IMMORTAL GUARDIAN – Psychosomatic

A bronze sculpture with a hanged brain

Band: Immortal Guardian
Album: Psychosomatic
Spielzeit: 52:06 min
Stilrichtung: Progressive/Power Metal
Plattenfirma: M-Theory Audio/Rock’N’Growl Promotion
Veröffentlichung: 21.02.2021
Homepage: www.facebook.com/igmetal

Gabriel Guardian – wer so heißt, ist ab dem ersten Atemzug dazu prädestiniert, Power-Metal-Musiker zu werden. Seinem Schicksal nachgebend hat Gabriel genau das getan und mit seiner Band IMMORTAL GUARDIAN nun sein zweites Album “Psychosomatic” bereit zum Abflug. Die Aufnahmen waren coronabedingt von extremem Sicherheitsabstand geprägt: Gabriel nahm in Las Vegas auf, Sänger Carlos in Brasilien, Drummer Justin in Montreal und Bassist Joshua in Texas. Herausgekommen sind gut 50 Minuten Progressive Power Metal mit hohem Shred- und damit einhergehend leichtem Neoclassic-Faktor, einer guten Menge an Keyboards und einem Mix aus Gefrickel und ausgeprägten Melodien.
Apropos Mix: Der kann sich durchaus hören lassen, ist entsprechend der Gefrickel-Parts ein wenig technisch-polierter, aber in annehmbarem Rahmen. Lediglich durch ein paar kleinere Unausgewogenheiten in Lautstärkeverhältnissen könnten ein oder zwei Songs Eingewöhnung nötig sein. Sind die vorüber, so erweist sich IMMORTAL GUARDIAN als äußerst fähige Truppe mit starken Leistungen jedes Beteiligten.
Musikalisch ist man ebenfalls soweit stabil drauf, muss sich aufgrund des Labels “Progressive” aber auch noch einmal nach anderen Maßstäben beurteilen lassen. Und unter diesen Maßstäben hat “Psychosomatic” die Problemchen, die viele Prog-Power-Metal-Bands haben: Arrangiert ist das ganze top, nicht zu überheblich clever, aber rhythmisch und spielerisch korrekt vielseitig. Die Melodieführungen entsprechen allerdings oft eben den klassischen Progressive-Power-Lines und naja, wenn jeder das so macht, dann ist das im wörtlichen Sinne halt nicht mehr ganz so progressiv aka fortschrittlich. Aber an dieser Stelle auch ein bisschen Entwarnung. Wo die Melodien nicht vergleichsweise guter Durchschnitt sind, sind sie besser als das. Erstmals sind sie das explizit bei “Read Between The Lines”, das mal leichtgängig, mal fast corig ausfällt, mit humorvoll-smoothem Part im Mittelteil und schöner Gesangsmelodie, die wie viele andere von den mehrstimmigen Vocals noch einmal profitiert.
“Clocks” wechselt sinnhaft zwischen zwei verschiedenen Geschwindigkeiten und setzt sich sehr schön im Gedächtnis fest, mit ordentlicher Portion Dramatik. Und “Candlelight” und “Find A Reason” arbeiten ein Stück weit zusammen mit Wiederaufnahme von Motiven, größeren (aber insgesamt nach wie vor kleinen) balladesken Parts, unterschiedlichen Emotionen und dichter Atmosphäre.
Der Rest der Songs ist ein wenig uneigenständiger, bereitet an der ein oder anderen Stelle auch mal das Gefühl, da hätte man noch etwas mehr herausholen können, überzeugt an solchen Momenten aber immerhin in technischer Hinsicht.

Fazit:
“Psychosomatic” kann als Zweitwerk auf jeden Fall überzeugen. Allerdings sollten IMMORTAL GUARDIAN in den nächsten Jahren noch ein wenig an einem eigeneren Sound arbeiten, insbesondere hinsichtlich der Komposition der Melodien. Dass sie dafür zweifelsohne das Potenzial haben, beweisen gerade die oben genannten Tracks, hinter denen gefühlt mehr Kompositionsleidenschaft steckt, als hinter denen, die guten melodischen Durchschnitt durch Handwerk kaschieren. Und technisch haben IMMORTAL GUARDIAN es unbestreitbar jetzt schon mächtig drauf.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Psychosomatic
02. Read Between The Lines
03. Lockdown
04. Phobia
05. Clocks
06. Self-Isolation
07. Goodbye To Farewells
08. Candlelight
09. Find A Reason
10. New Day Rising

Jannis

SIMULACRUM – Genesis

Band: Simulacrum
Album: Genesis
Spielzeit: 61:23 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Frontiers Music s.r.l.
Veröffentlichung: 12.02.2021
Homepage: www.simulacrum.fi

Offenbar verhelfen Lockdowns Metalbands zu mehr Zeit, um über ihr Songwriting nachzudenken, zumindest würde das die Menge an Progressive Metal erklären, die ich in letzter Zeit auf den Tisch gelegt bekomme. Eine von ihnen ist SIMULACRUM aus Finnland, die bereits 1999 gegründet wurde (womit sich die These dann auch wieder erledigt hätte) und gerade einmal 13 Jahre später ihr Debut veröffentlichte. Nun gibt’s Album Nr. 3, “Genesis”, das über eine Stunde lang ist, zur Hälfte, wie sich das gehört, aus einem Konzeptpart besteht und ein klassisch spirituelles Albumcover inklusive Planeten, Schneidersitz, Dreieck und Yin&Yang-Symbol vorweisen kann. So weit, so gut.
Die Produktion ist stabil, das Konzept mit zwei Sängern funktioniert bestens, gerade weil sie nicht im altbekannten “Einer lieb, einer growlt”-Schema agieren und die Truppe kennt sich zweifelsohne mit der Funktionsweise von Musik aus.
“Genesis” ist an sich melodisch, unklare Vocals sind selten. “Genesis” ist aber auch eins der Alben, die über weite Teile “Progressive” gerade in Sachen Arrangements in gigantischen Lettern auf der Fahne stehen haben. Gut, Ausnahmen gibt es da schon, beispielsweise das unmetallische klavierbasierte “Genesis Part 3: The Human Equation” oder das relativ straighte “Scorched Earth”, das etwas Dur-lastiger ausfällt als erwartet, mit geiler Gitarrenarbeit im Solopart und unkonventionell-nachvollziehbarem Chorus. Auch “Like You, Like Me” mit seinem ruhigen Retro-Beginn und dem HAKENschen Bombastfülleharmoniegefeierlichkeite schlägt in diese Kerbe – das war es dann aber auch schon. Nicht, dass das unbedingt schlimm wäre. Genug tolle Bands zimmern sich ein heftig komplexes Ding ohne jegliche Eingängigkeit zusammen und es ist durchweg grandios anzuhören.
Doch hier ist der Kritikpunkt (der zugegebenermaßen mehr Raum in der Rezension einnimmt, als vielleicht verdient). Bei SIMULACRUM hat man leider das Gefühl, man habe beides gewollt und habe somit entweder seine schönen Melodien zerprogt oder sein komplexes Gefrickel verharmonisiert. Da tauchen dann Melodien auf, die durchaus eingängig und ausgefallener sein könnten, wenn man sie nicht auf Teufel komm raus durch den Progressive-Wolf gedreht hätte, wofür ich mir keinen anderen Grund vorstellen kann, als dass man sich seinem Genre zu verpflichtet gefühlt hätte. Nicht falsch verstehen, das ist handwerklich und kompositorisch bestimmt sehr gut und intelligent gemacht, wirkt aber für uns primitive Nicht-Musikstudenten häufig ein wenig willkürlich. Sein Zenit erreicht diese Problematik bei “Genesis Part 1: The Celestial Architect”, dessen Gesang zeitweise nicht mehr wirklich erkennbar etwas mit der zweifelsohne komplex agierenden Instrumentalfraktion zu tun hat. “Ihr spielt das eine Lied, ich sing das andere. Dann legen wir das übereinander und verkaufen es als Progressive Metal!” Wüsste man es nicht besser, könnte man diesen Kompositionsprozess ungefähr so geschehen vermuten. Noch einmal: Bestimmt gibt es unter Freunden progressiven Metals so einige, die mit “Genesis” genau deshalb etwas anfangen können, aber man hätte melodische und chaotisch-härtere Elemente wohl effektiver verbinden können, auf Kontrastwirkung hinarbeiten statt über weite Teile beide Elemente zusammenzurühren.

Fazit:
Einige Songs auf “Genesis” zünden absolut, andere kränkeln an den sehr hohen Ambitionen hinsichtlich der technischen Progressivität der Platte. Technisch eine gerechtfertigte 9/10, kompositorisch eine 8/10, in Sachen Subtilität und, so seltsam das bei einer solchen Rezension wirken mag, Mut zur stilistischen Variation, zur zeitweisen als Kunstgriff eingesetzten Deproggisierung oder Demelodisierung, leider nur eine 5/10. Vom Reinhören sollte das aber gerade Freunde von technischerem Progressive Metal nicht abhalten.

Anspieltipps:
“Arrhythmic Distortions”, “Like You, Like Me”, “Scorched Earth” und “Genisis Part 1: The Celestial Architect”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Traumatized
02. Nothing Remains
03. Arrhythmic Distortions
04. Like You, Like Me
05. Scorched Earth
06. Genesis Part 1: The Celestial Architect
07. Genesis Part 2: Evolution Of Man
08. Genesis Part 3: The Human Equation
09. Genesis Part 4: End Of Entropy

Jannis

PAIN OF SALVATION – The Perfect Element, Pt. I (Anniversary Mix 2020)

Band: Pain of Salvation
Album: The Perfect Element, Pt. I (Anniversary Mix 2020)
Spielzeit: 76:22 min / 30:58 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Century Media
Veröffentlichung: 20.11.2020
Homepage: www.painofsalvation.com

Im langen Schaffen der schwedischen Prog-Metal Institution PAIN OF SALVATION nimmt das 3. Album „The Perfect Element, Pt. I“ einen besonderen Stellenwert ein. Und wie das ähnlich wichtige Album „Remedy Lane“ wurde dem Band Klassiker nun zum 20ten Jubiläum eine Frischzellenkur in Form eines Remixes spendiert. Auf das Album an sich brauchen wir hier nicht lange eingehen – die Mischung aus eindringlichen und gleichermaßen epischen wie hart rockenden Prog Kolossen ist auch 20 Jahre nach Ihrer Veröffentlichung ein Meilenstein in der Diskographie der Band und dürfte dem eingeweihten Fan durch und durch bekannt sein.

Daher interessiert den Kaufinteressenten wohl eher die Frage, ob die vorliegenden Neu/Jubiläumsausgabe genug Mehrwert bietet um sich das Ganze (nochmals) in die Vitrine zu stellen. Nach mehrmaligem Durchhören muss ich dazu wohl sagen – jein. Zwar wurde das Album an sich um einen zusätzlichen Track ergänzt (ein „Epilogue“ der das Gehörte atmosphärisch abschmeckt ) und oben drauf gibt es noch eine Handvoll gute Live bzw. Bonus Tracks zu hören. Der eigentliche Kaufanreiz dürfte aber der Remix sein. Und hier finde ich persönlich, dass dieser das Album nur unwesentlich aufwertet – denn einen schon im original mehr als ordentlichen Mix kann man auch nur begrenzt verbessern (hier in Nuancen, die gewisse vorher ungehörte Details herausschälen, das Gesamtbild etwas kompakter, aber nicht unbedingt besser machen). Eine audiophile Offenbarung ist das Album durch den Remix nicht geworden. Nun ja, ich kann verstehen, dass die Band nochmals Hand anlegen wollte – das liegt wohl in der Natur der Sache. Aber nötig war das nicht unbedingt.

Das als 2CD Digipak, digitales Album sowie Gatefold 2LP Vinyl erhältliche Paket ist natürlich auch in der vorliegenden Variante ein absolutes Sahnestück, und wer das Album noch nicht besitzt macht natürlich absolut nichts falsch wenn er zu der Neuauflage, anstatt zu der original Version greift. Wer das Teil berets im Schrank hat, sollte sich aber ein paar Hörproben anhören um abzuschätzen, ob der neue Klang und die Bonustracks das Geld wert sind. Gutes Re-Release, aber nicht spektakulär.

WERTUNG: (keine Wertung)

Trackliste:

01. Used
02. In the Flesh
03. Ashes
04. Morning on Earth
05. Idioglossia
06. Her Voices
07. Dedication
08. King of Loss
09. Reconciliation
10. Song for the Innocent
11. Falling
12. The Perfect Elemen
13. Epilogue (Bonus Track)

Bonus CD:

01. Used (Live 2018)
02. Ashes (Live 2017)
03. Falling (Live 2018)
04. The Perfect Element (Live 2018)
05. Her Voices (and only that)
06. Absolute Kromata
07. Ashes [your language here]

Mario

FOREIGN – The Symphony Of The Wandering Jew Part II

Band: Foreign
Album: The Symphony Of The Wandering Jew Part II
Spielzeit: 72:52 min
Stilrichtung: Progressive-Rock/Metal-Oper
Plattenfirma: Pride & Joy Music
Veröffentlichung: 04.12.2020
Homepage: www.facebook.com/foreignrockoperafrance

Es ist menschlich schon nachvollziehbar: Da schleppst du dich mit deinem Kreuz den Berg zu deiner eigenen Hinrichtung hoch, fragst irgendwen am Straßenrand nach was zu trinken und kriegst leider nichts. Verhältnismäßigkeit hin oder her: Auch als Jesus verliert man in so einer Situation manchmal die Nerven und belegt den verdammten Wasser-Verweigerer dann eben mit einem Unsterblichkeitsfluch. Zweitausend Jahre später erzählt der arme Kerl seine Geschichte dann Ivan Jaquin und der denkt sich “Kann man eigentlich ganz gut in einer Rockoper verarbeiten”. Das wurde 2014 dann realisiert und 2020 geht die Geschichte weiter, überbracht von einer illustren Truppe: Leo Margarit (PAIN OF SALVATION) an den Drums, Mike LePond (SYMPHONY X) am Bass, Zak Stevens (SAVATAGE, TSO), Andy Kuntz (VANDEN PLAS), Tom Englund (EVERGREY) und Amanda Lehmann (STEVE HACKETT BAND) am Mic. Dazu ein Chor und weitere Musiker mit teils eher ungewöhnlichen Instrumenten, Keyboards, eine Produktion von Markus Teske (VANDEN PLAS, MOB RULES) und wir sind uns einig, dass wir über die interpretatorische und klangliche Qualität keine weiteren Worte mehr verlieren müssen. Daher schnell zur Musik:
“The Symphony Of The Wandering Jew Part II” ist über weite Teile eine gelungene Mischung aus Progressive Rock, Progressive Metal und Symphonic Metal. Die symphonischen Elemente sind dabei verhältnismäßig unbombastisch, was der Geschichte des Konzeptalbums aber durchaus zugute kommt, da die Musik somit (abseits der Metalkomponente) näher an der Realität des Albums liegt und es nicht zu einer Hollywooderzählung der besagten Story verkommen lässt. Die Orchesterinstrumente klingen gut, leiden nur selten unter fehlendem Hall. Und sie sind durchaus präsent, zusammen mit den anderen Metal-fremden Instrumenten. Tatsächlich schafft man es ab Track 3, dem “Bard’s Song”igen “Mariner Of All Seas”, dem Hörer über 13 Minuten ohne eine E-Gitarre, Drumset und Bass zuzumuten oder zu gewähren, das ist Ansichtssache. Musikalisch ist dies durchaus dem Storytelling zuzuschreiben, das eben nicht nur auf textlicher Ebene geschieht. Die Platte vollzieht einen Wandel, von nah-östlichen Klängen hin zu westlich-progressiverem Stil, was einen Einzug von Synthesizern und eine durchaus offensive Änderung des Stils ab “Mysteries To Come” bedeutet. In seiner Erzählweise und somit auch in seiner besten Hörweise erinnert “TSOTWJPII” an die neusten ELOY-Veröffentlichungen, auch wenn es musikalisch natürlich in eine andere Richtung geht: Das Album versucht nicht, Ohrwürmer zu produzieren, obgleich es absolut melodieorientiert ist. Als selbsternannte Rock/Metal-Oper muss es das aber auch nicht unbedingt, beschränkt sich doch auch bei normalen Opern der Ohrwurmanteil generell auf einen kleineren Teil des Gesamtwerks (außer natürlich “Carmen”). Stattdessen fließt das Ding über mehr als 70 Minuten seelen- und ohrenschmeichelnd über den entspannten Hörer hinweg, mit vertretbaren Kitschmomenten aber auch einer erstaunlichen Kurzweiligkeit, die durch vielseitige und auch in Bezug auf das Gesamte zuende gedachte Kompositionen und starke Leistung der Instrumental- und Gesangsfraktion zustande kommt. An dieser Stelle muss ich allen, die Schilderung der Erlebnisse des Wanderjuden interessant finden, übrigens den Film “The Man From Earth” empfehlen, der thematisch in eine nicht unähnliche Richtung geht und sehr großartig ist.

Fazit:
Anspieltipps lassen wir mal weg. Wer “TSOTWJPII” eine Chance geben sollte (und das sollte jeder, der Orchester, Einsatz von Instrumenten unterschiedlicher Kulturkreise, natürlichen Sound und schön geschriebene Konzeptalben mag – präsentiert von einer ziemlichen Supergroup), beginnt am Anfang und schaut, ob es zündet. Und vermutlich tut es das, denn der Release ist ziemlich genau das Richtige, um sich in dieser kalten Scheißzeit ein bisschen Wärme ins Herz spielen zu lassen.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Yerushalim
02. Rise 1187
03. Mariner Of All Seas
04. Holy Lands
05. Eternity Part III
06. Running Time
07. The Fountain
08. Mysteries To Come
09. Secrets Of Art
10. Symphonic Caress
11. Eternity Part IV
12. Revolutions
13. Witness Of Changes

Jannis

DREAM THEATER – Distant Memories – Live In London

Band: Dream Theater
Album: Distant Memories – Live In London
Spielzeit: 149:50 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Inside/Out Music
Veröffentlichung: 27.11.2020
Homepage: http://dreamtheater.net

Ziemlich genau 20 Jahre nach Veröffentlichung ihres Magnum Opus „Metropolis Pt. 2: Scenes from a Memory“ haben DREAM THEATER einen der Auftritte ihrer „The Distance Over Time Tour: Celebrating 20 Years of Scenes From a Memory“ (im Zuge derer die Jungs Abends für Abend das Album in voller Länge aufgeführt haben) im Londoner Eventim Apollo Theater mitgeschnitten.  Als Fan mag man sich nun natürlich wundern warum das denn Not tut, immerhin gab es mit der 2000er 3fach Scheibe „Live Scenes from New York“ bereits eine ziemlich ähnlich gelagerte Veröffentlichung zu bestaunen. Nun, nach mehrfacher Einfuhr der vorliegenden Platte kann ich zu Protokoll geben, dass es in der Tat ein paar handfeste Argumente für eine neuerliche Auflage des Experiments gibt.

Wie schon bei besagter Live Scheibe aus dem Jahr 2000 werden die Songs der „Scenes from a Memory“ Platte von diversen Highlights der Schaffensphase der Band flankiert: Neben 4 Songs der letzten, starken Scheibe „Distance over Time“, sind noch das blitzsauber vorgetragene „A Nightmare to Remember“ sowie der „Systematic Chaos“ Kracher „In the Presence of Enemies – Part 1“ zu bestaunen. Sowohl beim Bühnenbild als auch vom Klang ist eine gewisse unterkühlte Atmosphäre auszumachen, was natürlich auch daran liegt, dass DREAM THEATER ihren Stiefel, nicht zuletzt dank des Drumstils von Mike Mangini, so steril clean runterzocken, dass man sich schon ab und an verwundert die Augen reiben muss ob das alles so sein kann. Was weiterhin auffällt (neben der Tatsche, dass James Labrie, der seinen Job tadellos erledigt, mittlerweile ausschaut wie der kleine Bruder von Dani Filth): die Jungs greifen in Ihrem Bestreben dem Publikum ein so perfekt wie mögliches Erlebnis zu spendieren wohl auch gehörig in die Trick-Kiste um die Backingvocals zu unterstützen. Das ist jedenfalls nie und nimmer der gute Herr Petrucci, der die tadellos sitzenden Chöre beisteuert. Aber, ganz ehrlich, das ist mir dann doch tausendmal lieber als die üblichen, hemdsärmeligen Stimmbeiträge von Petrucci und Portnoy aus der Vergangenheit (man höre sich als Vergleich die gruseligen Backings auf der Live-Scheibe „Live Scenes from New York“ an). Das war noch nie die Stärke der Band und sei ihnen erziehen. Kernstück der vorliegenden Live-Dokumentation ist natürlich die Aufführung des „Scenes from a Memory“-Konzeptalbums, und hier liefern DREAM THEATER erwartungsgemäß fehlerlos ab. Es ist auch nach all den vielen Jahren, die die Truppe nun schon im Geschäft ist, unfassbar wie traumwandlerisch selbst die abstrusesten Kapriolen mit einem Lächeln vorgetragen werden. Und da es auf diesem Studio-Meilenstein wirklich keine langweilige Minute, keine überflüssige Note zu finden gibt und jeder einzenen Song ein Juwel im an Highlights nicht gerade armen Kanon der Prog-Metal Pioniere ist, kann bei einer Live-Auffühung dieser Jahrhundertscheibe natürlich nichts schiefgehen. Inhaltlich und vom musikalischen Vortrag ist das hier zu bestaunende Konzert also (erwartungsgemäß) allererste Sahne.

Ob man also eine zweite Live-Version des „Scenes from a Memory“ Spektakels benötigt, muss natürlich jeder für sich selber entscheiden. Der Die-hard DREAM THEATER Fan hat das Teil wahrscheinlich eh schon vorbestellt und alle diejenigen, die die 2000er Version noch nicht ihr Eigen nennen, sollen zumindest mal ein Ohr riskieren. Mir persönlich gefällt das Videomaterial ausgesprochen gut (schön ruhiger Schnitt, spärliches, aber stimmungsvolles Bühnenbild), der fantastische Soundmix lässt unterm Kopfhörer echtes, räumliches Konzertsaal-Feeling aufkommen (und unterscheidet sich diametral von dem rumpeligen Kevin Shirley Mix vergangener Tage) und die musikalische Darbietung, auch wenn sie weniger charmant ist, insgesamt noch einen Tacken besser als die 20 Jahre alte Fassung. So gibt es unterm Strich also genügend grundlegende Unterschiede zu „Live Scenes from New York“ um (das in jeder erdenklichen Fassung erhältliche) „Distant Memories – Live In London“ dringend zum persönlichen Antesten zu empfehlen. Starkes Rundum-Glücklich Paket für jeden DREAM THEATER Fan also und das Passende für den Weihnachtsbaum.

WERTUNG: (keine Wertung)

Trackliste:

CD1:

01. Untethered Angel
02. A Nightmare to Remember
03. Fall Into the Light
04. Barstool Warrior
05. In the Presence of Enemies – Part
06. Pale Blue Dot

CD2:

01. Scenes Live Intro
02. Scene One: Regression
03. Scene Two: I. Overture 1928
04. Scene Two: II. Strange Déjà Vu
05. Scene Three: I. Through My Words
06. Scene Three: II. Fatal Tragedy
07. Scene Four: Beyond This Life
08. Scene Five: Through Her Eyes

CD3:

01. Scene Six: Home
02. Scene Seven: I. The Dance of Eternity
03. Scene Seven: II. One Last Time
04. Scene Eight: The Spirit Carries On
05. Scene Nine: Finally Free
06. At Wit’s End
07. Paralyzed (Bonus Track)

DVD1/BluRay1:

01. Atlas (Intro)
02. Untethered Angel
03. A Nightmare to Remember
04. Fall Into the Light
05. Barstool Warrior
06. In the Presence of Enemies – Part 1
07. Pale Blue Dot

DVD2/BluRay2:

01. Scenes Live Intro
02. Scene One: Regression
03. Scene Two: I. Overture 1928
04. Scene Two: II. Strange Déjà Vu
05. Scene Three: I. Through My Words
06. Scene Three: II. Fatal Tragedy
07. Scene Four: Beyond This Life
08. Scene Five: Through Her Eyes
09. Scene Six: Home
10. Scene Seven: I. The Dance of Eternity
11. Scene Seven: II. One Last Time
12. Scene Eight: The Spirit Carries
13. Scene Nine: Finally Free
14. At Wit’s End
15. Paralyzed (Bonus Track)
16. Behind The Scenes

Mario

AWAKEN – Out of the Shadows

Band: Awaken
Album: Out of the Shadows
Spielzeit: 90:04 min
Stilrichtung: Melodic/Progressive Metal
Plattenfirma: Pure Steel Records
Veröffentlichung: 27.11.2020
Homepage: www.officialawaken.com

Pure Steel Records beweisen mal wieder ihr feines Näschen für aufstrebende Underground Bands! Dieser Tage erscheint das zweite Album „Out of the Shadows“ der Amerikaner AWAKEN. Bzw. es wird wiederveröffentlicht, da sowohl das zweite als auch das Debütalbum nur in Eigenregie veröffentlicht wurde und somit nicht die breite Masse in den Genuss der Scheibe kommen konnte.
Dies holt man jetzt nach und bringt das Doppelalbum nun offiziell auf den Markt.
Die Band die 2009 von Ex LAZARUS Sänger Glenn DaGrossa gegründet wurde hat sich dem melodischen Progressive Metal verschrieben der mit cinematischen und sinfonischen Elementen aufwarten kann.
Mit dem Opener „Black from Blue“ steigen wir in die Scheibe ein. Eine groovende Mischung aus Melodic und Progressive Metal so wie er besser nicht sein könnte!
Sänger Glenn ist wie früher natürlich über jeden Zweifel erhaben und auch ansonsten wird der Song trotz seiner Überlänge nicht langweilig.
Aber den Mut einen überlangen Song als Einstieg zu nutzen, der ist schon groß das muss man schon sagen, die Rechnung geht aber voll auf!
Den letzteren Satz kann man auch beim zweiten Song „Moment of Truth“ genau so stehen lassen. Auch hier mixen die Jungs gekonnt ihre Stile und erschaffen so einen Hit der Genreanhänger direkt begeistern wird!
Im Anschluss folgt dann das Cover des Christoper Cross Songs „Ride Like the Wind“. Wenn ein Cover in die Hitliste kommt muss es wahrlich gut sein, und ja das ist es! Dem alten Klassiker wird extrem neuer Wind (ha Wortspiel 🙂 ) und tolle Frische eingehaucht. Eine geile Neuinterpretation des Klassikers!
Mit „Drowning Pool“ hat man dann einen weiteren geilen Song im Gepäck der ebenfalls vor allem im Chorus schön eingängig ist.
Nach dem etwas belanglosen „Heart of Darkness“ kommt dann mit „Dachau be my Destiny“ ein überlanges, progressives und abwechslungsreiches Epos welches natürlich aufgrund des Themas und der Lyrics einen absolut mitnimmt und packt.
Damit wird CD1 abgeschlossen.
CD2 beginnt dann mit dem Titelstück „Out of my Shadows“ welches zu Recht diese Bezeichnung trägt und sich wunderbar in die bisherigen Hits einreiht.
Tja und leider muss ich sagen das die nachfolgenden Songs dann irgendwie von der Qualität her doch abfallen! Irgendwie ist die Luft raus und am ehesten an die bisherigen Hits kommt dann noch „The Spider Dream“ an.
Selbst die abschließende „Ninth Circle“ Triologie, wovon ein Stück ein überlanges Instrumental ist, kann irgendwie nicht komplett überzeugen.
Somit bleibt zum Abschluss der kompletten 90 Minuten Spielzeit irgendwie ein komisches, unvollkommenes Gefühl zurück.

Anspieltipps:

„Black from Blue“, „Moment of Truth“, „Ride Like the Wind“, „Dachau be my Destiny“ und „Out of my Shadows“.

Fazit :

Boah da machen es einen die Jungs von AWAKEN echt nicht leicht muss ich sagen! CD1 ist mega geil und ein Paradebeispiel für Melodic Progressive Metal geworden. Bei CD2 ist auf einmal komplett die Luft raus, so als ob man den Stecker gezogen hätte und man bewegt sich größtenteils eher im Standard Metalbereich.
Daher muss ich hier die Wertung mitteln und kommen daher insgesamt auf eine doch noch starke Leistung, das aber auch nur aufgrund der bärenstarken ersten CD die alleine gestanden 9 Punkte hätte!
Sorry Jungs, aber irgendwie wurde hier viel Potential verschenkt zumindestens auf CD2.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

CD1

01. Black from Blue
02. Moment of Truth
03. Ride Like the Wind
04. Drowning Pool
05. My Heart of Darkness
06. Dachau be my Destiny

CD2

01. Out of the Shadows
02. Only your Eyes to Weep
03. The Spider Dream
04. Twist of Fate
05. Nine Circles Part 1: Through the Gates
06. Nine Circles Part 2: The Dark Side of Sorrow
07. Nine Circles Part 3: City of Dis

Video “Out of the Shadows” Trailer:

Julian

FATES WARNING – Long Day Good Night

Band: Fates Warning
Album: Long Day Good Night
Spielzeit: 72:23 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Metal Blade/Sony
Veröffentlichung: 06.11.2020
Homepage: www.fateswarning.com

Geschlagene 4 Jahre hat es gedauert, bis FATES WARNING ihrem überragenden Album „Theories of Flight“ einen Nachfolger an die Seite gestellt haben. Und wenn man Interviews zur neuen Veröffentlichung glauben darf, dann war es lange fraglich ob es überhaupt eine weitere Scheibe der Truppe um Mastermind Jim Matheos geben würde. Für „Long Day Good Night“ haben FATES WARNING nun nochmals das Label gewechselt (von Inside/Out zu Metal Blade) und den Mix sowie das Mastering nicht mehr in die Hände von Jens Bogren (der für den Sound der vergangenen beiden Alben zuständig war) gelegt, sondern Joe Barresi (u.a. Avenged Sevenfold, Bad Religion, Tool) mit dem Mix betraut. „Long Day Good Night“ klingt gut, keine Frage. Aber ebenso wie der Inhalt, kommt auch das Soundgewand nicht an die ausgeklügelte, detailverliebte Perfektion des Vorgängers heran.

Es klingt wohl schon durch – so ganz happy bin ich mit der neuen Langrille der Jungs nicht. Bei einer Laufzeit von über 72 Minuten werden dem Hörer 13 Songs auf die Ohren gegeben, was de facto die bisher längste Platte von FATES WARNING ergibt. Was aber leider nicht bedeutet, dass die Masse auch durchweg nur Klasse bietet. Es finden sich (vor allem im letzten Teil des Albums) mit „Liar“, „Begin Again“ oder dem unspektakulären (vom Songtitel mal abgesehen) „The Last Song“ auffallend viele Füller auf der Scheibe, deren Wegfallen keinem weh getan hätten. Dem gegenüber stehen natürlich auch diesmal einige hochkarätige Kracher, wie z.B. das Ohrwurmige „Shuttered World“, der vorab veröffentlichte Song „Now Comes the Rain“ und das ausufernde, herrlich verschachtelte „The Longest Shadow of the Day“, dei dem FATES WARNING alle Register Ihres Könnens ziehen. Leider spielen die Jungs nicht durchweg wie gewohnt souverän auf, so dass sich selbst nach mehrmaligem Durchhören eine gewisse Ernüchterung nicht verflüchtigt.

Auch ich kann das allgemeine Echo auf „Long Day Good Night“ also nur bestätigen: schön, dass die Jungs sich nochmal zusammengerauft haben um ihrer Diskographie eine weitere Perle hinzuzufügen. Aber das geniale Niveau von „Theories of Flight“ (oder auch anderen Klassikern des eigenen Kanons) erreichen FATES WARNING diesmal nur selten. Zu zwingend perfekt war der Vorgänger, zu überfrachtet der neue Brocken – ein wenig mehr Selbstdisziplin und Rotstift hätten der Scheibe durchaus gut getan. Nichtsdestotrotz ist auch „Long Day Good Night“ ein streckenweise wieder beeindruckendes Werk, das, sollte es sich denn tatsächlich um den Schwanengesang der Jungs handeln, die Fangemeinde wohl mit einem lachenden und einem weinenden Auge entlässt.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. The Destination Onward
02. Shuttered World
03. Alone We Walk
04. Now Comes the Rain
05. The Way Home
06. Under the Sun
07. Scars
08. Begin Again
09. When Snow Falls
10. Liar
11. Glass Houses
12. The Longest Shadow of the Day
13. The Last Song

Mario

WOLVERINE – A Darkened Sun

Band: Wolverine
Album: A Darkened Sun
Spielzeit: 27:57 min
Stilrichtung: Progressive Rock/Progressive Metal
Plattenfirma: Eigenveröffentlichung
Veröffentlichung: 31.10.2020
Homepage: www.wolverine-overdose.com

WOLVERINE haben spätestens seit ihrem überragenden “Cold Light Of Monday”-Album einen besonderen Platz in meinem Herzen. Progressive Rock, Progressive Metal, irgendwo dazwischen ist die für das Genre sehr unfrickelige, atmosphärische, meist melancholisch-intensive Musik der Schweden angesiedelt, mit außergewöhnlichem Wert auf Lyrics, Melodien und eigentlich alle Komponenten der Alben.
Diese Komponenten wurde beim neuen Album “A Darkened Sun” noch einmal um eine erweitert. Zwar ist das gute Stück gerade mal 28 Minuten lang, das Nörgeln vergeht allerdings akut, wenn man erfährt, dass es sich um ein audiovisuelles Album handelt, mit dazugehörigem in schwarz-weiß aufgenommenem/bearbeitetem Film und Story. Und Tatsache, auch diese Komponente ist mit wahnsinnig viel Liebe und Aufwand realisiert worden und ist mit der klanglichen Ebene absolut in Einklang. Die Sorge, ein solch ambitioniertes Projekt einer doch eher kleinen Band ohne große finanzielle Mittel könnte im schlimmsten Fall sogar peinlich ausfallen, erweist sich bei “A Darkened Sun” eh als unbegründet, doch mehr noch: Optik, Stilistik, Schnitt, Umsetzung der Handlung – Bassist Thomas Jansson hat hier im Alleingang hervorragende, unter die Haut gehende Arbeit geleistet und die nicht ganz neue Thematik des in der Masse der Gesellschaft untergehenden und „verarbeiteten“ Individuums mit viel Kreativität und Ernsthaftigkeit, starker Bildsprache, toller Kameraarbeit und nicht zuletzt einer ernstzunehmenden Hauptdarstellerin umgesetzt. Nicht wirklich mit Budget, versteht sich, aber effektiv ohne Ende und absolut professionell.
Musikalisch geht es mit recht elektronisch anmutendem Basssound auf leicht stolperndem Midtempo los, als Intro zu “Chapter 1 – Phoenix Slain”, das wunderschön leicht, unheavy beginnt und bereits andeutet, dass “A Darkened Sun” das Gegenteil von einem Partyalbum wird. Ja, solche Strophen können WOLVERINE, genau wie die dicht-intensiv-verzweifelten Parts, von denen einer besagter Strophe als Chorus folgt. Ein elektronischerer düsterer Part dabei, alles auf hoher Qualität und bestens abgestimmt auf die tolle visuelle Ebene. Poah. Schon zum ersten Track hat man sich offensichtlich mehr Gedanken gemacht, als andere Bands zu ihrem kompletten Album. Und vom treibenderen Part des Tracks habe ich noch gar nicht geredet. Machen wir es an dieser Stelle kurz und spoilerfrei: Es bleibt so geil. Mit Erste-Sahne-Komposition und -Umsetzung, mitreißend, mal hypnotisch, mal aufwühlend, visuell mal offensiver erzählend, häufiger höchst (und höchst gelungen) stilisiert, musikalisch höchst emotional und erwachsen. Düster ab und an, mit kleinen Schimmern von Hoffnung, tollem Songwriting, starker Bandleistung und großartigen Vocals. Keine Kritik.

Fazit:
WOLVERINE schaffen es wie nur wenige andere Bands, mit ihrer Musik Emotionen, Stimmungen zu vermitteln, bereit, dafür eine heftige Menge an Arbeit zu investieren. Und sie haben das dank Thomas Jansson, dem Mann für’s Visuelle und die tiefen Töne, auf die nächste Ebene gehoben. Ernsthaft, nehmt Euch die halbe Stunde, wenn Ihr mitreißende Musik liebt, die noch wirklich etwas zu transportieren vermag (geht sogar offiziell gratis). Das konnten WOLVERINE seit jeher, das können sie auf “A Darkened Sun”, und mit der visuellen Komponente wird der Release ein einmaliges Gesamtkunstwerk. Volle Punktzahl, ohne Frage.

 

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Chapter 1 – Phoenix Slain
02. Chapter 2 – The Breach
03. Chapter 3 – Dead As The Moon
04. Chapter 4 – Hibernator

Das komplette audio-visuelle Album steht auf www.wolverine-overdose.com kostenlos (gegen eine freiwillige und berechtigte Spende) zur Verfügung.

Jannis

TERAMAZE – I Wonder

Band: Teramaze
Album: I Wonder
Spielzeit: 69:10 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Wells Music
Veröffentlichung:
Homepage: www.teramaze.com.au

„I Wonder“ ist das 7. Full-Length Album der australischen Prog Metal Band TERAMAZE, und das 3. das mir zur Besprechung vorliegt. Den direkten Vorgänger aus dem letzten Jahr („Are We Soldiers“) habe ich mir leider bisher noch nicht anhören können, aber die beiden von mir besprochenen Alben (siehe hier und hier) haben einen jeweils ziemlich guten Eindruck hinterlassen. Leider ist die Truppe, die im Kern eigentlich nur von Gitarrist, Songschreiber und Produzent/Mixer Dean Wells zusammengehalten wird, über die Jahre immer wieder von einschneidenden Besetzungswechseln gebeutelt worden. So hat Wells nun auf „I Wonder“ kurzerhand auch noch den Gesang übernommen und veröffentlicht das Ganze dann zum guten Schluß auch noch über sein eigenes Label. Das nenn´ ich mal Konsequenz.

Bisher hat es mir bei den Jungs immer an eingängigen Hooklines gefehlt, ein Umstand der auf „I Wonder“ zwar immer noch nicht ganz ausgemerzt ist, aber was Wells und seine Mitstreiter anno 2020 vorlegen ist dennoch ihr bisher stimmigstes und ausgereiftestes Werk. Gleich vom Fleck weg plätten TERAMAZE mit dem tonnenschweren Doppelpack „Ocean Floor“ sowie „Only Daylight“ jegliche Zweifel daran weg, dass 1 Jahr seit dem letzten Output zu wenig Zeit sein könnte um qualitativ überzeugende Songs zu schreiben. Die Songs der neuen Platte haben eine dermassen hypnotische Aura, eine erhabene, epische Breite, dass man sich stundenlang darin verlieren kann. Zugegeben, das ist alles ziemlich glatt und die sehr poppige Stimme von Mastermind Dean Wells ist definitiv Geschmacksache die nicht jedem gefallen wird. Aber man wird nur schwerlich etwas ähnlich Starkes im fast abgelaufenen Jahr in diesem Bereich finden. Und mit „Sleeping Man“ gibt es ihn dann doch noch, den Ohrwurm zum hinknien, den einen Hit der den Jungs die Türen noch weiter öffnen kann. Ich warte zwar immer noch darauf, dass mich eine Prog Band so gnadenlos aus den Latschen haut wie es Dream Theater vor 28 Jahren mit „Images and Words“ und seitdem nur noch Opeth mit „Watershed“ geschafft haben. Aber wer solche geilen Tracks wie den Dream Theater meets Nickleback (ja, ich weiss, funktioniert aber dennoch ganz wunderprächtig) Brocken „Idle Hands / The Devil’s Workshop“ oder den bombastischen Rausschmeisser/Titeltrack „I Wonder“ auf die Kette bekommt, hat meine volle Aufmerksamkeit sowie Lobhudelei verdient.

Neben Haken´s „Virus“ ist „I Wonder“ für mich das absolute Highlight 2020 im Prog Metal Bereich und die oben genannten Songs seien jedem Interessierten Fan des Genres wärmstens ans Herz gelegt. Mit „I Wonder“ mischen TERAMAZE nun endgültig in der oberen Liga mit und das Album wird womöglich nicht nur bei mir einen der vorderen Plätze im 2020 Jahrespoll belegen. Saugudde Scheibe und eine glasklare Empfehlung!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Ocean Floor
02. Only Daylight
03. Lake 401
04. A Deep State of Awake
05. Here To Watch You
06. Sleeping Man
07. Idle Hands / The Devil’s Workshop
08. Run
09. This Is Not A Drill
10. I Wonder

Mario

DGM – Tragic Separation

Band: DGM
Album: Tragic Separation
Spielzeit: 56:47 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Frontiers Records
Veröffentlichung: 09.10.2020
Homepage: www.dgmsite.com

Auf das Frontiers Label ist ebenso Verlass wie auf die meisten der Haus und Hof-Bands des Labels. Da weiss man immer, was man in regelmässigen Abständen serviert bekommt. So ist es natürlich auch auf dem mittlerweile 10ten Studioalbum der italienischen Prog Metal Veteranen DGM, deren “Tragic Separation” nun vorliegt und nahtlos an das 4 Jahre alte “The Passage” (2016) anknüpft. Damals habe ich eine fette Wertung abgegeben und die Jungs an der Speerspitze des Genres verortet. Schauen wir mal, was sich seitdem getan hat.

Wie im Promotext abgehakt, sind auch auf der neuen Platte alle bekannten (und erwarteten) Trademarks der Band vorhanden: große Refrans (check), aberwitzige, technische Kapriolen (check), hi-speed Gtarrengefrikkel (check), überlebensgroße Gesangsmedien (check). Das will der Fan hören und genau das liefern DGM auch anno 2020 wie verlässlich ab. Im Mittelpunkt hierbei, wie immer, Gitarrist Simone Mularoni, der gewohnt beeindruckende Licks und Riffs abfeuert, und Sänger Marco Basile, der das gesamte Spektrum an Tonhöhen und Emotionen abdeckt. Weiterhin sind DGM in der Schnittmenge von Symphony X, Threshold und Dream Theater unterwegs und mischen dem Ganzen AOR und Meldic Rock Elemente bei. Aber machen wir uns nichts vor – „progressiv“ ist an dem Gebotenen so gut wie nichts, die Genre-Bezeichnung daher nur bei gutem Willen als grobe Orientierungshilfe zu verstehen. (Musikalische) Grenzen loten die Jungs keine aus, es sei denn das ein oder andere Gescheindigkeitslimit in den Gitarrensoli. Als Anspieltipps dieser hochwertigen, aber auch relativ vorhersehbaren Scheibe sollen dem Fan mal der knallige Opener „Flesh And Blood“, das mit einer geilen Hookline ausgestattete „Hope“ sowie der formidable Titelrack genannt werden. Leider ist der Genuss der Scheibe aufgrund der doch sehr offensiv knallenden Breitwandproduktion relativ schnell ermüdend, was durch die mitunter etwas hektischen Arrangements noch verstärkt wird. Man sollte also genügend Zeit mitbringen um das Album zur Gänze genießen zu können.

Ich kann nicht behaupten, diesmal restlos begeistert zu sein. Vielleicht bin ich auch einfach nur durch ähnliche Produkt(e)ionen mittlerweile abgestumpft? Nur weil die Jungs ihre Instrumente perfekt beherrschen, die Produktion glasklar und druckvoll ist und das Songwriting sämtliche Genre-Normen erfüllt, gibt es nicht automatisch eine volle Punktzahl. Fans, die von der Band eh nicht genug bekommen können, packen noch 2 Punkte auf die Wertung oben drauf. Alle anderen sollten erstmal ein Ohr riskieren. Fürs nächste Mal würde ich mir etwas mehr Mut zur Abwechslung und Entschleunigung wünschen (wie das geht zeigen uns Teramaze mit ihrem neuen Albem – mehr dazu hier in Kürze).

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Flesh And Blood
02. Surrender
03. Fate
04. Hope
05. Tragic Separation
06. Stranded
07. Land Of Sorrow
08. Silence
09. Turn Back Time
10. Curtain

Mario