreuliches Album auf den Markt warfen (wir berichteten), legt Griechenland nun direkt nochmal nach und schenkt der Welt den vierten Longplayer von CRYSTAL TEARS, namentlich „Decadence Deluxe“. Lässt das von Caio Caldas designte Artwork der Platte den CRYSTAL-TEARS-Neuling wohl eher modernen Symphonic Metal erwarten, so entpuppt sich das Ding doch als kräftiger Heavy Metal, der deutliche Einflüsse aus Thrash Metal und Hard Rock bezieht und klassische 80es-Vibes mit moderneren, leicht US-metallischen Klängen kombiniert. Keyboardfrei, versteht sich.
Die Formulierung des Promotextes hinsichtlich der Produktion lässt sich komplett unterschreiben, bewirbt man den Klang des Albums doch als „rundum qualitativ hochwertigen, ehrlichen Metalsound“ – nicht überproduziert, natürlich klingend und absolut auf den Punkt. Passt zur Musik, darf gelobt werden! Lediglich beim Sänger (Søren Adamsen, fügt sich mit seiner rauen Stimme sehr gut in den Gesamtsound ein) hätte man darauf achten können, ihn noch penibler auf eine konstante Lautstärke zu pegeln. Es hat ab und zu den Anschein, als sei er während der Aufnahmen mehr oder weniger im Studio herumgelaufen.
Musikalisch bewegt man sich auf „Decadence Deluxe“ in verschiedenen Gefilden. Ob mit „Heart Of A Lion“ nun PRIEST gecovert wird, man mit „Chaos Thy Name“ eher thrashig unterwegs ist oder mit „Bleeding“ mit einer sehr schönen Kombination aus cleanen Gitarren und Gesang beginnt und in einem nur allzu verdächtig nach TWISTED SISTERs „The Price“ klingenden, dabei aber nicht minder schönen Chorus gipfelt: Langeweile gibt es bei CRYSTAL TEARS nur selten. Auch „Where Angels Die“ weckt wohl Erinnerungen an einen anderen Song (Der Chorus ist letztendlich DIOs „Holy Diver“-Prechorus), ist dabei jedoch auch ein starker Heavy-Metal-Track im Sinne der Klassiker, und die zweite Fußmaschine wird nicht nur für das bangbare „Sick Of It All“ ausgepackt.
Erwähnenswert für „Decadence Deluxe“ ist die Qualität des Gitarrenspiels. Kostas Sotos und Máté Nagy wissen die einzelnen Songs durch kreative Ideen und gelungene Soli noch einmal ein Stück aufzuwerten. Dass trotzdem nicht jeder Track hängen bleibt, ist keine Schande. Denn wo die Melodien nicht im Ohr bleiben wollen, da machen die Songs während des Hörens trotzdem genug Spaß, als dass man sich die Scheibe auch gerne direkt noch ein zweites Mal anhört.

Anspieltipps:
„Blindead“, „Bleeding“, „Tears For The Dead“ und „My Own Hell“

Fazit:
Doch, Griechenlands Metalbands sollte man mal genauer unter die Lupe nehmen. Und CRYSTAL TEARS bilden da keine Ausnahme. Schön produziert aber dennoch angenehm roh, stilistisch alles andere als festgefahren, hart aber niemals auf Kosten der Melodien – und weiß Gott nicht eine der Bands, die doch bei jedem Song irgendwie gleich klingen. „Decadence Deluxe“ ist feiner Heavy Metal mit hörbaren Einflüssen anderer Untergenres, der gekonnt klassischen Metal mit modernen Akzenten kombiniert. Nicht undeluxe, meine Freunde!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Evil Vs. Evil
02. Blindead
03. Heart Of A Lion
04. Where Angels Die
05. Death Haunts Forever
06. My Own Hell
07. Bleeding Me
08. Chaos Thy Name
09. Sick Of It All
10. Dear Insanity
11. Tears For The Dead
12. I’m 18 (Bonus Song)
13. Tie Your Mother Down (Bonus Song)

Jannis

PRAYING MANTIS – Gravity

Band: Praying Mantis
Album: Gravity
Spielzeit: 57:40 min
Stilrichtung: Hard Rock/Heavy Metal
Plattenfirma: Frontiers Music s.r.l.
Veröffentlichung: 11.05.2018
Homepage: www.prayingmantis.rocks

Eins steht von vornherein fest: Das ist die mit Abstand größte Gottesanbeterin, die PRAYING MANTIS jemals auf ihrem Coverartwork am Start hatten. Mit dieser Erkenntnis entfaltet das Cover des elften Studioalbums der Briten schon einmal die gewünschte Wirkung. Grandios übernommen wurde der Stil der älteren Plattencover von Rodney Matthews, der sich bei “Gravity” das erste Mal höchst erfolgreich an einem MANTIS-Artwork versucht und unter anderem durch ELOY- und THIN-LIZZY-Cover bekannt wurde.
Ob nicht nur die Gottesanbeterin, sondern auch das Album dahinter das bislang größte der NWoBHM-Fraktion ist, muss wohl jeder Hörer für sich entscheiden. Außer Frage steht jedoch, dass “Gravity” ein fantastisches Stück Hard Rock ist, das mit seinen Wurzeln die letzten vierzig Jahre durchgräbt.
Die Produktion ist klar, relativ warm und bietet keinen Grund zur Kritik. Ebenso Sänger John Cuikpers, dessen Stimme ausdrucksstark und geradezu gemacht für diese Band anmutet, obgleich er erst seit 2013 am Mic steht. Auch der Rest der Band, der trotz der Jahre, die PRAYING MANTIS inzwischen auf dem Buckel hat, mit Chris und Tino Troy immer noch respektable zwei Gründungsmitglieder beinhaltet, überzeugt vollends.
Die Songs an sich überzeugen nicht weniger. Langsameres bis schnelleres Midtempo dominiert die Scheibe, ein hohes Maß an Melodiösität, ein recht heruntergefahrener Härtegrad, eine ernst-erwachsen-nachdenkliche Grundstimmung – und eine beachtliche Menge an schlicht hervorragenden Ideen. Dass auch bei einem sehr starken Album nicht jeder Song ein Volltreffer ist, ist verständlich. Doch auch die schwächeren Songs auf “Gravity”, beispielsweise “Shadow Of Love”, ein etwas zu klassischer Hard-Rock-Track durch und durch, oder “Time Can Heal”, das mit deutschem Text problemlos auf SWR4 Anklang finden könnte, machen Laune – von den restlichen Tracks ganz zu schweigen.
PRAYING MANTIS sind, kurz gesagt, einfach asozial gute Songschreiber, die entweder monatelang ununterbrochen fieberhaft an neuen Riffs, Keyboardlines und Melodien arbeiten oder, wenn nicht ihre Seele, dann doch zumindest ein zwei Nieren an den Teufel verkauft haben. Allein die “Mantis Anthem” mit ihrem fanfaresk-cheesigen Intro und dem saustarken Chorus ist ein Kaufgrund für “Gravity”, ebenso wie “Ghosts Of The Past”, eine kraftvolle Glanzleistung von Cuilpers vor ruhigem Hintergrund, garniert mit top-produzierten Streicher-Synths.
Dann sind da noch das verhältnismäßig rockige “39 Years” (Für die Langsameren: So lange gibt’s die Band schon) mit FOREIGNER-Say-You-Will-Chorus, das melancholische “Foreign Affair” und das vergleichsweise schnelle und unkonventionelle “Final Destination”, das einige der bisher eingehaltenen Konventionen ein wenig über Bord wirft und offensichtlich Spaß am Kontrast zwischen fröhlichem Gesynthe und tiefer Gitarren/Bass-Arbeit hat. Lückenfüller: Fehlanzeige.

Anspieltipps:
“Mantis Anthem”, “Gravity”, “Ghosts Of The Past” und “Keep It Alive”

Fazit:
PRAYING MANTIS sind zurück und sie haben noch immer neue Ideen. “Gravity” ist nicht der Xte Aufguss der immer gleichen Bandformel, es ist ein ebenso erwachsenes wie erfrischendes geiles Stück Hard Rock mit einem Schuss NwoBHM. Nach 40 Jahren Bandgeschichte so ein Album – das muss den Jungs erstmal einer nachmachen!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Keep It Alive
02. Mantis Anthem
03. Time Can Heal
04. 39 Years
05. Gravity
06. Ghosts Of The Past
07. Destiny In Motion
08. The Last Summer
09. Foreign Affair
10. Shadow Of Love
11. Final Destination

Jannis

KARDINAL SIN – Victorious

Band: Kardinal Sin
Album: Victorious
Spielzeit: 56:14 min.
Stilrichtung: Melodic Power Metal
Plattenfirma: Massacre Records
Veröffentlichung: 27.04.2018
Homepage: www.kardinalsin.se

KARDINAL SIN – kennt man irgendwoher, oder? Korrekt, ist ein Song von POWERWOLF, aber seit 2014 auch eine Band aus Schweden, die man zuvor als Accept-Coverband und als ROUGH DIAMOND gekannt haben könnte. Jetzt steht das Debutalbum der Jungs in den Startlöchern, das den uninspiriert-generischen Namen “Victorious” trägt und sich hinter einem nicht so richtig interessanten Coverartwork versteckt. Vergessen und vergeben, wenn man die Scheibe in den Player packt und “Patria (Fatherland)” ohne Vorwarnung leider etwas dumpf, aber kraftvoll und fettestens produziert vor einem steht und “Feier mich!” ins Gesicht schreit. Und viel anderes bleibt dem Fan saftig (hat an sich an besagte Dumpfheit einmal gewöhnt) produzierten modernen Melodic Power Metals auch nicht übrig. Der Refrain setzt sich ab dem ersten Hördurchlauf unbarmherzig fest, das Ding an sich klingt nach einer Mischung aus Finnen- und SABATON-Metal, am Ende gibt’s ’ne Modulation, die Power-Metal-Bedürfnisse sind absolut befriedigt.
Das schafft auch das etwas straightere “Walls Of Stone”, das das Niveau des Openers allerdings nicht komplett zu halten vermag, bevor mit “Mastermind” erneut vorbildliche Kompositionsarbeit geleistet wird, mit einer starken Strophe und dem nächsten Ohrwurmrefrain, dessen Anfang dem ohnehin leicht HELLOWEENigen Song die angemessene Portion “I Want Out” verleiht. “Victorious” gewinnt zwei Preise. Erstens den für den standardsten Power-Metal-Song-Namen, zweitens den für das wohl geilste Stück auf “Victorious”. Kurz und knapp: Der Refrain ist für die Götter, die Strophe treibend, die Synths sitzen, der Prechorus ist angemessen dramatisch und wenn das Lied live nicht geil käme, dann täte es wohl gar kein Lied. Und ein cheesiges kurzes Synth-Solo gibt es auch. Wem einfällt, woher die Melodie nochmal ist, der schreibe es bitte in die Kommentarspalte.
Genug des Hypens, weiter geht es mit “Bonaparte”, das letztendlich die 2010er-Jahre-Melodic-Power-Metal-Version von KAMELOTS “Lost And Damned” ist. Der Refrain ist keiner der stärksten auf dem Album, erinnert an POWERWOLF (wie überhaupt so einiges auf “Victorious”, aber das ließ sich anhand des Bandnamens auch irgendwo vermuten), ist aber trotzdem nicht von von schlechten Eltern, und der Mittelteil ist auch fein. Episch fett wird es bei “S.I.N”, der Bandhymne, wenn man so will. Abermals WOLFig geht es anschließend mit “Revenge Of The Fallen” weiter, STRATOVARIsch danach mit “Secret Of The Pantomime” (Ehrlich, schon der Songtitel klingt explizit nach den Finnen).
Während die Frauenquote momentan heiß diskutiert wird, muss die “Raven Quote” keinesfalls diskutiert werden. Die wird auf “Victorious” ohne Zweifel gebraucht, ist recht synthy und gerade im Refrain klassischster Power Metal auf hohem Niveau! “Attack” schlussendlich übernimmt in Teilen das Leitmotiv von Bachs Bouree in e-moll, ärgert jeden, der das Originalwerk kennt, damit, dass es die Melodie anders weiterführt, als man erwartet und ist aber abgesehen davon auch stark. Und die Bonussongs? Nun, während man sich “For The Heroes”, eine eher kitschig-pathetische Klavier-Streicher-Chor-Ballade über Kriegsheldentum, absolut hätte sparen können, ist die Metal-Version von Disneys “Bells Of Notre Dame” in ihrer powermetallisch-orchestral-musicalesken Art eigentlich das beste, was man aus dem Original hätte machen können. Der Kauf der Limited Edition lohnt. Der des Albums im allgemeinen sowieso.

Anspieltipps:
“Victorious”, “Victorious” und “Victorious”. Zudem “Patria (Fatherland)”, “Mastermind” und “Raven Quote”

Fazit:
Klar, “Victorious” ist schon ein wenig glattgelutscht. Das passt jedoch optimal zum Stil des Albums. Fans der großen und kleineren BummZapp-Power-Metal-Bands, die fetteste Produktionen mit ordentlich Synth-Einsatz auffahren (Wir wissen alle, wer gemeint ist), können bedenkenlos zugreifen. Denn während so manche der großen Bands in diesem Business doch ein wenig stagniert und im Zweijahresrhythmus das gleiche (geile) Album, bestehend aus zehn bis zwölf gleich klingenden (geilen) Songs an die Spitze der Albumcharts schmeißt, klingen KARDINAL SIN einfach frisch, unverbraucht und individuell. “Victorious” ist abwechslungsreich, strotzt vor guten Melodien und Arrangements und macht, seien wir ehrlich, schwerstens Laune. Hoffen wir, dass die Jungs das Niveau dieses großartigen Debutalbums in Zukunft halten können, ohne die Platte mit den Nachfolgern nur noch gut zu kopieren.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Patria (Fatherland)
02. Walls Of Stone
03. Mastermind
04. Victorious
05. Bonaparte
06. S.I.N
07. Revenge Of The Fallen
08. Secrets Of The Pantomime
09. Raven Quote
10. Attack
11. Bells Of Notre Dame (Revisited)
12. For The Heroes

Jannis

THRUST – Harvest Of Souls

Band: Thrust
Album: Harvest Of Souls
Spielzeit: 44:27 min.
Stilrichtung: US Metal
Plattenfirma: Pure Steel Records
Veröffentlichung: 27.04.2018
Homepage: www.thrustonline.com

THRUST sind eine der Bands, die seit Jahren eine kleine treue Fangemeinde um sich scharen, sich aber zeit ihrer Existenz im Untergrund bewegt haben, und das seit beachtlichen 37 Jahren. In diesen hat man zwei Alben und etwas Demo- sowie Livematerial heraus, um nun, stolze 16 Jahre nach der letzten richtigen Albumveröffentlichung, mit “Harvest Of Souls” nachzulegen. Die Scheibe hat zehn Tracks und eine Gesamtspielzeit von einer anständigen Dreiviertelstunde zu bieten und wurde garniert mit einem absolut schick atmosphärischen Cover.
Musikalisch machen THRUST klassischsten US-Metal mit deutlichem Oldschool-Spirit (ist naheliegend und umso authentischer, wenn man seit so langer Zeit musikalisch unterwegs ist). Das spiegelt sich, wenn man so will, in der Produktion des neusten Releases wider, die langjährige Fans der Truppe wohl als einzig angemessene betiteln, die aber aus heutiger Sicht deutlich Luft nach oben, insbesondere hinsichtlich des Drumsounds, hat.
Sänger Eric Claro ist ein außergewöhnlicher Sänger, den man guten Gewissens als stark und wandlungsfähig bezeichnen kann, pendelt er doch je nach Song zwischen RONNY JAMES DIO mit seinem unverkennbaren kehligem A-Laut, einem aggressiven HANSI KÜRSCH auf “Battalions Of Fear” und einigen anderen Größen der Achtziger hin und her. Natürlich nicht in so glatt, wie man das von aktuellen (aktuellstmöglichen)  Veröffentlichungen besagter Herren kennt – schließlich ist “Harvest Of Souls” im Herzen absolut 80es Underground, und das impliziert nicht nur ein paar Ungenauigkeiten der Instrumentalfraktion, sondern auch eine roh-ungeschliffene Verwendung der Gesangsspuren.
Musikalisch muss man THRUSTs aktuelles Ding leider als höhepunktarm bezeichnen. Die Songs sind durchgängig sehr simpel strukturiert, gerne mit einem Intro, das sich vom Rest des Songs absetzt, einfachen Melodien, die meist nicht wirklich hängenbleiben, angesiedelt im mittleren bis oberen Midtempo und garniert mit sehr ordentlichen Soloparts. Was herausstechende Songs angeht, steht wohl “Shadow Of The Cross” an erster Stelle, dessen ruhiges Intro und Outro überzeugen und dessen mittlerer schnellerer Teil sehr angemessen aus sich heraus geht. “End Of The Time” traut sich was mit seinem einfach, aber dennoch interessant komponierten Refrain und “Feel The Pain” erfreut mit seinem live-kompatiblen Chorus, dem coolen Rhythmus und dem spaßigen Tempowechsel zum Mittelteil.
Größtenteils ist “Harvest Of Souls” jedoch eher ein Album, das zum Nebenbeihören einlädt. Klar, auf Innovation sind die Jungs nicht aus, aber ein wenig mehr Spannung hätte dem Album doch gut getan. Und eine etwas ausgereiftere Produktion. Obgleich nicht auszuschließen ist, dass es durchaus eine nicht unbedeutende Zielgruppe gibt, die genau diese Aspekte an “Harvest Of Souls” schätzt.

Anspieltipps:
“Shadow Of The Cross”, “Sorceress”, “Feel The Pain” und “Possessed”

Fazit:
THRUST machen die Art von Metal, die mit dem sogenannten Poser Metal nichts am Hut haben will. Die Musik der Amis ist roh, ungeschliffen, nicht besonders komplex und handgemacht as fuck. Wem sowas gefällt, der sollte der Platte auf jeden Fall mal eine Chance geben. Wer mehr Wert auf eine moderne Produktion, ausgefeiltere Kompositionen und offensichtlichen Abwechslungsreichtum legt, wird sie vermutlich eher mäßig interessant finden.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Deceiver
02. Immortal
03. Kill Or Be Killed
04. Sorceress
05. Shadow Of The Cross
06. Blood King
07. Possessed
08. Feel The Pain
09. End Of Time
10. One Step From The Grave

Jannis

GUS G. – Fearless

Band: Gus G.
Album: Fearless
Spielzeit: 43:41 min.
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 20.04.2018
Homepage: www.gusgofficial.com

GUS G., alias Konstantinos Karamitroudis (Man fragt sich, warum der Mann wohl einen Künstlernamen nutzt), ist Gitarrist bei FIREWIND. Des weiteren war er unter anderem schon auf Platten von OZZY OSBOURNE, MYSTIC PROPHECY, ARCH ENEMY, KAMELOT, DREAM EVIL, DRAGONLAND, ROTTING CHRIST, DEW-SCENTED, IN THIS MOMENT, HEVISAURUS, DORO und JORN zu hören, war vermutlich zeitweise Drummer bei SPINAL TAP und wohnt gegebenenfalls in einer Ananas ganz tief im Meer.
Wie das so ist, wenn man als Berufsgitarrist dermaßen auf Achse ist, hat auch GUS irgendwann den Drang verspürt, Soloalben zu produzieren. “Fearless” ist bereits sein drittes, hat Will Hunt an den Drums und Dennis Ward am Mic und Bass a Start – und es kann sich durchaus hören lassen. Der Sound der Scheibe ist recht klinisch hart, dabei sauber und definiert, und erinnert an den der letzten FIREWIND-Alben. Allgemein ist das ganze Ding sehr modern gehalten, leistet sich ein paar technische Spielereien hinsichtlich der Produktion und der eher hintergründig agierenden Synths und verpasst Dennis‘ Stimme eine leicht OZZYge Produktion. Kein Wunder, fühlt man sich während des Hörens von “Fearless” doch gerne mal an neuere Alben des Fürsten erinnert, nicht zuletzt an “Scream”, an dem GUS nicht nur mitwirkte, sondern aus dem er auch hörbare Einflüsse mitnahm.
Die Songs auf “Fearless” kann man vielleicht und schlechten Gewissens ein wenig mit den Soloaktionen von SLASH vergleichen, nur eben metallischer und ohne Features. Das Talent der Truppe ist jederzeit offensichtlich, ohne dass man es dem Hörer zwanghaft ins Gesicht reibt. Im Gegenteil, die zehn (mit Bonussongs zwölf) Tracks sind recht straight und schnörkellos gehalten und ufern normal nur in den Mittelteilen aus – und wenn GUS auf den Endrefrain soliert, was er gerne tut.
Insgesamt ist “Fearless” gut vielseitig. Es gibt Instrumentals (“Fearless” und “Thrill Of The Chase”), die gleichermaßen auf dissonantes Gefrickel und melodieorientierte Parts setzen, ein geiles DIRE-STRAITS-Cover (“Money For Nothing”), das alles andere als ein lauwarmer AufGUS des Originals ist, und mit “Last Of My Kind” (ziemlich fett, würde auf seltsame Weise von EPICA gecovert ziemlich gut klingen) und “Nothing To Say” (poppig, beeeiiiinahe radiotauglich) auch zwei ruhigere Tracks.
Und natürlich ordentlich härteres und/oder böseres Material, wie “Mr. Manson”, dessen OZZY-Inspiriertheit wohl unbestreitbar ist, das kurze und kurzweilige “Chances” mit seiner absolut geilen Strophe und “Big City”, das wohl am ehesten als Cabriomusik für coole Leute in LA beschreibbar wäre.
Ankreiden kann man dem Album letztendlich nur, dass es etwas unbeseelt klingt. Die Tracks sind geil, ohne Frage, eingängig ebenso, doch auf emotionaler Ebene lassen sie eher kalt. Man mag “Fearless”, wie so viele Alben von Sologitarristen, als Portfolioalbum bezeichnen – als Skilldemonstration, bei der das Gesamtpaket stimmt, die aber, wie erwähnt, besser laut im Auto mit heruntergedrehten Fensterscheiben als über Kopfhörer abends am Kaminfeuer funktioniert.

Anspieltipps:
“Chances”, “Money For Nothing”, “Big City” und “Thrill Of The Chase”

Klingt das vernichtend? Soll es nicht sein. “Fearless” ist zwar etwas zu berechnend konzipiert, folgt durchgängig dem Lehrbuch und mag seine Hörer emotional nicht besonders mitreißen, doch ein gutes Album, hochprofessionell eingespielt, konzipiert und produziert, ist es allemal. Und Spaß macht es auch. Rein in den CD-Player, aufdrehen und warten. Mit zwanzigprozentiger Wahrscheinlichkeit klingelt nach fünf Minuten der Nachbar mit schlechter Laune – mit achtzigprozentiger Wahrscheinlichkeit mit einem Sixpack.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Letting Go
02. Mr Manson
03. Don’t Tread On Me
04. Fearless
05. Nothing To Say
06. Money For Nothing
07. Chances
08. Thrill Of The Chase
09. Big City
10. Last Of My Kind
11. Little Ain’t Enough (Bonus Track)
12. Aftermath (Bonus Track)

Jannis

VOLSTER – Perfect Storm

Band: Volster
Album: Perfect Storm
Spielzeit: 52:20 min.
Stilrichtung: Melodic Hard Rock
Plattenfirma: ROAR Rock Of Angles
Veröffentlichung: 20.04.2018
Homepage: www.volsterband.com

Der Sommer steht vor der Tür, die Harley/Das Moped/Das Fahrrad in der Garage scharrt ungeduldig mit den runden Hufen, der Highway ruft. Der Soundtrack fehlt.
Stop. Der Soundtrack fehlt nicht mehr, denn VOLSTER haben ihr erstes Album “Perfect Storm” veröffentlicht, und das ist rock’n’rolliger Hard Rock in Reinform, dessen Wurzeln bestes Wasser aus dem stonigen Grund der Siebziger und Achtziger saugen.
Produziert wurde das Album von niemand Geringerem als Max Norman, der schon bei OZZYs “Bark At The Moon” seine Finger am Regler hatte. Dementsprechend klingt “Perfect Storm”, wie zu erwarten, recht tiefenlastig, gerade in den Gitarren, kompensiert dies jedoch durch den recht höhenlastigen Gesang. Der Sound ist somit für heutige Verhältnisse leicht gewöhnungsbedürftig, für das Konzept und in Anbetracht der Einflüsse von VOLSTER jedoch bestens geeignet – und leistet dem Album zweifelsohne einen guten Dienst.
Was die Schweden um den Ex-Gitarristen und Ex-Bassisten der Ex-MASQUERADE so machen, klingt erst einmal nach eingängigem Hard Rock mit Fokus auf eingängigen Melodien und hörbarer Rock’n’Roll-Ästhetik. “King Of The Hill” und “Heaven Or Hell”, die beiden ersten Tracks des Albums, ziehen gradlinig voran, sind nicht besonders komplex und halten ein paar feine Melodien parat, die, wie man es von derart erfahrenen Leuten im Biz erwarten darf, absolut angemessen umgesetzt wurden.
Dass VOLSTER auch anders können, zeigt sich im weiteren Verlauf der Platte, die in ihrem stilistischen Rahmen doch erfreulich vielseitig ist. “Easier Said Than Done”’s Drums arbeiten schön tom-orientiert und vervollständigen die Dur-durchzogene Gitarrenarbeit und die feine Melodieline zu einem stimmungsvollen Lagerfeuer’n’Leather-Song, Breathless kommt mit einem Killerrefrain, dessen Sahnehäubchen die Backing Vocals ausmachen, und der letzte Track, “Ends With Me” (schöne Idee), überzeugt mit amtlicher Härte, die dem melodischen Refrain seine Wirkung nicht nimmt.
Stark insbesondere auch “Drifting Away” und “Babylon”. Während erstgenannter Song mit loungiger E-Orgel, Rasseln und unkonventionellen Harmonien Freude bereitet, verteilt “Babylon” runde Sonnenbrillen und ein wenig Marihuana an seine Hörer. Der Track ist stark im Stoner Rock angesiedelt, ist sich Gott sei Dank auch nicht für ein Sitar-Solo zu schade und karrt extra für die letzten zehn Sekunden während des Ausfadens noch ein paar Bongos ran. So lobe ich mir das.
Sonst noch erwähnenswerte Songs? Ja, im Endeffekt hat jeder Song auf “Perfect Storm” seine Eigenart und Berechtigung, auch wenn einige subjektiv mehr als andere unterhalten. Aber ob “Games Of War”, das im Endeffekt eine Art “No More Tears” ist, oder “I Don’t Care” mit seinem krassen Kontrast zwischen dem wuchtigen Sound der Band und dem bewusst dünnen Riff – Spaß machen die Tracks alle. Insbesondere jedoch folgende…

Anspieltipps:
“Drifting Away”, “Easier Said Than Done”, “Babylon” und “Breathless”

Fazit:
Ich schäme mich schon etwas, in letzter Zeit immer nur so positive Rezensionen rauszuhauen. Aber was will man machen? VOLSTERs Debut ist ein geiles melodisches Hard-Rock-Album im Stil der Größen der Siebzieger/Achtziger geworden. Mein volster Respekt dafür.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. King Of The Hill
02. Heaven Or Hell
03. Perfect Storm
04. Breathless
05. Still In Love
06. Babylon
07. Hero
08. Games Of War
09. Easier Said Than Done
10. I Don’t Care
11. Drifting Away
12. Ends With Me

Jannis

EMERALD SUN – Under The Curse Of Silence

Band: Emerald Sun
Album: Under The Curse Of Silence
Spielzeit: 58:17 min.
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Fastball Music
Veröffentlichung: 13.04.2018
Homepage: http://www.emeraldsun.gr

Machen wir uns nichts vor: Die ganze auf Hochglanz polierte Power-Metal-Partymukke, die heutzutage von SABATON, POWERWOLF und Konsorten veröffentlicht wird und mit Wänden von Keyboards und stampfenden Disco-Beats daherkommt, macht ja schon echt Spaß. Ab und zu darf es jedoch ruhig auch mal eine Prise altmodischer, bodenständiger sein – und für diese Momente gibt es unter anderem EMERALD SUN. Deren neustes Album „Under The Curse Of Silence“ ist im Prinzip Hamburger Power Metal der Neunziger aus Griechenland mit leichten italienischen Einflüssen (auch wenn andere Rezensionen den Stil der Band eher mit Skandinavien in Verbindung bringen).
Die Produktion des truerweise am Freitag dem 13ten releasten fünften Streiches der Herren aus Thessaloniki übernahm RAGE-Gitarrist Marcos Rodriguez, und der mag für die Musik von EMERALD SUN den perfekten Sound gefunden haben, klingt es doch beinahe danach, als habe man die neuste Scheibe vor 25 Jahren herausgebracht und nun noch einmal sehr gut remastert.
Des weiteren klingt das Ding stark nach GAMMA RAY. Nicht unbedingt, weil man Melodielinien abgekupfert hätte – eher, weil einerseits Sänger Stelios Tsakirides (der einen hervorragenden Job macht) stark an Goldkehlchen KAI HANSEN erinnert und andererseits die Art der Melodieführungen, die Gestaltung der Backing Vocals und die rockig-unbeschwerte Grundstimmung mit einer hörbaren Portion guter Laune oft sehr RAYige Züge haben. Ist das schlecht? Nein, im Gegenteil, denn EMERALD SUN sind alles andere als eine schlechte Kopie. Sie machen schlicht und ergreifend gut gelaunten, sympathischen Power Metal im Sinne der Hanseaten.
Gelungener Einstieg ist „Kill Or Be Killed“ mit seinem Prototyp-Power-Metal-Refrain, nicht minder gelungene Weiterführung das anschließende „All As One“ (Hört hier jemand „One With The World“ raus?), dessen Backing Vocals wie die Faust aufs Auge passen.
„Blast“ ist bangbar im besten Sinne, hat den einzig wahren PEAVY WAGNER am Start (den man auch an der ein oder anderen Stelle auch noch im Hintergrund findet) und MUSS natürlich im Chorus ein paar Explosionssounds während des Wortes „Blast“ auffahren. Alles andere wäre auch beschämend. Apropos: Das einzig Beschämende und Schwache an „Weakness And Shame“ ist das uninspirierte Ausfaden am Ende. Der Rest ist Party vom Feinsten. Mit „Journey Of Life“ gibt’s die obligatorische Ballade, die episch ausfällt und zum Schwenken von Feuerzeugen einlädt (und die nochmal als Bonussong vertreten ist. Auf spanisch natürlich, wie sich das für Griechen gehört.).
Stark geht es auch weiter. „Rebel Soul“ knattert auf Uptempo daher, „Land Of Light“ MANOWARt hörbar und „Slaves To Addiction“ ist ein weiterer Top-Song auf „Under The Curse Of Silence“, dessen Chorus dem Ganzen die Krone aufsetzt.
Keine Disco, keine Synth-Overdose, das ist Power Metal in Reinform, wie man ihn in letzter Zeit vielleicht ein wenig zu selten hört.

Anspieltipps:
„Slaves To Addiction“, „All As One“, „Kill Or Be Killed“ und „Fame“

Fazit:
Mitte April ist wirklich ein guter Zeitpunkt für den Release von „Under The Curse Of Silence“, denn das Ding ist nicht nur erfrischender hochwertiger Power Metal, es ist auch ein Top-Sommer-Metal-Album. Anlage einpacken, raus auf den Campingplatz oder in den Park, Grill warm, Bier kalt, EMERALD SUN laut, Laune gut. So einfach ist das.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Kill Or Be Killed
02. All As One
03. Carry On
04. Blast
05. Weakness And Shame
06. Journey Of Life
07. Rebel Soul
08. Land Of Light
09. Slaves To Addiction
10. Fame
11. World On Fire
12. La Fuerza Del Ser (Bonus Song)

Jannis

ROSS THE BOSS – By Blood Sworn

Band: Ross The Boss
Album: By Blood Sworn
Spielzeit: 46:34 min.
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 20.04.2018
Homepage: www.ross-the-boss.com

Ross the Boss, aka Ross Friedman, muss hier wohl keinem mehr vorgestellt werden. Stichwort Ex-MANOWAR-Gitarrist und -gründungsmitglied, nebenbei an diversen weiteren Projekten beschäftigt (gewesen), aktuell unter anderem an DEATHDEALER. Und dann gibt es da noch ROSS THE BOSS, das Soloprojekt des guten Mannes, dessen dritten Release der gebürtige New Yorker momentan feiern darf, unter anderem mit Mike LePond, der erst ein knappes Vierteljahr zuvor mit seinem eigenen Soloprojekt releaste (Wir berichteten).
Wer die ersten beiden Alben von ROSS THE BOSS kennt, der weiß letztendlich bereits, was ihn mit “By Blood Sworn” erwartet. True Heavy Metal, weit weniger pathostriefend als MANOWAR, mit denen man Ross wohl ewig in Verbindung bringen wird, aber nichtsdestotrotz ausgestattet mit Rittern, Schwertern und güldenen Vögeln, wie das Coverartwork bereits subtil andeutet. Während MANOWAR (ja, ich höre jetzt sofort auf mit dem Vergleich) einigermaßen viel Angriffsfläche für spöttische Kritik hinsichtlich ihrer Selbstwahrnehmung und -darstellung sowie ihrer musikalischen Qualität gerade in den letzten Jahren bieten, ist derartige Kritik bei ROSS hingegen einfach nicht möglich. Denn “By Blood Sworn” ist schlicht ein sehr starkes Heavy-Metal-Album von einer sympathischen und fähigen Truppe, das selbst in balladigen Momenten (“Faith Of The Fallen”) nicht kitschig ist, ansonsten eine gute Dosis Rock’n’Roll verabreicht bekommen hat und über seine Dreiviertelstunde Spieldauer amtlich kurzweilig ist.
Schon der Titeltrack macht Laune, ist recht einfach gehalten und lädt live zum Mitsingen ein. “Among The Bones” fällt sehr rock’n’rollig aus, mit starkem Chorus, den, man höre und staune, auch ein 2008er ALICE COOPER so hätte schreiben können. “This Is Vengeance” beweist das nicht zu leugnende Talent von Sänger Marc Lopez, mit böser Strophe und melodiösem Refrain auf ordentlich Tempo. Vergleichsweise zurückhaltend fällt die Strophe im anschließenden “We Are The Night” aus – dafür darf im Chorus gekeift werden. Ach ja, erwähnenswerter Mittelteil!
Dass das kürzere Schwert im Nahkampf manchmal das effektivere ist, zeigt das knackig-rockige “Devil’s Day” mit seinen gerade mal drei Minuten Länge. Dass man mit einem asozial dicken gemeinen Eisenhammer genauso gut gewinnen kann, zeigt anschließend “Lilith” mit über sieben Minuten, einer starken Doom-Schlagseite und ordentlich Dramatik (außer im Mittelteil, wo man erwartungsgemäß fix im Rossmodus unterwegs ist).
Zum Rest der Songs? Nö, sonst wird die Rezension zu lang. Das Niveau wird jedenfalls problemlos gehalten. An dieser Stelle sollte eh bereits deutlich geworden sein, dass “By Blood Sworn” ein starkes Album ist, das echten Heavy Metal und Vielseitigkeit gekonnt vereint und nur unmerklich schwächer als das grandiose “New Metal Leader” ausfällt.

Anspieltipps:
“Devil’s Day”, “Among The Bones”, “Lilith” und “Play Among The Godz”

Fazit:
Wer sein Gemächt mal wieder ein wenig vergrößern, dabei aber nicht auf durchgängig interessante und geil geschriebene Songs verzichten möchte, der ist mit “By Blood Sworn” gut beraten. Ehrlich, 99% der Leser in unserer Garage sind eh Teil der Zielgruppe dieses Albums. Reinhören!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. By Blood Sworn
02. Among The Bones
03. This Is Vengeance
04. We Are The Night
05. Faith Of The Fallen
06. Devil’s Day
07. Lilith
08. Play Among The Godz
09. Mother Of Horrors
10. Fistful Of Hate

Jannis

CREMATORY – Oblivion

Band: Crematory
Album: Oblivion
Spielzeit: 53:47 min.
Stilrichtung: Gothic Metal
Plattenfirma: Steamhammer/SPV
Veröffentlichung: 13.04.2018
Homepage: www.crematory.de

Ich muss jetzt mal eine Lanze für CREMATORY brechen. Nach ihrem letzten kontroversen Facebook-Post zum Thema Konzertkarten- und Albenverkäufe, der in Klatschmetalmagazinen süffisant aufgegriffen wurde, folgten vonseiten der Leser doch größtenteils eher hämische Kommentare, die die musikalische Qualität der letzten CREMATORY-Veröffentlichungen kritisierten. Alle mal still sein jetzt, der Papa erzählt Euch was über den neusten Release.
Klar ist das Ding für viele Metaller doch eher problematisch (zu kitschig, zu synthig, zu gothisch, zu disco…), doch nimmt man “Oblivion” als das, was es ist – ein partytaugliches Gothic-Metal-Album mit einem recht ausgewogenen Verhältnis aus Härte und düsterer Cheesigkeit – dann ist die Scheibe schlicht und ergreifend geil. Die Vocals von Felix Stass, sowohl im cleanen als auch im gegrowlten Modus: satt und stimmig. Die Produktion: hammer. Die Leistung der restlichen Band: top. Das Ganze natürlich getränkt in einer Mischung aus orchestralen und Club-Music-/EBM/Gothic-inspirierten Synthesizern, die mit Sicherheit keiner billigen Software entstammen und passend eingesetzt sind. Laufzeit: über 50 Minuten. Hitpotenzial (so man die Art von Musik denn mag): durchgehend.
Genauer: Nach dem hart an die Audiospur eines Hollywoodfilmtrailers erinnernden Intro gibt es mit „Salvation“ direkt den ersten Knaller. Die Strophe gegrowlt, im Refrain eine schöne clean gesungene Melodie, leicht melancholische Klavierkeys im Hintergrund – das passt alles. “Revenge Is Mine” startet ruhig mit einem Soloklavier und entwickelt sich dann zu einem mal treibenden, mal ruhigen Teil, das (Ich finde den Vergleich selbst merkwürdig) AMORPHISche Züge hat.
Elektronisch geht’s weiter mit “Wrong Side”, dessen Vocals in der Strophe praktisch gesprochen ausfallen, während der Refrain schlicht verdammt geil, obgleich recht einfach, ausfällt. Böser wird’s mit dem Uptempotrack “For All Of Us”, einer der metallischsten und härtesten Songs auf “Oblivioin” mit stabilem Power-Metal-Chorus inklusive Schellenkranz. Warum auch nicht. Dann nochmal ein wenig Elektro-Metal-Party mit “Immortal”, mit kitschig-geilem Guilty-Pleasure-Refrain und zu kitschigem aber auch sehr kurzem Mittelteil, bevor der Titeltrack, ebenfalls eher melancholisch anmutend, mit seinem Kontrast zwischen der prototyp-gotischen Strophe, dem auf fantastischen Synths aufbauenden Prechorus und dem schön komponierten Refrain besticht. Pause gefällig? Ich muss enttäuschen: Mit “Cemetery Stillness” folgt klassischer härterer Gothic Metal der älteren Schule in modernem Gewand, dessen Chorus unter anderem Assoziationen zu TIAMAT weckt.
Und während der letzte Track hart aber nicht überragend ausfällt, gibt es mit “Blessed” noch eine Bombe, die den, der lange Haare sein eigen nennen darf, zum Bangen einlädt und ebenfalls eine Killer-Refrain-Melodie vorweisen kann.
Klar, ein paar Parts sind zu hart drüber, ein paar Klischee-Keyboards hätte man sich sparen können, doch an der Qualität dieses Albums ändert das nichts. Man hätte das vielleicht anders formulieren können als CREMATORY, aber ernsthaft: Einen Album- oder Konzertticketkauf sollte man angesichts des Niveaus von “Oblivion” ernsthaft in Betracht ziehen.

Anspieltipps:
Macht einfach irgendeinen Track an. Kann nicht viel schief gehen.

Fazit:
Asche auf mein Haupt: Ich muss gestehen, dass ich CREMATORY vor “Oblivion” überhaupt nicht auf dem Schirm hatte. Ich kann nicht beurteilen, ob das Album Fans der früheren CREMATORY zufriedenstellen kann. Ich kann jedoch begründet behaupten, dass jeder, der keine Angst vor ein paar Spinnenweben in seinem Metal und Interesse an toll gemachtem, kraftvollen und modernen Gothic Metal mit ordentlichem Synth-Einsatz hat, mächtig Spaß an dem Werk haben könnte!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Expectation
02. Salvation
03. Ghost Of The Past
04. Until The Dawn
05. Revenge Is Mine
06. Wrong Side
07. Stay With Me
08. For All Of Us
09. Immortal
10. Oblivion
11. Cemetery Stillness
12. Blessed
13. Demon Inside

Jannis

TOMORROW’S OUTLOOK – A Voice Unheard

Band: Tomorrow’s Outlook
Album: A Voice Unheard
Spielzeit: 71:50 min.
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Battlegod Productions
Veröffentlichung: 06.04.2018
Homepage: www.facebook.com/tomorrowsoutlook

Die Norweger sind wieder da! Dieses Mal ohne Corpsepaint, stattdessen mit starkem melodischen Heavy Metal und über 70 Minuten Material. Das ist durchaus eine Ansage. TOMORROW’S OUTLOOK gibt es nun seit etwas über zehn Jahren und mit “A Voice Unheard” steht ihr zweites Album in den Startlöchern. Die Vocals teilen sich Tony Johannessen von THUNDERBOLT und Ralf Scheepers (GAMMA RAY, PRIMAL FEAR), dementsprechend muss über die großartige Gesangsleistung kein weiteres Wort verloren werden. Auch die Arbeit der Instrumentalfraktion liefert keinen Grund zum Meckern, werfen wir also direkt einen Blick auf die Musik.
“A Voice Unheard” klingt klassisch, viele Parts erinnern stilistisch an MAIDEN, wirken jedoch nicht abgekupfert sondern eher “inspiriert” von ihnen. Kein Grund zur Kritik also. Die Instrumentierung ist relativ basic, Keyboards sucht man größtenteils vergeblich, wenn man sie denn sucht. Die Produktion geht absolut klar. Die einzelnen Songs übrigens auch.
Schon der erste Track “Within The World Of Dreams” macht ab der ersten Sekunde Bock auf mehr. Eingeleitet von ruhigen cleanen Gitarren entwickelt sich das Ding zu einem treibenden Uptemposong, der in den Strophen interessanterweise sehr doomig klingt, während der Refrain im fröhlichen MAIDEN-Gewand daherkommt.
Ein starker Chorus auch bei “Descent” und im Titeltrack des Albums – Refrains mit Wiedererkennungswert können die Herren. Bei “Fly Away” gibt es dann bangbaren Midtempo-Power-Metal, ebenfalls auf hohem Niveau und “One Final Prayer” feiert mit abermals sehr schöner Melodieführung im Uptempomodus umher.
Was darf nicht fehlen? Korrekt, eine Ballade. “The Enemy” macht als Ballade alles richtig, startet mit cleanen Gitarren hinter Ralf, dem man eine sehr schöne Melodielinie gegönnt hat, die er problemlos perfekt umsetzt. Und dann entwickelt sich das gute Stück über knapp sechs Minuten hin zu einem sehr fetten Stück Metal. Nicht übel!
Kritikpunkte? Nö, keine relevanten. Naja, die üblichen halt. Zwei oder drei der Songs auf “One Final Prayer” zünden nicht ganz so gut wie die anderen, einige Part fallen unspektakulärer aus als andere, aber niemand ist perfekt. Für den klassischen Heavy Metal sind TOMORROW’S OUTLOOK jedenfalls eine Bereicherung. Das ganze Album klingt natürlich, authentisch und vor allem verdammt erfrischend, mit smarten Arrangements, tollen Melodieideen und einer Band, die ihr Handwerk souverän beherrscht. Das dann noch abgerundet mit zwei großartigen Sängern – Hut ab, meine Freunde!

Anspieltipps:
“Within The World Of Dreams”, “A Voice Unheard”, “One Final Prayer” und “The Enemy”

Fazit:
Ist eigentlich alles gesagt, oder? Sehr gutes Album, reinhören, dann kaufen. Viel Spaß!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Within The World Of Dreams
02. Descent
03. Through Shuttered Eyes
04. A Voice Unheard
05. Outlaw
06. Times Of War
07. The Enemy
08. One Final Prayer
09. Fly Away
10. Nothing Shall Remain
11. Darkside Of Aquarius (Bruce Dickinson Cover)
12. Slave To The Evil (Aria Cover)

Jannis