CONSTANCIA – Brave New World

Band: Constancia
Album: Brave New World
Spielzeit: 48:25 min
Stilrichtung: Melodic Hard Rock
Plattenfirma: Pride & Joy Music
Veröffentlichung: 18.06.2021
Homepage: www.facebook.com/ConstanciaSweden

Ab und zu geht man durch den Supermarkt, sieht eins von diesen abgepackten Sandwiches und denkt sich “Och, warum nicht, so als Snack für zwischendurch ist das doch immer ganz geil mit seiner Salami, seinem Käse und den Gürkchen”. Und dann merkt man beider zweiten Hälfte, dass man das doch im Vorfeld ein bisschen zu sehr romantisiert hat und genau so geht es mir oft mit AORigem Hard Rock. Synthesizer, große Melodien, kraftvoller Rock, klingt doch geil. Und dann kriegt man im Endeffekt doch die immer gleichen drei verschiedenen Synth-Sounds und eine von vier Harmoniefolgen, was gut ist, aber auch recht schnell ausgereizt ist.
Was soll ich sagen, ich hab mir die neue CONSTANCIA unter den Nagel gerissen und wurde in den ersten drei Tracks erstmal gefertigsandwicht. Jap, das vierte Album des 2007 gegründeten Quintetts aus Schweden markiert zuerst mal sein Revier. Heißt: fette Produktion, ausgeprägte Melodiösität, präsente Poly-Lead-Synths und tatsächlich angenehme Gitarrenlastigkeit auch in den Strophen, auf die viele Artgenossen ja zugunsten einer krasseren Steigerung gerne mal verzichten. Dazu ein definierter Rhythmus mit ordentlich Wumms, die klassischen Melodielines in nett gemacht; das ist keineswegs schlecht, alleine schon aufgrund des Sounds und der Professionalität aller Beteiligten, aber auch nicht herausragend.
Doch gerade, wenn man sich zu fragen beginnt, ob denn da noch irgendwas anderes kommt, beginnt “Brave New World” (Ich bin mir, nebenbei, nicht sicher, ob CONSTANCIA Huxleys “Brave New World” wirklich gelesen haben), seinen Ton (durchaus auch zum größeren Teil in meinem Hörverständnis) subtil zu ändern und entwickelt sich verstärkt zu einer Art QUEENSRYCHE/PRAYING-MANTIS-Kombination mit etwas vordergründigeren Synthesizern, die gerne mal ganz kleine Hörspiel-Einwürfe mit reinbringt, trotz cheesiger Tastenarbeit in den Gesangsmelodien vergleichsweise ernst ausfällt, den ein oder anderen dramatischen Unterton mit reinbringt und sich von den in den ersten drei Tracks praktizierten Standard-AOMHR-Standards (Adult Oriented Melodic Hard Rock – gut, oder?) ein Stück weit ablösen kann.
Das tut der Platte auf jeden Fall gut, bringt anfangs nicht unbedingt erwarteten Charakter ins Spiel und hebt (zumindest bei mir) das Hörgenuss-Level doch deutlich an. Selbst das ziemlich poppige “Stronger” behält sich in Sachen Gesangsmelodie so seine Seriosität. Und auch sonst tut sich noch was im relativ Midtempo-dominierten Album, mit dem schnellen, Spaß machenden “Titanium” oder mit der runtergebrochenen Strophe von “Open Your Heart”.

Fazit:
Nee, so ganz innovativ und musikalisch spektakulär ist “Brave New World” nicht. Das macht es jedoch wett durch eine starke Produktion, gute Bandleistung, eine souveräne Umsetzung der an sich ja doch auch Freude bereitenden AOR/Melodic-Hard-Rock-Trademarks und eine zeitweise Abkehr vom Cheese in etwas ernstere Gefilde. Reinhörempfehlung? Das auf jeden Fall. Denn wer die fröhlichere und die ernstere Seite dieses Genres gleichermaßen mag, der wird vermutlich nochmal etwas mehr Spaß an “Brave New World” haben als ich – und irgendetwas sagt mir, das Ding könnte mit der Zeit noch einen halben Punkt wachsen.

Anspieltipps:
“Stand Your Ground”, “Open Your Heart”, “Titanium” und “The Key”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Brave New World
02. Forget Me Not
03. Blame It On Love
04. Synchronistic
05. My Desease
06. The Key
07. Titanium
08. Stand Your Ground
09. Stronger
10. We Are Unbreakable
11. Open Your Heart

Jannis

TIMO TOLKKI’S AVALON – The Enigma Birth

Band: Timo Tolkki’s Avalon
Album: The Enigma Birth
Spielzeit: 58:43 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Frontiers Music srl
Veröffentlichung: 18.06.2021
Homepage: www.facebook.com/timotolkkisavalon

TIMO TOLKKI’S AVALON – Bereits 2013 wurde das Projekt um den Ex-STRATOVARIsten auf die Öffentlichkeit losgelassen und fuhr schon mit seinem Debut amtliche Charterfolge ein, die auf die Metal-Reputation Tolkkis einerseits und auf die Riege interessanter weiterer beteiligter Gesichter andererseits zurückzuführen war. Nun steht Album Nr. 4 vor der Tür, Gäste wie Fabio Leone und James LaBrie lassen abermals hoffen und die Regler stehen voll auf Glory.
Wie wir alle wissen, ist Tolkki ein absoluter Profi, der bei AVALON mit absoluten Profis zusammenarbeitet. Wie sieht nun das Endergebnis, “The Enigma Birth”, aus? Nun, professionell auf jeden Fall (Überraschung). Produktionstechnisch wäre allerdings tatsächlich ein bisschen mehr drin gewesen, das letzte Quäntchen Druck und Definiertheit fehlt und die Orchestersounds sind doch eine Nummer unter dem, was man von einem Projekt mit solchen Namen erwartet hätte. Nichtsdestotrotz kann man sich “The Enigma Birth” sehr gut anhören (und der geile STRATOVARIUS-Bass-Sound ist wieder dabei).
Musikalisch ist das Ding unbestreitbar orchestraler Power Metal mit dem ein oder anderen moderneren Synth (insbesondere bei “Beautiful Lie”), mit vergleichsweise hohem Anteil an weiblichen Vocals, die von Caterina Nix, Brittney Slayes und Marina La Torraca allesamt erfreulich un-pseudo-operesk und stark rübergebracht werden. Auch die Männerfraktion macht beim Gesang einen guten Job, wenngleich direkt der erste, ohnehin eher chaotisch-überladene Track “Enigma Birth” etwas unter den Vocals von YouTube-Sänger Pellek leidet, die in Lautstärke und Ausdruck ziemlich schwanken. Der äußerst amateurhafte Übergang vom Solo in den finalen Part (jeder Gitarrist sollte wissen, dass man nicht auf so einem Ton endet, wenn der Track anschließend so weitergeht) lässt jedoch darauf schließen, dass der Song eh unter Zeitdruck entstand und somit sein mögliches Potenzial letztendlich nicht erreicht hat. Mit “I Just Collapse” geht die Qualitätskurve dann aber gut nach oben, es stampft, macht Laune und Caterina lässt gesangstechnisch Nix anbrennen. Der weitere Verlauf des Albums erweist sich als souverän gemachter epischer Power Metal, zieht aber das Gefühl mit sich, man sei doch etwas zu routiniert ans Werk gegangen. Die Melodien sind effizient aber oft eher belangloser Standard, die Arrangements fett aber überraschend häufig nicht substanzvoll (als sei “fett” eigentlich das einzige Attribut gewesen, dass man bei ihrer Entwicklung im Sinn gehabt hätte). Vielleicht hat man sich bei “The Enigma Birth” zu sehr auf die erfolgsversprechende Formel “Bekannter Name im Bandnamen + bekannte Leute am Mic + fett + ein bisschen Disco + erste Hälfte der ersten Strophe in weniger dicht” verlassen und dabei immer mal wieder vergessen, dass all das Zutaten sind, die ein Album aufwerten, aber nicht alleinig tragen können.

Fazit:
Und so bleibt trotz und wegen der illustren Truppe der Beigeschmack, dass hier kompositorisch eigentlich mehr drin gewesen wäre als ein professionell klingendes Power-Metal-Album mit meist starken Vocals. Ja, die Bestandteile des Genres sind allesamt drin und souverän zu einem ordentlich epischen Ding zusammengebaut worden, aber Herzblut lässt sich in diesem Release doch weniger finden, als es gebraucht hätte, um musikalisch begeistern und nicht nur power-metallisch die Grundbedürfnisse befriedigen zu können.

Anspieltipps:
“I Just Collapse”, “Beautiful Lie” und “Master Of Hell”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Enigma Birth
02. I Just Collapse
03. Memories
04. Master Of Hell
05. Beautiful Lie
06. Truth
07. Another Day
08. Beauty And War
09. Dreaming
10. The Fire And The Sinner
11. Time
12. Without Fear

Jannis

SONIC HAVEN – Vagabond

Band: Sonic Haven
Album: Vagabond
Spielzeit: 54:28 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Frontiers Music S.r.l.
Veröffentlichung: 07.05.2021
Homepage: www.facebook.com/SonicHavenofficial

Inzwischen hat Langhans den Käfer als mein persönlicher Lieblings-Herbie abgelöst. Der Jung ist stimm- und kompositionstechnisch einfach eine Macht im Metal, präsent momentan natürlich vor allem durch seine Mitarbeit bei AVANTASIA, wo er perfekt aufgehoben und prägend ist. Allerdings ist Herbie auch ein Sänger, der zweifelsohne einen Platz an der Spitze einer eigenen guten Band mit Reichweite verdient hat. Den hat er momentan bei VOODOO CIRCLE inne, des weiteren bei FIREWIND und RADIANT und seit neustem bei SONIC HAVEN, zusammen mit Carsten Stepanowicz von RADIANT, Dominik Stotzem von BEYOND THE BRIDGE (wo Herbie ebenfalls vertreten war) und mit Andé Hilgers (RAGE). Klingt nach einem vielversprechenden Paket, insbesondere wenn man bedenkt, dass der Sound von Sascha Paeth gebaut wurde, wie in der Vergangenheit Sachen von AVANTASIA, KAMELOT und BEYOND THE BLACK.
Wie schon bei RADIANT ist auf “Vagabond”, dem ersten Album des Quartetts, vom ersten Song an klar, dass das hier ein Album aus dem Hause Langhans ist. Der Mann hat einen sehr charakteristischen Kompositionsstil, der auf große Emotionen mit musikalischem Tiefgang setzt, unterschiedliche Stimmungen vermitteln kann und dazu eben auch von einer grandiosen Stimme mit den klassisch AVANTASIAtischen breiten Backing Vocals getragen wird. Im Vergleich zu RADIANT stehen die Regler klar auf Power Metal – das macht Track 1 bereits unmissverständlich klar, ebenso Track zwei, “Back To Mad”, dessen Riff aber ein wenig mehr im Hard Rock verankert ist. “Keep The Flame Alive” ist warmer, orchester-angereicherter Uptempo-Power-Metal, der klingt, als sei er für den nächsten Wackentrailer geschrieben und mit seiner Feierlichkeit akut Bock macht, die Flame alive zu keepen. Düsterer kommt “The Darker Side” daher, mit einem Xylophon-Motiv, das aus irgendeinem CANDLEMASS-Song (ich glaube, von “Death Magic Doom“) entnommen sein könnte, als langsamer Stampfer mit Gehfehler beginnt und im zweiten Teil Fahrt aufnimmt. Wenig überraschend ist “I Believe” im Anschluss über weite Teile unbekümmerter Power-Metal-Wohlfühl-Spaß und “Save The Best For Last” verkackt einerseits in zweierlei Hinsicht (ist nämlich erstens Track acht von elf und zweitens ist Track elf auch nicht der beste des Albums), gewinnt aber als klassischer Feierlichkeitsfeuerzeugschwenker in bester AVANTASIA-Pomp-Gewandung.
“From White To Black” ist bis auf die Bridge primär Gute-Laune-Song und “Striking Back” holt den schwedischen Panzer aus der Garage und ist damit nicht der kreativste Song auf “Vagabond”, aber allemal live-tauglich!

Fazit:
Die Vermutung, dass man mit den Beteiligten kein schlechtes Album machen kann, hat sich bestätigt. “Vagabond” ist eine tolle erste Meldung, deren Songwriting erheblich von Langhans profitiert (so man seinen Stil denn mag), dabei je nach Song unterschiedliche Grundstimmungen zulässt und erwartungsgemäß stark gespielt ist. Power Metal von erlesener Qualität!

Anspieltipps:
“Back To Mad”, “Keep The Flame Alive”, “The Darker Side” und “Save The Best For Last”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Vagabond
02. Back To Mad
03. Nightmares
04. Keep The Flame Alive
05. End Of The World
06. The Darker Side
07. I Believe
08. Save The Best For Last
09. Blind The Enemy
10. From White To Black
11. Striking Back

Jannis

BOOM DOX – Dead Nation

Band: Boom Dox
Album: Dead Nation
Spielzeit: 26:19 min
Stilrichtung: Rap Metal
Plattenfirma: ROAR! Rock Of Angels Records
Veröffentlichung: 11.06.2021
Homepage: www.boomdox.gr

 

Mit Rap Metal führe ich eine seltsame Beziehung. Als kleiner Metaller konnte ich so etwas natürlich nicht hören, denn

Dann wurde ich irgendwann offener und begann, Sachen zu hören, die ebenfalls kein “echter Metal” waren, aber Rap Metal blieb aus Gewohnheit irgendwie außen vor. Inzwischen höre ich zwischendurch ganz gerne selber ab und zu Rap und damit sollte jetzt offiziell die Zeit gekommen sein, auch mal ein Album dieses Genres zu rezensieren. Mein Debut also, passenderweise auch zu einem Debutalbum: “Dead Nation” von BOOM DOX aus Griechenland, gerade mal eine knappe halbe Stunde lang, mit einem gelungenen Gastauftritt von BODY COUNTs Vincent Price, politischen/gesellschaftskritischen Texten und kurzweiligen acht Tracks. Soundtechnisch ist man gut aufgestellt. Zwar könnten die Vocals und die Basedrum generell ein wenig fetter sein, das regeln dann aber die mies bratenden Gitarren und insgesamt ist die Platte sehr angenehm hörbar.
Musikalisch lebt “Dead Nation” von seinen Oberklasse-Riffs, die bei mindestens sechs von acht Tracks einfach arschcool ausfallen und dem Ding zusammen mit der Rhythmusfraktion einen souveränen Groove verleihen. Doch ist die Instrumentalkomponente keineswegs darauf reduziert, simpler “Beat” zu sein. Bereits das einleitende “Zombie” erfreut auf kompositorischer Ebene mit seinen Horror-Harmonien und dem treibenden Solo. “Hit n‘ Run” gräbt in der Soundeffekte-Kiste und macht damit absolut alles richtig. “Guns Blazing” ist einfach nur lässig und “Death From Above” wartet mit dem Riff bis zum Prechorus, liefert dann aber auch so richtig und wartet zudem mit ein paar kleinen Solo-Einsprengseln auf. Funky wird’s in der Strophe zum langsamen “My Enemy”, ein starker Track trotz seines textlich etwas stumpfen Refrains. Schließlich kommt bei “Dead Nation” sogar noch etwas Geshredde und ein raptechnisch sehr lobenswertes Gegenspiel zwischen Gitarren und Vocals ins Spiel, sowie ein gesungener Chorus, der absolut in den Track passt und als einzige wirkliche Gesangsmelodie auch eingängig und nicht zu konventionell ausfällt. “Leave No Man Behind” ist etwas unspektakulär und “Blacklight” mit seinem “Black Lalalala”, dem etwas schwächeren Riff und den Autotune-Anleihen hätte nicht unbedingt sein müssen.
Die Raptechnik von Mr. Sharp ist angenehm unmodern, mit schönem Flow und einer sehr geeigneten Stimme für die Sache, irgendwo zwischen entschlossen und angepisst.
Man vergebe mir, dass ich außer bereits erwähnten BODY COUNT (die ich immerhin schonmal live gesehen habe, ehrlich) keine wirklichen Referenzbands anführen kann, aber man fängt ja immer klein an.

Fazit:
Geiles Ding, genau das Richtige, um es über den Bluetooth-Lautsprecher auf meinem Weg zur Arbeit mit lässig aus dem Fenster vom E-Scooter (…) hängendem Arm zu hören. Rifftechnisch Bombe, raptechnisch sehr gut, musikalisch natürlich viel Grundtonarbeit aber doch der Sache angemessen vielseitig, groovend wie sonst was – zwei Punkte Abzug wegen minimalen Soundschwächen und der Tatsache, dass man nicht auf “Blacklight” verzichtet und das Ding als EP vermarktet hat.

Anspieltipps:
“Hit n‘ Run”, “All Guns Blazing” und “My Enemy”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Zombie
02. Hit n‘ Run
03. Guns Blazing
04. Blacklight
05. Death From Above
06. My Enemy
07. Leave No Man Behind
08. Dead Nation

Jannis

BASEMENT PROPHECY: Singleveröffentlichung Beyond Awareness

Das Kellerorakel hat wieder eine Wahrheit zu verkünden, die fernab dessen liegt, worüber wir uns bewusst sind. „Beyond Awareness“ heißt der neuste Output des Projekts von Michael Müller, mit Ex-CHINCHILLA Tommy Laasch, der sich als Sänger bereits bei vergangenen BASEMENT-Veröffentlichungen bewährt hat, GAMMA RAYs Michael Ehre an den Drums und ACCEPTs Martin Motnik am Bass.

Warum man dem ein Ohr leihen sollte? Nun, erstens, weil BASEMENT PROPHECY bereits auf ihrer Debut-EP bewiesen haben, dass die musikalische Qualität ihrer Songs das absolute Gegenteil von im Keller ist. Zweitens, weil der Track ein absolut geiler Power-Metal-Track ist, mit Gänsehaut-Wohlfühl-Piano, ordentlich Druck hinter der Binde und starker Melodiearbeit (und hammerharter Vocalleistung) ist. Und drittens, weil die Jungs mit „Beyond Awareness“ auch eine neue Stufe der Produktionsqualität erreicht haben. Fetter klang BASEMENT PROPHECY nie, und die bekannte musikalische Qualität der Truppe als so gut wie nie klingend ist eben Pflichtprogramm. Bleibt zu hoffen, dass bald mal ein Debutalbum veröffentlicht wird!

SILVER TALON – Decadence And Decay

Band: Silver Talon
Album: Decadence And Decay
Spielzeit: 46:44 min.
Stilrichtung: US Dark Power Metal
Plattenfirma: M-Theory Audio
Veröffentlichung: 28.05.2021
Homepage: www.silver-talon.com

Da hört man äußerst gerne quasi jede Spielrichtung von Power Metal, will die wirklich guten Sachen natürlich auch anderen Metallern in seinem Freundeskreis zeigen, aber ein Teil dieses Kreises verhält sich bei Power Metal so, als würde ihm bei jedem Dur-Part oder einem cheesigeren Synthesizer möglicherweise das Gemächt abfallen, und ist demnach selten empfänglich. Nun, mit SILVER TALONs “Decadence And Decay” kommt hier nun endlich mal wieder ein (im weitesten Sinne Power)-Metal-Album, das man auch diesem Teil des Freundeskreises guten Gewissens zumuten kann. Als “US Dark Power Metal” bezeichnet sich die Truppe, was sich so unterschreiben lässt, denn mit gute-Laune-Eagles-and-Glory-Metal hat dieses Debutalbum rein gar nichts am Hut. Stattdessen erweist sich “Decadence And Decay” als ziemlich düsteres, technisches, hammerhart produziertes und intoniertes erstes (und mit Sicherheit nicht letztes) Lebenszeichen, mit dezentem Orchestereinsatz der dunklen Sorte, hall-lastigen Vocals, deftigem Geballer und Dur-Wendungen, die sich an einer Hand abzählen lassen.
Zum Thema Technik und Intonation: Sowohl Gesang als auch Instrumentalfraktion agieren auf einem spektakulären Level, mit unterschiedlichen Gesangsstilen (inklusive durchdringend-hartem Falsett), Hintergrundvocals, die teils fließend in Sounddesign-Elemente übergehen, Doublebass-Gewittern, fixem Gefrickel – und all das in durchaus komplexen Songstrukturen mit kleinen Prog-Anleihen und durchweg eine sehr düster-okkulte Stimmung zeichnend.
Atempausen gibt es über die Dreiviertelstunde Spieldauer kaum. Jaah, die Intros von “Next To The Sun”, “What Will Be” und “Touch The Void” fallen ruhiger aus, machen jedoch bald deutlich wo (und wie erbarmungslos mächtig) der Hase läuft. Melodien werden dabei nicht vernachlässigt, sind jedoch selten Ohrwurmmaterial, was der Platte jedoch gut tut. Bei einer Achterbahnfahrt will man sich schließlich auch nicht nachher an jeden Streckenabschnitt einzeln erinnern, man will einfach durch eine klug konstruierte Streckenführung mit saftig Adrenalin und hoher Geschwindigkeit durch ein schönes Setting eskaliert werden.
Und das macht das erste Album von SILVER TALON astrein. Die musikalischen Schauwerte sind enorm, ein Gastpart von Andy LaRocque verstärkt das KING-DIAMOND/MERCYFUL-FATE-Feeling zusätzlich zu den teils hohen Vocals und dem teils ähnlichen (aber modernisierten) Grundstil und bei seiner oft hohen Geschwindigkeit und Härte bleibt das Album fast immer nachvollziehbar und irgendwie trotz allem Power Metal.

Fazit:
“Decadence And Decay” schickt die “Power Metal ist lappige Kitschmusik und kein Metal”-Fraktion mit brennenden Fackeln und Mistgabeln zurück in ihr undergroundiges Homerecording-Kinderzimmer – wenn sie das freundliche vorangehende Angebot nicht annimmt, sich 45 Minuten in feinster Qualität hinsichtlich der Umsetzung, des Songwritings und der Produktion melodisch-hart die Boxen entstauben zu lassen. Klare Reinhörempfehlung!

Anspieltipps:
“Deceiver, I Am”, “Next To The Sun” und “Resistance 2029”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Deceiver, I Am
02. Resistance 2029
03. As The World Burns
04. Next To The Sun
05. Divine Fury
06. Kill All Kings
07. What Will Be
08. Touch The Void

Jannis

 

HELLTRAIL – Always Shoot Twice (EP, Kurzrezension)

Band: Helltrail
Album: Always Shoot Twice (EP)
Spielzeit: 18:17 min
Stilrichtung: Heavy Rock
Plattenfirma: Another Dimension
Veröffentlichung: 16.04.2021
Homepage: www.helltrail.com

Album Nr. 1 verspätet dank einem Motorradunfall des Schlagzeugers, einem Einbruch ins eigene Studio, wegschwelender Technik; EP Nr. 1 verspätet dank Corona. Nun arbeiten HELLTRAIL aus NRW an ihrem zweiten Album und man muss sich fragen, ob das angesichts der steigenden Drastik dessen, was passiert, wenn HELLTRAIL was aufnehmen wollen, das nicht grob fahrlässig für die gesamte Erdbevölkerung sein könnte. Dann wiederum: Prioritäten, schließlich ist die Musik des Quartetts auch ziemlich geil. Heavy Rock steht auf dem Programm, auf der EP “Always Shoot Twice” in vier kurzweiligen und vielseitigen vier-plus-’n-bisschen-Minuten-Songs verpackt und organisch handgemacht, aber nicht billig klingend.
“Monkey On My Back” führt mit seinem recht entspannten Intro leicht in die Irre, was die Härte der EP angeht, geht dann ordentlich voran, mit Achim Lanzendorfs Reibeisenstimme, simpel und straight. “Constant Resistance” schlägt in eine ähnliche Kerbe und lebt von seinem witzigen quiekig-ausschlagenden Riff und der schönen Rhythmusarbeit. “Final Hour”s Riff ist schlicht asozial geil, der Groove ist böse und im Chorus findet sich vergleichsweise ausgeprägte Melodiearbeit, und zwar echt gelungene mit Eigenständigkeit. Und “The Man In The Mirror” ist die “Ballade”, beginnt ruhig und schön mit cleanen Gitarren und fettet sich fulminant an.

Fazit:
Track 1 und Track 3 souveräne 8/10 Punkten, Track 2 und Track 4 sogar verdiente 9/10. Wir kommen bei 8,5 raus und empfehlen die EP mal ausdrücklich als Einstieg in HELLTRAIL, der die einzelnen Facetten der Truppe kurz und knackig auf den Punkt bringt und akut den Wunsch auslöst, sich genau diese Musik in einem kleinen stickig-aerosollastigen Laden in ganz ganz laut anzuhören!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Monkey On My Back
02. Final Hour
03. Constant Resistance
04. The Man In The Mirror

Jannis

SUNRISE – Equilibria

Band: Sunrise
Album: Equilibria
Spielzeit: 64:49 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Eigenveröffentlichung
Veröffentlichung: 25.05.2021
Homepage: www.facebook.com/sunrisekiev

Oft gestaltet sich ein Blick über den Tellerrand als kluge Zeit-Investition, auch hinsichtlich des Findens neuer guter Metalbands. Der Tellerrand definiert sich in dem Fall durch die klassischen Grenzen der Metallandkarte, hinter denen man Länder findet, die für ihre Harte-Musik-Kultur nicht wirklich bekannt sind, aber eigentlich so einige Schmankerl zu bieten haben. Die Ukraine ist eines dieser Länder und SUNRISE sind eines dieser Schmankerl (Das Wort klingt schon beim zweiten Benutzen grausam, das war das letzte Mal, versprochen). Seit 2003 existiert die Band bereits, hat es auf insgesamt drei Alben, eine Live-DVD und mehrere Singles/EPs gebracht, allerdings zu kaum Bekanntheit und Präsenz außerhalb der Landesgrenzen.
Da entgeht dem Fan sauber und knallend produzierten, Synth-angereicherten Power Metals etwas, denn SUNRISE machen die Art von Power Metal, die momentan im Trend ist (also extrem fetter Sound, einige interessante Sounddesign-Akzente, Keyboard-Spaß und eingängige Melodien mit moderner Rhythmusarbeit), kombiniert mit etwas 2000erigem Power Metal.
Das geschieht mit hoher Professionalität, die Soundauswahl ist stimmig, im Zweifelsfall hat man lieber eine Tonspur mehr als zu wenig, ohne die Songs dabei zu überladen. Auch die Vocals laufen bestens, ab und an ergänzt um eine Sängerin und das Verhältnis von fixem Uptempo und etwas langsameren Songs ist ausgewogen.
Klar läuft man bei Power Metal mit dem Selbstanspruch von ordentlicher Fettheit und ausufernden Harmonien Gefahr, die ewig gleichen Melodielines zu reproduzieren. Das passiert zugegebenermaßen in Teilen, da doch so mancher Part nicht darüber hinauskommt, fett und gänsehautig zu sein, an kompositorischer Interessantheit aber ein bisschen missen lässt. Dem kommt allerdings zugute, dass sich SUNRISE immer mal wieder in progressivere Gefilde wagen, mit nicht überheblichen Taktvariationen und gerne auch böseren Gitarrenklängen, wie beispielsweise beim finalen “Rebel Yell”. Das ist positiv, bewahrt das Album vor einer “Klingt gut, ist aber gerne mal etwas unspektakulär komponiert”-Bewertung, gerade weil der Wille zur kreativen Umsetzung der Instrumental-Komponente auch bei den klassischer power-metalligen Parts oft zur Geltung kommt. Wo also die Melodiekomposition noch etwas Luft nach oben hat, entschädigt man dies absolut durch spannende Arrangements und delikate Toppings, seien es die Backing Vocals im Chorus von “Equilibrium”, die ihm das gewisse Etwas geben, die witzige Basssound-Wahl beim eigentlich etwas melancholischeren “Wild Swans” oder die sägenden Gitarren in der Strophe von “Unbroken Dreams”. Auch die Halbballade “The Only Reason” kommt sehr gut mit den dicken Percussion-Elementen und der Kontrast zwischen “trockenerem” Sound und dem getragenen Gitarrenmotiv in Kombination mit leichten AVANTASIA-Anleihen in “Nightingale” ebenfalls.

Fazit:
Wo man “Equilibria” also kleine Unspektakularitäten in Sachen Melodien ankreiden kann, sorgt ein liebevolles und ausgearbeitetes Drumrum dafür, dass die (per Crowdfunding finanzierte) Platte dennoch durchgängig kräftig unterhält. Wer wie ich an gutem Synth-Einsatz, integriert in fetten modernen Power Metal, seine Freude hat, der sollte den Blick gen Ukraine auf jeden Fall mal wagen und wird vielleicht von einer Power-Metal-Party überrascht, die man eigentlich aufgrund ihrer Qualität auch international viel mehr auf dem Schirm haben sollte. SUNRISE auf Tour mit EAGLEHEART, die eine etwas ähnliche Richtung einschlagen – das wär was, Freunde!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Wings Of The Dreamer
02. Equilibrium
03. We Are The Fire
04. Wild Swans
05. Call My Name
06. Unbroken Dreams
07. Life Is A Journey
08. The Only Reason
09. The Bridge Across Infinity
10. The Shadow
11. The Bell
12. Nightingale
13. Rebel Yell

Jannis

GRIMGOTTS – Tales, Sagas & Legends

Band: Grimgotts
Album: Tales, Sagas & Legends
Spielzeit: 67:10 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Stormspell Records
Veröffentlichung: 07.05.2021
Homepage: www.facebook.com/grimgottsband

Ach GRIMGOTTS… diese kleine britische gut gelaunte Power-Metal-Truppe, die ein eigentlich schon übermäßig bedientes Genre, den keyboard-symphonischen epischen Power Metal, mit ein bisschen Piratigkeit, einer ordentlichen Menge Spaß und immer noch ein bisschen mehr Gänsehautmelodien anreichern. Irgendwo zwischen dem Seeräuberbereich-Soundtrack in einem Vergnügungspark und der majestätischen Kamerafahrt-Musikuntermalung über ein Seefahrerschiff in Richtung der untergehenden Sonne angesiedelt und um massig Doublebase, Synth-Solos und Power-Metal-Abgehen angereichert. All das mit Orchestersounds, die nicht allzu authentisch klingen, was in dem Genre aber seinen eigenen Charme hat und mit ein bisschen naiven und feierlichen Melodien perfekt zusammengeht.
Bei GRIMGOTTS hatte ich in der Vergangenheit eigentlich nur zwei relevantere Kritikpunkte. Der erste war einen wiederkehrender Hang zu “Etwas zu viel des Guten”, der zweite eine immer noch verbesserbare Produktion. An der Produktion wurde bei “Tales, Sagas & Legends” unüberhörbar gearbeitet, schließlich handelt es sich letztendlich bei der Platte um eine Zusammenführung der drei in den letzten Monaten veröffentlichten EPs, plus eine allein veröffentlichte Single (“Grimgotts Calling”), eine neu eingespielte Version von “Fight Against The World” und ein orchestrales Outro – und der komplette Content der EPs wurde remastert, erfreulicherweise. Gaaaaaanz perfekt ist der Sound noch nicht, aber ein absoluter Fortschritt im Vergleich zum bisherigen GRIMGOTTS-Sound. Und die Parts, die eben nicht ganz perfekt sind, sind wiederum auf Kritikpunkt #1 zurückzuführen, denn beispielsweise das geile aber im Chorus zu überfüllte “The Dawnbringer” ist eben aufgrund seiner Überladenheit nicht wirklich definierter masterbar, wenn auf jedem Frequenzbereich gefühlt drei unterschiedliche Stimmen liegen. Ist nun eben definierter überladen.
Immerhin, an vielen anderen Stellen sind GRIMGOTTS aber eben noch den Ticken (oder auch mehrere) unter der Schmerzgrenze und damit einfach verdammt fett. Die Melodien sind mit charakteristischen Wendungen angereichert, die GRIMGOTTS eine Individualität verleihen, die viele andere Bands des spezifischen Untergenres nicht haben, getragene majestätische Chorusmelodien und folkig angehauchte Lines arbeiten im fröhlichen Wechsel, zwischendurch wird es mal ungleich piratiger (“Plunder, Loot And Chantey”) oder ein bisschen weniger cheesy, inklusive ein paar Growls (“Northern Passage”). Man könnte natürlich anmerken, dass drei EPs, zwei ebenfalls bereits bekannte Songs und ein NEUES (!!!) Outro nicht unbedingt ein Album ergeben. Aber für die GRIMGOTTS-Fans, die die Musik der Jungs gerne mal in besser produziert hören möchten, ist “Tales, Sagas & Legends” genauso hörenswert wie für diejenigen, an denen GRIMGOTTS bislang vorbeigegangen ist, die aber mal gerne wieder spaßig-epischen Symphonic Power Metal der vergangenen Jahrzehnte in frisch und motiviert dargeboten hören würden.

Fazit:
Power, Piraten, Spaß, günstige Orchester, Gänsehaut, Schiffe, Rum, Bombast, Schlachten, Synth-Soli, Uptempo, yo ho!

Anspieltipps:
“For The Power”, “Rise Again” “Fight Against The World” und “The Boys Of Boone”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Fight Till The End
02. For The Power
03. The Dawnbringer
04. Reign Of Might
05. Northern Passage
06. Rise Again
07. Plunder, Loot And Chantey
08. Sagas
09. The Boys Of Boone
10. Land Of Tomorrow
11. The Edge Of The World
12. Kinsman
13. Fight Against The World
14. Grimgotts Calling
15. The Lost Chapters

 

Jannis

MAX ROXTON: Singleveröffentlichung „Read Between The Lines“

Max Roxton, seines Zeichens Gewinner des Deutschen Rock- und Poppreises 2019 in der Kategorie „Bester Deutscher Hard-Rock-Sänger“, hat am 23. 04.2021 mit seinem Soloprojekt seine dritte Single „Read Between The Lines“ veröffentlicht. Produziert, eingespielt und gesungen von Max, ohne festgelegtes Genre, sondern schlicht groovig, tanzbar und eingängig, mit Rock- HipHop- und Swing-Elementen.

Was der Promotext prophezeit, bestätigt sich beim ersten Hördurchgang. Knackige nu-metallige Strophen (aber auch nicht ganz) mit hörbaren 90es-Vibes, dicker groovender Hard-Rock-Chorus, Laid-Back-Riffarbeit, positive Message, die mit (wie man bei HipHop-Einflüssen ja bestätigen sollte) stabilem Flow daherkommt, und die gelungene Produktion rundet die Sache einwandfrei ab. Ein weiterer Vorbote auf ein nahendes Debutalbum? Möglich genug, wie Max selbst bestätigt. Wir verbleiben in freudiger Erwartung!

„Read Between The Lines“ ist seit dem 23. April auf den üblichen verdächtigen Plattformen verfügbar, auf YouTube inklusive Lyric Video!

Weiterführende Links:  https://artist.lnk.site/maxroxton