D’OR – Veni Vidi Ignis

Trackliste:

01. Veni Vidi Ignis
02. Scream
03. Jack-In-The-Box
04. Future, Baby!
05. Dancing
06. Flashback
07. Electric Shock
08. Mr. Madman
09. Rage Unbound
10. The Ticket

 

Spielzeit: 40:07 min – Genre: Heavy Rock – Label: Metalapolis Records – VÖ: 11.03.2022 – Page: www.facebook.com/dormusicswitzerland

 

„Veni Vidi Ignis“ ist als Albumtitel momentan natürlich so eine Sache. Konnten die Schweizer von D’OR aber auch nicht wissen, als die Platte entstand, und jetzt steht sie in den Startlöchern und ist eine ziemlich gute Sache, um das Gehirn (im positiven Sinne) mal 40 Minuten runter- und den Promillewert im Blut ein wenig hochzufahren. Was das Quartett auf seine Debutalbum zu bieten hat, ist klassischer, metallisierter Rock’n’Roll mit 80er Hard-Rock-Inspiration. Produziert? Angenehm heavy und druckvoll. Intoniert? Schön dreckig, mit rauen Vocals. Musikalisch komplex? Nö.
Muss aber auch nicht sein, denn ein gekonnt gemachtes simples Album kann besser sein als ein bemüht komplexes, und so wirklich viel musikalischen Tiefgang erwartet man von einer Gute-Laune-Rock’n’Roll-in-die-Fresse-Album ja auch nicht.
Und in seiner Einfachheit macht „Veni Vidi Ignis“ vieles richtig.
Der Titeltrack und Opener senkt dabei ein wenig die Erwartungen. Nicht weil er schlecht ist, sondern weil die meisten Alben, die mit so klassisch dreckigem Rock beginnen, meist auch so weitergehen und dann sehr spannungsarm ausfallen. Doch haben D’OR in Sachen Vielseitigkeit durchaus mehr auf dem Kasten, servieren zum Beispiel mit „Scream“ die angehärtete Version eines klassischen ALICE-COOPER-Songs und mit „Dancing“ ein paar nachdenklichere Töne, die in Sachen Songwriting in sich ein sehr stimmungsvolles Ding ergeben, dessen melancholische Strophen durch die Dur-orientierten Gitarren echt schön eingeordnet werden.
Die ganz krassen Hits bleiben dabei zwar aus, aber der Unterhaltsamkeit des Albums Zeit des Anhörens tut das keinen Abbruch. Man bewegt sich quasi durchgängig im 8/10-Modus, hätte den einzelnen Songs ggf. noch einen letzten Ticken Eigenständigkeit geben können, ohne sie groß komplizierter zu gestalten, bleibt aber lieber auf der sicheren Seite.

Fazit:
Das ist absolut vertretbar, schließlich ist „Veni Vidi Ignis“ ein Album für kleine Konzerte, Autofahrten und Campingplätze, weniger eines für Schaukelstuhl, Kerzenschein und Kaminfeuer. Und als solches funktioniert es bestens, als gut gemachte dreckige Rock-Beschallung mit authentischer Attitüde dahinter, die wesentlich mehr bietet, als der erste Song vermuten ließe, und vielleicht ein paar Details zu wenig, die einem vergleichbar klingenden Album noch ein bis zwei Sterne mehr beschert hätten.

Anspieltipps:
„Dancing“, „Scream“, „The Ticket“ und „Electric Shock“

 

Jannis

 

VOLBEAT – Servant Of The Mind

Band: Volbeat
Album: Servant Of The Mind
Spielzeit: 78 min
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Vertigo/ Universal Music
Veröffentlichung: 03.12.2021
Homepage: www.volbeat.dk, www.facebook.com/volbeat

Nicht mehr als das härteste Album der Bandgeschichte hatten sich VOLBEAT vorgenommen. Nach dem eher durchwachsenen „Rewind, Replay, Rebound“ klingt das Versprechen immerhin als sehr leicht erreichbar. Schon mit „Outlaw Gentlemen & Shady Ladies“ haben sich VOLBEAT in eine eher seichte Richtung entwickelt und das ist schon schlappe 8 Jahre her. Das letzte Konzert, dass ich 2016 mit den Dänen erlebt habe, hatte dieses Gefühl nochmal verstärkt. Mit einem Publikum, das auch locker auf ein Pop-Rock-Konzert hätte gehen können, haben sich VOLBEAT zwar in deren Herzen gespielt, meinen Mann und mich aber aufgrund der sehr seichten Songauswahl ratlos zurückgelassen haben. Tatsächlich haben wir dann auch den Bezug zur Band nicht mehr wiedergefunden. Das sollte sich dann aber mit dem härtesten Album der Bandgeschichte ändern. Oder? Soviel vorweg, es ist besser als „Rewind, Replay, Rebound“. Aber es ist nicht das härteste und definitiv nicht das beste Album in der 16-jährigen Bandgeschichte der Dänen.
Mit „Temple Of Ekur“ ist ein guter und stimmungsvoller Einstieg gelungen, solide Gitarrenarbeit, weckt die Hoffnung auf mehr. Der Song hätte auch direkt von „Beyond Hell/ Above Heaven“ stammen können. Erwartungsvoll bin ich auf Song #2 eingestimmt. Okay, „Wait A Minute My Girl“ ist jetzt wirklich nicht hart, kann aber durch seine positiven Vibes und Rock’n’Roll Attitüde halbwegs überzeugen. Mit einer Art SLAYER-Gedächtnisriff startet „The Sacred Stones“, verliert dann aber die Power der heiligen Steine irgendwann im Song. Trotz des starken Riffings.
Absolut Hittauglich zeigt sich dann „Shotgun Blues“, der auch mit einer gewissen Portion Härte überzeugen kann. Dennoch kommt Poulsens Stimme hier etwas zu glatt rüber, das kennen wir auch deftiger. „Shotgun Blues“ zielt ganz eindeutig auf die Hitlisten ab, das hört man. Trotzdem einer der härteren und besseren Songs auf „Servant Of The Mind“.
So und so ähnlich geht es dann auch mit dem Rest des Albums weiter. „Say No More“ und „Becoming“ lassen nochmal die Thrash-Wurzeln hochleben und sorgen für bangende Luftgitarren. Immerhin.
Und immerhin kommt „Servant Of The Mind“ auf ganze 13 Songs, in der Deluxe Version werden nochmal 4 Songs extra spendiert. Eine stolze Spielzeit von 78 Minuten rundet das ganze ab und gibt den Fans dann doch einiges für ihr Geld.

VOLBEAT haben sich ein Stück in die – für mich – richtige Richtung weiter- oder auch zurückentwickelt und stehen mit Album #8 dem Metal wieder näher als mit den vorherigen Werken. Soundtechnisch sind die Stücke glatt, ohne Ecken und Kanten, was leider das Gesamtkunstwerk VOLBEAT schmälert. Technisch einwandfrei, fehlen hier die Emotionen, das Mitreißende, das Neue. Viel ist vorhersehbar, die Jungs sind mit ihrem unverkennbaren Rock’n’Metal Stil aber auch schon seit 16 Jahren im Musikversum unterwegs. Ich hoffe, sie bleiben aber weiter ihrem Rock’n’Roll-lastigen Stil und der jetzt (wieder) eingeschlagenen Richtung treu um auch die Herzen der „Alt“-Fans abermals zu verzücken. „Servant Of The Mind“ ist jetzt nicht wirklich schlecht, aber für meinen Geschmack (der leider so ziemlich Oldschool an den alten VOLBEAT hängt) auch nicht wirklich gut. So jammere ich jetzt noch etwas auf hohem Niveau, trauere der Vergangenheit hinterher (oldschool…) und hoffe auf das nächste Album, denn die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Temple of Ekur
02. Wait A Minute My Girl
03. The Sacred Stones
04. Shotgun Blues
05. The Devil Rages On
06. Say No More
07. Heaven’s Descent
08. Dagen Før (feat. Stine Bramsen)
09. The Passenger
10. Step Into Light
11. Becoming
12. Mindlock
13. Lasse’s Birgitta

Bonus:
01. Return To None (Wolfbrigade cover)
02. Domino (The Cramps/Roy Orbison cover)
03. Shotgun Blues (feat. Dave Matrise from Jungle Rot)
04. Dagen Før (Michael Vox Version)

Tänski

Aber macht euch selbst ein Bild:

 

SPITFIRE – Do Or Die

Band: Spitfire
Album: Do Or Die
Spielzeit: 42:13 min.
Stilrichtung: Heavy Rock, Rock´n Roll
Plattenfirma: Massacre Records
Veröffentlichung: 17.09.2021
Homepage: www.spitfire-music.com

Schon der Albumtitel ist eine Ansage: „Do Or Die“ haben sich SPITFIRE auf die Fahnen geschrieben. Mit ihrem dritten Album wollen die Münchner Kick-Ass-Rock´n Roller ein Statement setzen. Und das obwohl – oder genau weil – es das Schicksal nicht sonderlich gut mit Dick Dropkick (vocals, guitars) und Nikk Nitro (drums) gemeint hat. Kurz nachdem das zweite Album „Welcome To Bone City“ eingetütet war, verließ Bassist Johnny Jailbreak die Band. Ein fester Nachfolger ließ lange auf sich warten. Jetzt scheint mit Tony Törpedo der geeignete Mann gefunden. Das Album allerdings hat das Gespann Dropkick/Nitro alleine eingespielt.

Über 30 Songs oder Ideen haben sich in den letzten 5 Jahren angesammelt, nahezu alles wurde über den Haufen geworfen und innerhalb von 6 Monaten aus neuen Ansätzen geschrieben. Dass SPITFIRE eine gehörige Wut im Bauch und auch immer noch Wespen im Hintern haben, ist vom ersten Moment an zu hören. Der Opener „Ride It Like You Stole It“ rockt gnadenlos nach vorne und macht erstmal klar, dass der Dreier keine Gefangenen macht. Auch der Sound hat jede Menge Bums! Äußerst partykompatibel dagegen tönt die bereits ausgekoppelte Single „Like A Lady“. Hier ist SPITFIRE echt ein kleiner Hit gelungen. Weiter geht’s mit „Writing On The Wall“, einem weiteren Melodiemonster, bevor der Titeltrack wieder mehr die Aggressivität des Openers aufgreift. Große Erwartungen setzt man natürlich als Dabeigewesener in Songtitel wie „80´s Rockstar“ – so ganz können diese allerdings nicht erfüllt werden. Nach dem gutklassigen „Death Or Glory“ findet sich mit „Sacrifices“ sogar eine (von zwei) Ballade(n). Songs wie „Die Like A Man“, „Eye For An Eye“ oder „Can You Feel The Fire“ lassen die Vermutung aufkommen, dass SPITFIRE ihr Pulver im ersten Drittel ziemlich verschossen haben. Zwar kommt beim abschließenden „Too Much Is Never Enough“ noch mal richtig Stimmung auf, dennoch ist zumindest in der zweiten Hälfte von „Do Or Die“ zu wenig Zwingendes, als dass die Platte als Großtat durchgehen würde.

Dennoch: SPITFIRE vermengen räudigen Rock´n Roll, amerikanischen Punk und Rotzrock auch auf „Do Or Die“ zu einer unterhaltsamen Mischung. Nicht alles ist hitverdächtig, aber ehrlich und handgemacht. Und gut produziert ist die Scheibe obendrein. Coole Mucke in dieser Richtung aus Deutschland ist eher selten, aber nicht (nur) deswegen komme ich für SPITFIRE mit einer guten 7,5 um die Ecke. „Like A Lady“ wird ganz sicher in meine Jahresplaylist einsteigen!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:
01. Ride It Like You Stole It
02. Like A Lady
03. Writings On The Wall
04. Do Or Die
05. 80´s Rockstar
06. Death Or Glory
07. Sacrifices
08. Die Like A Man
09. Out In The Cold
10. Eye For An Eye
11. Can You Feel The Fire
12. Another Mile
13. Too Much Is Never Enough (feat. Frank Panè)

Stefan

BONESETTER – One Way Top Speed

Band: Bonesetter
Album: One Way Top Speed
Spielzeit: 45:17
Stilrichtung: Hard Rock
Plattenfirma: Plattenfirmen sind kein Rock’n’Roll
Veröffentlichung: 30.01.2018
Homepage: www.bonesetterband.com

Bei manchen Bands weiß man ab dem Zeitpunkt, an dem man ihr Album in Händen hält, wohin die Reise geht. Das klischeehafte und unbestreitbar sehr gelungene Coverartwork von BONESETTERs “One Way Top Speed” macht aus den Damen und Herren aus Deutschland eine solche, und ein Blick auf die Trackliste tut sein Übriges, um klarzustellen: Es wird jetzt nicht progressiv und tiefgründig, aber vermutlich ziemlich spaßig. Und wer wäre der Schein, zu trügen? Über zwölf Tracks und 45 Minuten Spieldauer präsentiert die Truppe um Franz Schröter und Hendrik Labisch, die man unter anderem bereits vor RAGE, MOONSPELL und BLACK LABEL SOCIETY bestaunen konnte, knackigen Hard Rock der Marke AC/DC und AIRBOURNE.
Hinsichtlich des Sounds haben BONESETTER auf ihrem Debutalbum schonmal alles richtig gemacht. Während sich unzählige andere Bands ihr Debut durch eine preiswerte Produktion versaut haben, hat das 2010 gegründete Quartett an der korrekten Stelle investiert. Sauber abgemischt, klar und definiert radelt “One Way Top Speed” aus den Boxen und weiß dem interessierten Hörer Hendriks zum Stil der Band bestens passende Stimme würdig zu überbringen, ebenso wie die souveräne Leistung der restlichen Band.
Und musikalisch? Nu, mit der Einschätzung, die Scheibe klinge nach einer klassischen Mischung aus AC/DC und AIRBOURNE, alles gesagt. Sonderlich viel Innovation ist da nicht drin, aber das Ziel, seinen persönlichen Rockidolen zu huldigen, kann als problemlos erfüllt abgehakt werden. Mal schwerer schleppend, wie bei “Illegal Life”, mal im Feelgood-Riff-Sommer-Modus bei “Make Love” und mal vergleichsweise geschwind (also oberes Midtempo oder Unteres Uptempo) bei “Sweat And Blood”. Zwischendurch findet sich noch ein wenig Listeningbait – “Short Fast And Merciless” ist eines der am wenigsten shorten Lieder, nicht allzu fast aber immerhin vergleichsweise merciless – und mit “Rock Hard” hat man sich ein wenig im Titel vergriffen. Zwei Punkte Abzug dafür, Freunde, so geht das nicht.
Spaß.
Allgemeiner gesagt: Die Songstrukturen ähneln sich deutlich, es gibt viel Midtempo, die Riffs sind dominant und partytauglich, der Gesamtsound ist den Vorbildern entsprechend abgespeckt. Mit derartigen Komponenten läuft man als Band natürlich Gefahr, dass letztendlich doch nicht jeder Song ein epiphanisches Erlebnis wird (dafür ein Punkt Abzug), zudem fehlt BONESETTER noch das nötige Stück Charakter, eigene Nouancen im Gesamtsound, der an sich natürlich berechtigterweise ausfällt, wie er ausfällt (dafür der zweite Punkt Abzug). Nichtsdestotrotz ist “One Way Top Speed” ein starkes Debutalbum, das äußerst viel richtig macht und Fans des guten alten klassischen Hard Rocks mit einem ausgewählten Kasten Bier und ein paar Freunden garantiert einen fröhlichen Abend bescheren wird.

Anspieltipps:
Was soll man sagen, Ihr kennt die Rezeptur. Alle Tracks bewegen sich auf einem sehr ähnlichen Niveau, einfach mal blind reinhören ist angesagt.

Fazit:
Gut gespielte und fein produzierte Songs mit smarten Lebensweisheiten und Ratschlägen zum Thema Bier trinken, Trucks fahren und Leute bumsen, angetrieben durch besten Wechselstrom. Kann man als Freund des Genres wirklich gar nichts mit falsch machen.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Drinking Beer
02. Golden Gun
03. Illegal Life
04. Keep On Trucking
05. Make Love
06. One Way Top Speed
07. Outlaw
08. Road Of Fire
09. Rock Hard
10. Short Fast And Merciless
11. Sweat And Blood
12. Wildfire

Jannis

THE WEIGHT – The Weight

Band: The Weight
Album: s/t
Spielzeit: 46:19 min
Stilrichtung: Psychedelic Rock
Plattenfirma: Heavy Rythm & Roll Records
Veröffentlichung: 17.11.2017
Homepage: theweightrock.com

Wer der Rock Garage fleißig folgt, hat schon vor ein paar Tagen das Interview mit THE WEIGHT gelesen. Allen anderen sei dies hiermit noch einmal wärmstens ans Herz gelegt. Ansonsten sehen wir uns heute an, was Tobias Jussel (Gesang, Orgel, Piano, Michael Boebel (Gitarre), Patrick Moosbrugger (Bass) und Andreas Vetter (Drums) mit ihrer selbstbetitelten Eigenproduktion gezaubert haben.
Ihren Musikstil bezeichnen die Jungs als Heavy Rythm & Roll, was es auch auf den Punkt trifft. Wer sich darunter nichts vorstellen kann: Psychedelic Rock mit dreckig harten und bluesigen Gitarrenriffs, hartem Bass, massiven Drums und on top noch eine kräftige Stimme.
All das bekommt man von der ersten bis zur letzten Sekunde. „Hard Way“ groovt einen schon einmal mit einem Drum-Intro ein und schraubt sich mit dem simplen und kraftvollen Gitarrenriff ins Gehirn. Bei „Trouble“ wird so langsam die Orgel ausgepackt, hier sei auch das preisgekrönte Video zu erwähnen, in dem THE WEIGHT ihren Vorbildern Attribut zollen. „Rich Man’s Pride“ tropft ganz herrlich vor rotzigem Blues, „A Good Thing“ ist ein ruhiger Prilblumen-Gute-Laune-Song und „Money Ain’t For Keeping“ zieht das Tempo wieder ein bisschen an. „Hammer, Cross & Nail“ dehnt sich auf über acht Minuten, in denen viel Zeit für diverse Spielereien in bluesiger Verpackung ist. „Jam“ ist eine THE DOORS-mäßige Nummer und mit „Get Some“ wird es etwas schmutziger und sehr unterhaltsam. Der letzte Song, „Plenty Of Nothing“ verbreitet eine tolle Wärme und ist gleichzeitig tanzbar und groovy.

Fazit: Was für ein Debut! Sicher bin ich beim Schreiben der Review noch etwas von der erstklassigen Live-Darbietung beeinflusst, aber man muss sagen, dass es das Album schafft einen in diese fröhlich-warme Sommer-Live-Stimmung zu versetzen. Gleichzeitig schafft es die Band mit jedem Song ein kleines Kunstwerk zu erstellen, welches bei aller Leichtigkeit immer etwas komplex ist und Interpretationsraum lässt. Für mich ein mehr als empfehlenswertes Album, vor allem für Fans der 70er á la THE DOORS, LED ZEPPELIN, URIAH HEEP, DEEP PURPLE, PINK FLOYD etc.

WERTUNG: 

 

 

Trackliste:

01. Hard Way
02. Trouble
03. Inside
04. Rich Man’s Pride
05. A Good Thing
06. Money Ain’t For Keeping
07. Hammer, Cross & Nail
08. Jam
09. Get Some
10. Plenty Of Nothing

Lotta

THE NEW ROSES Interview

Am 19.10. gaben sich The New Roses zusammen mit ihren beiden Supportbands Stinger und The Weight im Hirsch in Nürnberg die Ehre.
Was für ein spaßiger Abend das aber auch war! Gestartet wurde er mit einem Plauderstündchen mit Sänger Timmy Rough, der u.a. über das harte Leben im Rock’n’Roll, sowie den aufregenden Trip zu unseren Truppen nach Afghanistan berichtet.
Auch später bei der Show gaben Timmy, Norman, Hardy und Urban alles. Genau deshalb solltet ihr ihren letzten Deutschland-Auftritt dieses Jahr in Wiesbaden am 17.11. nicht verpassen! Auch ihre letzte Platte „One More For The Road“, welche im August erschien, sei euch wärmstens ans Herz gelegt.
Nun aber erstmal viel Spaß mit dem Interview!

L.C.: Im August kam euer neues Album raus, inwiefern unterscheidet es sich im Entstehungsprozess von den Vorgängern?

Timmy: Grundsätzlich ist es nach demselben Prinzip entstanden: ich habe einfach wieder Songs geschrieben, Ideen festgehalten, habe sie den Jungs gezeigt, wir haben ausgesucht und uns dann mehr mit den Ideen beschäftigt und Songs draus gemacht. Das haben wir bei den anderen Alben auch so gemacht. Was jetzt allerdings anders war, ist, dass wir konstant auf Tour waren mit dem „Dead Man’s Voice“-Album und ich eigentlich bei den Soundchecks oder in den Garderoben an den Songs gearbeitet habe. Deswegen klingt die Platte, finde ich, sehr aus einem Guss, weil sie eben die ganze Zeit on the road entstanden ist durch das ständige unterwegs sein. Das ist auch der Spirit der Platte. Ich habe den Eindruck, dass man hört, dass in dem Album durchgehend Bewegung drin ist, so eine Unruhe. Deswegen haben wir sie dann auch „One More For The Road“ genannt.

L.C.: Und bei den anderen Alben war das anders?

Timmy: Ja, beim ersten Album ist es natürlich so da hat man sein ganzes Leben Zeit. Auf dem ersten Album sind Songs drauf, die habe ich geschrieben da war ich 17, und ich war ja immerhin schon 27 als das Album rauskam. Deswegen war ich das beim zweiten Album dann überhaupt nicht gewöhnt so auf Druck zu schreiben. Da haben wir aber noch nicht viel getourt, weil wir noch eine ganz unbekannte Band waren. Erst durch das zweite Album dann, das „Dead Man’s Voice“-Album, da war dann „Thirsty“ drauf und das ging dann ins Radio und hat uns, sage ich mal, den Einstieg in die Profiliga ermöglicht. Ab dann haben wir nur noch gespielt. Wir sind jetzt nahtlos aus der „Dead Man’s Voice“-Tour in die „One More For The Road“-Tour übergegangen. Deswegen fanden wir auch „One More For The Road“ ganz passend, weil es ging dann so direkt noch einen weiter.

L.C.: Du hast gesagt, du schreibst die Songs, habt ihr eine bestimmte Rollenverteilung innerhalb der Band? Wer macht was?

Timmy: Es wurde nie so richtig kommuniziert, aber es ist so natürlich alles auf seinen Platz gefallen. Urban, unser Drummer, kümmert sich viel um diese ganzen Business-und Vernetzungsfragen mit dem Management und Plattenfirma. Die anderen haben viel hier on the road zu tun. Jeder macht das, was er am besten kann. Aber ich glaube, wenn alle alles machen, gibt es nur Gewusel.

L.C.: Ich hatte gerade schon nach den anderen Alben gefragt. Wenn ihr jetzt so zurückguckt, was hat sich seitdem verändert, habt ihr euch weiterentwickelt bzw. seid ihr anders geworden?

Timmy: Mit Sicherheit. Als wir das erste Album herausgebracht haben, da hatten wir eigentlich so null Ahnung von gar nichts. Wir haben zwar schon lange Musik gemacht, aber wir hatten noch keine eigenen Songs richtig auf die Straße gebracht. Also Urban und ich kennen uns schon ewig, haben eine Coverband zusammen gehabt, in Ami-Clubs für die ganzen Soldaten gespielt, aber wir hatten halt null Ahnung wie es auf Tour aussieht, wie viel Kraft das kostet und wie die Realität im Rock’n’Roll aussieht. Wenn man das nur aus dem Fernsehen kennt und sieht die DVD von seiner Lieblingsband oder irgendeinen coolen Film über Rockstars, dann stellt man sich das alles so unheimlich aufregend und wild vor – das ist es auch, aber es ist halt eine Komponente dabei, die man nicht so oft sieht, von der man nicht so gerne spricht und auch nicht so gerne was hören will. Es ist eine sehr sehr kraftraubende, langwierige Arbeit so eine Band nach vorne zu bringen und die dann auch dort wachsen zu lassen. Das haben wir so nicht gesehen. Jetzt mit diesem Wissen geht man schon anders ran, versucht natürlich auch gewisse Fehler nicht mehr zu machen. Manches wird leichter, weil man nun schon weiß wie es geht. Man schießt sich auch miteinander ein, das ist wirklich wie ein altes Ehepaar. Ich sehe die Jungs hier wesentlich mehr als meine Familie oder vor allem meine Freunde. Wir hängen ja ständig aufeinander, da lernt man auch viel über sich selbst, wie man den anderen auf den Sack geht mit gewissen Eigenschaften. Oder auch wie man mit Sachen, die einem selbst auf den Sack gehen dann umgehen kann um langfristig überhaupt ein Zusammenleben möglich zu machen.
Also ich glaube man entwickelt sich ständig weiter, wenn man das will. Sonst kracht es auch, und ich glaube, dass uns das von vielen Bands unterscheidet. Wir sind nicht die beste Band, die es gibt, obwohl man ja gerade sagt wir wären die neue Hoffnung des Hard Rock und so… ich glaube wir sind einfach eine Band, die länger durchhält als andere. Durch Geldmangel, Stress und zeitliche Probleme – du musst ja auch irgendwie erstmal zu Geld kommen und das verdient man nicht mit der Band. Die kostet erstmal Geld. Die ersten Jahre haben wir nur privates Geld reingesteckt. Ich habe nachts in einer Zeitungsfabrik gearbeitet, Getränke ausgeliefert, im Baumarkt Beton geschleppt und habe jeden Euro dann direkt in die Band gesteckt und nichts für mich behalten. Das muss man erstmal hinkriegen, dann geht man sich irgendwann auf den Sack, weil man ist ständig on the road, hat kein Geld und schläft im Auto, muss sich im Auto umziehen, weil dir keiner eine Garderobe gibt. Wenn du die letzte scheiß Vorband von der Vorband bist, dann interessiert sich überhaupt keiner. Du bekommst nichts zu essen, nichts zu trinken, das ist wirklich krass. Du musst dir das ganz hart erspielen. Jetzt bei einer Tour wie dieser, spielen wir in Läden, wo wir die ganze Zeit Vorgruppe waren und haben jetzt die Garderoben wo immer die Hauptgruppen drin waren, jetzt können wir was essen, Interviews in einem ruhigen Raum führen und nach der Show duschen, das ist schon was Besonderes. Also ich bin da sehr sehr dankbar, dass wir jetzt mittlerweile auf so einem Level sind.

L.C.: Gab es auf dem Weg so Schlüsselerlebnisse wo ihr gesagt habt „So habe ich mir das aber nicht vorgestellt“ ?

Timmy: Solche und solche. Es gab Momente wo man wirklich dachte „Komm‘, wir lassen es“. Wir haben wirklich mehrfach überlegt, ob wir es einfach sein lassen. Das waren Momente wie zum Beispiel, dass man mehrfach mit Businesspartnern in Streit geraten ist, musste sich vertraglich rausklagen mit Anwälten und vor Gericht usw. Das hat viel Geld, Nerven und Freundschaften gekostet. Da wurde Vertrauen gebrochen, das man in jemanden gesetzt hat und das war sehr schlimm. Es gab aber auch Sachen, die einfach nicht funktioniert haben. Du spielst und spielst und spielst und trotzdem will keine Plattenfirma etwas mit dir zu tun haben. Alle sagen „Ihr seid so geil, aber Rock’n’Roll ist tot und wir wissen nicht, was wir damit anfangen sollen“. Wir haben in den letzten Kellerkneipen gespielt, wo der Schimmel von der Decke hing und es waren nur sechs Leute da und du fragst dich wofür du sechs Stunden gefahren bist. Da gab es schon viel Negatives und Strapaziöses.
Aber es gab dann auch immer wieder Momente, die waren jetzt gar nicht so super glorreich, sondern Momente wo einer sagt, er sei acht Stunden gefahren um uns zu sehen, kommt aus Budapest her oder wenn jemand unser Album sehr bewegt hat. Auch der erste Festival-Gig, wo dann wirklich Party war und dann spielst du da vor 1000 Leuten. Oder der „Sons Of Anarchy“-Soundtrack war auch cool für uns.

L.C.: Wie seid ihr da drangekommen?

Timmy: Das hat sich über unser erstes Management ergeben. Das hat Wind davon bekommen, dass da noch ein Song fehlt.

L.C.: Also habt ihr den extra dafür geschrieben?

Timmy: Nein, ich hatte den schon und das Album war auch so gut wie draußen und hieß auch „Without A Trace“, also wie der Song. Ich wusste immer, dass der perfekt für einen Actionfilm wäre und wir haben den denen dann angeboten und das hat ein paar Wochen gedauert. Das war relativ umständlich, aus Amerika wollten die bei Century Fox dann erst wissen was das für ein Lied ist und dann kamen wir aber mit auf den Soundtrack, das hat uns viel gebracht. Und jetzt letztes Jahr der Gig auf dem Hellfest vor 10 000 Leuten, das war auch echt eine geile Aktion, vor allem weil da kurz danach Aerosmith gespielt hat, das war schon wirklich sehr geil. Auch die „One More For The Road“-Tour ist wirklich auch so ein Moment, wo man merkt, es tut sich etwas im Direktvergleich mit der Tour letztes Jahr. Man kann sagen, es entwickelt sich einfach viel. Es sind viel mehr Leute, viel größere Läden. Die Leute sind auch wesentlich euphorischer dabei, die kennen die Songs in- und auswendig. Ich hoffe mal, dass die Negativseiten jetzt weniger werden, als sie am Anfang waren, aber es wartet natürlich immer etwas.

L.C.: Du hast gerade schon gesagt, ihr habt für Truppen gespielt. War das schon vorher oder war das jetzt in Afghanistan das erste Mal?

Timmy: Ja wir waren in Afghanistan. Das war das erste Mal, dass The New Roses für die Bundeswehr gespielt hat. Urban war vor 15 Jahren mit Hardy schon zusammen in einer Band und die haben da auch schon einmal mit der Bundeswehr zu tun gehabt. Was wir aber früher gemacht haben war, dass wir in Wiesbaden, bei uns, wo die U.S. Army ihr Hauptquartier hat, in den umliegenden Clubs und Bars zu spielen, weil da die ganzen Soldaten hingegangen sind und weil das der einzige Ort im ganzen Rhein-Main-Gebiet war, wo man Rock’n’Roll spielen konnte, Country spielen konnte, Lynyrd Skynyrd spielen konnte und solche Sachen. Da habe ich dann auch die Sprache gelernt und viele viele gute Freunde kennengelernt.

L.C.: Wie seid ihr an den Auftritt in Afghanistan gekommen?

Timmy: Wir haben uns einfach angeboten. Wir haben gesagt, wir würden das gerne machen, haben uns mit der Bundeswehr in Verbindung gesetzt und gesagt „Wir sind The New Roses und wir würden gerne die Truppen besuchen und wenn ihr wollt auch gerne spielen.“. Dann sind wir da hingeflogen und haben ein Konzert gespielt. Das war dann so extatisch und intensiv, dass wir dann nochmal verlängert haben um noch eine zweite Show zu spielen. Wir waren insgesamt eine Woche da und hatten eine richtig coole Zeit. Es war sehr aufschlussreich und wir haben jetzt noch mehr Respekt als wir eh schon hatten bevor wir hingefahren sind, weil die Jungs und Mädels da machen schon einen echt krassen, harten Job in unserem Auftrag.

L.C.: Hattet ihr Angst während ihr da wart?

Timmy: Stellenweise schon. Komisch war es die meiste Zeit. Man ist mit einem mulmigen Gefühl hingereist. Den Flughafen dort kann man natürlich nicht vergleichen mit dem Flughafen hier. Da stehen bewaffnete Leute mit Maschinengewehren. Im Bus, mit dem du über das Flugfeld gefahren wirst, müssen die Lichter aus und Vorhänge zu sein, damit man kein erkennbares Ziel darstellt. Das war schon nervenaufreibend. Wenn man sich überlegt, dass die den ganzen Tag über Monate hinweg in diesem Risiko leben und dann auch noch rausfahren aus der Basis, wo ja noch ein verhältnismäßig großes Sicherheitskonzept besteht, muss man sagen, umso mehr Respekt für die Leute dort. Beim Abflug hatte ich dann nochmal richtig Schiss, muss ich sagen, weil wir da lange an dem Flughafen in Mazar-e Scharif warten mussten. Alle sind angespannt, man merkt, dass die Soldaten alle wirklich wachsam sind und die Waffen auf Anschlag haben und das ist man halt nicht gewohnt. Aber es hat sich gelohnt.

L.C.: Wann fällt dann die Anspannung ab? Erst wenn man mit dem Flugzeug über ruhigeren Ländern ist, oder schon vorher?

Timmy: So richtig entspannt war ich erst als wir in Istanbul abgeflogen sind. Wir hatten dort einen Zwischenstopp, sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise. Das war gerade zu dem Zeitpunkt als viele Deutsche in Untersuchungshaft genommen wurden und wir waren ja auch noch im Auftrag der Bundeswehr unterwegs. Da haben wir auch nochmal befürchtet Probleme zu bekommen. Als wir dann aber in Istanbul abgehoben sind Richtung Köln, da war ich dann selig.

L.C.: Wart ihr selbst in der Bundeswehr (Wehrdienst geleistet etc.)?

Timmy: Ich weiß gar nicht, wie das bei den anderen aussieht, aber ich wurde damals ausgemustert. Ich hatte damals gesundheitliche Probleme, deswegen hatte ich nicht die Gelegenheit mitzumachen.

L.C.: Ihr seid ja nicht nur in Afghanistan unterwegs, sondern generell viel auf Tour, wie bereitet ihr euch darauf vor?

Timmy: Wir proben. Viel weniger als wir müssten, weil wir eigentlich durchgehend auf Tour sind. Man kann halt im Moment noch nicht sagen, dass wir es so machen, wie man es sich vielleicht denkt, dass wir ein halbes Jahr zu Hause sind und proben, uns vorbereiten, die Ansagen vor dem Spiegel üben und dann auf Tour gehen und das präsentieren. Wir sind wirklich von der „Dead Man’s Voice“-Tour, die Ende Juli endete, in die „One More For The Road“, wo die Platte im August rauskam, übergegangen. Also eine richtige Vorbereitung gab es in dem Sinne nicht.

L.C.: Und die vorherige Tour?

Timmy: Das war unsere erste richtige Tour, da war natürlich alles zu tun. Man musste Equipment aufstocken, denn wenn die Läden größer werden, muss man mehr Zeug mitbringen. Man übt, dann haben wir eine Crew zusammengestellt, an der Show gearbeitet. Obwohl wir arbeiten in der Nachbereitung sehr viel. Wir sprechen nach der Show und da wir so viel spielen entwickeln wir das quasi von Gig zu Gig weiter.

L.C.: Gibt es irgendein Land in dem ihr besonders gerne mal spielen würdet?

Timmy: USA glaube ich. Da haben wir noch nicht gespielt. Ich bin zwar schon öfter da gewesen und habe auch viele Songs für die Alben dort geschrieben, aber wir haben jetzt noch nicht mit den Roses dort gespielt. Das ist auch logistisch gar nicht so einfach wie in Europa. Hier kann man überall hinfahren mit seinem Zeug und in die USA muss man das dann irgendwie verschiffen oder dort mieten. Die Entfernungen sind viel größer. Man glaubt das nicht wie viel größer die sind, man fährt da zwischen den Shows 13-14 Stunden hin und her, das muss man auch mit auf dem Schirm haben. Das muss geplant sein, aber es wird definitiv passieren, wir arbeiten schon an dem Plan. Ob nächstes oder übernächstes Jahr…wir sind dran. Und wenn wir uns was vornehmen, dann machen wir das auch.

L.C.: Wollt ihr eure Fans zu irgendwas inspirieren? Wenn sie zu euren Shows gehen, oder eure Alben hören…

Timmy: Ich weiß nicht, wie die anderen über gewissen Sachen denken und will da auch keinem über den Mund fahren, deswegen sag ich es mal wie ich es sehe. Ich finde unsere Message ist, dass man gut leben kann mit dem was man tut, wenn man das gerne macht. Wenn man daran glaubt und sich den Arsch für aufreißt natürlich. Wie gesagt, uns haben alle gesagt Rock’n‘Roll ist tot, lass‘ das einfach sein, mach‘ auf Deutsch, mach‘ bei „Voice Of Germany“ mit. Das waren immer diese typischen Reden und immer dieselben Gespräche. Wir haben es so gemacht, wie wir es wollten, haben alles selbst gemacht, selbst finanziert und jetzt sind wir hier. Man darf auch ruhig man selbst sein. Wir schminken uns ja nicht oder ziehen uns irgendwelche Verkleidungen an, was ja viele Bands mittlerweile machen. Wir sind einfach eine Rock’n’Roll Band, spielen Rock’n’Roll und fertig. Das ist wer wir sind und wenn man jetzt von einer Message reden kann oder irgendetwas Inspirierendem, dann wäre es: Wenn du eine Idee hast von etwas, das du gerne wärst, dann mach‘ das einfach und lass‘ dir nicht reinreden von irgendwelchen Leuten die sagen, es geht nicht. Seit ich 12 bin will ich das machen und bis vor kurzem hat jeder gesagt, dass das nichts bringt. Man darf sich nicht vor Kritik verschließen, man muss zuhören und für sich selbst entscheiden was stimmt und was Quatsch ist. Ich sage das jedem: Du willst eine Weltreise machen? Dann mach‘ es jetzt!

L.C.: Du hast „The Voice“ angesprochen, wäre das eine Option gewesen?

Timmy: Nein, das war noch nie eine Option für mich. Allein der Name hat mich schon immer total abgestoßen. Ich bin doch nicht einfach nur eine Stimme ohne Gesicht, ohne Nachricht, ohne Charakter! Ich bin doch nicht einfach „The Voice Of Irgendwas“, ich bin ich! Ich habe eine Message, ich habe Songs, ich bin, sage ich mal, ein Gesamtkunstwerk. Meine Songs, meine Alben, alles zusammen ergibt ja erstmal meinen Charakter. Und ich habe eine Band bzw. bin Teil einer Band. Die müsste man ja dann einfach da stehen lassen und das gehört auch nicht in meine Idee, zumindest nicht, wenn es mir jemand befiehlt. Dieser ganze Hocus Pocus da, das hat doch mit Musik nichts zu tun! Das ist einfach Quatsch. Und der alltägliche Konsument, der hockt sich doch jetzt auch nicht hin und sucht im Internet oder Plattenläden richtig geile Singer und Songwriter. Der schaltet den Fernseher an und sucht sich aus den fünf mittelmäßig guten Sängern, den raus, den er am schönsten findet. Der stellt das gar nicht in Frage, ob es da noch mehr gibt oder stellt das in Relation zum Rest der Musikwelt. Und wenn du dann noch diese Juroren siehst, das sind alles nette Kerle privat, ich möchte da keinem zu nahe treten, aber die machen sich da ja auch zum Affen im Fernsehen. Die profilieren sich nur selbst und machen Werbung für ihr neues Album. Das hat für mich mit dem Sprit vom Musik machen – also ich schreibe meine Gefühle auf und singe die – nichts zu tun.

L.C.: Gibt es ein bestimmten Gefühl, das du in einem Song verarbeitet hast, also hast du mal ein Beispiel?

Timmy: Alles, klar! „One More For The Road“, der Titelsong vom neuen Album, ist ein Song über das ständige unterwegs sein und diese Zerrissenheit zwischen „Ich finde es voll geil und will gar nicht mehr nach Hause“ und „ Ich muss unbedingt nach Hause, weil ich hier durchdrehe“. „My Own Worst Enemy“ auf dem neuen Album ist ein Song über ebendieses Zerrüttete, in dem man eigentlich innerlich rebellisch ist, bewegt sich aber automatisch in eigengebaute kleine Grenzen und Gefängnisse hinein indem man Beziehungen führt, Verträge unterschreibt, oder sonst irgendwas macht. Da ist man auch ständig hin-und hergerissen und deswegen geht „My Own Worst Enemy“ darüber, dass die eigenen Entscheidungen immer Konsequenzen haben und man damit klar kommen muss. Jedes Gut bringt immer ein Übel mit sich, man bekommt nichts umsonst, man muss immer etwas eintauschen. Auf dem ersten Album, „Without A Trace“, der Titelsong, ist ein Song über einen Soldatenfreund vom U.S. Militär. Der war in Afghanistan stationiert und als es da richtig rund ging, war ich sehr besorgt und habe ihm den Song geschrieben und geschenkt. Erst später – ich wollte den nie veröffentlichen – als die Band gesagt hat, das ist ein Hammer Song, habe ich meinen Kumpel um Erlaubnis gefragt, ob ich den Song benutzen darf. Ich schreibe nicht über pinke Einhörner oder irgendwelche Wikingergeschichten, wie das in manchen Sparten so üblich ist, sondern ich mache mir Gedanken über mein Leben oder Sachen, die ich sehe und schreibe das auf. Eigentlich hat jeder Song mit Sachen zu tun, die man erlebt, weil ich vom Songwriting her eigentlich eher aus der Countrymusik komme. Dieses Storytelling steht bei mir ganz oben, deswegen schreibe ich auch ganz wenig über Party, Women, Whisky and Wine, also diese typischen Rockthemen.

L.C.: …und mit „Life Ain’t Easy“ habt ihr ja einen Song geliefert, der eine Hymne für ungefähr jeden „Boy With Long Hair“ ist.

Timmy: Das ist ein Song über meine Schulzeit. Damals hatte ich aber, muss ich gestehen, nicht wirklich lange Haare, sondern Haare wie Elvis bis ich 15 oder 16 war und hatte auch immer den Kragen hoch gestellt. Als ich in die Grundschule kam, da hatte ich das auch schon so und da kamen gerade die Backstreet Boys raus. Dann ist da jeder so rumgelaufen mit Mittelscheitel und blond gefärbten Haaren. Dieses Milchbubi-Ding war voll in. Mit meiner Elvis-Frisur habe ich da jeden Tag auf die Fresse gekriegt. Aber ich fand das irgendwie cool und habe das weiter durchgezogen. Als ich dann meine erste Band gegründet habe, haben sich auch alle gefragt, ob ich noch ganz sauber bin, weil ich am Wochenende immer weg war. Ich war nie mit auf diesen ganzen Parties wo dann alle hingegangen sind. Ich stand im Proberaum und hatte einfach meinen eigenen Lebensrhythmus. Ich habe natürlich viel gefeiert, aber nicht auf irgendeiner Abi-Party oder sonst irgendwas. Und als dann alle studiert haben, habe ich auch Rock’n’Roll gemacht. Ich habe zwar auch Musik studiert, aber ich war nie auf irgendwelchen Studentenparties. Das was andere gemacht haben, habe ich grundsätzlich nie mitgemacht. Nicht weil ich cooler bin als die anderen, sondern weil ich einfach meinen eigenen Groove hatte. Ich habe immer live gespielt und habe mein Leben da drum gebaut und wurde dafür erstmal ausgelacht. Ich denke, „Life Ain’t Easy“ ist deswegen unser erfolgreichster Song, weil sich viele damit identifizieren können. Es ist nicht nur ein Lied für „Boys With Long Hair“, sondern für alle, die merken „es passt alles nicht so zu mir“ …einfach stumpf ein bestimmtes Smartphone zu holen, weil es alle haben, einfach etwas anzuziehen, weil es alle haben, oder irgendeine Musik zu hören, weil es jeder hört. Wenn man merkt „irgendetwas in mir sagt, ich bin anders“, sollte man sagen „scheiß‘ drauf, ich mach’s einfach“. Damit geht es dir tausend Mal besser, als wenn du mit allen zusammen etwas machst, was dir nicht gefällt. Das ist jetzt auch keine neue, super Erkenntnis, nur nochmal neu in Szene gesetzt und mit ein bisschen Humor (wie auch das Video).