LENNY BRUCE JR. – Yesterdays

Trackliste:

01. Yesterday Song
02. Catch The Rain
03. Magical Heart
04. Highway Song
05. Boomerang

 

 

 

 

Spielzeit: 21:09 min – Genre: Meditation Rock – Label: — – VÖ: 12.11.2024 – Page: www.facebook.com/lennybrucejr

 

LENNY der BRUCE vom Jr. Ist nicht gerade als Leisetreter bekannt sondern als Frontmann der Hau Drauf Thrasher von DUST BOLT aus der Landsberger Region, als Rocker ist er eher noch ein unbeschriebenes Blatt. Ich persönlich kann mit Thrash Metal seiner Hauptkombo oder anderen Bands rein Garnichts anfangen, bei melodischen Melodic / Heavy / Power Metal gehe ich mit aber bei THRASH muss ich passen, darauf konnte ich noch nie. Als ich die Ankündigung der Solo EP mit dem Titel „Yesterdays“ von einem Thrash Metaller der im Rock wildern und sich dort einen Namen machen möchte gelesen hatte, war ich erst mehr als vorsichtig und sehr verhalten. Doch schon die erste Single – alle Songs wurden im Vorfeld schon als Singles veröffentlicht – mit dem Titel „Yesterday Song“ vertrieb meine Zweifel das ein Rabauken Metaller der sonst voll auf Stunk getrimmt ist beim ersten Hören. Der Song machte ab dem ersten Takt Spaß und von Thrash Lichtjahre entfernt, vielmehr bestach der Song beim ersten Durchgang durch eine unbeschwerte Lockerheit die sehr lässig aus den Boxen blubberte. Also dachte ich mir ich gebe mir mal die gesamte EP und schaue mir die ersten fünf Solosongs von LENNY an. LENNY und mich verbindet eine Gemeinsamkeit, Landsberg am Lech liegt in Oberbayern, ich war über 20 Jahre in Oberbayern zuhause, ab meinem 9 Lebensjahr war Oberbayern meine Heimat bis ins Jahr 2000 als mich die Beziehung dazu veranlasste nach Niederbayern zu ziehen. Immerhin auch noch Bayern und man spricht dort genauso bayerisch als in Oberbayern – dort vielleicht noch ein wenig gscherter wie es in Bayern heißt – also ist es fast selbstredend das ich die EP eines Bayern übernehme der sich im Rock austobt.

In der Promoinfo angekündigt mit einer sexy Mischung aus Alternative Rock, Blues und Cheese aus der JOHN MAYER Ecke, dass ist doch mal eine geile Umschreibung eines Musikstils der dies auch zu beweisen hat. Von der ersten Single könnte es stimmen, aber mal ganz ruhig zurückgelehnt und die Noten sprechen lassen.

Der erste Song „Yesterdays“ macht mich hellhörig und neugierig auf das was noch alles kommt, von Thrash Metal nicht die geringste Spur auszumachen, es kommt alles sehr lässig und entspannt daher. Angefangen bei den total stressfreien Vocals von LENNY über die im Classic Rock wildernden Gitarren bis hin zu der Tastenfraktion die einen leichten Anflug von Streichern aufkommen lässt. Genau so eine Mucke möchte man hören, wenn man der Hektik des Alltages entfliehen, sein Stresslevel senken und das Leben um sich herum entschleunigen möchte. Einfach nur herrlicher von der Stimme und den Gitarren getragener Song der Potential hat. Mit Song #2 kommt Blues und eine funkige zweite Gitarre die es damit nicht übertreibt mit ins Spiel und ab Song #3 weiß ich endlich an wenn mich LENNY auf seinem ersten gelungenen Soloausflug erinnert. Wenn jemand noch das Solodebüt von BILLY HARVEY mit dem Titel „Moonlight Theatre“ aus dem Jahr 1997 auf dem damals in München ansässigen Label von Thomas Häßler und seinen zwei Partnern MTM. Genau an dieses Bombenalbum mit seiner lässigen Stimmung muss ich beim Hören von „Yesterdays“ denken. BILLY und LENNY haben eine Gemeinsamkeit, beide waren/sind bei Bands bei denen ordentlich drauf gehauen wird, BILLY war bei den Hard Rockern von FLAME als Gitarrist am Start, LENNY ist bei DUST BOLT und mag es noch heftiger. Auf „Yesterdays“ kommt fast schon Mainstream Rock der Marke JOHN MELLENCAMP, BRUCE SPRINGSTEEN, BRYAN ADAMS, CARSON COLE auf den Teller und sehr viel BILLY HARVEY und das wird dann mit der Entspanntheit der BEATLES vermengt und heraus kommt „Yesterdays“ ohne Zwänge oder Schubladendenken.

LENNY zeigt weder Anflüge von Alternative Rock, Hard Rock oder gar Thrash Metal, nein davon ist „Yesterdays“ weiter entfernt als von uns der Mond. Vielmehr zeigt LENNY so einfach das auch klingen mag seine lässige und gefühlvolle Seite auf einem verdammt starken Niveau, wenn er ein ganzes Album in der Schnittmenge liefert können viele andere ihre Sachen nehmen und einpacken denn dann kommt ein Kracher auf die Hörer zu. Damit meine ich weder laut, schnell, hektisch oder sonst irgendwelche Hormongesteuerten Spielerein, sondern ein Album das mit seiner Stimmung mehr punkten kann als mit roher Gewalt, kreischenden Gitarren, wummernden Bass oder ein Drummer der die Felle mit Gewalt bearbeitet.

„Yesterday Song“ hier muss ich am Anfang irgendwie an SMOKIE denken, die Gitarren haben so einen leichten Vibe in Richtung der britischen Classic Rocker, „Catch The Rain“ wildert erneut im entspannten Classic Rock mit leichtem Anfall von Blues und ein wenig Funk bei der zweiten Gitarre im Cleanen Bereich, am Schluss setzt der Song nochmal ein Pfund Charme zu. „Magical Heart“ kommt mit einer dramatischen Grundstimmung und verzerrten Vocal Passagen in den ersten Strophen im Refrain haut das Ding einen raus und überzeugt ohne Wenn und Aber – ab ca. 1:30 geht der Song ab wie Sau und zündet den eingängigen Nachbrenner, „Highway Song“ hier regiert der lässige Classic Rock der BEATLES mit einem Schuss BILLY HARVEY – geniales Teil der Song. „Boomerang“ eine Ballade mit geiler Klampfe und sehr viel Gefühl fürs Wesentliche.

Balle

Hell In The Skies – II (EP)

Trackliste:

01. Fields Of Betrayal
02. Vicious Scorn
03. Riotous Uproar
04. Sad & Done
05. Mental Asylum
06. Prince Of Wallachia

 

 

 

Spielzeit: 29:47 min – Genre: Swamp Metal – Label: metalloscope-music – VÖ: 15.05.2024 – Page: www.facebook.com/hellintheskies

 

Swamp Metal. Jah, Freunde, ich kann doch auch nicht sagen, warum sich das so nennt, aber das ist laut Bandinfo das Genre der EP, der wir uns heute widmen: „II“ von HELL IN THE SKIES. EP heißt, immerhin eine halbe Stunde Spieldauer und sechs Songs, was stabil ist, wo doch einige andere Bands 35 Minuten bereits als Album bezeichnen. Und was ist Swamp Metal nun genau? Nun, ein Mix aus Heavy Rock, Doom Metal, dazu ein bisschen Stoner und Alternative, der von Leuten aus Eberswalde gemacht wird.
Und wie machen die das so? Zuerst einmal mit einer rohen nach Handarbeit klingenden Produktion, die jetzt nicht überwältigt, aber auch nicht negativ auffällt. Dazu Musiker, die ihr Handwerk beherrschen und eine vielseitige Gesangsperformance. Die geht von klarem klassischem Doom-Gesang der BLACK-SABBATH-Art bis hin zu rau aggressivem Rockgesang und im letzten Song zum Ende hin auch noch bis hin zu unklaren Vocals. Der Doom-Gesang sitzt bestens, die unklaren Vocals durchaus auch, obwohl sie an der Stelle vielleicht gar nicht hätten sein müssen. Und auch die Zigaretten-und-Whiskey-Stimme passt, auch wenn man mit dem Opener „Fields Of Betrayal“ angesichts einiger kleiner etwas schräger Stellen diesbezüglich skeptisch ins Album starten mag.
Der erste Track und „Mental Asylum“ sind die beiden Tracks, die weitgehend als Heavy Rock durchgehen würden, sind auf jeden Fall korrekt aber doch die unspektakulärsten auf „II“. „Vicious Scorn“ dürfte den unwissenden Hörer nach Track 1 doch sehr überraschen, mit starken Oldschool-Doom-Spirit und zeitweise doch einem guten Stück weniger Härte. Doomig bleibt es auch bei „Riotous Uproar“, das tempotechnisch etwas mehr geben darf, im Endpart aber umso schöner schleppt.
Und „Sad & Done“ ist ganz zurückhaltend, mit Percussion, Akustikgitarre, subtilem Aufbau, insgesamt sehr stimmungsvoll. Zu guter Letzt kommt dann noch „Prince Of Wallachia“, das einen coolen Groove auspackt und angenehm zwischen langsam und schneller, härter und weicher pendelt.
Musikalisch finde ich die doomigeren Songs ein wenig kreativer, während ein „Fields Of Betrayal“ keinesfalls schlecht ist, aber weniger in Erinnerung bleibt. Gerade in ruhigeren Momenten können HELL IN THE SKIES aber umso mehr überzeugen. Ansonsten gibt es besagte kleine Variationen in der Qualität der Vocals und ein EP-Ende, das mit seinen auf „II“ zu dem Zeitpunkt erstmaligen unklaren Vocals vielleicht weniger gut beraten ist, als es es mit einem ruhigeren Ende gewesen wäre. Aber das war’s dann auch schon mit Kritik!

Fazit:
Es wird wieder der lokale, schlammige Untergrund supportet, was schonmal eh gut ist. Dazu macht man damit bei HELL IN THE SKIES aber auch sonst nichts falsch. Reinhören eh, am besten mit einem Doom-lastigeren Song anfangen und sich dann weiter vorantasten!

Anspieltipps:
„Sad & Done“, „Riotous Uproar“ und „Vicious Scorn“

Jannis

SINCE APRIL – Bury The Mask EP

Trackliste:

01. Bury The Mask
02. The Light
03. In The Dark
04. Not My Grave
05. Turn The Hourglass

 

 

 

 

Spielzeit: 21:08 min – Genre: Melodic Metal – Label: Superlife Promo – VÖ: 11.08.2023 – Page: www.facebook.com/sinceaprilofficial

 

Im Jahr 2017 begannen fünf junge Münchner Boys damit einen Feldzug in der Musikszene zu starten. Diese fünf Jungs sind Sänger Umut Uysaler, die Gitarristen Manu Satzger und Marin Kostek, Bassist Gonzalo Urgel Tendero und Drummer Robert Merkl. Nach drei Singles veröffentlichte die Band 2019 das Debütalbum mit dem Namen „Escape“ das sehr gute Resonanzen bekam. Die Ende 2019 Anfang 2020 aufkeimende Pandemie unterbrach den Feldzug von SINCE APRIL bis 2022 als sie einige Shows mit anderen Bands spielten. Im Frühjahr diesen Jahres als mit „The Light“ eine weitere Single veröffentlicht wurde und mir der Song ganz gut gefällt ist die Band auf meinem Radar aufgetaucht. Als sie dann im Frühjahr im Backstage in München mit BLOODRED HOURGLASS und dem ebenfalls aus Oberbayern stammenden MAX ROXTON einen verdammt geilen Set hinlegten und ich das Debütalbum von SINCE APRIL ergattern konnte kann ich das durchweg positive Feedback bestätigen. Die Band ist auf Konserve sowie Live eine energiegeladene Powermaschine die ihren Platz ohne viel Schnörkel gefunden hat.

Hier handelt es sich um das zweite Album der Band das laut Auskunft der Band als Zweiteiler in Form von zwei EPs veröffentlicht wird.

Den Hörer erwarten harte Riffs die ohne Gnade im Positiven auf einen einprügeln, die Riffs sind nicht sinnlos und mit Gewalt eingespielt nein vielmehr kommen sie mit sehr ausgefeilten und zuckersüßen Melodien aus den Boxen gezaubert. Die Stimme von Umut ist gefühlvoll und setzt mehr als nur Akzente, er hat richtig Gold in den Stimmbändern und erinnert mich entfernt an eine in höheren Lagen befindlichen Version von Jeff Scott Soto, zwar von der Färbung her höher aber genauso rau und dreckig. Einzig wenn die Stimme verzerrt wird ist nicht mein Fall, ansonsten kann Umut bei mir Punkten ohne Schwächen zu zeigen. Die beiden Gitarristen machen auch eine mehr als nur sehr gute Figur. Der Bass hört sich nicht wirklich nach Nebendarsteller an, der kommt voll durch und wummert voll drauf los. Die Drums treiben ohne Ende mit einer Gewalt wie die Schlachtentrommler die ihre Parteien noch härter anspornen.

Die Mucke liegt irgendwo zwischen coolem melodischem Hard Rock und geilem Melodic Metal mit einem leichten Hang zum Prog Metal ohne dabei den Hörer zu überfordern. Die Songs sind wie auch schon auf dem Debüt mit starken und prägnanten Melodien ausgestattet die sehr schnell ins Gehör gehen und dort sehr lange Zeit verweilen ohne Langeweile zu verbreiten oder abgedroschen zu klingen. Man kann SINCE APRIL sehr grob mit einer moderneren Version von SAVATAGE mit „GUTTER BALLET“, QUEENSRYCHE mit „Operation: Mindcrime“, ein wenig THE UNITY, TURBOKILL und AXEL RUDI PELL vergleichen. Der Metal wird modern geboten ohne dabei zu Modern zu klingen sondern man vereint gekonnt Tradition und Moderne zu einem sehr guten Gesamtbild das sich hinter niemandem verstecken muss, sondern mit den alten Hasen mithalten kann. Es ist einfach nur traumhaft wie Umuts tolle und genial melodische Stimme mit den Melodien und den Riffgewittern harmoniert.

Als Fazit kann ich nur sagen, weiter so ich will mehr davon hören, bei der Bewertung halte ich noch einen Punkt zurück weil es sich nur um eine EP mit fünf Titeln handelt.

Mit „Bury The Mask“ machem die Jungs gleich mal einen auf doppelt dicke Hose und ziehen mit Riffattacken in die Schlacht, „The Light“ ein melodisches Highlight voll mit Spannungsbögen. „In The Dark“ eine sehr gelungene Mischung aus Stampfer und Powerballade mal wird drauflos gerockt um sich mit gefühlvollen Passagen abzuwechseln, „Not My Grave“ ein ebenfalls sehr melodischer Song und kommt mit coolen Growls als Kontrastpunkt. „Turn The Hourglass“ ein sehr guter brachialer Nackenbrecher der nicht ganz das Niveau der Vorgänger halten kann.

Balle

NEPTUNIZE – Faltering Glamour (EP)

Trackliste:

01. All Is Vanity
02. Digital Jester
03. Gone Daft
04. Roamer In The Night
05. Fly Now Black Bird

 

 

 

 

Spielzeit: 22:42 min – Genre: Progressive Psychedelic Rock – Label: Eigenveröffentlichung – VÖ: 17.11.2022 – Page: www.instagram.com/neptunize

 

Draußen ist es kalt, draußen ist es dunkel, die Weihnachtsferien neigen sich dem Ende entgegen und angesichts all dessen ist jetzt wohl die Zeit, um noch ein zwei Tage im winterschlafartigen Ruhemodus zu verbringen. Diesen Modus kann man perfektionieren: mit einem Glühwein bei gedimmter Beleuchtung auf dem Sofa oder, je nach Blick, spät abends am Fenster – und mit der neuen EP von NEPTUNIZE in der Anlage.
Das Soloprojekt von Mert Güner aus Istanbul wurde 2015 gegründet und hat nun die EP „Faltering Glamour“ in Eigenregie rausgebracht. Soundtechnisch kann sich das Ding absolut sehen lassen. Musikalisch ist man zwischen Neo-Prog Rock und Psychedelic Pop unterwegs, was nach einer spannenden Mischung klingt und ebenjenes ist.
Gemäß der zehn Gebote der Album/EP-Veröffentlichungen ist der Opener generell von härterer Gangart. So auch aus „Faltering Glamour“, was aber nicht viel heißen will – „All Is Vanity“ ist lediglich der am wenigsten ruhige Track, der sich ein bisschen musikalisches Gezappel und ein wenig mehr Action gönnt, als der Rest des Albums. Das macht er gut und deutet schonmal an, wohin die Reise geht: viele Synthesizer, viel Sounddesign, teils Vocaleffekte, meist analoges Schlagzeug, Gitarren nicht zwangsläufig, sondern eben nur dort, wo für den Sound von NEPTUNIZE benötigt.
Ab Track 2 wird es noch etwas ruhiger. Über Midtempo kommt hier praktisch nix mehr, oftmals sind die Arrangements sehr „klein“ und zurückhaltend und meist reicht Mert ein simpler, schön umgesetzter Vierertakt, um seine Musik zu transportieren. Dann wiederum gibt es die großen, vollen Klangmomente, die ruhige, schöne Gesangsmelodien tragen, und Situationen, in denen sich das Klangbild eines Songs schleichend durch den hintergründigen Wechsel von Synths wandelt und weiterentwickelt. Deren Sounds sind wunderbar oldschool und geschmackvoll ausgewählt – kein cheesy Sound-Moment auf „Faltering Glamour“, der irgendwie nicht im Sinne des Albums wäre. Und all das – das sehr starke Sounddesign, die ruhig-hypnotischen Melodien, die längeren instrumentalen Parts, die Synthsound-Auswahl, die gute Vocal-Produktion – macht „Faltering Glamour“ letztendlich ab der ersten Minute, aber besonders ab Track 2, zu einem extrem atmosphärischen kleinen, nicht verkopften Gesamtkunstwerk, das eine melancholisch-positive Stimmung sondergleichen hervorzurufen vermag und unbedingt in gemütlicher Umgebung ohne Ablenkung genossen werden sollte.

Fazit:
„Faltering Glamour“ ist wie eine dicke Decke an kalten Tagen. Die ersten paar Minuten fühlt sie sich noch ein bisschen fremd an, etwas kühl. Doch dann ist sie auf einmal einfach nur maximal komfortabel und man würde eigentlich gerne ewig drinbleiben. Keins Anspieltipps, weil In-Gänze-hör-Platte, aber wenn man nicht genau weiß, ob man die Zeit in die Platte investieren will, starte man am besten bei „Digital Jester“.

Jannis

R3VO – Fireflies (EP)

Trackliste:

01. Artificial Pleasure
02. Fireflies
03. Dorian Gray
04. Darling
05. Aluminium

 

 

 

 

Spielzeit: 23:30 min – Genre: Progressive Rock – Label: Eigenveröffentlichung – VÖ: 16.11.2022 – Page: www.facebook.com/R3VO.official

(8,25 von 10, aufgerundet wegen Debüt)

Man kennt ja die zahlreichen Einschätzungen von Einzelpersonen über Berlin und seine Einwohner. Sollte man Teil der Fraktion „Kannste komplett vergessen“ sein, ist es nun aber an der Zeit für eine kleine Einschränkung: „alle außer R3VO“. Die haben in den letzten zwei Jahren fünf Songs geschrieben, dann aufgenommen, und jetzt auf ihrer Debüt-EP rausgebracht. Wenn man nicht das Kind von Bruce Dickinson ist, bleiben einem dabei eigentlich nur zwei Optionen. Entweder man erwischt eine grausame Produktion oder eine Preis-Leistung-Produktion, die vielleicht ein bisschen basic aber sehr zweckmäßig ausfällt. Letztere haben R3VO bekommen, mit tatsächlich echt gutem Preis-Leistungsverhältnis, klarem Sound (für das Genre unabdinglich) und gerade in den Vocals mit einigem an investierter Arbeit. Stichwort Genre: Progressive Rock, mal moderner technischer im Stil von beispielsweise HAKEN („Artificial Pleasure“), mal oldschooliger (das ruhig-intensive „Darling“). Oft angejazzt, frickelig, mit einigem an Nicht-4/4tel-Takt und gerne mal – insbesondere im zweiminütigen „Dorian Gray“ – auf einem Level, wo man auch mit ein bisschen Ahnung gar nicht erst anfangen sollte, das Ganze irgendwie auf musiktheoretischer Basis verstehen zu wollen. Mächtig Groove ist dabei, aber auch ausufernde ruhige Parts, so bei „Aluminium“.
Stichwort Skill: Jap, da haben sich echt ein paar Leute gefunden, die ihr Handwerk verstehen und dabei nicht nur irgendwas Kompliziertes in komischen Taktarten spielen, sondern dabei auch dem Laien die Möglichkeit geben, die Sache gut zu finden. Sängerin Leo Lotux setzt der Instrumentalperformance dann noch eine monumentale Sahnehaube auf. Alleine wegen ihr lohnt sich schon, durch die EP zumindest mal durchzuskippen.
Die EP heißt übrigens „Fireflies“, hab ich, glaub ich, vergessen zu erwähnen. (Anm. d. Red.: Hatte ich echt).
Zurück zum Thema: Die Bandbreite und Ausdrucksstärke der Vocals ist spektakulär und absolut on point eingesetzt. Kann eine solche Platte echt nochmal aufwerten.
Ein bisschen Elektronik gibt’s auch, den ein oder anderen digitalen Basssound und mit dem letzten Drittel vom Titeltrack einen fast komplett elektronischen Part, der sehr gelungen ist und zusammen mit dem generellen Wiedererkennungswert des Songs und seinen vielen verspielten Elementen diesem Song freundlich auf das Favoritentreppchen hilft.
Kritik: Manchmal ist der Technik-Faktor echt hoch, während der Immersions-Faktor ein bisschen zu sehr zurückbleibt. Oder anders: Manchmal respektiere ich sehr, fühle aber wenig. Dabei haben R3VO mit „Darling“ bewiesen, dass sie auch ganz anders können. Aber das ist ein bisschen, als würde man bei einem Lamborghini bemängeln, dass er von außen nicht plüschig genug ist (aber ist er halt auch nicht, deswegen bleibt die Kritik bestehen).

Fazit:
Geile erste Meldung von musikalisch hart versierten Leuten. Wenn „Fireflies“ ein Ausblick in die Zukunft von R3VO ist, habe ich Bock auf ihre zukünftigen Releases. Und Ihr könnt das auch haben, wenn Ihr nicht auf 1 und 3 klatscht!

Anspieltipps:
„Fireflies“ und „Darling“

Jannis