D’OR – Veni Vidi Ignis

Trackliste:

01. Veni Vidi Ignis
02. Scream
03. Jack-In-The-Box
04. Future, Baby!
05. Dancing
06. Flashback
07. Electric Shock
08. Mr. Madman
09. Rage Unbound
10. The Ticket

 

Spielzeit: 40:07 min – Genre: Heavy Rock – Label: Metalapolis Records – VÖ: 11.03.2022 – Page: www.facebook.com/dormusicswitzerland

 

„Veni Vidi Ignis“ ist als Albumtitel momentan natürlich so eine Sache. Konnten die Schweizer von D’OR aber auch nicht wissen, als die Platte entstand, und jetzt steht sie in den Startlöchern und ist eine ziemlich gute Sache, um das Gehirn (im positiven Sinne) mal 40 Minuten runter- und den Promillewert im Blut ein wenig hochzufahren. Was das Quartett auf seine Debutalbum zu bieten hat, ist klassischer, metallisierter Rock’n’Roll mit 80er Hard-Rock-Inspiration. Produziert? Angenehm heavy und druckvoll. Intoniert? Schön dreckig, mit rauen Vocals. Musikalisch komplex? Nö.
Muss aber auch nicht sein, denn ein gekonnt gemachtes simples Album kann besser sein als ein bemüht komplexes, und so wirklich viel musikalischen Tiefgang erwartet man von einer Gute-Laune-Rock’n’Roll-in-die-Fresse-Album ja auch nicht.
Und in seiner Einfachheit macht „Veni Vidi Ignis“ vieles richtig.
Der Titeltrack und Opener senkt dabei ein wenig die Erwartungen. Nicht weil er schlecht ist, sondern weil die meisten Alben, die mit so klassisch dreckigem Rock beginnen, meist auch so weitergehen und dann sehr spannungsarm ausfallen. Doch haben D’OR in Sachen Vielseitigkeit durchaus mehr auf dem Kasten, servieren zum Beispiel mit „Scream“ die angehärtete Version eines klassischen ALICE-COOPER-Songs und mit „Dancing“ ein paar nachdenklichere Töne, die in Sachen Songwriting in sich ein sehr stimmungsvolles Ding ergeben, dessen melancholische Strophen durch die Dur-orientierten Gitarren echt schön eingeordnet werden.
Die ganz krassen Hits bleiben dabei zwar aus, aber der Unterhaltsamkeit des Albums Zeit des Anhörens tut das keinen Abbruch. Man bewegt sich quasi durchgängig im 8/10-Modus, hätte den einzelnen Songs ggf. noch einen letzten Ticken Eigenständigkeit geben können, ohne sie groß komplizierter zu gestalten, bleibt aber lieber auf der sicheren Seite.

Fazit:
Das ist absolut vertretbar, schließlich ist „Veni Vidi Ignis“ ein Album für kleine Konzerte, Autofahrten und Campingplätze, weniger eines für Schaukelstuhl, Kerzenschein und Kaminfeuer. Und als solches funktioniert es bestens, als gut gemachte dreckige Rock-Beschallung mit authentischer Attitüde dahinter, die wesentlich mehr bietet, als der erste Song vermuten ließe, und vielleicht ein paar Details zu wenig, die einem vergleichbar klingenden Album noch ein bis zwei Sterne mehr beschert hätten.

Anspieltipps:
„Dancing“, „Scream“, „The Ticket“ und „Electric Shock“

 

Jannis

 

HAMMERFALL – Hammer Of Dawn

Trackliste:

01. Brotherhood
02. Hammer Of Dawn
03. No Son Of Odin
04. Venerate Me
05. Reveries
06. Too Old To Die Young
07. Not Today
08. Live Free Or Die
09. State Of The W.I.L.D.
10. No Mercy

 

Spielzeit: 45:45 min – Genre: Heavy/Power Metal – Label: Napalm Records – VÖ: 25.02.2022 – Page: www.facebook.com/hammerfall

 

Ganz ohne jeden Zweifel sind HAMMERFALL eine der Bands, die Heavy Metal seit 25 Jahren erheblich geprägt haben. Mit nicht mehr Zweifel sind sie eine der Bands, die sich einen unverwechselbaren Sound zugelegt hat, der sich in der Bedienung der einzelnen Instrumente wie auch in den Melodien und Songstrukturen offenbart. Und auch, wenn sich die Schweden gerne aus der Klischeekiste bedienen, haben sie einige sehr starke Alben veröffentlicht, die man in der Plattensammlung jedes interessierten Metallers finden können sollte.
Die beiden Grundzutaten – der Prototyp-HAMMERFALLsche Stil und die ein oder anderen Klischees – hat auch „Hammer Of Dawn“ auf Lager, das nunmehr zwölfte Album der Truppe um Goldkehlchen Joacim Cans. Dazu ein professioneller Sound von Produzent Jacob Hansen und eine gute Performance der beteiligten Musiker.
Nur, das war es irgendwie mehr oder weniger. Denn leider fährt „Hammer Of Dawn“ die allersicherste Route, um HAMMERFALL-Fans ein Album zu bescheren, die all das mochten, was es auf den elf vorangegangenen Alben auch zu hören gab. Garniert mit Texten, die gerne mal auffallend stumpf rüberkommen („Thunder! Lightning“ Hammer! Fighting“ oder der „Nanananana“-Chorus von „Reveries“ zum Beispiel), verkaufen sich die Jungs hier leider echt unter Wert. Man nehme beispielsweise „Too Old To Die Young“, das sich weder für „Carry on, carry on, carry on“-Parts zu schade ist, noch für eine Chorusharmoniefolge nach dem Pachelbel-Kanon, den inzwischen jede Metalband des Planeten dreimal in einen ihrer Songs integriert hat. Das Songwriting der Platte ist schlicht absolut überraschungsarm und wirkt, wie aus vergangenen Releases der Truppe zusammengesetzt. Und klar, es ist verständlich, dass man als Band dieses Kalibers und mit einem so individuellen, lange etablierten Stil nicht plötzlich was ganz anderes machen kann. Aber „Hammer Of Dawn“ schafft es halt lediglich, die absoluten Grunderwartungen an ein HAMMERFALL-Album zu erfüllen, ohne das nötige Bisschen an mehr zu geben, das der Platte innerhalb des Veröffentlichungskatalogs der Band einen würdigen Platz geben würde. Ach ja, der KING-DIAMOND-Gastgesang auf „Venerate Me“ beschränkt sich auf zehn Sekunden „Aaaah“ und möglicherweise noch ein paar leise Backing Vocals.

Fazit:
Wenn man einen Einstieg in HAMMERFALLs Musik haben möchte, gibt es genug andere Alben, die man vorher kaufen sollte. Wenn man krasser Fan der Band ist, kann man sich „Hammer Of Dawn“ der Vollständigkeit halber schon zulegen – aber die Erwartungen besser erstmal auf „Wird ziemlich standard“ runterschrauben.

Jannis

 

FELSKINN – Enter The Light

Trackliste

01. Darkness In Your Eyes
02. Send Your Angels Down
03. Enter The Light
04. Your Life Is Mine
05. World Will End
06. Driven
07. The Saviour Was Born
08. Life Beyond The Line
09. Lonely Heart
10. The Final Reason
11. Where
12. SixFiveFour

 

Spielzeit: 50:07 min – Genre: Heavy Metal – Label: Rock Of Angels Records – VÖ: 25.02.2022 – Page: www.facebook.com/felskinnmetal

 

Man hat ja immer kleine Faibles für gewisse Prägungen spezieller Untergenres (Schlager im 7/8el-Takt, Black Metal mit Synthesizersoli, Singer/Songwriter mit Doublebass…). Meins ist angepowerter Heavy Metal mit einer guten Grundhärte, klassisch metallischer Angepisstheit und powerigen Melodien zwischendurch. PRIMAL-FEAR-Metal, wenn man so will.
Enter FELSKINN, die sich möglicherweise nach Bruce Campbells unterem Gesichtspart benannt haben. FELSKINN kommen aus der Schweiz und haben seit 2006 drei Alben veröffentlicht, mit längerer Pause zwischen 2007 und 2018. Das Lineup ist frisch, besteht nun neben Andy Portmann und Beat Schaub aus WOLFPAKKs Martin Rauber, Tom Graber (ex-CRYSTAL BALL) und RONNIE WOLF von LUNATICA. „Enter The Light“ wurde von Jacob Hansen produziert und damn, die Reise nach Dänemark hat sich gelohnt. Knallt, ist sauber, sehr fett, ungelutscht, keine Kritik.
Und genau diese Produktion braucht ein Album wie „Enter The Light“ auch. Ja, die Platte kann sehr Power-Metallisch-positiv klingen (tut sie sogar vergleichsweise oft), beispielsweise beim grandiosen „Send Your Angels Down“, aber muss es eben nicht, wenn man sich Songs wie „Your Life Is Mine“ widmet, die uncheesiger Heavy Metal sind und dabei angemessen simpel in den Hinsichten sind, in denen sie es sein sollten. Auch ruhigere Töne werden zugelassen und edel umgesetzt, mit „World Will End“, ohne dass man in die Nähe von Kitsch käme (nein, der Chorus ist einfach sehr schön, wer das Kitsch nennt, muss leider nach Hause gehen).
Und ganz ehrlich, als wäre meine Sympathie für FELSKINN nicht aufgrund ihres Grundstils schon hoch genug, erweisen sie sich bei „The Final Reason“ als eine der Bands, die der Quest for Trueness am Allerwertesten vorbeigeht, wenn sie gerade Bock auf Feelgood-Rock-Vibes haben. Danach gibt’s dafür ja auch wieder Metal. Aber so richtig!

Fazit:
„Enter The Light“ ist schon echt nah an einem feuchten Traum des Freundes von knallendem Heavy Metal, der um die Vorzüge von Dur-Einsatz weiß. Mit Händchen für unterschiedliche Grundstimmungen (ohne das Album dabei zu einem Gestückel zu degradieren), für wirklich gute Refrains, für Härte und Melodie haben FELSKINN hier ein Album geschaffen, das vermutlich in meiner Top-10-Liste am Jahresende auftaucht, und dessen Angriffsfläche sich auf ein paar Songs beschränkt, die man subjektiv persönlich nicht ganz so geil findet wie die anderen. Dringende Reinhörempfehlung!

Anspieltipps:
„Darkness In Your Eyes“, „SixFiveFour“, „Send Your Angels Down“ und „Lonely Heart“

Jannis

TY MORN – Last Villain Testament

Trackliste:

01. War Of Nations
02. Hellastryke
03. Eyes Of The Many Gods
04. Wherever Demons Roam
05. Come Feed Us Night
06. Firenado
07. Compliments Of The Wolf
08. The One
09. Lifting The Curse
10. Warlock

 

Spielzeit: 46:15 min – Genre: Epic Heavy Metal – Label: Doc Gator Records – VÖ: 15.02.2022 – Page: www.facebook.com/tymornband

 

Heavy/Melodic Metal, der unter anderem von ALICE COOPER und JUDAS PRIEST beeinflusst wurde – der Promotext zu TY MORNs „Last Villain Testament“ macht Hoffnung auf klassischen Heavy Metal mit Hard-Rock-Einflüssen, aber nicht unbedingt auf ein außergewöhnliches Album. Allerdings ist das zweite Album der Briten eher letzteres als ersteres. Ein bisschen schwer verdaulich (im positiven Sinne), ein bisschen anders in Sachen Songwriting und insgesamt irgendwie merkwürdig gut.
Woran liegt’s? Vor allem an gewissen Präferenzen, was die Arrangements angeht. TY MORN setzen zum einen mit Vorliebe auf eine durchgängig im Hintergrund schrubbende Rhythmusgitarre, die in einem guten Teil der Songs vorhanden ist und schon einmal für einen gewissen Wiedererkennungswert sorgt. Zusätzlich bedient sich das Quintett hörbar an Epic-Metal-Einflüssen (während ALICE COOPER meiner bescheidenen Meinung nach praktisch gar nicht erkennbar ist); genauer gesagt, an dem Stilmittel, harmonisch nicht wirklich in die Breite zu gehen. Gerne imitiert die Leadgitarre die Gesangsmelodie, ebenso wie die Streicher/Orchester-Keyboards. Die Gesangsmelodien sind wiederum äußerst vielseitig, simulieren Eingängigkeit, um im nächsten Moment komplex und unvorhergesehen in eine andere Richtung abzudriften. Und auch die Struktur der einzelnen Songs ist nicht besonders vorhersehbar, was bei einzelnen Songs wie „Wherever Demons Roam“ in seiner Ausgeprägtheit schon beinahe (aber auch nur beinahe) grenzwertig wird.
Wie findet man das nun? Das kommt sehr drauf an. Als Easy-Listening-Hintergrundgedudel funktioniert die Platte nicht. Als musikalische Herausforderung mit hohem Entertainmentwert aber umso besser. Dafür muss man nur eben interessiert daran sein, seine Erwartungen von „Last Villain Testament“ zwischendurch komplett durch den Wolf gedreht zu bekommen, von einer Band, die Musik anders denkt als die „normaleren“ Vertreter des Genres. Denn trotz der Grundform von TY MORN, „Heavy Metal mit Orchestersounds“, ist das Album eben nicht die klassische Bedürfnisbefriedigung mit ein bisschen Gänsehaut und hohem Steel-Anteil.
Kurz noch: Bandleistung durchweg sauber, Produktion von AGAINST EVILs Shasank Venkat ebenso.

Fazit:
Unkonventioneller Heavy Metal mit hörbaren Epic-Metal-Anleihen, der kompositorisch schon wirklich abseits des Standards ist: „Last Villain Testament“ ist eine Platte, die man konzentriert hören und mal gehört haben sollte; auf jeden Fall nichts für jeden, aber für alle, die zwischendurch auch gerne mal etwas genießen, das abseits des Standards ist, ein echt geiles Ding!

Anspieltipps:
„Come Feed Us Night“, „Firenado“ und „Compliments Of The Wolf“

Jannis

News: DAMN!ESCAPE – neue Single, neues Video

DAMN!ESCAPE veröffentlichen mit „Winner“ eine neue Single inklusive Video. Nach einer überzeugenden EP (wir berichteten) im Frühjahr 2021 gibt es nun ein neues Lebenszeichen des sympathischen Quartetts aus Lüneburg und einen ersten Eindruck, was uns auf dem im Herbst 2022 erscheinenden Debutalbum „Devil’s Friend“ zu erwarten hat. Und was soll man sagen? Cowbell, druckvoll-handgemachter Sound, ein klassisches Riff, der angenehme raue Gesang von Frontmann Eddy inklusive stabil gemachten Backing Vocals – „Winner“ ist klassischer Hard Rock für die leicht ranzige Underground-Location, in der man eigentlich gerne wohnen würde: sehr gut gemacht und sorgt für Laune. So gut kann einfach sein und so einfach kann gut sein.

Online: www.damn-escape.de
Facebook: www.facebook.com/damnescape

Premiere: 11.02., 19:00 Uhr

VEONITY – Elements Of Power

Trackliste:

01. Beyond The Realm Of Reality
02. The Surge
03. Altar Of Power
04. Elements Of Power
05. Gargoyles Of Black Steel
06. Dive Into The Light
07. Facing The Water
08. Blood Of The Beast
09. Curse Of The Barren Plains
10. Return To The Land Of Light

 

Spielzeit: 48:01 min – Genre: Power Metal – Label: Scarlet Records – VÖ: 18.02.2021 – Page: www.facebook.com/veonity

 

VEONITY – eine der Bands, die so heißen wie alle anderen Bands (wie viele mag es inzwischen geben, die auf „ity“ enden?) und die dazu noch ziemlich klassischen 90er/2000er Power Metal machen. Ich habe ehrlich gesagt den Überblick verloren, aber meine Rezension vom letzten Album sagt, dass ich es ziemlich stabil fand. Ein erneutes Reinhören in „Sorrows“ bestätigt die Vermutung.
Nun weiter zum fünften Longplayer der Schweden, „ Elements Of Power“, was auch der Name des Songs vor dem Song „Altar Of Power“ ist. So weit, so Power.
Apropos. Im Vergleich hat man auch nochmal bei der Produktion ein bisschen draufgelegt. „Elements of Power“ klingt sauber und druckvoll, wie es diese Art von Musik verlangt. Einzige Kritikpunkte: Einige Backing Vocals hätten ein bisschen mehr… nun, Power vertragen können und das fast durchgängig eingesetzte Synth Pad im ersten Track hat eine unangenehme Höhenebene, die eine Art diffusen Tinnitus simuliert. Umso angenehmer wird der Sound, wenn Track zwei ohne dieses Pad beginnt.
Album Nr. 5 ist gerade bei Power-Metal-Alben ja so ein kritischer Punkt, wo für Bands das Risiko besteht, endgültig in den POWERWOLF-Modus überzugehen und sich sicher zu sein, jetzt alle Werkzeuge und Zutaten für seine Musik gesammelt zu haben. Und klar, die Werkzeuge und Zutaten von klassischem Power Metal der Jahrtausendwende sind ziemlich akurat definiert und abgesteckt. VEONITY haben mit „Elements Of Power“ dennoch ein Album geschaffen, das ziemlich genau das Niveau des Vorgängers halten kann, was Hörspaß betrifft. Gefühlt haben die STRATOVARIschen ersten Strophenhälften ohne Gitarren mengenmäßig etwas abgenommen. Die cheesy Feelgood-Melodien sind natürlich nach wie vor dabei, aber subjektiv ebenso etwas weniger, insbesondere in der zweiten Hälfte des Albums. Ernstere, unkitschigere Parts findet man dafür etwas häufiger.
Die Arrangements machen vor allem dann Spaß, wenn man vom traditionellen Doublebass Abstand nimmt („Blood Of The Beast“), dann kann auch die Rhythmusfraktion verstärkt glänzen. Dazu ein gesundes Maß an Details, das dem Hörer auch nach dem ersten Chorus noch etwas zu entdecken gibt…

Fazit:
Man merkt vielleicht, es ist gar nicht so leicht, viel Interessantes zu „Elements Of Power“ zu schreiben. Nicht, weil das Album nicht interessant wäre, sondern weil es recht schnell beschrieben ist. Klassischer Power Metal mit häufig ordentlich Tempo, stark umgesetzt und gut klingend und insgesamt einfach ein unterhaltsames Ding, das sich nicht auf die Basics in Sachen Songwriting und Arrangement beschränkt; so sieht’s aus und Ihr solltet hiermit informiert sein, ob Ihr die Zielgruppe seid!

Anspieltipps:
„Blood Of The Beast“, „Altar Of Power“ und „Curse Of The Barren Plains“

Jannis

 

News: INDUCTION – Neue Single, neues Video

Sohn eines bekannten Musikers zu sein ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite profitiert man von Connections und Reichweite und wird seine ersten Aufnahmen wohl nicht in einer Garage machen müssen. Auf der anderen Seite ist man als Band halt auch gefährdet, für immer „die Band von dem Sohn von dem Musiker“ zu sein. Da hilft nur eins: Qualität liefern. Und das tun INDUCTION mit „Sacrifice“, dem ersten Lebenszeichen der Truppe in ihrem neuen Lineup. INDUCTION sind (Sorry Tim), die Band von dem Sohn von Kai Hansen, den Hardcore-Underground-Metaller aus Geheimtipp-Bands wie HELLOWEEN und GAMMA RAY kennen könnten. Neben Gitarrist Tim Kanoa Hansen findet sich an der anderen Gitarre mit Marcos Rodriguez (Ex-RAGE) ein prominentes Mitglied, das den Altersschnitt ein wenig anheben darf. Mit Craig Cairns (Ex-MIDNIGHT PROPHECY) hat man sich zudem einen Sänger an Bord geholt, der einen wirklich astreinen Job macht und hervorragend zum Stil des Quintetts passt. Und Dominik Gusch (MYSELF OUTSIDE) komplettiert am Bass das Lineup, zusammen mit Kian Kiesling (FALLING MOOSE), der so manchem doppelt so alten Drummer ordentliche Minderwertigkeitskomplexe verpassen dürfte.
Zum Song „Sacrifice“ selbst: Das Ding ist letztendlich (und hoffentlich) ein musikalischer Trailer, der ankündigt, was man von INDUCTION in Zukunft zu erwarten hat. Hohe Skills vonseiten aller Beteiligten bei sehr gutem Sound, große Power-Metal-Harmonien mit einem kleinen Hansen-Faktor, aber keineswegs als Kopiererei abtubar, Synthesizer, Power, smarte Harmonieführungen und delikaten Doublebass, Power und Eingängigkeit trotz durchaus etwas komplexerem Songwriting. Und Power. Bitte mehr davon!

Online: www.facebook.com/inductionofficial

GUILD OF OTHERS – Guild Of Others

Trackliste:

01. Other Side
02. Balance
03. Always There
04. Memento
05. New World Disorder
06. Elysium
07. Veil Of Insanity
08. Spirit Ghost

 

 

Spielzeit: 46:57 min – Genre: Progressive Metal – Label: Louder Than Loud Records – VÖ: 28.02.2022 – Page: www.facebook.com/Guild-of-Others-105834661701985

 

Obligatorischer Bekanntheitscheck der Band auf Facebook vor dem Verfassen der Rezension: 98 Gefällt-mir-Angaben und man findet die Seite noch nicht einmal, wenn man „Guild Of Others“ in die Suchleiste eingibt. Da ist offensichtlich etwas extrem schief gelaufen, wenn man bedenkt, dass sich auf dem Debutalbum des Projekts um Tom Wallace und Steve Potts unter anderem SONS OF APOLLO/DREAM THEATER-, DIO- und SAGA-Mitglieder tummeln. Aber gut, was nicht ist, kann ja noch werden, und angesichts des ersten Longplayers von GUILD OF OTHERS muss man schwerstens darauf hoffen, denn als Long-Time-Geheimtipp wäre die Musik der Truppe ansonsten echt Perlen vor die Säue.
Doch, das nach der Band benannte Album ist ein kleines Underground-Juwel, tief vergraben im Prog-Boden. Das beginnt bereits bei der Produktion, bei der man mit viel Lust am Meckern vielleicht noch anbringen könnte, dass das ein oder andere Lead-Synthesizer vielleicht minimal zu laut ist. Vielleicht. Minimal.
Weiter geht das bei der Performance der beteiligten Musiker, die von vorne bis hinten sitzt. Insbesondere die Vocals sind durch die Bank makellos, mit Ausdrucksstärke, Vielseitigkeit und in Sachen Produktion bestens behandelt. Und diese Makellosigkeit offenbart sich auch im Songwriting. „Guild Of Others“ ist letztendlich Neo-Prog-Rock in etwas härter und könnte im Musikunterricht als exemplarisches Beispielwerk für das Genre verwendet werden. Orgel ist drin, Leadsynth-Soli und -Untermalungen sind drin (schöne klassische Soundauswahl), Klavier und Pad/Orchesterelemente sind drin und die Songs fallen trotz so mancher Stimmungswechsel in sich sehr harmonisch aus, wirken nie aneinandergestückelt und sind in ihrer smarten Komposition doch nie so überfordernd, dass sie den Hörer aus seinem Modus herausreißen würden. Die Melodien sind zumeist interessant, die Mittelteile oft ausufernd, dabei aber spannend und abwechslungsreich. Dafür sorgen auch immer wieder kleine jazzige Einsprengsel und großer Respekt für die einzelnen Elemente (es ist doch immer toll, wenn beispielsweise der Bass nicht nur Fundament ist, sondern auch wirklich was zu sagen hat).

Fazit:
„Guild Of Others“ ist prototypischer Progressive Metal/Rock der älteren Schule, und das auf hohem Niveau. Komplexität verwendet die Band nie zum Selbstzweck und verzichtet auch gerne darauf, wenn sie dem Song(abschnitt) gerade nicht angemessen wäre. Kurz: Das Ding verdient Aufmerksamkeit und ist hiermit allen Prog-Fans wärmstens ans Herz gelegt.

Anspieltipps:
Kann man sich sparen, einfach mal in drei unterschiedliche Songs reinhören, das sollte für einen ungefähren ersten Eindruck reichen.

Jannis

AMORPHIS – Halo

Trackliste:

01. Northwards
02. On The Dark Waters
03. The Moon
04. Windmane
05. A New Land
06. When The Gods Came
07. Seven Roads Come Together
08. War
09. Halo
10. The Wolf
11. My Name Is Night

Spielzeit: 55:42 min – Genre: Melodic Progressive Folk Death Metal – Label: Atomic Fire – VÖ: 11.02.2021 – Page: www.facebook.com/amorphis

 

Rezensionen sind in vielen Fällen eine gute Sache, um sich über Neuerscheinungen zu informieren und herauszufinden, ob man an ihnen potenziell Gefallen finden könnte. In einigen Fällen, beispielsweise bei U.D.O.- oder eben bei AMORPHIS-Alben, sind sie aber auch primär dafür da, dass der Redakteur das kommende Album einfach schon ein bisschen früher hören kann – und sekundär, damit vielleicht der letzte Mensch auf Erden, der die entsprechende Band noch nicht kennt, auf sie aufmerksam gemacht wird. Denn machen wir uns nichts vor: Niemand erwartet auch nur ansatzweise, dass diese Rezension zu dem Schluss kommt, „Halo“, das nunmehr 14. Album von AMORPHIS in ihrer 31 Jahre andauernden Geschichte, sei ein schwaches Album, das man eher nicht hören sollte. Warum auch, sind die Finnen doch seit eh und je ein absoluter Qualitätsgarant, der einen eigenen grandiosen Stil für sich geschaffen hat, aus höchst passionierten und talentierten Musikern besteht und Wert auf ein starkes Endresultat legt. Darum arbeitet man auch mit Produzent Jens Bogren zusammen, der einen bombastischen, druckvoll-klaren Sound für die Platte zusammengeschustert hat.
Musikalisch: Nun, der klassische AMORPHIS-Klaviersound ist vergleichsweise selten, aber damit endet die Kritik auch schon. „Halo“ findet einmal mehr einen sauberen Mittelweg zwischen düstereren Tönen, angetrieben durch Tomi Joutsens mächtige Growls, und wunderbaren getragenen Gesangsmelodien und Gitarrenmotiven vor druckvoll-schönen Arrangements, die die traumartige dichte Atmosphäre der Musik der Band so besonders machen. Ein Stück weit hat man den AMORPHIS-Sound dabei reduziert, ist insbesondere in der ersten Hälfte von Strophen mit Basic-Band-Instrumentierung und Growls relativ trocken unterwegs (was dank der Produktion aber bereits ordentlich knallt) und spielt teils mit unkonventionelleren Taktarten. Umso fetter sind damit die Parts, in denen so richtig ausgepackt werden kann. Orchestrale Elemente, Synthesizer, Orgeln, Chöre, eine starke Gastsängerin und ergänzende Percussion halten hier Einzug, ohne die Songs zu überladen. Und dazu kommen die wunderbaren, stimmungsvollen Melodien, das Zusammenspiel von Leadgitarre und Gesang, tronend auf einem schweren Rhythmusfraktion-Fundament. Und das bedeutet, wie erwartet:

Fazit:
„Halo“ ist ein weiterer Release von AMORPHIS, den man bedenkenlos blind kaufen kann, wenn man mit den letzten Veröffentlichungen der Truppe etwas anfangen konnte. Wer hätte das gedacht?

Anspieltipps:
„Northwards“, „On The Dark Waters“, „Seven Roads Come Together“ und „Halo“

Jannis

LALU – Paint The Sky

Trackliste:

01. Reset To Preset
02. Won’t Rest Until The Heat Of The Earth Burns The Soles Of Our Feet Down To The Bone
03. Emotionalised
04. Paint The Sky feat. Steve Walsh
05. Witness To The World
06. Lost In Conversation
07. Standing At The Gates Of Hell
08. The Chosen Ones
09. Sweet Asylum
10. We Are Strong
11. All Of The Lights
12. Paint The Sky feat. Simon Phillips

Spielzeit: 63:25 min – Genre: Progressive Rock – Label: Frontiers Music Srl – VÖ: 21.01.2022 – Page: www.facebook.com/laluprog/

 

Frontiers Music Srl ist mehr oder weniger die erste AOR-Anlaufstelle, mit einem massiven Output an eingängigen und damit einhergehend oft vergleichsweise unkomplexen Alben. Doch immer wieder mal finden sich bei dem Label auch progressivere Veröffentlichungen, die jene melodische Ausgeprägtheit mit komplexerem Songwriting kombinieren. Eine davon ist LALUs „Paint The Sky“, wie sich bereits anhand des Lineups der (Gast)Musiker erkennen lässt. Jens Johansson von STRATOVARIUS, Jordan Rudess von DREAM THEATER, Steve Walsh von KANSAS, Damian Wilson (u.a. ARENA, PRAYING MANTIS und AYREON) und andere (neben Vivien Lalu selbst, dem Sohn zweier Prog-Musiker) lassen keinerlei Zweifel daran offen, was auf „Paint The Sky“ Sache ist.
Das dritte Album des Franzosen, der sich in der nach ihm benannten Band der Rolle des Keyboarders angenommen hat, ist eine erwartungsgemäß synthesizerreiche Mischung aus älterem und aktuellerem Prog Rock mit kleinen und seltenen Progressive-Metal-Anleihen und einem unüberhörbaren Fusion-Anteil. Hinsichtlich der Gesangsmelodien immer hochmelodisch und mit viel Prog-Rock-Positivität, mit ausufernden Soli und komplexen Arrangements. Dabei hat „Paint The Sky“ kein Problem damit, ruhige Töne anzuschlagen – im Gegenteil, zu vielen Zeitpunkten ist man musikalisch sehr friedlich unterwegs, lieber etwas zu entspannt als zu hart. Die Arrangements sind nicht selten spannend und interessant, insbesondere der subtile Aufbau von „Emotionalised“ hat es mir dahingehend angetan. Ist vermutlich der smootheste Song, in dem Blastbeats (!) vorkommen, den ich je gehört habe. Und auch wenn die Zahl der „zappeligen“ Parts auf der Platte durchaus etwas reduzierter hätte ausfallen dürfen, ist das Gesamtbild doch sehr positiv, mit einer Progressivität, die sich im klassischen Sinne in der Verwendung der gängigen Prog-Stilmittel zeigt, aber eben auch Tiefgang mit sich bringt, ohne zu denken, mit einem Nicht-4/4tel-Takt und einem Synthesizer (gut ausgewählte Sounds, übrigens), wäre die Sache gegessen. Da stört es auch kaum, dass das Album zwar harmonielastig und in Sachen Melodien sehr schön, aber wenig eingängig-ohrwurmlastig ausfällt.

Fazit:
„Paint The Sky“ ist ein Prog-Album nach allen Regeln der Kunst, wenig böse, viel schön, wenig Metal, viel (oft ruhigerer) Rock. Die kleineren Macken gehen im wirklich gelungenen und vielseitigen Komplettpaket größtenteils  unter, das sich Freunden harmonielastigen Prog Rocks der älteren und neueren Schule mit viel spielerischem Können bedenkenlos (im mindesten zum antesten) empfehlen lässt.

Anspieltipps:
„Emotionalised“, „The Chosen Ones“ und „Reset To Preset“

Jannis