FUCHS – Too Much Too Many

Trackliste:

01. Don’t Get Me Wrong
02. Of Hopes And Dreams And Bitter Tears
03. Challenge Of Lifelong Learning
04. And Once Again
05. The Middle Years
06. Mad World
07. Here In My Void
08. My Life

 

 

Spielzeit: 69:40 min – Genre: Progressive Rock – Label: Tempus Fugit/SPV – VÖ: 14.07.2023 – Page: www.facebook.com/fuchsleavinghome

 

Es gibt so eine spezielle Subspezies in unserer Gesellschaft: völlig normal wirkende Leute zwischen 50 und 70, die völlig normalen Jobs nachgehen und dann aber plötzlich ein musikalisches Talent in Genres wie Jazz, Blues oder Progressive Rock offenbaren, das ihnen zur richtigen Zeit, mit dem richtigen Label und Marketing einen Platz als ganz heller Stern am Musikhimmel beschert hätte. Die Leute, die man als Band in einer Musikkneipe antrifft und nach deren Auftritt man sich die existenzielle Frage stellt, was Talent eigentlich noch wert ist. Introducing FUCHS aus Deutschland. Debütalbum im Jahre 2012, Sextett, angeführt von Realschullehrer Hans-Jürgen Fuchs, der mit seiner Frau Ines schon in den 90ern und frühen 2000ern vier Alben veröffentlicht hat und inklusive des aktuellen „Too Much Too Many“ mit FUCHS nunmehr fünf weitere Releases vorweisen kann.
„Too Much Too Many“ reiht sich ein in die opulente Liste von Alben kleiner Underground-Leidenschaftsprojekte, die sich klassischem Oldschool Progressive Rock verschrieben haben, die ich in meiner bisherigen Zeit bei der Rock Garage kennen lernen durfte. Keine 500 Fans auf Facebook, aber zwei bis drei Nullen hintendran verdient.
Was über die 70 Minuten Spieldauer zunehmend beeindruckt: „Too Much Too Many“ ist in jeglicher Hinsicht der makelloseste Vertreter dieser Art, den ich auch nach längerem Überlegen benennen kann. Der Sound ist top, sehr klar und warm. Jedes Instrument ist definiert und so präsent, wie es sein sollte, die Vocals sind auch dann perfekt unterscheidbar, wenn sie im Call-and-Response-Verfahren stattfinden, die Chöre klingen wunderbar, elektronische Elemente sind on point und nichts nervt oder sticht negativ hervor. Großes Kompliment für diesen Sound.
Nicht anders sieht’s mit der Leistung der Band aus. Jedes Mitglied hat richtig was auf dem Kasten und arbeitet mit einem Maß an Authenzität, das unerreichbar wäre, wenn man versuchen würde, diesen Stil zu kopieren, ohne sich seit Jahrzehnten mit handgemachter Musik wie dieser zu beschäftigen.
Und kompositorisch? Nun, es gibt bei Bands wie FUCHS neben aller Qualität, die sie erbringen, gerne mal den ein oder anderen Part, der nicht so ganz passen will, eine kleine peinliche Idee, eine zu kitschige Passage oder dergleichen. Nicht so auf „Too Much Too Many“. Es fällt mir selbst schwer, das zu glauben, aber von der ersten bis zur letzten Minute ist die Kompositionsarbeit einfach nur ernstzunehmend und fühlt sich zutiefst richtig an.
Und was geboten wird, ist ein klarer Fall von „Schwer zu komponieren, leicht anzuhören“. Die Platte ist ruhiger Progressive/Art Rock, der keinen Wert auf Härte legt, dafür aber auf gute Melodien, spannende Aufbauten, intuitiv wirkende Integration verschiedenster Instrumente und Klangelemente, Emotionen und progressive Elemente, wenn sie sich anbieten. Das ist die alte Schule von handgemachter Musik, in der der Drummer noch weiß, dass man bei einer Snare nicht nur voll in die Mitte hauen kann, und der Komponist, dass ein Song durchaus ein dreiminütiges Intro haben darf – auch wenn uns Meister Spotify weismachen will, dass zu dem Zeitpunkt der Song schon vorbei sein muss, um gut zu sein.

Fazit:
Ja, die Aussage „Das ist noch richtige Musik“ verrät an sich mehr über den, der sie trifft, als über die thematisierte Musik. Aber egal. „Too Much Too Many“ ist noch richtige Musik, mit Ahnung und Liebe in Sachen Songwriting, Bedienung der Instrumente und Sound, und mit Missachtung der digitalisierungsbedingten Normen, die aktuelle Mainstream-Musik so häufig zahn- und herzloser machen. Und eine wichtige Erinnerung daran, was für Gold sich finden lässt, wenn man einfach mal checkt, was der ganz normale Realschullehrer aus der Nachbarschaft so in seinem Proberaum macht. Vielleicht was ganz Besonderes!

Anspieltipps:
„Challenge Of Lifelong Learning“, „The Middle Years“, „Mad World“ und „Here In My Void“

Jannis

STEVE DALTON – Primitive

Trackliste:

01. Road To Redemption
02. Shapeshifter
03. 2020
04. Listen To The Wiseman
05. Rise Above / Victory
06. Digital Prison
07. Bloodstained Eyes
08. Salome Usurper
09. Where Did The Years Go

 

 

Spielzeit: 48:09 min – Genre: Melodic Hard Rock – Label: Pride & Joy Music – VÖ: 18.03.2022 – Page: www.facebook.com/Chapletown

 

Der aus Sheffield, England stammende Gitarrist, Komponist und Multiinstrumentalist und jetzt in Schweden lebende STEVE DALTON startete 2016 mit dem Solo Projekt STEEL CITY. Dieses Projekt enthielt Demos mit Alessandro Del Vecchio am Mikro. Nun folgen unter seinem Namen und einem Schwung Songs das Debüt unter STEVE DALTON „Primitive“.

Steve schrieb die Songs im Alleingang und spielte alle Instrumente selbst ein. Produziert und bei sieben Songs den Job am Mikrofon übernommen hat der Brasilianer Raphael Gazal. Weitere Unterstützung bekam er von David Saylor bei „Rise Above / Victory“ und von Ross Griggs bei „Bloodstained Eyes“ als Gastsänger.

Was bietet dieser mir bis jetzt völlig unbekannte STEVE DALTON, Melodic Hard Rock bei dem sich Gitarre und Keys duellieren ohne dass ein Sieger dabei hervor geht. Bass und Drums machen Druck aus dem Hintergrund. Die Vocals von Raphael Gazal sind stark ausgeführt und passen sehr gut zu dem Melodic Rock, besitzt zu jeder Zeit genügend Power um zu überzeugen. David Saylor bringt ein wenig bunte Abwechslung mit seiner rauen Stimme ins Spiel, Ross Griggs bringt nochmal zum Ende hin Abwechslung.

Der Sound liegt irgendwo bei DANGER DANGER, FIREHOUSE, LOVE HUNTER, DAVID NEIL CLINE, DAMNED NATION, bei der Gitarrenarbeit BLUE TEARS und ein kleiner Tupfer QUEENSRYCHE hier ein kleiner Punkt FATES WARNING da, und fertig ist diese Mischung die es in sich hat und überzeugt. Steve hat sich nicht nur an die Vergleiche gehalten sondern auch Dalton mit reingepackt und die Mucke so Interessanter gestaltet. Da steckt einiges an Kreativität drin da die Kompositionen nicht nach Schema F aufgebaut sind sondern Teils mit feinen Progelementen und Breaks angereichert wurden um die Sachen interessanter zu machen, zu keiner Zeit kommt Langeweile oder der Drang auf die Skiptaste auf. So macht Musik richtig viel Spaß und man darf auf das kommende von Steve gespannt sein.

„Road To Redemption“ macht einen sehr guten Eindruck am Anfang, Gitarren, Keys, Bass, Drums starke Vocals alles vorhanden. „Shapeshifter“ punktet mit spacigen Keys erinnert mich irgendwie an DAVID NEIL CLINE, die Gitarren machen mit Schmackes druck ein Stampfer. „2020“ ein Rocker mit feiner Prognote die dem Song hörbar gut steht. „Listen To The Wiseman“ andere würden für so ein Melodicmonster Morden, geiler Hookliner. „Rise Above / Victory“ das nächste Groovemonster, stark umgesetzt. „Digital Prison“ kommt teils schräg aber dabei geil rüber die Keys stellenweise sehr spacig bringen Abwechslung. „Bloodstained Eyes“ ein starker Kontrastpunkt der einen ungespitzt in den Boden rammt. „Salome Usurper“ der Song mit dem höchsten Proganteil aber denoch ein geil gemachte Song. „Where Did The Years Go“ ein Symbiont aus Hard Rock und Prog weder von dem noch von dem zuviel, den Spagat richtig gewält und einen geilen Song daraus gemacht.

Balle