POVERTY’S NO CRIME – A Secret To Hide

Band: Poverty’s No Crime
Album: A Secret To Hide
Spielzeit: 58:56 min
Stilrichtung: Progressive Rock/Progressive Metal
Plattenfirma: Metalville
Veröffentlichung: 30.04.2021
Homepage: www.facebook.com/povertysnocrime

Diese Rezension ist meinem werten Kollegen Mario gewidmet, der kurzzeitig als Interessent für die neue POVERTY’S NO CRIME zur Debatte stand, dies dann jedoch mir überließ. Wer die Chance hat, sich diese Platte zueigen zu machen: Macht nicht den selben Fehler wie Mario und greift zu! Warum?
Da gibt es viele gute Gründe. Wer die Deutschen noch nicht kennt: Quintett, inzwischen 30 Jahre aktiv, mit Hang zu längeren Pausen zwischen den Alben und mit gerade mal fünf Jahren seit dem letzten Album mit “A Secret To Hide” momentan sehr schnell im Veröffentlichen.
Musikalisch ist man im Herzen Progressive Rock der Marke TRANSATLANTIC (die kompositorisch unter anderem einen gewissen Einfluss auf POVERTY’S NO CRIME gehabt haben dürften), präsentiert diesen Progressive Rock jedoch im härteren Gewand, mit einem metallischeren Sound und einigen prog-metallischeren Wendungen. Das wird dann verpackt in einen wirklich sehr guten, druckvollen, klaren Sound, ergänzt um sehr vielseitige Synth-Arbeit und Sounddesign-Elemente, die den Klang hintergründig anreichern und gegebenenfalls beim ersten Hördurchgang gar nicht unbedingt bemerkt werden, unbewusst aber eine ziemliche Wirkung entfalten. Und was wäre all das ohne einen (ebenfalls hervorragend produzierten) Volker, dessen Vocals das Niveau des Sounds komplett halten.
Musikalisch ist “A Secret To Hide” wie gesagt absoluter Progressive Rock, ergänzt um die ein oder andere bratendere Metalgitarre und teils aggressiveres Drumming. Doch an sich ist das Album hochmelodisch, vielseitig in seiner Soundauswahl und eines der Alben, bei denen kein Song unter sechs Minuten kommt. Das kann schlecht sein, wenn man versucht, Standard-Vier-Minuten-Songs auf sechs Minuten zu pumpen, aber PNC machen eben keine Standard-Vier-Minuten-Songs, sondern Songs, die irgendwo losgehen, dann ein paar Umwege nehmen und irgendwo ankommen, was so auch auf das komplette Album übertragbar ist. Feierlicherweise besteht dieser Weg, den sowohl die einzelnen Songs als auch das Album an sich beschreiten, aus einer wunderbaren Station nach der anderen, und auch wenn man sich zwischendurch fragen mag, wie man nun eigentlich hier angekommen ist, ist der zurückgelegte Weg doch genau genommen stehts nachvollziehbar und gut sichtbar. Was ich eigentlich damit sagen will: “A Secret To Hide” ist ein Prog-Rock-Album, genau wie es sein sollte. Mit unendlich vielen Details, unendlich vielen Ideen, und in sich absolut stringent als Gesamtkunstwerk, bei dem die einzelnen Parts und Songs sowie die Verwendungen einzelner Sounds in ihrer Abfolge rückblickend absolut logisch und richtig erscheinen, während sie sich gleichzeitig nicht vorhersagen lassen. Ich will an dieser Stelle gar nicht auf einzelne Songs eingehen, da jeder von ihnen im größeren Kontext eh nochmal mehr Sinn macht und ich denke, dass eine Beschreibung des allgemeinen Grundgefühls hier angemessener ist.

Fazit:
Denn mit seiner Verspieltheit, seiner ausgeprägten Melodiösität, seinen klugen Kompositionen und Arrangements, seiner Ausgefeiltheit und Struktur und nicht zuletzt seinen kleinen über das Album hinweg wiederkehrenden Motiven ist “A Secret To Hide” eine Art kleines metallisches “The Whirlwind”, um auf den TRANSATLANTIC-Vergleich zurückzukommen. Und das ist das größte Kompliment, das ich der Platte bei meinem persönlichen Musikgeschmack machen kann. Ernsthaft, die Band hat auf Facebook keine 1.500 Abonnenten. Das ist eigentlich das einzige, was bei den Herren falsch läuft.

Anspieltipps:
Am Anfang beginnen und treiben lassen. So einfach ist das.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Supernatural
02. Hollow Phrases
03. Flesh And Bone
04. Grey To Green
05. Within The Veil
06. The Great Escape
07. Schizophrenic
08. In The Shade

Jannis

IRONBOURNE – „Ironbourne“

Band: Ironbourne
Album: Ironbourne
Spielzeit: 51:08 min
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Pure Steel Records
Veröffentlichung: 26.03.2021
Homepage: www.facebook.com/ironbourneofficial

Es ist doch immer schön, wenn eine Band Klischees umgeht und nicht mit jeder Facette ihres Daseins Trueness verkörpert. Gestatten, IRONBOURNE (Name: check), Promotextstart “Geboren aus IRON, geboren aus langer Tradition. Seit Jahrhunderten bauen die Menschen Eisenerz ab, seit über vier Dekaden spielen die Menschen echten Stahl. Die Einen gaben ihr Leben, um IRON zu bergen, die Anderen schenken ihr Leben dem HEAVY METAL.” (Beschreibung: check), Songs wie “Twilight OF Gods” und “Covenant” (check, check). Jut, wird so ’ne Swords-and-Glory-and-Steel-Sache, hm?
Nee, tatsächlich nicht. Heavy Metal ist das auf jeden Fall, aber weniger die pathetische Art als die, die zwischen NwoBHM und Hard Rock unterwegs ist – nicht besonders böse, nicht kitschig, sondern im Gegenteil schön nostalgisch und intensiv. Dem kommt zuerst mal die Produktion zugute, die dem klassischen, etwas höhenlastigeren Sound von 80er-Heavy-Metal-Releases nahekommt, dabei aber auch gut Schmackes hat und in keinster Weise negativ auffällt. Außerdem kommt dem die Leistung der Band zugute, die on point und professionell ausfällt und von Torbjörn Anderssons ausdrucksstarker und gesund kantiger, kurz, absolut Heavy-Metal-kompatibler Stimme geführt wird.
Und zu guter Letzt kommt dem zugute, dass “Ironbourne” eine sehr gut funktionierende Mischung aus Heavy Metal und Hard Rock ist, wobei sich letzterer vornehmlich in einigen knackigeren Strophen und den dichten und um gelungene Backing Vocals erweiterten Refrains äußert, die zum größten Teil absolut sitzen und öfter mal gewisse PRAYING-MANTIS-Vibes transportieren.
Die Metal-Komponente stimmt ebenso. Die Riffs fühlen sich in ihrer Umgebung absolut wohl, fallen klassisch, charakterstark und nicht zu frickelig aus. Der Ausflug in True-Metal-Gefilde beschränkt sich auf “Twilight Of Gods” und ist voll im Rahmen, die Halbballade “Too Late” bringt ein paar schön eingesetzte cleane Gitarren mit und wird in ihrem Verlauf kraft- wie gefühlvoll, aber nicht im übertriebenen “SPÜR DIE EMOTIONEN!”-Modus. “Runaway” ist zwar einer der schwächeren Songs, macht mit seinem vergleichsweise deutlichen NWoBHM-Einschlag aber nichtsdestotrotz Spaß, und der Endtrack “Year Of Judgement” lässt vermuten, dass die Schweden GRAVE DIGGERs “Keeper Of The Holy Grail” kennen (was gut ist) und fällt über seine 8,5 Minuten Spieldauer echt kurzweilig, atmosphärisch und smart geschrieben aus.

Fazit:
Die Mischung bei IRONBOURNE macht’s. Die beiden Grundgenres kommen auf “Ironbourne” sehr harmonisch zusammen, sorgen für einen offeneren Stil und sind dazu noch bestens dargeboten und klanglich echt ansprechend. Wenn dann ein, zwei Tracks ein bisschen durchschnittlicher ausfallen, ist das komplett in Ordnung, denn letztendlich ist die Platte einfach ein hochwertiges und musikalisch interessantes Stück Wohlfühlmusik für alle, deren Leidenschaft dem Metal/Hard Rock der frühen 80er gilt.

Anspieltipps:
“Varsel”, “Year Of Judgement”, “Hit The Wall” und “Too Long”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. The Dreamer
02. Elusive Reality
03. Varsel
04. Twilight Of Gods
05. Too Late
06. Covenant
07. Hit The Wall
08. Runaway
09. Year Of Judgement

Jannis

SIRIUS CURSE – Time Knows No Lies

Band: Sirius Curse
Album: Time Knows No Lies (EP)
Spielzeit: 36:51 min
Stilrichtung: Heavy Metal
Plattenfirma: Eigenveröffentlichung
Veröffentlichung: 15.03.2021
Homepage: www.sirius-curse.de

SIRIUS CURSE – endlich mal wieder Newcomer! Okay, Familienväter-Berufsleben-Newcomer, die zum Teil bereits 1986 zusammen spielten (also Metal) und 1992 auch schon eine EP veröffentlichten, aber muss zählen, schließlich ist “Time Knows No Lies” das erste Lebenszeichen der Truppe aus Rottweil in Baden-Württemberg unter diesem Bandnamen und mit diesem Line-Up.
Und was erwartet uns von den Jungs, die seit 2014 als SIRIUS CURSE unterwegs sind, mit Gigs und kleiner Fanbase aber ohne physische Tonträger im Portfolio? Nun, es ist ziemlich klar Heavy Metal mit ein bisschen Power, ganz wenig Prog und etwas Hard Rock. Während man von der Band nach so langer Zeit eine gute Leistung erwarten kann und diese auch bekommt, hapert es leider an der Produktion. Die lädt auch meine guten Kopfhörer ab und an zum Krisseln ein und könnte etwas mehr Druck vertragen. Denn der Druck kommt auch nicht wirklich zumindest durch dicke Gitarrenwände, die produktionstechnische Schwächen überdecken könnten: “Time Knows No Lies” ist verdammt abgespeckt, reduziert auf das absolut Wesentliche – aber nicht auf das Wesentliche, um irgendwie klarzugehen, sondern um ein an sich extrem unterhaltsames kleines Album zu erschaffen. Ganz nach dem Motto “Weniger ist mehr” verlässt man sich auf die Basics und garniert diese mal mit einer großartig sympathischen Gitarrenmelodie (“Crucified”), einem im Heavy-Metal-Kontext unerwartet harmonielastigen und kreativ geschriebenen Chorus (“Loud”, schöner Kontrast zwischen trockenem Geriffe und powerigem Chorus mit kleinen asozial-dissonanten Gitarrenelementen an ausgewählten Stellen) oder vergleichsweise seltenen aber klug eingesetzten und gut klingenden mehrstimmigen Vocals. An solchen Stellen zündet “Time Knows No Lies” so richtig, macht aber kaum weniger Spaß, wenn die Gitarre ihren Spaß an miesem Gedrive mal wieder nicht verbergen kann, eine Strophe wie die von “The Sense” auftaucht (kein Spoiler an dieser Stelle), ein entspannter Mittelteil plötzlich von aggressivem Base-Getrete abgelöst wird oder bei “Relax (It’s War)” frühe GAMMA RAY auf thrashigeren Heavy Metal treffen.
Das alles muss gar nicht des Todes heavy sein, hätte mehr klangtechnische Power aber gut vertragen können. Zudem gehören die drei letzten Tracks zu den längsten, was hinsichtlich der Struktur der Platte psychologisch nicht ganz schlau sein mag, da sie dementsprechend etwas langatmiger ausfallen. Das sind die beiden Hauptkritikpunkte, von denen insbesondere der Sound das Gesamterlebnis etwas schmälert.

Fazit:
Doch während ein schwächerer Sound bei anderen Bands der Untergang wäre, ist es bei SIRIUS CURSE ein gewisses Manko, das aber am Entertainment-Faktor der Platte gar nichts ändert. Das sind die Heavy-Metal-Grundbausteine kreativ und kurzweilig umgesetzt, mit dem Wunsch, musikalisch nicht nur das Genre qualitativ zu repräsentieren sondern sein Album auch von anderen Vertretern dieses Genres durch Originalität im Songwriting abzuheben. Stolze acht Punkte immer noch, die Remastered Version kriegt irgendwann neun!

Anspieltipps:
“Loud”, “The Sense”, “Relax” und “Crucified”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Rain Time
02. Loud
03. Relax (It’s War)
04. No Tomorrow
05. Crucified
06. Time Knows No Lies
07. The Sense
08. Bondage

 

Jannis

THE QUILL – Earthrise

Band: The Quill
Album: Earthrise
Spielzeit: 47:27 min
Stilrichtung: Hard Rock
Plattenfirma: Metalville Band & Label Pool
Veröffentlichung: 26.03.2021
Homepage: www.facebook.com/thequillsweden

Es ist einer der großen Vorteile des Motorradfahrens durch schöne Landschaften, dass es ein absolut vernachlässigbares Infektionsrisiko mit sich bringt. THE QUILL liefern dafür erfreulicherweise den perfekten Soundtrack, mit ihrem nunmehr neunten Album “Earthrise”. Die Schweden sind bereits seit den 90ern aktiv und machen klassischen Hard Rock der handgemachten Sorte, mit allem drum und dran. Das bedeutet konsequenterweise auch eine entsprechende Produktion, die bei “Earthrise” schön erdig und natürlich ausfällt, dabei klar und druckvoll. Dazu gehört außerdem ein astrein agierender Sänger namens Magnus Ekwall, dessen Stimme wunderbar zum Genre passt und die bluesig-doomigeren SABBATH-Parts ebenso bereichert wie die schnelleren und straighteren Songs.
“Earthrise” ist eines dieser Alben, die man auf der einen Seite perfekt nebenher hören kann, bestens geeignete Autofahr- oder Campingplatz-Mucke, in seiner Gesamtheit jedoch auch vielseitig genug, um einem konzentrierteren Hörprozess standzuhalten. Davon überzeugt direkt der Opener “Hallucinate”, der alle Trademarks eines gelungenen Hard-Rock-Openers beinhaltet, inklusive Schellenkranz, sympathischerweise. “Keep On Moving” keept on moving mit etwas angezogenerem Tempo und simpel-effizienter Riffarbeit und der Über-sieben-Minüter “Dwarf Planet” bietet einen schönen balladigen Anfangspart, den einige solcher Bands leider öfter mal vernachlässigen, und wird anschließend dunkler und recht dicht.
Apropos Balladen: Am ehesten ginge noch “Dead River” als eine solche durch, beendet das Album ziemlich entspannt und soweit drumfrei, ebenso der Anfang von “Evil Omen”, das anschließend auf edle kratzig-trockene Gitarren setzt, einen Prototyp-Strophenaufbau zum besten gibt und allgemein ziemlich harmonieorientiert ausfällt. Der Titeltrack kommt mit MAIDENiger Strophe (inklusive Glocke am Anfang, macht jeden Song besser) und SABBATH-Spirit und “21th Century Sky” ist auf der Drumebene ziemlich zappelig und macht ebenso Spaß wie das treibende “The Zone”.
Hard-Rock-Alben dieser Sorte können sehr schnell langweilig werden, einfach weil gerade in dieser klassischen Form die einzelnen Bestandteile und Melodien doch limitiert sind. Dass Langeweile bei “Earthrise” nicht eintritt, liegt zuerst einmal daran, dass die Truppe offensichtlich Hard Rock isst, trinkt und darin badet und schläft. THE QUILL wissen, wie man ihr Genre professionell umsetzt, gewähren jedoch auch die kleinen Besonderheiten, die das damit bereits sehr anständige Album einfach noch ein wenig aufpeppen. Die ruhigen Parts sind sinnvoll, stimmig und willkommene Abwechslungen, kleine Keyboard-Akzente in wenigen der Tracks gießen ein bisschen wohldosierten Zuckerguss über das (im positiven) trockene Grundgerüst, einige Blues- und Stoner-Elemente erweitern die Grenzen des Genres und kleine Cowbell- oder Schellenkranz-Elemente reichern den Sound hintergründig an.

Fazit:
Bei der Menge an Erfahrung, die THE QUILL mitbringen, kann man von einem professionellen Ergebnis ausgehen. Und “Earthrise” ist nicht nur das, es ist im Rahme der selbstgesteckten Grenzen auch subtil vielseitig, vermittelt die gewollte Atmosphäre und weckt hundertprozentig die Sehnsucht nach Festivals aufs Neue.

Anspieltipps:
„Dwarf Planet“, „Hallucinate“ und „Evil Omen“

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Hallucinate
02. Keep On Moving
03. Dwarf Planet
04. Left Brain Blues
05. Earthrise
06. Evil Omen
07. 21th Century Sky
08. The Zone
09. Dead River

Jannis

ARION – Vultures Die Alone

Band: Arion
Album: Vultures Die Alone
Spielzeit: 42:53 min
Stilrichtung: Melodic Power Metal
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 09.04.2021
Homepage: www.facebook.com/OfficialArion

Hab ich vor zwei Tagen noch in der PALADINE-Rezension Bands wie ARION ob ihrer klinisch überfetten Produktion und ihres Songwritings mit Essen verglichen, das seinen Reiz hauptsächlich aus Geschmacksverstärkern bezieht? Zugegeben, ja. Obwohl, eigentlich nein, schließlich sind bei ARION auch die Grundzutaten sorgfältig ausgewählt, die Finnen verlassen sich keineswegs darauf, dass ihre produktionstechnische Umsetzung mangelnden musikalischen Inhalt kaschiert. Aber der Reihe nach: ARION sind eine der jungen Truppen, die absolut modernen Sound mit ähnlich modernen Melodic-Power-Metal-Melodien verbinden. Heißt: Die Produktion wäre überladen, wäre sie nicht so definiert (und zwar um einiges definierter als der Vorgänger “Life Is Not Beautiful”), doch so ist sie einfach nur ein Brett. Voll, dicht, knallend, mit vielleicht minimal zu leisem Gesang aber einer guten Menge an mehrstimmigen Vocals und elektronischen Elementen, die aber nicht so brutal überpräsent sind wie beispielsweise bei DYNAZTY. Damit kann man schonmal arbeiten, handwerklich ist die Platte komplett on point.
Gut auch zu wissen: Bei all dem kommt der Metal nicht zu kurz. Track 1 bis 4 gehen komplett aufs Ganze, mit präsenten und gut aggressiven Gitarren, souverän ballernden Drums und ohne Kompromisse. Die Chorusarbeit ist in melodietechnischer Hinsicht schon poppig, aber nicht kitschig oder belanglos. Im Gegenteil, gerade die Refrains gehen ins Ohr wie Butter (?) und sind in ihrer Art durchaus besonders, beispielsweise der von “Break My Chains” mit seinen großen Vocal-Intervallsprüngen. Dazu hat man mit “Bloodlines” einen Track mit Noora Louhimo von BATTLE BEAST und, kein Witz: Es ist KEINE BALLADE. Alleine, Noora als Gastsängerin nicht in eine Ballade zu packen, wie ungefähr alle anderen Bands es mit ihr bislang gemacht haben, verdient Respekt.
Bei “In The Name Of Love” wird man dann doch etwas schmalziger, mit extrem poplastiger Strophe und mächtigem Gänsehaut-Midtempo-6er-Takt-Chorus sowie Gastsängerin Susanna Aleksandra von Cyan Kicks. Der Titeltrack hackt anschließend in bester Geiermanier los und entwickelt sich dann abermals sehr treibend mit einem weiteren Beispiel für die Call-and-Response-Gesangskomposition, die ARION generell gerne und gewinnbringend auffahren. “I Love To Be Your Enemy” ist sich nicht zu schade für einen Prototyp-Trailersoundtrack-Drop im Intro und kommt danach als der bislang aggressivste Track daher, mit beinahe unmelodischen Vocals in der Strophe und ordentlich Geballer, mächtigem Chor und böser Gitarrenarbeit. Das instrumentale “Where The Ocean Meets The Sky” pendelt zwischen etwas zu sehr König der Löwen und hartem Bombast, “I Don’t fear You” geht nochmal fröhlich ab und “Until Eternity Ends” ist die metalfreie Ballade, die solche Bands halt anscheinend für unabdingbar halten. Mein Geschmack ist es nicht, den Rest des Albums macht es aber auch nicht schwächer.

Fazit:
Jap, auf diese Weise macht das, was ich normal als “zu gelutscht” bezeichnen würde, halt doch wirklich Spaß. Die Songs von “Vultures Die Alone” sind charakterstark, mit Liebe auf Metal-Hit geschrieben und über die Dauer des Albums enorm kurzweilig. Aufmachung nicht über, sondern mit Substanz, Spaßfaktor hoch – Party on, Wayne, Party on, Garth!

Anspieltipps:
“Bloodline”, “I Love To Be Your Enemy” und “Break My Chains”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Out Of My Life
02. Break My Chains
03. Bloodline
04. I’m Here To Save You
05. In The Name Of Love
06. A Vulture Dies Alone
07. I Love To Be Your Enemy
08. Where The Ocean Greets The Sky
09. I Don’t Fear You
10. Until Eternity Ends

Jannis

 

PALADINE – Entering The Abyss

Band: Paladine
Album: Entering The Abyss
Spielzeit: 54:21 min
Stilrichtung: Heavy/Power Metal
Plattenfirma: No Remorse Records
Veröffentlichung: 26.03.2021
Homepage: www.facebook.com/paladinebandofficial

Griechenland ist eigentlich kein Land, an das man automatisch denkt, wenn man über Metal nachdenkt. Das ist eigentlich schade, denn eigentlich finden sich dort so einige gute Metalbands jeglicher Untergenres und auch der Power Metal ist mit Qualitäts-Acts wie EMERALD SUN und FIREWIND auf jeden Fall vertreten. Und mit PALADINE natürlich, die 2013 gegründet wurden und nun mit “Entering The Abyss” ihr zweites Album draußen haben. Konzeptalbum, hart poweriges Cover, Titel wie “Mighty Heart” und “Darkness And Light” – das klingt nach Swords and Glory, ist dies tatsächlich jedoch weniger in MANOWAR-musikalischer Hinsicht, als auf textlicher Ebene, und auf dieser in einem gesunden und nicht unfreiwillig pathetisch-komischen Ausmaß.
Der Sound von “Entering The Abyss” ist gelungen, warm und voll, mit einer korrekten Portion Härte. Die orchestralen Elemente sind mal ausgeprägter, mal Streicher-Pad-artiger und etwas weniger authentisch klingend, an letzteren Stellen jedoch nichtsdestotrotz ebenso angenehm mit einem leichten Retro-Flair. Und wenn man sie mal nicht braucht, beispielsweise beim vergleichsweise thrashigen “Hourglass In The Sky”, dann lässt man sie eben weg, setzt sie somit gewinnbringend an sinnhaften Stellen ein, ohne die Platte auf Teufel komm raus damit zu überladen.
Sänger Nick Protonotarios hat eine raue Grundstimme, die je nach Anlass noch etwas rauer oder doch etwas klarer ausfällt, legt Emotion in seine Vocals und garniert diese durch ein gekonntes Vibrato. Passt zur Musik, kann er gut, Lob dafür. Die restlichen Bandmitglieder leisten ebenfalls sehr gute Arbeit, insbesondere die Gitarren gehen zum Teil ziemlich ab, immer jedoch im Sinne der Musik und nicht aus “Look at my huge Balls”-Gründen.
Und die Songs an sich? Ergeben in ihrer Gesamtheit ein Album, das auf eine sehr unaufdringliche Weise echt gut geworden ist. Keine großen Experimente, kein Part, der wirklich aus der Reihe fiele, stattdessen eine Besinnung auf die wesentlichen Bestandteile des Genres und eine starke Umsetzung dieser Bestandteile. PALADINE machen nicht den überkitschten Gänsehaut-Metal, der Kitschfaktor ist im Gegenteil praktisch nonexistent. Melodiefokussiert ist man dennoch und schafft so ein Album, das sich an seinen generischsten Stellen immer noch absolut richtig anfühlt, an seinen besten den Freunden klassisch melodischen Metals ohne Schnickschnack kleine Freudentränen beschert. Und diese besten Stellen sind unter anderem quasi alle Refrains, die absolut im Sinne des Genres gehalten sind, allerdings hörbar mit dem Wunsch geschrieben wurden, einen Mehrwert zu bieten, sich von all den 08/15-Refrains da draußen durch kreatives Songwriting abzusetzen. Und auch abseits dessen ist “Entering The Abyss” ein höchst gekonnt komponiertes Stück Metal, mit in sich schlüssigen und alles andere als langweiligen Songs, das, für unsere regelmäßigen Leser, in seiner unpenetrant dargebotenen Qualität ein wenig an FIRELAND erinnert.

Fazit:
Solche Bands und Alben haben es in Zeiten des überfett produzierten, synth-lastigen Power Metals nicht besonders leicht. Doch wenn solcher Power Metal ein geiles Gericht mit Unmengen an effizienten Geschmacksverstärkern ist, dann sind PALADINE das Essen, das Oma einem liebevoll selbstgekocht mit natürlichen Zutaten serviert. Beides hat seinen Reiz, aber seinen wir ehrlich: Bei Oma schmeckt es immer noch am besten!

Anspieltipps:
„Entering The Abyss“, „Hourglass In The Sky“ und „Brother Against Brother“

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Raistlin’s Ambition
02. War Of The Lance
03. Between Gods And Men
04. Mighty Heart
05. Entering The Abyss
06. Darkness And Light
07. Hourglass In The Sky
08. Brother Against Brother
09. Sacrifice Of A Hero
10. The Return
11. River Of Souls

Jannis

 

SLAVES TO FASHION – The History Of Heavy Metal

Band: Slaves To Fashion
Album: The History Of Heavy Metal
Spielzeit: 59:33 min
Stilrichtung: Omni Metal
Plattenfirma: Eigenveröffentlichung
Veröffentlichung: 13.02.2021
Homepage: www.facebook.com/slavestofashion

Ganz selten habe ich Alben zum Rezensieren auf dem Tisch, bei denen ich auf seltsame und sehr positive Weise richtig emotional werde, weil sich beim Hören unweigerlich das Gefühl einstellt, hier hat eine kleinere, unbekannte Band nicht nur absolut unnormale Mengen an Arbeit und Herzblut investiert, sondern auch etwas verdammt Großes geschaffen. Ein Gefühl, das wohl am besten als das hundertprozentige der Band den Stolz und die positive Resonanz Gönnen beschrieben werden kann, den/die die entsprechende Band aufgrund ihres Werkes hoffentlich verspürt und erfährt. Die Eigenveröffentlichung “The History Of Heavy Metal” von SLAVES OF FASHION ist so ein Album.
Das Konzept der Platte der Norweger: Jeder Song ein anderes Untergenre, zum Teil mit mehreren Unter-Untergenres, eine metallene Wundertüte sozusagen. Das ist erstmal ambitioniert, insbesondere wenn man bedenkt, dass auch die Produktion der einzelnen Songs auf das jeweilige Genre abgestimmt wurde (was auch den einzigen kleinen Kritikpunkt mit sich bringt, dass einige wenige Song(part)s produktionstechnisch etwas schwächer als andere ausfallen und etwas anstrengender zu hören sind, beispielsweise der sehr höhenlastige True-Norwegian-Black-Metal-Part in “Expressions Of Extremity” – das beläuft sich aber auf nicht mehr als ca. sechs Minuten des Albums).
Natürlich läuft man bei einem solchen Projekt Gefahr, sich dann an Genres abzuarbeiten, das jedoch auf Kosten der Substanz der einzelnen Songs. Konzept vor Inhalt, sozusagen. Doch das passiert auf “The History Of Heavy Metal schlicht nicht. Um alle relevanten Punkte im Rahmen einer Rezension anzusprechen, hier in kurz und knapp:
– Johannes Støle ist ein großartiger und wandelbarer Sänger und wurde um diverse Gastsänger und eine Sängerin ergänzt, um ein authentisches Resultat zu gewährleisten. Die Vocals sind durchgängig auf sehr hohem Niveau, ebenso die Leistung der Instrumentalfraktion.
– Es gibt zu jedem Track ein eigenes Albumcover (!) – So viel Investition ins Booklet wird heutzutage immer seltener.
– Die Genreauswahl beschränkt sich nicht, wie man bei einer Heavy-Metal-Band erwarten könnte, auf die klassischeren Untergenres. Jesus, es gibt einen (großartigen) Nu/Emo-Metal Song (“The New Wine”), einen über 13 Minuten langen Progressive-Track (“The Evergrowing Tree”, eine wahnsinniges Tour de Force durch Prog-Metal-Subgenres), Alternative Metal (“Garden Of Chains”, auch großartig) und ganz viele andere Genres.
– Die Songs für sich sind tatsächlich einfach gute Songs, die den Spirit, den sie vermitteln wollen, absolut vermitteln und auch außerhalb des Albumkontextes wirklich Spaß machen.
– Die Kontraste zwischen den einzelnen Songs (und auch innerhalb der einzelnen Songs) sind hochgradig unterhaltsam. Der Metal ist die Grenze, aber innerhalb dieser Grenze gibt es keinerlei Einschränkungen.
– Das Songwriting ist absolut authentisch aber nichtsdestotrotz kreativ und intelligent. Sollte auch erwähnt werden.

Fazit:
Im Ernst, ich bin lange nicht mehr so gut unterhalten worden, von einem Album, das einerseits eine Liebeserklärung an das Genre ist, andererseits aber auch ein höchst ernstzunehmendes und auf skurrile Weise komplexes Gesamtkunstwerk, mit einem hörbaren Augenzwinkern und unendlicher Liebe zum Detail. Man kann “The History Of Heavy Metal“ nicht ausdrücklich genug empfehlen und die Platte wird mit absoluter Sicherheit weit oben auf der Liste meiner Lieblingsalben des Jahres landen. Trotz kleiner Kritik an Teilen des Sounds volle Punktzahl, mehr als verdient.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. MCMLXX
02. The Priest Of Maidenhead
03. Sex, Drugs & Rock ’n‘ Roll
04. Thrash Of The Titans
05. Expressions Of Extremity
06. Garden Of Chains
07. The Evergrowing Tree
08. The Power Of Metal
09. The Nu Wine
10. Too Close (To See Clearly)

Jannis

KAISER AND THE MACHINES OF CREATION – Flowers And Lies

Band: Kaiser And The Machines Of Creation
Album: Flowers And Lies
Spielzeit: 46:49 min
Stilrichtung: Progressive Rock/Metal
Plattenfirma: 1454550 Records DK
Veröffentlichung: 23.12.2020
Homepage: www.facebook.com/KMC3.AU

Das Spannendste am Rezensieren sind keineswegs die neuen Alben großer Bands, die man gerne mag. Eigentlich ist das Spannendste, eine Mail von irgendeiner obskuren Band reinzukriegen, von der man noch nie was gehört hat, und dann einfach heftig überrascht zu werden. So geschehen jüngst mit KAISER AND THE MACHINES OF CREATION, Austrailer und gegründet von Paul Kaiser. Das aktuelle Album (und das erste seit dem instrumentalen 2011er “Universal Mind”) hört auf den Namen “Flowers And Lies”, ist eine Dreiviertelstunde lang und beinhaltet neun sehr kurzweilige Songs.
Produktionstechnisch wäre noch ein bisschen mehr drin gewesen, der Sound ist ein wenig verwaschen, nichtsdestotrotz aber genießbar und auf Dauer nicht störend. Positiv betrachtet klingt “Flowers And Lies” absolut handgemacht und angemessen dreckig, ohne dass es in Sachen Nachvollziehbarkeit darunter leiden würde.
In ihrer Art kann man KATMOC nicht so richtig in Worte fassen. Viel 3er- und 6er-Takt-Verwendung ist drin, einiges an unmetallischen Instrumenten (Klavier, Saxophon, Synths, Conga-Trommeln), hin und wieder wird mit Vocal-Effects gearbeitet und in Sachen Stimmung ist man irgendwo zwischen Classic Rock, Post Rock, Heavy Metal und ein bisschen gruseligem Zirkus unterwegs, was erstaunlich gut funktioniert. Die fetten Parts (alleine schon im Opener) kommen wirklich fett und intensiv, die ruhigen nehmen sich guten Gewissens ihre Zeit. Der Gesang kommt in ruhigeren Parts ein wenig gepresst, doch gerade in dichteren ziemlich gut, und kompositorisch ist man sehr eigen zugange und hat einen in sich schlüssigen und feinen Kompositionsstil entwickelt, der so einiges ein bisschen anders macht, als man es von gängigen Kompositionen im Rock und Metal gewohnt ist.
Darin ist “Flowers And Lies” anständig progressiv, nicht durch komplexe Taktstrukturen sondern einfach hinsichtlich seiner gesamten ungewöhnlichen wie mitreißenden Art.
Okay, es ist auch nicht perfekt. Die Platte ist eine von denen kleinerer Bands, bei denen ein paar kleine Störfaktoren nun einmal auftreten. Mal ist das ein seltsam eingesetzter Effekt auf dem Gesang, mal Gitarren, die sich erst ankündigen und dann direkt wieder weg sind, wenn man sie gerade freundlich begrüßt, mal ein verkackter Gongsound. Aber damit muss man gerade bei einer solchen Band eben rechnen. Umso mehr ungewöhnliche Ideen klappen dafür umso besser. Alleine “In The Mist”, das zeitweise bizarre Happy-Gothic-Synthrock-Vibes versprüht und im Mittelteil kurzerhand einen Reggaeton-Rhythmus auspackt, macht einfach saumäßig Spaß, ebenso wie das finale “Not tonight, Josephine”, ein Classic-Rocker mit tollem Chorus. “Blown Away” geht ein wenig in Richtung GUNS N’ROSES, der Gesamtstil am ehesten noch gen KING’S X, aber auch nur teilweise. Ich will nicht weiter spoilern, ich rate einfach sehr dazu, sich selbst ein Bild von der Sache zu machen. Das ist keine Band, die nur knapp über 1000 Facebook-Fans verdient hat. Absolut nicht.

Fazit:
Und so hat “Flowers And Lies” seine Macken, erfordert hinsichtlich der Produktion ein bisschen Verständnis, offenbart sich aber ab dem ersten Track als außergewöhnliches Werk, das eine Menge an smarten Facetten beinhaltet, nie lustlos dahingespielt oder -geschrieben wirkt und über seine Dreiviertelstunde mächtig zu entertainen vermag. Starkes Ding mit kleinen Einschränkungen, aber mit besserem Sound wäre es locker eine 9/10!

Anspieltipps:
“Flowers And Lies”, “In The Mist”, “We’ll Climb The Mountain”, “Blown Away” und “Not Tonight, Josephine”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Flowers And Lies
02. Institute
03. We’ll Climb The Mountain
04. In The Mist
05. It’s All A Lie
06. Blown Away
07. Who Decides
08. It’s OK To Wake Up
09. Not Tonight, Josephine

Jannis

ORDEN OGAN – Final Days

Band: Orden Ogan
Album: Final Days
Spielzeit: 50:37 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 12.03.2021
Homepage: www.ordenogan.de

ORDEN OGAN haben in ihrer siebzehnjährigen Bandgeschichte schon einen ziemlichen Turbostart hingelegt. Spätestens mit dem 2012er Release “To The End” hatte man sich einen respektablen Bekanntheitsgrad in der Metalwelt erspielt, wurde von Dave Mustaine in sozialen Medien als hörenswert empfohlen, hatte mit “The Things We Believe In” einen Ohrwurm-Hit sondergleichen geschrieben, einen hart charakteristischen Stil entwickelt und live mit der Fist of Fate einen Haufen Leute belustigt. War der Sound von “Easton Hope” noch etwas dünner, so ist man außerdem seit 2012 mit absolutem Brett-Sound unterwegs, für den sich Frontmann Seeb selbst verantwortlich zeichnet, der in letzter Zeit auch Alben von u.a. BRAINSTORM oder RHAPSODY OF FIRE veredelte.
Erwartungsgemäß knallt auch die neue Platte “Final Days” wie Sau, mit produktionstechnischer Härte, Klarheit und Detailverliebtheit in hohen Ausmaßen.
Inhaltlich geht’s diesmal an Science-Fiction-Thematiken ran, was wie gewohnt einen leichten Einfluss auf den Sound von ORDEN OGAN hat. Denn obwohl die Arnsberger stilistisch unverwechselbar sind, verleihen sie ihrem Trademark-Sound stets einen subtilen zur gewählten Oberthematik passenden Anstrich, der auch auf “Final Days” aber schön hintergründig ausfällt und sich in spacigen Synthesizern und einigen kleinen Vocal-Effects äußert und gut zum Stil der Band passt.
Musikalisch hat man um ORDEN OGAN immer ein bisschen Angst, dass ihnen irgendwann das POWERWOLF-Missgeschick passiert und sie versehentlich immer nur noch die gleichen Alben schreiben. Die erweist sich bei “Final Days” als weitgehend unbegründet, lediglich “Black Hole” und “Absolution For Our Final Days” fallen etwas zu standard OGENig aus. Ersteres wurde zudem unter Missachtung der Tatsache, dass die Metal-Community nicht unbedingt erwachsen genug ist, um Lyrics über “my own black hole” seriös hinzunehmen, verfasst.
Abseits dessen ist “Final Days” allerdings mal wieder ein hochgradig gelungenes Album geworden, das bei glasklar erkennbar beibehaltenem Stil diesen doch kreativ verwendet. Schon die etwas poppige Singleauskopplung “Inferno” ist ein massiver Ohrwurm-Brecher mit 1A-Live-Potenzial und cheesy Lyrics (“Together Inferno!”). “Hallow” kommt mit ORDEN-untypischer Chorus-Melodie, überraschend gemeinem Riff und viel dramatischer Düsterkeit, das finale “It Is Over” gänsehautet äußerst effizient alleine schon durch seinen Broadcast-Part und ist neben “Alone In The Dark” einer der beiden balladigeren Tracks. Letzterer ist ein Duett-Track mit BROTHERS OF METALs Ylva Eriksson, für den einen wohl zu kitschig, für den anderen eine extrem hochwertige Halbballade. Und auch die nicht erwähnten Songs kommen nicht nur mit der Qualität, die ORDEN OGAN halt generell haben, sondern sichern sich mit schönen Wendungen und gelungenen Produktionskniffen ihre klare Existenzberechtigung.

Fazit:
Alleine aufgrund ihres Sounds und ihres eigenen Kompositionsstils werden ORDEN OGAN wohl nie ein schlechtes Album machen können, das größte erwartbare Übel wäre ein Belangloses. Und auch das ist “Final Days” nicht geworden, stattdessen eine bestens funktionierende Anwendung eines leicht synthigen Science-Fiction-Sounds auf den ohnehin funktionierenden Grundsound der Truppe mit einem hohen Songanteil, der trotz seiner vertrauten Merkmale auch kompositorisch immer noch absolut zündet.

Anspieltipps:
“Inferno”, “Hollow”, “Let The Fire Rain” und “In The Dawn Of The AI”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Heat Of The Android
02. In The Dawn Of The AI
03. Inferno
04. Let The Fire Rain
05. Interstellar
06. Alone In The Dark
07. Black Hole
08. Absolution For Our Final Days
09. Hollow
10. It Is Over

Jannis

PHALLAX – Lex Concordia

Band: PhallaX
Album: Lex Concordia
Spielzeit: 45:56 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Metalapolis
Veröffentlichung: 12.03.2021
Homepage: www.facebook.com/Phallax

Aktualisierter Rezensionsanfang, da man die erste Version offenbar ziemlich falsch verstehen kann (worauf mich ausdrücklich NICHT PHALLAX hingewiesen haben), jetzt nochmal in verständlich: Diese Rezension klingt im Tonfall so, als hätte „Lex Concordia“ seine sieben Punkte (= stark) nicht verdient. Hat es meiner Meinung nach aber, vielleicht auch mehr, wie sich in anderen Rezensionen des Albums nachlesen lässt, die viel (berechtigtes) Lob für „Lex Concordia“ übrighaben. Ich fokussiere mich auf Kritik – nicht, weil ich die Platte schlechtreden möchte, sondern weil ich hart Bock auf ein zukünftiges PHALLAX-Album hätte, bei dem ich diese Kritikpunkte nicht habe. Ich möchte diese Rezension damit inhaltlich als Ergänzung zu anderen Rezensionen verstanden wissen und lege jedem Leser nahe, sich eine zweite Meinung aus anderen Magazinen zu holen und selbst mal in das Album reinzuhören – oder zumindest auf die letztendliche Bewertung zu vertrauen.

So. Kommen wir zuerst zum Sound “Lex Concordia” klingt soundtechnisch sehr basic, vergleichbar mit dem tighten, abgespeckten US-Metal-Klang, wobei die Tonspur für meinen Geschmack zeitweise ein wenig zu leer klingt. Ein bisschen mehr Frequenzbereich-Nutzung hätte hier und dort ganz gut getan, denn von der Kraft, die eigentlich hinter den Songs steckt, geht damit leider ein Teil flöten. Dazu kommt ein gewöhnungsbedürftiger Basedrum-Sound, der ihr leichte Fremdkörper-Vibes verleiht. Im Ausgleich dazu ist die Platte mehr als solide eingespielt und insbesondere Sänger Jogi (nebenbei Bürgermeister der Gemeinde Spraitbach) bringt in Sachen Gesangsstil Vielseitigkeit in die Sache und macht einen starken Job.
Zur Musik: Jop, wenn man mit der Erwartung an “Lex Concordia” geht, eine stabile Metal-Platte mit den üblichen Inhalten zu hören, läuft das Ding auf jeden Fall. Allerdings fallen viele Parts des Albums eher gewohnt aus, melodisch und kompositorisch einen Ticken unter dem Level, ab dem sie herausstechen und für einen gewissen Überraschungseffekt sorgen würden. Dass PHALLAX ein Niveau erreichen könnten, dass die Platte um einiges interessanter machen würde, steht angesichts anderer Parts außer Frage. Da wäre die heftig cool runtergebrochene Strophe von “Roots Of Bitterness”, die einfach nur lässig daherkommt; da wäre “Hey You” mit seinen wohldosierten Pausen zwischendurch, und da wäre der treibende Prechorus von “Jornsack Newton” mit seinen geilen Gitarren. Auch die Ballade (in Anführungszeichen, da eigentlich nur der Start explizit balladesk und der Rest etwas gefühlvoller und melodieorientierter als der Rest des Albums ist) sticht hervor, schrammt melodisch am Kitsch vorbei und ist echt schön durchkomponiert.
All diese Punkte (außer der letzte) sind letztendlich recht subtile Moves, die absolut zum Grundstil von PHALLAX passen, ihn aber eben auch anreichern als die Momente, die “Lex Concordia” Individualität verleihen. In ihrer Art ist die Platte bangbarer melodischer Heavy Metal, der live vermutlich noch einmal um einiges mehr Spaß machen wird. Mit ein paar mehr Akzenten, ein paar mehr Besonderheiten würde man aber wohl ein paar mehr Leute mit anderen Ansprüchen abholen, ohne jetzige Fans zu verlieren.

Fazit:
Nein, das Lob/Kritik-Verhältnis dieser Rezension entspricht nicht der Qualität von “Lex Concordia” und jedem Freund melodischen und nicht überladenen Heavy Metals rate ich, sich auch bitte noch selbst ein Bild von der Musik der Jungs zu machen. Denn an sich ist das Album ein professionelles und ordentlich authentisch metal komponiertes Ding, das nur eben eine etwas vollere Produktion und ein paar mehr der Ideen vertragen könnte, die PHALLAX zweifelsohne entwickeln können.

Anspieltipps:
“Jornsack Newton”, “Roots Of Bitterness” und “Echoes”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Here We Stand
02. Scratch App
03. I Shit On Your Parade
04. Jornsack Newton
05. Sei Du Das Licht
06. Echoes
07. Hey You
08. Roots Of Bitterness
09. Inside Us
10. Silent Tragedy
11. Rock Solution

Jannis