SINBREED – IV

Band: Sinbreed
Album: IV
Spielzeit: 48:24 min.
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Massacre Records
Veröffentlichung: 23.11.2018
Homepage: www.facebook.com/sinbreed

Wäre Power Metal ein Neuwagen, dann wären Keyboards die beim Kauf optional dazubuchbare Sitzheizung – sehr angenehm, tötet aber auf Dauer die Spermien ab. SINBREED verzichten auf diesen Bonus daher nahezu komplett und hauen mit “IV” die Power-Metal-Basic-Version raus, auf der man sich zur Anfettung des Materials stattdessen auf schön dicke und klare Backing Vocals verlässt, abseits dessen aber erstaunlich abgespeckt unterwegs ist. Positivermaßen, muss man angesichts des Resultats sagen.
Das vierte Album der 2010 gegründeten Truppe aus Deutschland unterhält über zehn Tracks und knapp 50 Minuten hinweg mit einprägsamem Power Metal, der nie überladen klingt und sauberst produziert ist. Sänger Nick Hollemann, neben Gitarrist Manuel Seoane einer der beiden Neuen in der Band, mag anfangs etwas gewöhnungsbedürftig sein, passt aber doch sehr gut zum Sound der Band und sollte bei Fans der vorherigen Alben mit seiner etwas an Andi Deris erinnernden Stimme generell gut ankommen (Lob an dieser Stelle auch für die Produktion der Vocals und der von Timmy Rough von THE NEW ROSES eingesungenen Backing Vocals). Ansonsten: Frederik Ehmke von BLIND GUARDIAN an den Drums und der Rest der Band leisten auch beste Arbeit.
Die einzelnen Songs haben so einige Dinge gemein: In den meisten Fällen darf der Doppelbass ran, die recht hektische aber stets gut strukturierte Drum- und Gitarrenarbeit macht auch aus Midtempotracks Uptempotracks; Die Durchschnittsgeschwindigkeit des Albums ist vergleichsweise hoch. Die Refrains sind generell auf Eingängigkeit geschrieben und dabei meistens extrem erfreulich. Refrains, die aus viermal dem selben Wort, dem selben Satz oder der selben vier Takte langen Melodieline bestehen, sucht man vergeblich. Fast alle Refrains sind liebevoll auskomponiert, dabei sehr eingängig, ohne jedoch immer die selben Power-Metal-Akkord-Schemata zu bemühen.
Auch in die Mittelteile und Soloparts hat man Arbeit investiert, die sich hörbar auszahlt und sie zu kleinen Höhepunkten des Albums macht, im Gegensatz zu den obligatorischen 16 Takten Solo, die bei vielen anderen Bands des Genres doch hauptsächlich noch schnell in den Song gepackt werden, weil das halt so gemacht wird.
Lückenfüller finden sich auf “IV” praktisch gar nicht (lediglich “Pride Strikes” ist subjektiv gesehen etwas uninspirierter als der Rest). Stattdessen regiert auf der Platte über mehr als eine Dreiviertelstunde fröhlicher Power Metal, der zeitweise an AVANTASIA, GAMMA RAY und ROSS THE BOSS (“First Under The Sun” – Ihr werdet wissen, was ich meine) oder HELLOWEEN erinnert, dabei einen recht individuellen Sound vorweisen kann und mit Songdauern um die vier bis fünf Minuten stets kurzweilig bleibt.

Anspieltipps:
“Wasted Trust”, “The Purge”, “At Least I Am” und “Final Call”

Fazit:
Gut möglich, dass mit SINBREED ein neuer großer Name der deutschen Power–Metal-Szene heranwächst. Verdient hätten es die Jungs allemal, denn “IV” ist zum angehenden Jahresende nochmal ein kleines Highlight, das sich nicht schlecht unter dem Weihnachtsbaum des Metallers mit Hang zu Melodiösität und Power Metal zwischen Tradition und Moderne machen würde.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. First Under The Sun
02. Falling Down
03. Wasted Trust
04. Into The Arena
05. Pale-Hearted
06. Final Call
07. The Purge
08. Pride Strikes
09. At Least I Am
10. Through The Fire

Jannis

NANOWAR OF STEEL – Stairway To Valhalla

Band: Nanowar Of Steel
Album: Stairway To Valhalla
Spielzeit: 60.06 min.
Stilrichtung: Hm… Power Metal?
Plattenfirma: —
Veröffentlichung: 09.11.2018
Homepage: www.nanowar.it

Höchstpunktzahl für ein Fun-Metal-Album. Ist das mein Ernst? Jap, ist es. Schließlich handelt es sich bei NANOWAR wohl um die beste Fun-Metal-Band (bzw. laut eigener Angaben Happy-Metal-Band) im Business und “Stairway To Valhalla” dürfte ihr bislang bestes Album sein. Seit ihrem ersten Lebenszeichen in Demoform sind 15 Jahre vergangen und die fünf sympathischen Römer haben sich musikalisch wie textlich von Album zu Album weiterentwickelt. Kurz abgehakt: Die Produktion ist schwer in Ordnung, die Herren an den Saiten, Tasten und Trommeln sind beeindruckend fähig und die Vocalfraktion, bestehend aus Potowotominimak und Mr. Baffo, bietet Prototyp-Italienischer-Power-Metal-Gesang, der auf “Stairway To Valhalla” zwischendurch auch mal von niemand Geringerem als Fabio Leone von diversen RHAPSODYs supportet wird.
Zu den Songs: Würde man jeden humoristischen Faktor, sowohl auf musikalischer als auch auf textlicher Ebene, aus der Platte herausfiltern, bliebe ein musikalisch höchst ernstzunehmendes Album, das in verschiedenen Untergenres herumtollt, diese dabei allesamt stilistisch überragend umsetzt und dank des kreativen Songwritings jederzeit äußerst unterhaltsam hält. Symphonic Power Metal, Hard Rock, Modern Metal, Speed Metal, Glam Metal, True Metal, jeweils bewusst sehr im Stil einer Band des Genres gehalten, dabei allerdings smart verwurstet, mit Ohrwurmmelodien angereichert und top gespielt.
Der Humor ist es jedoch, der dem kleinen Meisterwerk die absolute Unterhaltsamkeitskrone aufsetzt. Nicht nur Referenzen an verschiedene Metalbands und -songs finden sich hier wieder. Auch jedes erdenkliche popkulturell-musikalische Motiv findet sich auf “Stairway” und amüsiert neben seiner Umsetzung mit seiner unvorhersehbaren Verwendung. MIKE OLDFELD und die BEE GEES seien hier nur beispielhaft angeführt. Dazu kommen die Texte, die absolut bescheuert sind, allerdings auf hohem Niveau. Wer auf ein Intro, in dem die intergalaktische Suche nach dem Witz beschrieben wird, den niemand zuvor erzählt hat, einen Song folgen lässt, der einzig und allein auf Uranus/Your-Anus-Witzen basiert, hat schon gewonnen. Mehr möchte man über die Texte aus Spoilergründen gar nicht sagen, jedoch seien sie an dieser Stelle jedem Hörer von “Stairway To Valhalla” ans Herz gelegt, wenn er denn etwas für absudesten, albernen und oftmals unter der Gürtellinie zu verortenden Humor übrig hat.
Kombiniert werden die Texte mit einer Unmenge an musikalisch-witzigen Spielereien. Auch hier nur wieder ein paar wenige Beispiele: Keyboardsoli mit Katzensounds, in “…And Then I Noticed That She Was A Gargoyle” (Nach dem Lied können STEEL PANTHER einpacken) der wohl beste Anfang eines finalen Refrains aller Zeiten und die Antwort auf die Frage, wie DREAM THEATER ihre Alben produzieren.
Man kann an dieser Stelle nicht auf die einzelnen Songs eingehen. Die musikalisch-metallische Ebene, die musikalische “Humorisierung” dieser Ebene und die textliche Ebene jedes Tracks würden jeweils einige Sätze verdienen, darum hier einfach mal ein klares Statement: Man muss deutschen Fun Metal (schreckliches Wort sowieso) nicht lustig finden, um NANOWAR OF STEEL zu mögen (aber schaden wird’s natürlich nicht). Der Humor der Italiener ist einmalig und ihr musikalisches Talent hält mit dem “ernsthafter” bekannterer Bands problemlos mit. Ganz ehrlich: Ich habe keinerlei erwähnenswerte Kritik zu äußern.

Anspieltipps:
“Barbie Milf Princess Of The Twilight”, “In The Sky”, “And Then I Noticed That She Was A Gargoyle”, “Ironmonger” und der Rest des Albums

Fazit:
Wer in der Öffentlichkeit nicht durch spontanes lautes Loslachen negativ auffallen möchte, sollte “Stairway To Valhalla” von seinem MP3-Player fernhalten. Auf dem Ding wird über eine Stunde von begeisterten Metalfans ihr favorisiertes Genre liebe- und respektvoll sowie saudämlich und musikalisch hervorragend durch den Kakao gezogen. Kein Album, das durch seinen Blödelfaktor von seinen musikalischen Schwächen ablenken muss, sondern ein Album, das Humor und Metal so gekonnt miteinander vereint, wie kaum eines (vielleicht sogar gar keins) zuvor.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Declination
02. Barbie Milf Princess Of The Twilight
03. Call Of Cthulu
04. Heavy Metal Kibbles
05. Il Maestro Myagi Di Pino
06. L’Operatole Ecologico
07. Images And Swords
08. In The Sky
09. …And Then I Noticed That She Was A Gargoyle
10. Tooth Fairy
11. Vegan Velociraptor
12. Another Drill In The Wall
13. Ironmonger (The Copier Of The Seven Keys)
14. Bum Voyage
15. Uranus
16. The Crown And The Onion Ring
17. The Quest For Carrefour
18. Hail To Liechtenstein

Jannis

ARION – Life Is Not Beautiful

Band: Arion
Album: Life Is Not Beautiful
Spielzeit: 53:32 min.
Stilrichtung: Melodic Power Metal
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 19.10.2018
Homepage: www.facebook.com/OfficialArion

Es ist mal wieder Zeit für etwas NWoMPM (New Wave of Melodic Power Metal). Das bedeutet: fett produzierte, hochmelodische Mucke mit vielen modernen Synths und einer gewissen Radiotauglichkeit. Das ganze aus Finnland. Klingt schmackhaft? Ist es auch. ARION haben sich seit 2013 als junge Nachwuchshoffnung mit ordentlich Potenzial in ihrem Heimatland (und Japan natürlich) bereits einen gewissen Namen erspielt und sind nun bereit für die internationale Aufmerksamkeit. Und die kommt mit dem Stil der in Helsinki gegründeten Kapelle zur Zeit praktisch von alleine, vorausgesetzt, man weiß in ihm auch ansprechende Songs umzusetzen.
Um die Spannung noch zu erhöhen, erstmal die Basics. “Life Is Not Beautiful”s Produktion fällt erwartungsgemäß bombastisch druckvoll aus, ohne großartige Ecken und Kanten, dafür absolut zeitgemäß fett. Einziger Schwachpunkt ist die Produktion der Vocals, die wesentlich mehr Tiefe hätten vertragen können. Gut, das scheint Absicht zu sein, man gewöhnt sich auch mit der Zeit daran, ein authentischerer Klang der Stimme von Fronter Lassi Vääränen hätte jedoch mit Sicherheit nicht geschadet. Singen kann der Mann.
Was hat die Platte nun an Songs zu bieten? Nun, es gibt drei Bonustracks, neu aufgenommene Versionen alter Songs, die für ARION-Neulinge sehr interessant sein dürften, geben sie doch einen Einblick in vergangene Alben der Band, die wesentlich präsentere STRATOVARIUS-, NIGHTWISH-, EPICA- und SYMPHONY-X-Vibes transportieren. Des weiteren sind von neun regulären Tracks zwei Stück, “Through Your Falling Tears” und “Last One Falls”, Balladen. ARION erinnern mit ihrem recht poppigen und keyboardreichen Power Metal häufiger mal an eine symphonischere Variante von BATTLE BEAST und haben sich von ihren Kollegen scheinbar auch die Unsitte abgeschaut, auf einem nicht besonders langen Album direkt zwei poppig-emotional-schmalzige Balladen unterzubringen. Hätte man sich sparen können. Dafür geht der Rest umso klarer. ARION haben ein Faible und ein Händchen für geile eingängige Refrains, gerne episch-dramatisch mit einem cheesy Turn. Kombiniert mit einer gelungenen Mischung aus orchestralen und modernen non-orchestralen Synthesizern ergibt dies Instant-Hits wie “No One Stands In My Way”, “The Last Sacrifice” und “Unforgivable”. Bei “Punish You” wird es zwischenzeitlich etwas böser, die kleinen Thrash- und Core-Einflüsse darin machen sich gut. Und “Life Is Not Beautiful” überzeugt als längster Song mit SCAR-SYMMETRY-Start, düsterer Grundstimmung und einem sehr vielseitigen Mittelteil. Plus, obligatorisch, ein starker Refrain.

Anspieltipps:
“No One Stands In My Way”, “The Last Sacrifice”, “Unforgivable” und “Punish You”

Fazit:
Was man “Life Is Not Beautiful” wirklich ankreiden kann, ist seine Zusammensetzung. Klar, das Ding ist 53 Minuten lang, aber davon sind achteinhalb Balladenschmonz, zwei das Intro und 14 Bonustracks. Bleiben 28 Minuten, in denen es zur Sache geht, mit Songs, die man nicht bereits von vorherigen Alben kennt. Dann wiederum: Wer auf modernen Melodic Metal mit dicker Produktion, eingängigen Melodien und vielen Synths steht, bekommt 28 Minuten Content genau nach seinem Geschmack und dazu 23 Minuten Bonusgedöns, von denen 14 für ARION-Einsteiger ebenfalls interessant sein dürften. Daher ein wenig Abzug für die grausamen Balladen (aber soll ja auch Leute geben, die diese Art von Balladen mögen), ein wenig Bonus für die Qualität des restlichen Materials. Macht letztendlich…

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. The End Of The Fall
02. No One Stands In My Way
03. At The Break Of Dawn (Feat. Elize Ryd)
04. The Last Sacrifice
05. Through Your Falling Tears
06. Unforgivable
07. Punish You
08. Life Is Not Beautiful
09. Last One Falls
10. Last Of Us (Re-Recorded)
11. Seven (Re-Recorded)
12. I Am The Storm (Re-Recorded)

Jannis

WHITE WIDDOW – Victory

Band: White Widdow
Album: Victory
Spielzeit: 41:03 min.
Stilrichtung: AOR
Plattenfirma: AOR Heaven
Veröffentlichung: 19.10.2018
Homepage: www.facebook.com/whitewiddowaor

Keine Frage: Die fünf Australier von WHITE WIDDOW haben den großen Sprung in die hungrigen Ohren von AOR-Fans weltweit geschafft. Obwohl die in Melbourne geründete Truppe erst seit zehn Jahren besteht, hat man sich mit bislang vier, “Victory” eingerechnet fünf, Alben einen ansehnlichen Namen erspielt. Prognose: Tendenz steigend.
Was sich über die zehn Tracks und knapp über 40 Minuten Spieldauer von “Victory” abspielt, ist AOR ganz im Sinne der Klassiker des Genres. Auf großartige Modernisierung wurde verzichtet zugunsten eines authentischen 80er-Feelings, das WHITE WIDDOW niemand mit einigermaßen funktionsfähigem Gehör und zumindest ansatzweise gegebener Zurechnungsfähigkeit absprechen kann. Mit relativ guter Produktion (Die Snare hätte mehr knallen dürfen und ein paar Höhen weniger wären auch nicht übel gewesen), einer bestens passenden stimmlichen Leistung von Jules Millis und einer stabilen Instrumentalarbeit feiern die Melbourner die güldenen Achtziger – und zwar tatsächlich äußerst authentisch. Die massiven Saw-Synths machen’s, die Melodieführungen der meist im Midtempo gehaltenen Tracks, die Texte eh.
Der komplette Victory ist die Platte dennoch leider nicht. Zwar gibt es subjektiv betrachtet keinen Totalausfall, doch agiert “Victory” dabei durchgängig auf einem stabilen 7,5/10-Niveau. Denn so original die einzelnen Tracks auch wirken, so setzen sie doch nahezu alle auf das selbe Grundkonzept, zu 90% auf das selbe Synthesizer (Freunde, man kann bei den Dingern generell mehrere Sounds auswählen) und verdammt ähnliche Melodien. Klar gibt es Variationen, beispielsweise bei “Reach Up”, dem Song, der auf “Victory” dank seiner Drumarrangements am ehesten aus der Reihe fällt. Auch die Härte variiert: Von der gefühlvollen Ballade (“Anything”) über das ruhige und melancholische “Second Hand Heart” und das schlageresk-coole “Dance In The Moonlight” bis hin zum ganz ganz klassischen Titeltrack ist alles vorhanden – aber einfach ein wenig einfallsloser als bei vorherigen Alben, zum Beispiel dem starken “Crossfire”. Es entsteht leider das Gefühl, dass “Victory” eben die Genre-Fan-Bedienung ist, die nach Lehrbuch recht unkompliziert zu erschaffen ist.
Das macht “Victory” nicht zu einem schlechten Album. Im Gegenteil, Freunde der großen Vorbilder von WHITE WIDDOW werden an der Scheibe durchaus ihren Spaß haben. Es bleibt lediglich das ungute Gefühl, dass diese Band, wie sie auf vorangegangenen Veröffentlichungen gezeigt hat, eigentlich mehr auf dem Kasten hat und durchaus imstande wäre, ein abwechslungsreicheres Album zu produzieren, ohne dabei dem von ihnen auserkorenen Genre den Rücken kehren zu müssen.

Anspieltipps:
“Reach Up”, “Second Hand Heart” und “Danced In The Moonlight”

Fazit:
“Victory” ist ein gekonnt gemachtes AOR-Album, das unter Genrefans sicher auf positive Resonanz stoßen wird. Dicke Keyboards, ein paar Ohrwurmmelodien viel Midtempo, viel Harmonie – alles was fehlt ist ein wenig mehr Mut, von den Stil-Schemata auch nur ein klein wenig abzuweichen. So wie die Platte letztendlich klingt, ist sie einfach ein wenig zu sehr auf Sicherheit konzipiert. Das vermeidet schlechte Tracks, aber eben auch wirklich herausragende.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Victory
02. Fight For Love
03. Second Hand Heart
04. Late Night Liason
05. Danced In The Moonlight
06. Love And Hate
07. Reach Up
08. Anything
09. America
10. Run And Hide

Jannis

THEM -Manor Of The Se7en Gables“

Band: Them
Album: Manor Of The Se7en Gables
Spielzeit: 55:01 min.
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Steamhammer / SPV
Veröffentlichung: 26.10.2018
Homepage: www.them666.com

Das Gefühl, als jahrelanger KING-DIAMOND-Fan THEM erst durch ihr neustes Album “Manor Of The Se7en Gables” kennenzulernen, ist in etwa mit dem vergleichbar, das einen als Altenpfleger während des Feierabends überkommt, wenn man merkt, dass man vergessen hat, Grandma aus ihrem Rollstuhl zu helfen, und deswegen extra nochmal zurück zum Heim fahren muss. Man bereut, es in der Vergangenheit nicht getan zu haben. Genug der holprigen Analogien. Die Bildungslücke wurde gefüllt, auf geht’s mit der Einschätzung!
Zuerst einmal das obligatorische Drumrum: Nachdem die Band ursprünglich als KING-DIAMOND-Tribute gegründet wurde, veröffentlichte man 2016 ein Konzeptalbum mit eigenen Songs, das dem Stil mehr oder weniger treu blieb, allerdings bereits mit einer ausreichenden Menge an eigenen stilistischen Merkmalen daherkam, um nicht als Kopie durchzugehen. Der aktuelle Release der deutsch-amerikanischen Truppe geht diesen Weg weiter. An der Produktion wurde geschraubt – das Ergebnis ist top – und man wurde härter, thrashiger, komplexer, ohne dabei das große musikalische Vorbild zu vergessen. Im Klartext: “Manor Of The Se7en Gables” hat alles, was ein KING-Fan auf Entzug braucht. Einen großartigen Sänger (KK Fossor), der Storytellingparts ebenso stimmungsvoll umsetzen kann wie hohe Falsetti, “Standard”gesang in mittleren Höhen und böses Gegrummel. Dazu sorgfältig ausgewählte Horrorsynths, die richtige Menge an Story-Parts, Friedhofsatmosphäre und ein wohliges Gänsehaut-Feeling, garniert mit einer coolen Bandoptik und einem fantastischen Cover. Auch die Melodielinien, die Backing Vocals, und die Songarrangements klingen gerne einmal, als sei das Album der schwarzen Feder von Herrn Petersen entsprungen. Hier schon einmal ein Zwischenfazit: Wer die Musik des Dänen mag, ist praktisch verpflichtet, hier zuzugreifen.
Doch wie schon beim Debutalbum bleibt es nicht bei stumpfer Stilkopiererei. Viel zu deutlich sind die US-Power- und die Thrash-Einflüsse, die in den alles andere als seltenen Doppelbass-Gewittern zutage treten. Und man glaube es oder nicht: Die Mischung funktioniert blendend.
Den unterschiedlichen Einflüssen entsprechend fallen auch die Songs auf “Manor” sehr vielseitig aus. Krönung des Albums sind wohl die Tracks vier bis sechs. “Witchfinder” könnte hinsichtlich seiner Komposition und Atmosphäre straight vom “Puppetmaster”-Album entsprungen sein, ebenso wie der Storyteller “A Scullery Maid”. Mit dem anschließenden “Ravna” werden ruhigere Töne angeschlagen, das Ding ist eine Halbballade in Bestform. An anderer Stelle wird mehr geballert. “Refuge In The Manor”, “Circuitous”, “As The Sage Burns” und “Seven Gables To Ash” demonstrieren die teils erbarmungslose Härte der Platte, ohne außergewöhnliche und eingängige Melodien zu vernachlässigen. Bei “Maleficium” wird auch mal ein Sechsertakt bemüht (muss.) und das schlussendliche “Punishment By Fire” erweist sich mit über acht Minuten Spieldauer als würdigster Endtrack, mit hypnotisch-redundanten Abschnitten, schnellem Geknüppel und starken Melodien. Von vorne bis hinten ein Level, das sich gewaschen hat – und spät im Jahr nochmal ein absoluter musikalischer Höhepunkt.

Anspieltipps:
“Witchfinder”, “Ravna”, “As The Sage Burns” und “Punishment By Fire”

Fazit:
Wie gesagt: KING-DIAMOND-Fans müssen hier eh zugreifen. Und alle, die Bock auf einen höchstwertigen Mix aus massiv produziertem Power und Thrash Metal mit jeder Menge Liebe zum Detail und haufenweise Atmosphäre plus eine stabile Dosis Theatralik haben, sollten diesem Gesamtkunstwerk dringend eine Chance geben.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Residuum
02. Circuitous
03. Refuge In The Manor
04. Witchfinder
05. A Scullery Maid
06. Ravna
07. As The Sage Burns
08. The Secret Stairs
09. Peine Forte Et Dure
10. Maleficium
11. Seven Gables To Ash
12. Punishment By Fire

Jannis

GUARDIANS OF TIME – Tearing Up The World

Band: Guardians Of Time
Album: Tearing Up The World
Spielzeit: 52:48 min.
Stilrichtung: Heavy/Power Metal
Plattenfirma: ROAR! Rock Of Angels Records
Veröffentlichung: 19.10.2018
Homepage: www.guardiansoftime.no

GUARDIANS OF TIME – Die Hüter der Zeit. Und die Zeit rennt, schaut man sich die Menge an Uptempo auf dem neusten Album der Norweger einmal genauer an. Zwölf, mit Bonustrack dreizehn Tracks beinhaltet die nunmehr fünfte Platte der 1997 gegründeten Formation, alle angemessen kurzweilig zwischen drei und fünfeinhalb Minuten gehalten und stilistisch im heavien Power Metal bzw. im powerlichen Heavy Metal zu verorten.
Die Produktion ist sauber und knallt anständig, Sänger Bernt agiert problemlos auch in hohen Bereichen und der Rest der Band weiß die Sache jederzeit mit auf den Punkt getroffener Untermalung nach vorne zu treiben.
Klingt bis dahin ganz gut, und tatsächlich: Beanstanden lässt sich an “Tearing Up The World” kaum etwas. Verkraftet man die War-und Eagle-Texte, so entpuppt sich die Scheibe als extrem spaßiges Stück Heavy Metal, das einen hohen Wert auf Melodien abseits der 08/15-Norm legt. Die ganz große Innovation findet sich hinsichtlich der Melodien dabei zwar seltener, doch bewegt sich das Niveau durchgängig in einem Rahmen, der das Interesse der Zuhörer an den jeweiligen Song zu binden weiß, gerade in den Refrains, für die die GUARDIANS OF TIME ein massives Händchen zu haben scheinen.
Das geht schon beim Titeltrack los. Mag sein, dass die erste Strophe mit ihrem wiederholt geäußerten “I fight!” etwas stumpf anmutet und nicht unbedingt das richtige Bild des Albums zeichnet, das ändert sich allerdings spätestens beim Instant-Ohrwurm-Refrain und der anschließenden Strophe, deren Vocals vom mächtigen ABBATH persönlich übernommen wurden – neben Tim “Ripper” Owens, der dem in den Strophen oldschool speedmetallischen “As I Burn” seine Stimme leiht, einer der zwei Gastsänger der Platte.
Keyboards finden sich auf “Tearing Up The World” kaum. Wenn sie dennoch zur Geltung kommen, dann bestens eingesetzt; im Power-Metal-Hit “Raise The Eagle” in Form eines modernen Synth-Riffs, beim Midtemposong “Drawn in Blood” als wahnsinnig geil klingende Orgel zu Anfang.
Weitere Höhepunkte: “Kingdom Come” mit seinem GAMMA-RAY-Chorus und “Brothers Of The North”, das beinahe ein älterer IRON-SAVIOR-Song hätte sein können (überhaupt klingt das Album ziemlich beeinflusst vom deutschen Power Metal). “Valhalla Rising” bringt ein wenig Pagan-Flair ins Biz, das rifftechnisch trocken-böse “Light Won’t Shine” in seinem melancholisch-intensiven Refrain gar einige AMORPHIS-Nuancen. Und ehrlich: Der Rest des Albums ist auch nicht schlechter. Einigen Songs hätte man den letzten Schliff geben können, indem man ihre Refrains nicht auf “Viermal die selbe Melodielinie”-Strukturen aufgebaut hätte, aber zu komplex soll es ja auch nicht sein. Der Spagat zwischen kräftiger Härte und eingängigen, individuellen aber für das Genre nicht zu unkonventionellen Melodien gelingt “Guardians Of Time” einwandfrei.

Anspieltipps:
“Tearing Up The World”, “Raise The Eagle”, “Kingdom Come” und “Brothers Of The North”

Fazit:
Für Freunde von härterem und oft schnellem Power Metal ohne Keyboards, ohne Kitsch, aber mit einer Menge Wucht hinter dem Cover – angereichert mit nicht nur einem Ohrwurmpart. Und das zweite Basspedal hat die Zeit seines Lebens.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Tearing Up The world
02. Raise The Eagle
03. We’ll Bring War
04. Burning Of Rome
05. Kingdom Come
06. Valhalla Awaits
07. Brothers Of The North
08. Light Won’t Shine
09. As I Burn
10. Drawn In Blood
11. Masters We Were
12. Empire – Live (Bonus Track)

Jannis

IMPELLITTERI – The Nature Of The Beast

Band: Impellitteri
Album: The Nature Of The Beast
Spielzeit: 50:53 min.
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Frontiers Music s.r.l.
Veröffentlichung: 12.10.2018
Homepage: www.impellitteri.net

Impellitteri <orum [o, rum] > SUBST m (Impellitterus), lat.: Die schnell und äußerst gut Gitarre Spielenden

Passend wär’s. Letztendlich ist IMPELLITTERI allerdings einfach der Name von Gitarrist Chris Impellitteri, der mit seiner nach ihm benannten Band bereits seit 1987 aktiv ist, in Europa kaum und in Japan ziemlich bekannt ist. Zusammen mit Rob Rock (AXEL RUDI PELL u.a.), James Amelio Pulli und Jon Dette (SLAYER, TESTAMENT) hat der gute Mann mit “The Nature Of The Beast” unlängst sein elftes Album veröffentlicht und verhilft dem interessierten Hörer darauf mit zwölf kurz(weilig)en Tracks mit 50 Minuten Gesamtlänge zum Genuss schnellen Heavy Metals mit kleiner Power-Schlagseite und massig Gitarrengefrickel.
Produktion: geht klar, hätte an einigen Stellen weniger laute Rhythmusgitarren, dafür lautere Drums und Vocals vertragen können, aber das ist Meckern auf hohem Niveau. Gerade die Gitarren klingen entzückend, was verständlich ist, schließlich ist Chris nicht nur Bandleader, sondern auch laut Guitar World einer der weltschnellsten Gitarristen und laut dem Guitar One Magazine zweitschnellster Shredderer noch vor Yngwie Malmsteen. Bei solchen Referenzen muss der Saitensound sitzen. Dass das Gitarrenspiel an sich selbiges muss und tut, steht außer Frage. Impellitteri rast durch atemberaubende Soloparts und charakterstarke Highspeed-Riffs, ohne dabei jedoch allzu aufdringlich als Mittelpunkt des Geschehens zu wirken. Der Rest der Band unterstützt ihn tatkräftig, allen voran Rob, dessen nicht zu cleane Stimme dem geschwinden wie melodiösen, dabei jedoch anständig harten Sound der Band höchst dienlich ist.
Wie machen sich die Tracks nun abseits der Gitarrenarbeit und abseits der durchweg beeindruckenden Soloparts? Nun, zuerst einmal seien die zwei Coversongs erwähnt. “Symptom Of The Universe”, ursprünglich von BLACK SABBATH, würdigt das Original und impellittiert es parallel. Klingt geil und schlüssig, auch wenn man leider auf den smoothen Endpart des Originals verzichtet hat. ANDREW LLOYD WEBBERs “Phantom Of The Opera” ist von vorne bis hinten einfach nur top umgesetzt, der vielseitigste Track des Albums mit zahlreichen liebevollen Nouancen und natürlich ebenfalls korrekt auf 180 gedreht.
Trotz der recht ähnlichen Grundbausteine der einzelnen Songs lassen viele Tracks bereits beim ersten Hören ein gutes Maß Eigenständigkeit erkennen. “Man Of War” startet mit leichtem “In der Halle des Bergkönigs”-Feeling, klingt in der Strophe nach STEEL PANTHER mit weniger Brüsten und mehr Eiern und ist trotz seines kleinen True-Metal-Einschlags absolut ernstnehmbar. “Run For Your Life”, Angaben der Band zufolge der MAIDEN-inspirierte Track klingt weniger MAIDEN-inspiriert als so mancher am wenigsten MAIDEN-inspirierte Song manch anderer MAIDEN-inspirierter Band; das übernimmt in textlicher Hinsicht dafür “Do You Think I’m Mad”, das im der starken Strophe folgenden, leicht schwächeren Refrain die titelgebende Frage häufiger stellt, als Blaze Bailey in “The Angel And The Gambler” imstande ist, zu fragen, ob ich denke, dass er ein Saviour sei, er mich retten könne und zudem auch mein Leben.
Das kurz-knackige “Fire It Up” wird pflichtgemäß upgefired (höhö) und macht nur etwas weniger Spaß als die zwei Folgetracks: Das mit über sechs Minuten für “The Nature Of The Beast”-Verhältnisse überlange “Kill The Beast” erfreut durchgängig bis zu 05:25, wenn es 40 Sekunden vor Trackende endet, und “Shine On” holzt neben dem Phantom-Cover wohl als powermetallischster Track des Albums mit gelungenem hymnischen Refrain daher.
All dies, garniert mit Chris‘ hervorragendem Gitarrenspiel, macht über die Dauer des Albums durchgängig Spaß, obgleich die Gitarrenskills ab und an von kompositorischem Mittelmaß ablenken. Ein Dreiviertelpunkt Abzug dafür, nochmal so viel für die leichten Schwächen, die die Produktion hin und wieder aufweist, aber ein großes Lob für die beeindruckende Gesamtleistung hinter “The Nature Of The Beast”!

Anspieltipps:
“Phantom Of The Opera”, “Kill The Beast”, “Shine On” und “Man Of War”

Fazit:
Diese Rezension ist nicht außergewöhnlich lang für Rock-Garage-Verhältnisse, sie muss nur in Chris-Impellitteri-Geschwindigkeit gelesen werden. Zudem muss in seinen neusten Release auf jeden Fall reingehört werden. Kraftvoller und mitnichten überpolierter grandios gespielter Heavy Metal ist das, der nach über 30 Jahren so langsam auch mal in Europa ankommen darf.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Hypocrisy
02. Masquerade
03. Run For Your Life
04. Phantom Of The Opera
05. Gates Of Hell
06. Wonder World
07. Man Of War
08. Symptom Of The Universe
09. Do You Thing I’m Mad
10. Fire It Up
11. Kill The Beast
12. Shine On

Jannis

SEVENTH WONDER – Tiara

Band: Seventh Wonder
Album: Tiara
Spielzeit: 70:01 min
Stilrichtung: Progressive Power Metal
Plattenfirma: Frontiers Records
Veröffentlichung: 12.10.2018
Homepage: www.seventhwonder.se

Es macht ja immer Spaß, sich abseits der rein aus dem Hören des Albums herrührenden Einschätzung zu einem Album auch noch ein paar Rezensionen von Kollegen anzuschauen, um den über das jeweilige Werk herrschenden Grundtenor mit der eigenen Meinung zu vergleichen. Es macht noch mehr Spaß, wenn die eigene Meinung von der öffentlichen stark abweicht. So bei “Tiara”, dem fünften Streich der Progressive-Power-Schweden um KAMELOTs Tommy Karevik. Das Konzeptalbum besticht mit ca 70 Minuten Spieldauer, einer Ober-, wenn auch nicht Weltklasseproduktion und insgesamt 13 Songs.
Was positiv hervorgehoben werden muss: Die Jungs verstehen ihr Handwerk. “Tiara” ist ein astrein konzipierter Mix aus progressiven Taktspielereien und skandinavischem Power Metal, der in sich schlüssig wirkt und nach allen Regeln der Kunst zusammengebastelt wurde.
Die einzelnen Songs sind nur leider zumeist absolut generisch und austauschbar. Kennt man die typischen SEVENTH-WONDER-Melodielinien, so fällt die Scheibe schlicht überraschungslos aus. Der Großteil der Melodien scheint darauf ausgelegt, dem Zuhörer dicke Gänsehaut auf den ganzen Körper zu zwingen, dafür bedarf es allerdings abseits gewisser Erfahrungen im Komponieren keiner weiteren Genialität bzw. Fähigkeiten. So groß und episch dramatisch die Melodien auch geschrieben worden sind, so belanglos sind sie – kaum eine unter ihnen, an die man sich im Nachhinein erinnern würde; stattdessen beendet man “Tiara” vermutlich mit einem kruden Ohrwurmgemisch jedes Lieds des Albums.
Hervorhebenswerte Lieder gibt es natürlich dennoch. “Tiara’s Song”, erster Song der “Farewell”-Trilogie, ist ein Anwärter auf den besten Song des Albums, mit sich vom bisherigen Part der Platte abhebenden Melodien und einem Refrain, der als Power-Metal-Version von JUDAS PRIESTs “Lost Love” durchgeht. Weitere Motive dieses Songs finden sich im zweiten und dritten Teil wieder, nur merkt man das kaum, weil sie den meisten anderen Trademark-Motiven des Albums deutlich ähneln.
Erfreulich auch “By The Light Of The Funeral Pyres” und “Damnation Below”, die fix und gekonnt daherkommen. Ist auch nötig zu diesem Zeitpunkt, schließlich überwog bei den drei vorangehenden Tracks der Schmalzfaktor enorm, um nicht zu sagen, viel zu krass.
Und sonst? Viel grandios gespieltes und gesungenes Mittelmaß, viel ähnlich klingender Lehrbuch-Prog, gestreckt auf 70 Minuten, die, auf 40 Minuten heruntergekürzt, doch etwas mehr Unterhaltsamkeit hätten bieten können. Nach Hits vergangener Alben (Man bedenke nur das großartige “The Promise”) ist Tiara einfach künstlich gestreckter Standard-Progressive-Metal, dem es am wichtigsten Bestandteil guten Progressive Metals fehlt: nicht Taktwechsel, musikalischer Tiefgang, der nicht beim Musikstudium der Bandmitglieder endet.
Kurz: Wer progressiven Power Metal mit allem Tamtam mag, bekommt mit “Tiara” ein auf Gefälligkeit gelutschtes 70-Minuten-Opus, das handwerklich der Hammer ist, der den Kreativitätsnagel nicht auf den Kopf trifft. Schade bei einer Band, der man so deutlich anhört, was sie drauf hat.

Anspieltipps:
“Tiara’s Song (Farewell Pt. 1)”, “By The Light Of The Funeral Pyres” und “Damnation Below”

Fazit:
10 Punkte für die handwerkliche Umsetzung und das Prog-Metal-Know-How, drei für das, was daraus geworden ist. Die “Hauptsache progressive”-Fraktion, sollte es sie denn geben, darf gerne mal reinhören und der Rest sich an einzelnen Songs erfreuen. Wer eine klarere Kaufempfehlung wünscht, der greife einfach auf eine der zahlreichen positiven Rezensionen da draußen zurück.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Arrival
02. The Everones
03. Dream Machines
04. Against The Grain
05. Victorious
06. Tiara’s Song (Farewell Pt. 1)
07. Goodnight (Farewell Pt. 2)
08. Beyond Today (Farewell Pt. 3)
09. The Truth
10. By The Light Of Funeral Pyres
11. Damnation Below
12. Procession
13. Exhale

Jannis

GOD’S ARMY – Demoncracy

Band: God’s Army
Album: Demoncracy
Spielzeit: 49:13 min
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: ROAR! Rock of Angels Promotion
Veröffentlichung: 12.10.2018
Homepage: www.godsarmymusic.net

Es ist schon eine verständliche Aktion, sich als Käufer von GOD’S ARMYs “Demoncracy” zu überlegen, ob man hier möglicherweise ein wenig verarscht wurde. Schließlich sind von den zehn Tracks der Platte zwei Stück anderthalbminütiges Gerede, einer ein reiner kurzer Atmosphäre-Track und der letzte ein Cover. Macht effektiv sechs richtige Tracks.
Der erste Hördurchgang offenbart jedoch: Das Gesamtpaket geht absolut klar. Das Cover von “My Way” funktioniert in der Version hervorragend, der Atmo-Track (“The All Seeing Eye”) schafft auch tatsächlich Atmosphäre und die beiden Gerede-Tracks fügen sich doch sehr gut in das Gesamtkonzept von “Demoncracy” ein, erhöhen seinen politischen Realtalk-Faktor und lassen zusammen mit den anderen Rede-Schnipseln, die sich normal am Anfang oder Ende der Tracks finden, in ihrer Machart ein wenig an QUEENSRYCHEs “Operation Mindcrime” denken.
Weiterer Fakt zur Versöhnung: Insgesamt drei Tracks des von Ade Emsley (an den Reglern u.a. für MAIDEN, I AM I und TANK) hervorragend organisch und klar produzierten Werks knacken die sechs Minuten, “The Replicant” sogar die 13. Die zweite CD der Jungs, die zuvor unter anderem bei HELLOWEEN, SCANNER und FIREWIND unterwegs waren, ist eine wunderschön uninnovative Mischung aus NwoBHM und einer hörbaren Dosis Hard Rock, die es mit einem sehr guten Händchen für Arrangements und Melodien vollbringt, fast völlig ohne moderne Elemente und, gerade bei den langen Tracks erkennbar, mit einigen MAIDEN-Einflüssen einfach hochqualitativen Metal zu spielen. Der funktioniert bei kürzeren Tracks (beim akutes High-Speed-Mitnicken erfordernden “Free Your Mind” ebenso wie beim etwas ruhiger-rockigen “Enemy Maker”) genau wie bei den langen – allen voran das überlange “The Replicant”, dessen Strophe und Refrain ebenso überzeugen wie sein über sechs Minuten langer Solopart, der dank vieler liebevoller überraschender Ideen höchst kurzweilig ausfällt.
Von Vorteil ist bei “Demoncracy” zudem, dass man sich über die instrumentalen Parts des Albums anscheinend viel mehr Gedanken gemacht hat, als man es von vielen Bands kennt, deren Solopart kurz der Vollständigkeit halber auf die Harmonien des Refrains geworfen wurde. Gerade in den instrumentalen Mittelteilen der Songs offenbart sich GOD’S ARMY als eine sehr harmonische Truppe, die zugunsten der Songqualität untereinander bestens kooperieren kann. Auch die Stimme von John A.B.C. Smith sitzt hervorragend und verhilft mit ihrer leichten Rauheit den rockigeren der Songs zu einem Hauch mehr Lemmy-Vibes.
In seiner Gesamtheit ist “Demoncracy” ein stark produziertes, “original” wirkendes Heavy-Metal-Album der alten Schule, mit fein komponierten Melodien und, innerhalb des gewählten Genres, einer guten Menge an Vielseitigkeit, zusammengeschustert zu einem sauberen Konzeptalbum. Daumen hoch!

Anspieltipps:
“Enemy Maker”, “The Replicant”, “My Way” und “Final Destination”

Fazit:
Räumt den Plattenteller für “Demoncracy” wenn Ihr Freude an professionell und liebevoll gemachtem klassischen Heavy Metal mit viel Unterhaltungspotenzial habt. GOD’S ARMY haben das, was Ihr braucht!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. You Are You
02. Free Your Mind
03. Enemy Maker
04. Final Destination
05. Games Without Frontiers
06. The All Seeing Eye
07. Before The Fall
08. The Replicant
09. Heroes & Demons
10. My Way

Jannis

ORION’S REIGN – Scores Of War

Band: Orion’s Reign
Album: Scores Of War
Spielzeit: 58:34 min.
Stilrichtung: Symphonic Power Metal
Plattenfirma: Pride & Joy Music
Veröffentlichung: 19.10.2018
Homepage: www.orionsreign.com

ORION’S REIGN haben schon ziemlich viel richtig gemacht, immerhin wurde ihr zweites Album, “Scores Of War”, von Jens Bogren und Linus Corneliusson zusammengeschraubt, hat als Gäste unter anderem Tim Ripper Owens und Bob Katsionis von FIREWIND vorzuweisen und nicht zuletzt ein dickes Sinfonieorchester am Start. Dazu ein blau-oranges großartiges Artwork von Stan Decker, der bereits Platten von PRIMAL FEAR, ROSS THE BOSS und vielen anderen bemalte. Da kann eigentlich nicht viel schief gehen, denkt man – und behält damit recht.
Das Endergebnis der Zusammenarbeit dieses illustren Bundles mit den fünf Griechen von ORION’S REIGN ist bombastischster symphonischer Power Metal, der eine hörbare Nähe zu Werken von RHAPSODY (OF FIRE) aufweist, fett produziert und ganz nebenbei eine beachtliche Bandleistung. Sänger Dan klingt nach einer Mischung aus Fabio Leone und Joakim Brodén und verrichtet kaum schlechtere Arbeit als die beiden, zumal er gerade in höheren Sphären exzellente Mic-Arbeit leistet. Der Rest der Band sitzt on Point und setzt kraftvolle Balladen ebenso souverän um wie fixe Doppelbasstracks, stets mit der nötigen Härte und vor geschwindem Geholze nicht zurückschreckend. Dazu kommt das Orchester. Ist die Sorge, das Orchester auf einem Power-Metal-Album könne gegebenenfalls primär als imageaufbessernder Ersatz für lieblos in den Hintergrund gematschte Orchestral-Synths dienen, oftmals berechtigt, so stellt sie sich in diesem Fall als absolut unbegründet heraus. Die Orchestralarrangements von Keyboarder Kirk reizen die Möglichkeiten eines Orchesters wunderbar aus – von weichen Streichern über diverse Perkussionsinstrumente bis hin zu scharf-bedrohlichen Hörnern.
Dementsprechend ist “Scores Of War” fast immer sehr episch, fährt große Melodien auf und erinnert nicht zufällig an einen metallisierten Filmsoundtrack.
Je nach Song wird es düsterer-böser (“The Undefeated Gaul”, “Warrior’s Pride”) oder dramatisch-bombastischer (“The Gravewalker”), mal klassisch speedmetallisch.
All das auf hohem Niveau, innerhalb des Stils doch ziemlich divers, durchgängig massiv orchestriert und nach einiger Zeit den Wunsch nach etwas Pause, etwas weniger Überladenheit, hervorrufend – und hier liegt das Problem von “Scores Of War”. ORION’S REIGN gönnen ihren Fans ein paar ruhigere Momente, allerdings in Form von folkig anmutendem fröhlichem Gedudel (“An Adventure Song”) oder hartem Pathos, der die Kitschgrenze leider weit hinter sich lässt (Withering Heart”, “Ride To War”). Die drei bis vier Songs, die also aus dem “Harter Power Metal, bombastisches Orchester”-Raster fallen, sind größtenteils schwer zu verkraften, gerade “Ride To War” belastet mit MANOWARballadenfeeling der Heart-of-Steelsten Art. Pluspunkt: Nach einem solchen Song hat man direkt wieder Bock auf den nächsten Symphonic-Metal-Kracher auf “Scores Of War”. Kann man also mit leben.

Anspieltipps:
“The Gravewalker”, “Warrior’s Pride”, “Last Stand” und “Together We March”

Fazit:
Wurde in dieser Rezension schon das Wort “bombastisch” erwähnt? Egal, einmal muss halt noch. Geil produzierter, detailverliebter bombastischer Symphonic Power Metal der Marke RHAPSODY, top gesungen, fett ohne Ende, mit ein paar Schmalz/Folk-Parts, durch die man halt durch muss. Ab auf den MP3-Player damit und dann auf in den Battle.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Elder Blood
02. Together We March
03. The Gravewalker
04. The Undefeated Gaul
05. An Adventure Song
06. Freedom Is Not Negotiable
07. Nostos
08. Warrior’s Pride
09. Withering Heart
10. Last Stand
11. Ride To War

Jannis