ANCIENT CURSE – The New Prophecy

Band: Ancient Curse
Album: The New Prophecy
Spielzeit: 57:52 min
Stilrichtung: Progressive Power Metal
Plattenfirma: Pure Steel Records
Veröffentlichung: 29.05.2020
Homepage: www.ancientcurse.de

Es ist ja in gewissen Kreisen in Deutschland immer so ein Thema, dass man, wenn man ein “echter Deutscher” sein will, sich auch mit der Kultur des Landes auseinandergesetzt haben und identifizieren muss. Fragt man in diesen Kreisen, was sie von ANCIENT CURSE halten, werden die meisten wohl nichts damit anzufangen wissen und man kann ihre echte Deutschheit direkt vergessen, denn was wäre diese Truppe und ihr neustes Album “The New Prophecy”, wenn nicht ein verdammt geiles Stück in Deutschland geschaffener Kultur? Sagenhafte 22 Jahre liegt das letzte Album der Bremer zurück, jetzt ist ein neues Lebenszeichen am Start und man muss ANCIENT CURSE fast böse sein, dass sie ihr Potenzial, der Welt tolle Musik zu schenken/verkaufen, so lange nicht wahrgenommen haben. Aber gut, “The New Prophecy entschuldigt das allemal.

Drumrum: Starker Sound, stark agierende Band, cooles Cover, ein brutal vielseitiger Sänger, der sowohl nach gefühlvolleren KAMELOT als auch nach recht roh klingen kann und auf Basis all dessen eine bärenstarke Mischung aus Heavy, Progressive, Power und Thrash Metal sowie ANCIENT-CURSE-Individualität.
“We Follow The Signs” knallt einem erstmal heftige Orchestraleskalation vor den Latz, plus lateinische Chöre, plus Basedrummisshandlung, plus geile Backing Vocals, plus heftiger Chorus. Poah, so kann es weitergehen. Jut, Orchester und Chöre werden im weiteren Verlauf doch runtergefahren, aber der Rest bleibt und sorgt dafür, dass sich “The New Prophecy” von einem Highlight zum nächsten hangelt. “Fire And Ice” ist in Teilen ruhig, in Teilen fast thrashig und in Teilen aber sowas von der nächste geile Chorus, “Men Of The Storm” ein Über-neun-Minüter mit feiner Spannungskurve. “Hypnotize” traut sich dann, offen zu thrashen und munter Tempo zu wechseln, und “One Moment“ wärmt den Refrain des ersten Tracks als kleines Gitarrenmotiv auf (sowas liebe ich ja), und wird danach ein Wechselbad verschiedener Gefühle, die man alle bei einem Metalalbum gerne verspürt. “Forever Young” wird vom trockenen Geknatter zum hymnischen Sommerhit (also irgendwie), “Mind Chaos” ist die Halbballade, die man guten Gewissens auf “The New Prophecy” packen kann, zunehmend fett und feierlich. Und “Prophecy” hat das Glück, eine der perfekten Endtrack-Melodien für den Chorus gefunden zu haben und trotz gar nicht mal so richtigem Bombast Gänsehaut zu aktivieren.
“The New Prophecy” ist bei alldem kein Musikstudenten-Prog-Metal, es ist einfach ein tiefgründiges Album, das so komplex ist, wie es eben sein sollte.

Fazit:
Und bei alldem immer mit klarer Heavy- und Power- sowie leichter Thrash-Attitüde zugange. Zusammengefasst: Wem Power-Metal-Melodien über ein ganzes Album doch zu viel sind, der wird mit “The New Prophecy” genau die richtige Dosis an wirklich tollen Power-Metal-Refrains bekommen, serviert zusammen mit einer guten Portion Härte, viel Kreativität und Professionalität. Was soll man sagen? Das ist ein Album, wie es sein sollte. Willkommen zurück, Jungs, bleibt gerne noch ein paar Jahre!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. We Follow The Signs
02. Fire And Ice
03. The Shadow
04. Men Of The Storm
05. Hypnotize
06. One Moment Of Fortune
07. Forever Young
08. Mind Chaos
09. Prophecy

Jannis

ANCILLOTTI – Hell On Earth

Band: Ancillotti
Album: Hell On Earth
Spielzeit: 43:58 min
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Pure Steel Records
Veröffentlichung: 29.05.2020
Homepage: www.ancillottiband.com

“Pflichtkauf für alle Italo-Metal-Fans” nennt der Promotextschreiber von ANCILLOTTIs drittem Album “Hell on Earth” die Platte. Für alle, die nun an eine der diversen RHAPSODYs denken, hier zur genaueren Einordnung: Es ist der Italo-Heavy-Metal gemeint, der Schnittmengen mit GRAVE DIGGER, IRON SAVIOR zu “Battering Ram”-Zeiten, ACCEPT und, hinsichtlich der Vocals, MOTÖRHEAD hat, mit deutlicher 80er-Schlagseite.
Aber nun mal differenzierter: die Italiener um die drei Brüder Daniele, Sandro und Brian Ancillotti und Kuckuckskind Luciano Toscani machen seit 2012 klassischen Heavy Metal nach Lehrbuch. Sänger Daniele hat eine ziemliche Reibeisenstimme (daher der Lemmy-Vergleich), kann aber auch klarer und passt so oder so top zum Stil der Band. Der Rest der Truppe macht gute Arbeit, die gut produziert ist. Soweit gar nix zu meckern.
Das Meckern geht dann los, wenn es um die Tracks im einzelnen geht. Die ersten drei Tracks funktionieren exakt nach Schema F: Optional ein kleiner Intropart, dann Einführung des Riffs, mal standard, mal ganz nice, raue Vocals in der Strophe, simpler klarer gesungener und melodischerer Chorus. nochmal wiederholen, Solo, vielleicht noch ’n Part zum live mitshouten, Refrain, Ende. Das ganze klingt in sich soweit auch harmonisch, die Jungs von ANCILOTTI wissen schon, wie man echte Metalsongs schreibt. Außergewöhnlich oder charakterstark ist das alles aber nicht so wirklich, eben der Metal für nebenbei auf (dieses Jahr eh keinem) Festivalcamp.
Was soll ich sagen – gut, dass die Scheibe nicht nur aus drei Tracks besteht. “We Are Coming” leitet als vierter Track dann nämlich den Aufstieg ein, relativ rockig mit coolem Riff, positiv aus der Reihe seiner Vorgänger fallend. Das tut auch der Chorus von “Blessed By Fire”, der im Verlauf des Tracks ziemlich geil wird, mit schönem, die Gesangsmelodie würzendem Gitarrenmotiv. Der Song macht aber auch insgesamt Laune, ebenso wie das folgende “Broken Arrow”, das lässig runtergelangsamt wurde, mit Bumm-Zapp-Drums und Hihat-Penetration, starker Gitarrenarbeit und einem etwas melancholischen Chorus als Gegenpol zur Coolness des restlichen Tracks. Bei “Another World” wagt man sich auch mal an etwas unkonventionellere Harmoniearbeit ran, was sehr gut funktioniert, und “Frankenstein” und “Till The End” drücken zum Ende nochmal ordentlich aufs Gaspedal. Ersterer erweist sich als im Vergleich unerwartet aggressiv, letzterer ziemlich GRAVE-DIGGERig, beide machen Spaß.

Fazit:
Und wieder mal war der erste Eindruck trügerisch. Nach Track drei geht die Qualitätskurve auf jeden Fall nach oben. Auch ab dem Zeitpunkt ist man jetzt nicht besonders innovativ, bringt aber Abwechslung in die Geschichte und hat somit ein Album geschaffen, dass seine Lückenfüller direkt am Anfang abarbeitet, über seine komplette Spieldauer hinweg sauber gespielter und absolut angenehmer klassischer Heavy Metal von Leuten mit Ahnung ist und in seinem Verlauf doch noch so einige starke Songs zu bieten hat.

Anspieltipps:
“Blessed By Fire”, “Broken Arrow”, “Another World” und “Till The End”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Fighting Man
02. Revolution
03. Firewind
04. We Are Coming
05. Blessed By Fire
06. Broken Arrow
07. Another World
08. Frankenstein
09. Till The End

Jannis

SOULS OF TIDE – Black Magic

Band: Souls Of Tide
Album: Black Magic
Spielzeit: 34:30 min
Stilrichtung: Retro Hard Rock
Plattenfirma: Mighty Music
Veröffentlichung: 22.05.2020
Homepage: www.facebook.com/soulsoftide

Noch nicht lange ist es her, dass die Absage des Freak Valley Festivals in den Posteingang flatterte und sich das, was man schon mit schmerzlicher Gewissheit vorausgesagt hatte, endgültig bestätigte. Ein Jahr ohne den feinen Stoner/Psychedelic/Blues-Rock, der sonst immer Pflichtprogramm war. Ganz ohne? Nein, nicht ganz, denn die Retro-Rock-Götter senden dann doch zumindest das neue SOULS-OF-TIDE-Album “Black Magic” gen Rock Garage und schmale 34 Minuten bin ich versorgt mit der dringend nötigen Dosis 70er-LED-ZEPPLIN-und-Konsorten-Rock. Und auch wenn die zweite Platte der Norweger (mit Bandmitgliedern unter anderem von TROLLFEST) bitter kurz ausfällt, fällt sie immerhin nicht aus – und liefert dazu noch amtlich Vibes. Das angestrebte 70er-Feeling erreicht die Truppe bestens. Das liegt am leicht klagenden aber entschlossenen Prototyp-Gesang von Vegar Larsen, das liegt an der klaren Produktion und der liebevollen Instrument- und Equipment-Auswahl, nicht zuletzt an der Hammond-Orgel und insbesondere am Songwriting. Das demonstriert schon der Opener “Voodoo Ritual”. Gut eingesetzte Orgel, ruhige rhythmusorientierte Strophe, schöner Chorus, entspannter Mittelteil, was will man mehr von so einem Ding? “Firegirl” fällt stampfend und mittelschnell aus, setzt in der ebenfalls zurückhaltenden Strophe noch einen geschmackvollen und authentischen Vocalfilter ein und dreht dann im Refrain voll auf, mit geschickter und wirksamer Nach-Oben-Verlagerung der durchschnittlichen Vocalshöhe. Hab ich die überzeugenden Brüste der Kollegin auf dem Cover schon erwähnt? Zusätzliches Kaufargument!
Wo waren wir? Richtig, die Tracks! “Through The Fire” beginnt ganz ganz ruhig, hält diesen Modus auch, baut sich schleichend dabei auf. Der Refrain darf sich harmonisch wunderschön in durigere Harmonien öffnen und im Endeffekt erreicht der Track noch ziemliche Kraft. Die übernimmt “Morning Star” direkt mal, mit dicker Bassorgel, Tendenz zu Funkyness und kurzem Mittelteil-Discopart. “Black Magic” treibt anschließend ordentlich nach allen Regeln der Genrekunst, kommt dabei aber etwas generischer, den hypnotisch-langsamen Mittelteilpart ausgenommen. Dann das knapp über zwei Minuten lange “Interlude”, auch gaaaanz ruhig und schön auf Orgelbasis mit dezentestem Gitarreneinsatz, und anschließend die beiden einzigen >5-Minüter: “The Offering”, ein bisschen doomig schwer, und gerade dann plötzlich sehr eindrucksvoll geil, wenn man fürchtet, er könnte etwas eintönig werden, und “Evening Star”, mit knackiger Strophe, tollem Chorus und ebenso tollem Hypnose-Mittelteil.

Fazit:
Ein Punkt Abzug für einige generischere Passagen und ganz ehrlich, nochmal ein halber für die traurige Länge einer besseren EP. Ansonsten dafür aber kein wirklicher Lückenfüller, stattdessen herrlich authentischer Retrorock mit starkem Songwriting, starker Produktion, starker Bandleistung. Wärmste Empfehlung für alle, die mit dieser New Wave of Classic Hard Rock was anfangen können!

Anspieltipps:
“Firegirl”, “Through The Fire”, “Interlude” und “The Offering”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Voodoo Ritual
02. Firegirl
03. Through The Fire
04. Morning Star
05. Black Magic
06. Interlude
07. The Offering
08. Evening Star

Jannis

DEVILSBRIDGE – Endless Restless (EP)

Band: DevilsBridge (EP)
Album: Endless Restless
Spielzeit: 26:57 min
Stilrichtung: Alternative Metal
Plattenfirma: Fastball Music
Veröffentlichung: 10.04.2020
Homepage: www.facebook.com/DevilsBridgeBand

‚Ne EP mal wieder. Erfreulicherweise eine Debut-EP, also nix mit zwei neuen Songs, drei Demos und vier Live-Mitschnitten. Um “Endless Restless” geht’s, von der 2019 gegründeten Female-Fronted-Alternative-Rock/Metal-(aber-eher-Metal)-Band DEVILSBRIDGE. Mit großem D und B, das muss man ja dazusagen. Weitere Fakten: Schweizer, bereits ein Lyric- und ein Musikvideo draußen zu den sympathischerweise tatsächlich nicht als Ergänzungsmaterial zur künstlichen Verlängerung auf die Platte gepackten Songs “Rebirth” und “Illuminate”.
Grundsätzlich zum musikalischen Material: Die Instrumentalarbeit ist sick, insbesondere die Gitarren hauen miese Riffs wie am Fließband raus und erfreuen damit, dass das Letzte aus ihnen herausgeholt wird. Sängerin Dani bringt eine leicht angepisst-soulig-poppige Stimme mit langsamem, kontrolliert wabbeligem Vibrato aus, das sich noch ein wenig verfeinern ließe, an sich aber zumeist bereits gut und teils verdammt großartig klingt. Da stecken Druck und Definition hinter, die nur dadurch getrübt werden, dass sie manchmal unter der restlichen Soundwand ein bisschen untergehen. Das, sowie vielleicht das Fehlen eines allerletzten Definiertheitsschliffs ist aber auch schon die einzige Kritik an der ansonsten ziemlich knallend geratenen Produktion.
Zu den Songs: Die Stimmung pendelt zumeist zwischen melodischeren, für das Genre verhältnismäßig wenig poppigen Parts (zumeist die Refrains) und zwischen wirklich erfrischender und gerne grooviger Agression. Bei “Captain Devil” wünscht man sich ein wenig, der Song verlasse sich verstärkt auf seine gemeinen Elemente, da er mit zunehmender Melodiösität etwas generischer wird, dafür gibt es bei “Fire Free” beides in sehr guter Symbiose, mit starkem Chorus, minimal zu drucklosen Männer-Shouts und nettem Gitarren-Stereoeffekt. “Centrifuge Of Life” unterstelle ich, dass seine Instrumentalarbeit in der Strophe mit den zeitweisen Doublebase-Hits und der in regelmäßigen Abständen einfadenden Gitarre eine beabsichtigte musikalische Darstellung einer Zentrifuge ist (und dann wär’s eine hart geile und ebenso geil umgesetzte Idee) und “2Souls” ist ein fresher Titel und mit seiner smart arrangierten Strophe, dem bangbaren Mittelteil und dem aufdrehenden Finale (inklusive respektablem Endscream) ein gleichzeitig aus der Reihe fallender und passender Endtrack (auch wenn ich die Harmoniearbeit im Refrain nicht komplett nachvollziehen kann). Und “Endless Restless” bräuchte in den Toms mehr Wums und den Reverse-Snare-Effekt im Mittelteil vielleicht eher nach dem “Weniger ist mehr”-Prinzip eingesetzt, liefert aber abseits dieser kleinen Kritikpunkte pure Qualität mit sehr, sehr fettem Refrain und sollte als Nummer-1-Anspieltipp gewertet werden.

Fazit:
Im Endeffekt ist die Debut-EP immer ein bisschen wie ein Kinotrailer, der auch schonmal erste Prognosen ermöglicht, ob man Bock auf das längere und ausgearbeitere folgende Hauptwerk hat. Im Fall von DEVILSBRIDGE an dieser Stelle ein ganz klares Jap! Die Menge an Kinderkrankheiten ist extrem überschaubar, die erste Meldung der Band bereits ein echt ernstzunehmendes Statement und der Spaßfaktor sowie die Professionalität nicht nur für eine Debut-EP doch eine ziemliche Ansage!

Anspieltipps:
“Captain Devil”, “Endless Restless Heart” (zur Erinnerung: Das ist der Nr.-1-Tipp) und “Fire Free”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. 555
02. Captain Devil
03. Endless Restless Heart
04. Fire Free
05. Centrifuge Of Life
06. 2Souls

Jannis

ALOGIA – Semendria

Band: ALOGIA (mit zwei großen As)
Album: Semendria
Spielzeit: 33:32 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Elevate Records
Veröffentlichung: 15.04.2020
Homepage: www.facebook.com/alogia.official

Vor vielen Jahren, als ich noch ein kleiner Rezensent war, war meine Mutter besorgt, dass diese ganze düstere Musik, in die ich mich in der Zeit reinhörte, mit ihren düsteren Texten doch echt negativ auf mich wirken müsse. ALOGIA sind ein weiterer Beweis dafür, dass ihre Sorgen unbegründet waren und ich bitte jeden, den das Album runterzieht, mich darüber zu informieren. Doch um wen geht es hier? Nun, um ein serbisches Sextett, das seit 2002 mehr oder weniger regelmäßig releast und eine der weiteren Hausnummern zu sein scheint, die bislang an mir vorbeigegangen sind. Dafür sind jedenfalls die Gastsänger Mark Boals (Ex-YNGWIE), Tim “Ripper” Owens (ICED EARTH und so) und FABIO LIONE (RHAPSODY OF FIRE) klare Anzeichen, Auftritte mit Orchester ebenso.
Weiteres Kaufargument: Die schön warme, organische Produktion. Kleiner Dämpfer: Keine 35 Minuten Spieldauer. Päh.
Aber gut, dafür wird über die Länge des Albums auch einiges an Qualität geliefert, von einer auf den Punkt spielenden Band mit durchgängig mehr als überzeugenden Vocals, seien sie von den Gästen oder von Haussänger Nikola Mijic (EDEN’S CURSE). Und schon der Einstieg ist amtlich. Während andere Bands als Intro ein bombastisches 08/15-Trailerorchester-Intro raushauen würden, das mit dem Rest des Albums nichts zu tun hat, geht es auf “Semendria” direkt los, mit den flötig-drucklos-niedlichsten Fanfarenklängen, die man sich überhaupt nur vorstellen kann. Nein im Ernst, das ist ein Kompliment, denn der Rest der Band zieht fröhlich-unbedarft nach, nicht besonders heavy aber mit herrlichem Gesamtsound. Diese positive Grundstimmung zieht sich insbesondere durch die erste Albumhälfte, untermalt von einigen echt eingespielten Folkinstrumenten und sympathisch-billigen Keyboards, die aber in ihrer Unzeitgemäßheit bestens funktionieren. Traut sich leider kaum noch eine Band, aber das Next-Level-Streben brauchen ALOGIA auch einfach nicht. Kleinere progressive Elemente gibt es auch, die sich mal in kleinen Taktausreißern, mal in interessanten Klavierparts, mal in östlich anmutender Harmonik äußern (An dieser Stelle sei der instrumentale Endtrack “From East To West” erwähnt, der die titelgebende Wandlung mit viel Liebe in knapp drei Minuten vollzieht). Und das Songwriting-Niveau ist durchaus hochwertig, auf jeden Fall einiges über dem Durchschnitt. Okay, die obligatorische Ode an Metal und Metalgemeinde (“Raise Your Fist (For Metal Only)”) darf noch etwas simpler ausfallen und hammerhart komplex sind die Tracks allesamt nicht, aber die Kompositionen wirken echt kreativ, ohne dabei das gewählte Grundgenre verlassen zu müssen, gleichzeitig vertraut und interessant.

Fazit:
Doch, “Semendria” ist Wohlfühlmetal im besten Sinne: Authentisch, mit Hand und Herz gemacht, erfrischend komponiert, und das Keyboard wird noch wie ein Instrument behandelt. Wer gerne nochmal ein bisschen früheres DREAMALE- oder POWER-QUEST-Feeling mit subtilen Folk-Nuancen hätte, kann sein Geld bedenkenlos in diese Platte investieren. Und wer 90er/2000er Power Metal etwas abgewinnen kann, ebenso!

Anspieltipps:
“Semendria”, “Eternal Fight” und “From East To West”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Semendria
02. Eternal Fight
03. Raise Your Fist (For Metal Unity)
04. Like A Fire
05. Can’t Bring You Down
06. The Calling
07. Visantia
08. Beyond Belief
09. From East To West

Jannis

GREYDON FIELDS – Warbird

Band: Greydon Fields
Album: Warbird
Spielzeit: 53:39 min
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Roll The Bones Records
Veröffentlichung: 02.05.2020
Homepage: www.greydonfields.com

Näh, ist das schön, alte Bekannte zu treffen und zu sehen, wie großartig sie sich entwickelt haben. Von GREYDON FIELDS hatte ich bereits das Vorgängeralbum bekommen und dann durch diverse andere Releases schlicht vergessen es zu rezensieren. Schande über mein Haupt, Entschuldigung geht raus an die Jungs aus Essen (Euer Aufkleber klebt übrigens immer noch an der Straßenlampe vor dem RPZ Bonn). Hab dann jetzt mal deftig verspätet in den Vorgänger von “Warbird” namens “Tunguska” reingehört und finde Kritik hauptsächlich am Sound. Erfreulich also, dass das Mastering dieses Mal von Dennis Köhne (u.a. SODOM) übernommen wurde, der es absolut drauf hat und GREYDON FIELDS alleine durch ausgefeilteren Sound in ganz andere Ernstnehmbarkeitssphären gepumpt hat. Sprich, der Sound knallt, ist ausgewogen und klar – damn, ein Remastering von “Tunguska” in dieser Qualität wäre angemessen.
Musikalisch benennt das Promosheet unter anderem RAGE und ICED EARTH als “grobe Referenz”. RAGE ist dabei nicht hundertprozentig nachvollziehbar, ICED EARTH hingegen schon. Nicht selten erinnert die Melodieführung, die Gitarren- oder die Drumarbeit an die US-Metaller, während der Sound der FIELDS gleichzeitig aber eigenständig und un-ICED-EARTHig genug ist, um die Band nicht der Kopiererei zu beschuldigen sondern sie eher denen zu empfehlen, die unter anderem mit ICED EARTH was anfangen können. Volker Mostert hat eine raue und kräftige Stimme und kann aggressivere Parts ebenso gut wie melodischere.
Was man GREYDON FIELDS unter anderem zugute halten muss, ist, dass sie sich nicht auf ihren Grundstil alleine verlassen. Mal ist es ein gelungener Voice-Effekt, mal (nur im leicht Modern-Metalös anmutenden “Usurpation” mit seinem staken Chorus) dezente Streicher, mal ein überraschender Break – “Warbird” bleibt zu einem gewissen Anteil doch unvorhersehbar, kommt ein ums andere Mal mit kleinen Ideen zur Steigerung des Interessantheitsgrads um die Ecke. Dazu gibt es genug Variationen hinsichtlich der einzelnen Songs. “Keyboard Warrior” ist ordentlich melodisch-thrashig, “Breakdown” fällt etwas getragen-dichter aus und “Memento” ist ein kurzweiliger 8,5-Minuten-Song, der gekonnt zwischen böse-knüppelig und eher emotional (mit Druck und ohne Kitsch natürlich, die Platte ist 100% kitschfrei).

Fazit:
Keine Schwerter, kein Pathos, einiges an Härte, ’ne gesunde Dosis Aggression und stets ein paar hymnisch anmutende Melodien auf Lager – wer sich mit dieser Mischung identifizieren kann und gegebenenfalls auch ICED EARTH mag, der kann dieser Platte ohne jegliches Zögern mal eine knappe Stunde seiner Lebenszeit widmen!

Anspieltipps:
“Usurpation”, “Keyboard Warrior” und “Memento”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Death From Within
02. Empire Of The Fools
03. Usurpation
04. Keyboard Warrior
05. Rise Of The Underground
06. Breakdown
07. Memento
08. Orphan
09. Warbird
10. Cathedrals (Bonus Track)

Jannis

ASGARD – Ragnarøkkr

Band: Asgard
Album: Ragnarøkkr
Spielzeit: 63:23 min
Stilrichtung: Progressive Folk Metal
Plattenfirma: Pride & Joy Music
Veröffentlichung: 15.05.2020
Homepage: www.facebook.com/AsgardFolkProgMetal

Inzwischen habe ich so viele Rezensionen mit der Aussage “Eigentlich mag ich ja keinen Folk Metal” begonnen und das Album im Anschluss dann trotzdem gefeiert, dass ich mich fragen muss, ob ich vielleicht einfach meinen Geschmack verleugne. Nach schlaflosen Nächten der Selbstfindung, Reflektion und Meditation kann ich nun sagen: Jap, ich mag tatsächlich keinen klassischen Folk Metal, aber wenn man ihm weitere Eigenschaften hinzufügt, geht’s. Somit geht auch ASGARDs “Ragnarøkkr”, italienischer Progressive Folk Metal. Jetzt weiß ich auch, dass dieses Genre existiert, hätte es mir aber vor dem Hören der sechsten Platte von ASGARD (die 20 Jahre nach ihrem Vorgänger erscheint) massivst anders vorgestellt.
Wir haken die Probleme schnell am Anfang ab. Erstens: Track acht bis zehn sind auf deutsch und im Vergleich zum Rest noch etwas folkiger. Ich bin gewillt, dafür Punkte abzuziehen, weil italienisch verdammt nochmal eine der schönsten Sprachen für melodischen Metal ist und deutschsprachiger Folk Metal in meinen Augen sehr grausam. Aber das ist Geschmackssache und es soll ja Leute geben, die sowas mögen. Zweitens, auch hinsichtlich der Texte: Die fallen insgesamt immer mal wieder als eher ungelenk auf, wurden an einigen Stellen etwas zu erbarmungslos in Melodien gepresst und hätten insgesamt etwas mehr sprachliche Schönheit vertragen. Kritik Ende, über die drei Tracks spreche ich jetzt nicht mehr.
Tatsächlich ist der Progressive Folk Metal von ASGARD in folkiger Hinsicht doch erfreulich wenig Geigen- und Flöten-Gedudel mit komischem “Edle Ritter und holde Maid”-Spirit, dafür etwas mythisch-schamanisch-heidnischer. Eher WARDRUNA als VERSENGOLD, sagen wir es so. Das wird aber kombiniert mit einer Prog-Seite, die schwer in Richtung von 70er-Prog-Rock-Legenden wie EMERSON LAKE & PALMER oder auch in 90er-Neo-Prog-Richtung der Marke MARILLION und IQ tendiert – wobei man halt auch sagen muss, dass fröhlich vor sich hin fließende Folkmelodien von fröhlichen Gitarrenmelodien der 90er-Fraktion gar nicht so weit weg sind. Ein bisschen modernere Prog-Auswüchse gibt es natürlich ebenso.
Diese Mischung funktioniert fantastisch, auch dank der guten Produktion und der stabilen Bandleistung. Gerne werden einzelne Parts von Songs auch mal als purer Prog oder purer Folk gewandet, was für angenehme Kontraste sorgt, und ansonsten alles mal getestet, was man mit diesen beiden Stilen so anstellen kann. Dann wird aus einem unkonventionellen Synth-Solo auch mal ein Doppelsolo mit hinzukommendem Dudelsack. Und ganz im Ernst, die Tracks in ihrer Gesamtheit sind größtenteils einfach nur geil: stimmungsvoll, vielseitig, mit toll komponierten Melodien. “The Night Of The Wild-Boar” ist ein totaler Hit, der sich Zeit für den Aufbau nimmt und dann geradezu explodiert in einen grandiosen Gänsehaut-Chorus, “Shaman” und “Ragnarøkkr” zwei überlange Tracks ohne ein Quäntchen Leerlauf, und der Rest (ausgenommen natürlich 8 bis 10) halten das Niveau easy.

Fazit.
Also im Ernst: Ich wusste nicht, dass solche Musik existiert (und ich glaube, Ihr wusstet es auch nicht). Doch sie tut nicht nur das, sie klingt in ihrem seltsamen Stilmix wie aus einem Guss, mit Skill und Hingabe geschrieben, ohne selbst auferlegte Grenzen und unterhaltsam wie mitnehmend. “Ragnarøkkr” sollte man auch dann eine Chance geben, wenn man keinen Folk oder keinen Prog Metal mag. Und am besten sollte man es als gesamtes Werk hören, bei Abneigung gegen deutschen Folk Rock halt ohne 8 bis 10 (Sind dann immer noch 52 Minuten). Spätestens beim dritten Track will man die Scheibe nicht mehr aus der Hand geben. Tolle Leistung, so geht innovativer und mitreißender Metal im Jahr 2020!

Anspieltipps:
Track 1-7 und Track 11. Insbesondere “The Night Of The Wild Boar”, “Visions” und “Shaman”

WERTUNG:

(unter Auslassung von Track 8 bis 10)

 

Trackliste:

01. Trance-Preparation
02. Rituals
03. The Night Of The Wild-Boar
04. Visions
05. Kali-Yuga
06. Shaman
07. Battle
08. Der Tod
09. Danse Macabre
10. Anrufung
11. Ragnarøkkr

Jannis

COURSE OF FATE – Mindweaver

Band: Course Of Fate
Album: Mindweaver
Spielzeit: 44:24 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: ROAR! Rock Of Angels Records
Veröffentlichung: 15.05.2020
Homepage: www.facebook.com/courseoffate

Ohne Spaß, Freunde, wie frustrierend kann eine Zeit eigentlich sein? Draußen ist schönes Wetter und derweil sitzt man nun die vierte Woche auf dem Homeoffice-Sofa und verfolgt mit, wie Konzerte und Festivals abgesagt werden (jap, diese Rezension wurde am Tag der Absagen verfasst) und muss so langsam realisieren, dass das der langweiligste und beschissenste Sommer aller Zeiten wird.
Das schreit nach Ablenkung auf höchstem Level. Und dann kommt “Mindweaver” von COURSE OF FATE und eine Dreiviertelstunde rückt der ganze Mist in den Hintergrund. COURSE OF FATE sind eine norwegische Progressive-Metal-Band, hat drei Demos und eine EP draußen und wagt nun endlich den Schritt eines richtigen vollwertigen Albums. Das ist als Konzeptalbum gestaltet, mit zwei kurzen Tracks (das unmittelbar Stimmung erzeugende Intro und das ruhige “The Walls Are Closing In”) und sechs Stück zwischen fünf und neuneinhalb Minuten. Textlich geht es um den Aufstieg und Fall eines Sektenführers mit düsteren Visionen. Soundtechnisch geht es um fette Produktion, hervorragend intonierte und produzierte Vocals und beeindruckendes Spiel der Instrumentalfraktion, die durchweg amtlich Erfahrung mitbringt. Und dass auf diesem Debutalbum Profis am Werk sind, kann anhand der Tracks auf “Mindweaver” nicht geleugnet werden.
Die Platte ist Konzeptalbum im Sinne von QUEENSRYCHEs “Operation Mindcrime”, ähnlich ernsthaft, dabei musikalisch jedoch im etwas moderneren Progressive Metal zu verorten. Dementsprechend gibt es einiges an Synths, seien es orchestrale, exquisit ausgewählte Solosynthesizer oder man ’nen frechen Arpeggiator, beispielsweise beim drastisch mächtigen “Endgame”; nie zu penetrant jedoch, stets konstruktiv eingesetzt und nur dann wenn nötig. Ruhige Parts gibt es verhältnismäßig viele (“Utopia” und “Drifting Away” gehen noch am ehesten als Balladen durch, entwickeln in ihren Verläufen aber noch anständig Wucht), fette, auslandend-vereinnahmende Parts ebenso. Das Verhältnis gefällt, ebenso die Kompositionen. “Mindweaver”s Qualitätslevel der Melodien ist hoch, jeder Track besticht durch schöne Melodiewendungen, pompöse Refrains, intelligente Arrangements und ein Maß an Komplexität, das das Album spannend, jedoch nie zu technisch gestaltet. Und in ihrer Gesamtheit sind die Songs von “Mindweaver” erfreulicherweise tatsächlich ein wunderbar homogenes Werk, das in einem Stück durchgehört verdammt intensiv ausfällt und an keiner Stelle langweilt.

Fazit:
Was in so einer Zeit halt echt gut tut. Insofern: Wer Bock hat auf ein kleines Progressive-Metal-Opus, das mit Herz und Talent geschaffen wurde und einen für eine Dreiviertelstunde aus der öden Coronawelt in die ungleich schönere Endzeitsektenwelt zu transportieren vermag, der sollte sich die Zeit für “Mindweaver” nehmen. Heftige erste Albumansage von einer Band, von der man in Zukunft hoffentlich noch einiges mehr hören darf!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. There Is Someone Watching
02. The Faceless Men Pt. 1
03. Endgame
04. Utopia
05. The Walls Are Closing In
06. Wolves
07. Drifting Away
08. The Faceless Men Pt. 2

Jannis

NIGHTWISH – HVMAN :||: NATVRE (Gastrezension)

Band: Nightwish
Album: HVUMAN :||: NATVRE
Spielzeit: 81:35 min
Stilrichtung: Symphonic Power Metal
Plattenfirma: Nuclear Blast
Veröffentlichung: 10.04.2020
Homepage: www.nightwish.com

Auf die Frage, wie viel Bombast das neue Album haben soll, hat NIGHTWISH-Bandleader Tuomas Holopainen schon immer mit „JA!“ geantwortet: Betrachtet man die Evolution der Band seit dem beinahe andersweltlich gestimmten, mit eher kostengünstigen 90er-Jahre-Keyboards instrumentalisierten und von der göttlichen Stimme Tarja Turunens (ja, die Autorin ist bekennender NIGHTWISH und Tarja-Fan!) gesungenen Debütalbum „Angels Fall First“ über den internationalen Durchbruch mit „Once“ hin zu dem viktorianisch anmutenden Musik-Film-Projekt „Imaginaerium“, so fällt auf, dass NIGHTWISH-Alben breiter, länger, höher, tiefer und mächtiger wurden – und immer länger auf sich warten ließen. Was kann man also von einem Album erwarten, das nunmehr ganze fünf Jahre Produktionszeit benötigte und dessen Titel bereits ankündigt, dass es sich thematisch mit Mensch, Erde und allem, was dazwischen liegt, befassen wird? Ganz genau: mehr Länge, mehr Orchester, mehr Komposition, mehr Thema, mehr alles, vor allem aber: mehr Bombast!
Bereits das Layout des Albumtitels lässt vermuten, dass die Hörerschaft eine Gegenüberstellung erwartet: „HVMAN :||: NATVRE“ – zwei Elemente, die zusammengehören und sich zugleich wie Gegensätze zueinander verhalten. Und tatsächlich befassen sich die insgesamt 17 Tracks (angeblich nicht politisch motiviert) mit dem schwierigen Verhältnis zwischen menschlicher Natur und unserem irdischen Lebensraum. Dabei scheinen NIGHTWISH in der Steinzeit anzufangen, setzt doch der Opener ‚Music‘ zunächst mit einsamen Holzbläsern, einzelnem Klicken und Tiergeräuschen über einem dezenten Keyboardteppich an, bevor er sich dann nach und nach mit rhythmischen Trommeln und Orchester zu einer gewaltigen Symphonic-Metal-Bestie aufbäumt, die durch Floors sehr klare Stimme erstaunlicherweise kaum bezwungen werden mag. Dieses Phänomen findet sich häufiger auf dem Album: Im Vergleich zu der auch bei Tracks wie „Shoemaker“ oder „Pan“ bombastischen Instrumentalisierung verliert Floors viel gelobte Stimme einiges von der Strahlkraft, die sie live hat. Erst in „How’s The Heart“ kommt sie wirklich zur Geltung. Davon abgesehen sind von den ersten neun Tracks zwei hervorzuheben: zum einen das höchst radiotaugliche „Harvest“, bei dem NIGHTWISH lyrisch ihre Faszination für Gartenarbeit (?!) oder Landromantik ausleben und Marco einen ungewohnt farblosen Folk-Part zu singen bekommt. Zum anderen ist da „Endlessness“, bei dem der Name Programm ist: eine epische Klangwand mit bezaubernden Melodien, in denen man versinken kann! Die anderen Stücke bis hierhin vereinen das, was NIGHTWISH geil macht – viel Orchester mit harten Gitarren, epischen Chören, überbordenden Keyboards – kranken dabei nur etwas an fehlender kompositorischer Originalität.
Und dann ist da der zweite Teil, „All The Works Of Nature Which Adorn The World“.
Wer nicht mit Tuomas‘ Liebäugeleien für Filmmusik liebäugelt und bereits für „The Greatest Show On Earth“ des Vorgängeralbums keinen Nerv hatte, der wird an diesem Part wenig Freude haben. Alle anderen hingegen finden sich in einer Symphonie wieder, die vielleicht nicht an MAHLER oder BEETHOVEN heranreicht, aber bestimmt HANS ZIMMER das Fürchten lehren könnte. Einzelne Tracks hier zu empfehlen ist kaum sinnvoll, da diese nur im Zusammenspiel ihre ganze Wirkung entfalten können und wie die Soundtrack der Evolution klingen – im absolut besten Sinne, denn „NATVRE“ kann auch ohne schwere Riffs Momente der Bedrohlichkeit erzeugen. Die mit „The Blue“ in der Tiefe des Urgewässers ansetzende Reise endet mit „Ad Astra“ bei den Sternen – ein heißer Anwärter auf die lohnenswerteste Reise, auf die man als Symphonic Metal-Fan dieses Jahr (trotz Corona!) gehen kann! „Bombast?“ – „Bombast!“

Fazit:
Wie soll man zu diesem janusgesichtigen Klangbild ein Fazit finden? Die ersten neun Tracks stellen das dar, was man als NIGHTWISH-Fan erwarten kann: ein solides, sauber und klar produziertes Symphonic-Metal-Album mit vielen verspielten Momenten und dem Ausschöpfen aller bandinternen Ressourcen, das aber nicht viel Neues bereithält. Der zweite Teil des Albums hingegen lässt den ersten Teil vollkommen in den Hintergrund geraten, verhilft so aber auch zu einem wesentlich positiverem Eindruck. Wer (wie ich) mit „Endless Forms Most Beautiful“ die musikalische Stagnation von NIGHTWISH befürchtet hatte, wird mit „Human :||: Nature“ eines besseren belehrt.

Anspieltipps:
„Noise“, „Procession“, „Endlessness“ und „Vista“ (da erster Track des großartigen zweiten Teils)

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Music
02. Noise
03. Shoemaker
04. Harvest
05. Pan
06. How’s The Heart
07. Procession
08. Tribal
09. Endlessness
10. All The Works Of Nature Which Adorn The World: Vista
11. All The Works Of Nature Which Adorn The World: The Blue
12. All The Works Of Nature Which Adorn The World: The Green
13. All The Works Of Nature Which Adorn The World: Moors
14. All The Works Of Nature Which Adorn The World: Aurorae
15. All The Works Of Nature Which Adorn The World: Quiet As The Snow
16. All The Works Of Nature Which Adorn The World. Anthropocene
17. All The Works Of Nature Which Adorn The World: Ad Astra

Julia

VALIDOR – In Blood In Battle

Band: Validor
Album: In Blood In Battle
Spielzeit: 47:07 min
Stilrichtung: Heavy/Epic Metal
Plattenfirma: Symmetric Records
Veröffentlichung: 06.04.2020
Homepage: www.validor.bandcamp.com

Kleine Retro-Epic-Metal-Bands schießen ja in den letzten Jahren aus dem Boden wie stählernes Unkraut und erweisen sich dabei oft als gar nicht mal schlecht. Also geben wir auch mal VALIDOR eine Chance, die mit Klischee-Albumtitel und noch härterem Klische-Cover sowie neun Klischee-Songtiteln bereits vor dem ersten Hördurchgang andeuten, wohin bei ihnen die Reise geht. Drei Alben hat man seit 2011 veröffentlicht, Nummer vier ist in der Mache und zur Verkürzung der Wartezeit hat man das Debutalbum “In Blood In Battle” bis auf die Soli und Vocals nochmal aufgenommen und präsentiert das gute Stück jetzt in soundtechnisch angemessenem Gewand (abgesehen davon, dass die Basedrum doch sehr präsent ist und der Gesang manchmal ein bisschen zu wenig).
Weil die Truppe um Sänger Odi Thunderer aus Griechenland kommt, ist natürlich auch Ex-FIREWIND-Gitarrist Bob Katsionis mit an Bord, was generell eine gewisse Qualität bedeutet. Und jap, die Band macht ihre Sache auf jeden Fall gut: Die Gitarren sitzen und erfreuen häufiger mal mit starker Riffarbeit (unter anderem bei “The Dark Tower” und “Wrath Of Steel”), Drummer Apollo Giannoulis hat vermutlich immer noch Muskelkater und Odis Vocals passen zum US Epic Metal von VALIDOR, kommen mal als Klargesang aber auch immer mal wieder auf die typisch eher unklare Epic-Metal-Böse-Parts-Art. Die Töne sitzen aber ein gutes Maß an Rohheit ist absolut gegeben.
Musikalisch kann man die Vorbilder natürlich bei Bands wie MANOWAR suchen, täte der Truppe jedoch unrecht, wenn man sie auf diese schwülstige True-Metal-Sparte reduzieren würde. Das liegt zum einen am ganz kleinen Folk-Anteil, der sich in Gesangsmelodien und Gitarrenmotiven zwischendurch offenbart, selten auch mal an griechischer Volksmusik nagt, aber nie über einen Song hinweg dominant ist. Dazu kommt, dass der Pathosfaktor in der Regel um einiges geringer ist und der Härte- und Aggressionsgrad doch teils unerwartet hoch. “Wrath Of Steel” wäre dafür noch ein gutes Beispiel, mit mächtigem Intro, deftigem Geballer hinter unklaren Vocals, sicken Tempowechseln und einem melodischeren gelungenen Endpart. Auch “Through The Storm” überzeugt auf diese Weise, beginnt eher entspannt und wird nach dem unheilvollen, die Spannung in die Höhe treibenden Mittelteil ziemlich apokalyptisch düster. Zwischendurch gibt es noch ein wenig Thrash-Feeling bei “In Blood In Battle” oder “Stealer Of Souls”, simple eingängige Melodien und vereinzelt kleine Keyboard-Einsprengsel. Und auch wenn der ganz große Hit auf “In Blood In Battle” ausbleiben mag:

Fazit:
Das Re-Recording der Scheibe hatte auf jeden Fall seine Berechtigung. “In Blood In Battle” hat all das, was man von einem Album dieses Genres erwarten würde und kann sich im Vergleich zur momentan doch großen Konkurrenz qualitativ zweifelsohne durchsetzen!

Anspieltipps:
“Stealer Of Souls”, “Through The Storm” und “Wrath Of Steel”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. The Riddle Of Steel
02. Sword Of Vengeance
03. The Last Emperor
04. Stealer Of Souls
05. Through The Storm
06. The Dark Tower
07. Stormbringer
08. Wrath Of Steel
09. In Blood In Battle

Jannis