01. The Autumn Citadel
02. Siren Song
03. Evil Hand
04. A Distant Shore
05. Heather & Hearth
06. Old Pendle
Spielzeit: 39:41 min – Genre: Progressive Rock – Label: Cruz Del Sur Music – VÖ: 18.07.2025 – Page: www.facebook.com/phantomspellmusic
Es gibt so viele unterschiedliche Spezies von Prog-Musikern, aber eine besondere ist die, die vor nicht mal fünf Jahren ihr erstes Album rausgebracht hat, dabei aber klingt, als sei sie als Visionär im Untergrund der 70er- bis 90er-Rockszene heimisch. Darunter fällt beispielsweise PHANTOM SPELL aus Großbritannien. PHANTOM SPELL ist ein Ein-Mann-Projekt (wiederum eine spannende Subspezies), bestehend aus Kyle McNeill und… naja, nur Kyle McNeill eben, der ansonsten noch bei SEVEN SISTERS als Gitarrist und Sänger am Start ist.
Und mit „Heather & Hearth“ hat er nun sein zweites PHANTOM-SPELL-Album unmittelbar in den Startlöchern. Sechs Songs, von denen zwei über zehn Minuten lang sind, wie sich das halt gehört, mit 40 Minuten Spieldauer also ein Album, aber gerade für Prog-Verhältnisse angenehm kompakt. Geboten wird zuallererst Progressive Rock der alten Schule, garniert mit ein wenig NWoBHM (dauert keine zwei Minuten bis zum ersten MAIDENigen-Galopp-Rhythmus) und ein ganz bisschen unklischeehaftem Folk.
Wie auch die Produktion ist „Heather & Hearth“ in seiner Machart angenehm authentisch unmodern. Auch nicht so poliert und nach festen Schemata erstellt wie, sagen wir, eine TRANSATLANTIC-Platte, dafür mit umso mehr Freiräumen, die sie in Anspruch nimmt und damit ziemlich gewinnt.
So zum Beispiel der 12-minütige Opener „The Autumn Citadel“, der sich erstmal besagten Galopp und ein paar süße Synthesizer gönnt, danach aber anderthalb Minuten den ruhigsten Shit abliefert, den Ihr seit langem auf einem Rock-Album gehört habt. Dann der nächste organisch wirkende Break, wir kriegen eine Hammond-Orgel (wie so oft auf der Platte), Akustik-Gitarre, schöne mehrstimmige Vocals, alles zusammengebracht mit ordentlich musikalischem Knowhow.
Im Kontrast dazu folgen dann direkt im Anschluss zwei Songs, die nicht mal die vier Minuten schaffen, vergleichsweise simpel sind, aber schön allemal.
„A Distant Shore“ macht in Sachen Aufbau und Melodien einfach alles richtig, mit ruhigen Momenten, spaßigem Geprogge, Feierlichkeit und allem, was das Herz begehrt. Der Titeltrack hält das Niveau, strapaziert mit seinen elf Minuten auch nochmal die Uhr, ist aber im Vergleich zum Opener etwas entspannter, wenn es darum geht, einzelnen Parts ihren Raum und die Möglichkeit zur Entwicklung zu geben. Und „Old Pendle“ packt zum Schluss die geilen mehrstimmig-folkigen Vocals, die Akustik-Gitarre und die Percussion aus, als starkes Ende eines starken Albums.
„Heather & Hearth“ hat schon Charakter. Vielleicht auch in dem Maße, dass der individuelle Prog-Fan mit der ein oder anderen kleinen Idee seine Problemchen haben wird. Aber ganz ohne Frage geht PHANTOM SPELL mit Offenheit, Kreativität und Bock ans Werk, und das ist gerade im Prog doch wesentlich interessanter als ein gänzlich vorhersehbares People-Pleaser-Album.
Fazit:
Charakterstark, mit Liebe und Bedacht komponiert, mit Mut zur Ruhe wie zu großen Momenten und mit einer Menge Kreativität. Wer diese Sachen im Prog wichtiger findet als 18/23tel-Takte nach 53/17tel-Takten, hat hier einen wunderbaren Kandidaten für abends spät auf dem Campingplatz!
Anspieltipps:
„The Autumn Citadel“, „A Distant Shore“ und „Heather & Hearth“
Jannis















