AVATAR – Dance Devil Dance

Trackliste:

01. Dance Devil Dance
02. Chimp Mosh Pit
03. Valley Of Disease
04. On The Beach
05. Do You Feel In Control
06. Gotta Wanna Riot
07. The Dirt I’m Buried In
08. Clouds Dipped In Chrome
09. Hazmat Suit
10. Train
11. Violence No Matter What

Spielzeit: 41:18 min – Genre: Melodic Death Metal – Label: Black Waltz Records – VÖ: 17.02.2023 – Page: www.avatarmetal.com

 

Der zweite Teil von Avatar kommt raus, beschert uns für hunderte Millionen Euro und 15 Euro für einmal anschauen drei langatmige Stunden glattgelutschte blaue Leute und macht damit Milliarden. „Dance Devil Dance“ von AVATAR kommt raus, beschert uns für ein paar tausend Euro und drei Spotify-Werbeunterbrechungen für einmal durchhören 40 kurzweilige Minuten rohen Metal plus X und macht damit hoffentlich zumindest so viel Geld, dass die Verantwortlichen davon leben können. Weiß man ja nie.
Nun, wo die Prioritäten beim geneigten Metalfan liegen sollten, ist klar. AVATAR sehen auch besser aus, und wesentlich weniger blau. Und sie steigen in ihr achtes Studioalbum seit 2007 mit „Dance Devil Dance“ souverän livetauglich ein, mit ihrem Stil irgendwo zwischen Melodic Death Metal und ROB ZOMBIE (mehr von erstem, weniger von zweitem, nicht komplett akkurat, aber besser kann ich es nicht ausdrücken), der, wie Kenner bereits erwarten, dann doch ein bisschen mehr zu bieten hat, als das hiermit Beschriebene. Tatsächlich bleiben AVATAR aber bei den beiden ersten Tracks in Sachen Unvorhersehbarkeit etwas hinter dem Berg. Man muss ja das kraftvoll und roh produzierte Terrain erstmal ebnen, bevor man sein düsteres Zirkuszelt darauf aufbaut, und legt mit „Chimp Mosh Pit“ ein biestiges Riff-Fundament. Dann „Valley Of Disease“ mit unerwarteten minimalistischen elektronischen Parts und ansonsten hohem Härtefaktor, und dann kommt „On The Beach“, und wer sich fragt, inwiefern der Titel nun zu Melodic Death Metal passt: Ihr seid da etwas auf der Spur.
Ich will an dieser Stelle eigentlich gar nicht spoilern. Ordentlich druckvoller Metal mit mächtig Groove, roh, mit klarem und unklarem Gesang und besagten leichten ROB-Anleihen – das ist das Grundgerüst der Musik von AVATAR, aber wie gerne verlassen die Schweden die Genrepfade, wenden sich anderen Stilen zu und spielen zeitweise mit dem absurden Unerwarteten. Dabei geht es jedoch nie darum, auf Teufel komm raus Willkür-Elemente umzusetzen. Man kann und sollte „Dance Devil Dance“ auf jeden Fall ernstnehmen, und nicht jeder Song bekommt den AVATARschen „Twist“, wenn er ihn nicht braucht – oder eben abgeschwächt in Form unkonventioneller Arrangements (z.B. die langsam schrubbende Eingangsgitarre vor Blastbeats bei „Clouds Dipped In Chrome“), außerordentlich mieser Riffarbeit oder einem plötzlichen kleinen Ausflug in skandinavische Black-Metal-Klangwelten. Das Verhältnis von einfach stark gemachtem hartem Metal (obwohl, nicht immer so hart…) und AVATAR-Eigenheiten hält „Dance Devil Dance“ über seine Spieldauer hinweg absolut unterhaltsam, ohne bemüht zu wirken – und ganz ohne Roland Emmerich (aber der hätte die Musikvideos zum Album auch nicht besser machen können).

Fazit:
Prädikat: Das ist doch nicht normal. Aber im guten Sinne. Und es funktioniert gerade deshalb so hervorragend, womöglich sogar dann, wenn man sich mit Melodic Death Metal sonst nicht so anfreunden kann, weil „Dance Devil Dance“ einfach doch einiges mehr ist als das. Und falls hier jemand „Bloody Angel“ von der Truppe noch nicht kennt – schnell nachholen!

Anspieltipps:
„On The Beach“, „Do You Feel In Control“, „Clouds Dipped In Chrome“ und „The Dirt I’m Buried In“

Jannis

EMOLECULE – The Architect

Trackliste:

01. eMolecule
02. The Architect
03. Prison Planet
04. Mastermind
05. Dosed
06. The Turn
07. Awaken
08. Beyond Belief
09. The Universal
10. My You
11. Moment Of Truth

Spielzeit: 69:54 min – Genre: Progressive Metal – Label: Century Media/InsideOutMusic – VÖ: 10.02.2023 – Page: www.facebook.com/emolecule_official

 

Optimismus für die Zukunft ist ja aus vielen unterschiedlichen Gründen momentan nicht unbedingt ein Trend. Lassen wir ihn an dieser Stelle einfach trotzdem mal zu: Ich glaube, 2023 wird ein hervorragendes Jahr für gute Musik, einfach weil die Alben, die ich im in diesem Jahr bislang rezensiert habe, im Schnitt verdammt gut waren – und weil EMOLECULEs „The Architect“ genau so weitermacht. Century Media, das Artwork, das kurze Anspielen eines Songs vor der Übernahme der Platte; all das war einerseits ein Grund zur Vorfreude, aber auch zur kleinen Sorge, dass hier Technik über Seele gestellt wird. Naja, sagen wir so, die Vocals bestätigen die Sorge minimal, sind sehr sauber aber weniger emotional. Aber hey, Herz steckt nichtsdestotrotz in „The Architect“.
Zuerst einmal zum Offensichtlichen. Was eine Produktion. Geil. Fett, glasklar, top, nix zu meckern. Das ist insbesondere wichtig, weil Programming/Sounddesign eine sehr wichtige Rolle beim Debutalbum des kanadischen Duos spielt. Elektronische Mittel werden großflächig eingesetzt und in all ihren Facetten ausgereizt, von diversen Synth-Sounds über Glitch-Effekte, E-Drums und Bass-Synths (natürlich nicht immer, aber eben da, wo es passt), Vocal-Effekts, Rises, die man normal eher aus Clubmusic kennt, etc. Alleine schon dadurch ist „The Architect“ ungeheuer detailreich und immer wieder überraschend. Kompositionstechnisch arbeitet man ebenfalls psychologisch smart, baut Songs nicht unbedingt konventionell auf, sondern macht sie zu einer unvorhersehbaren Erfahrung – soweit also irgendwie DEVIN-TOWNSENDisch mit weniger Peace & Love. Generell sind EMOLECULE in der ersten Hälfte des Albums weniger „radiotauglich“ unterwegs als in der zweiten, wo auch die ein oder andere poppige Melodie oder Halbballade stattfinden darf. Stark sind beide Hälften ganz ohne Frage. Und obgleich „The Architect“ sehr, sehr modern ausfällt (auf eine gute Weise), wird der Freund progressiven Rocks/Metals auch immer mal wieder eine kleine Rückbesinnung auf die Prog-Stile der letzten Jahrzehnte finden, bevor dann wieder irgendwas anderes Krasses passiert.
Kritik? Reduziert sich für mich persönlich auf den etwas nervigen Refrain des letzten Songs und darauf, dass einige Melodien ohne das ganze krank ausgearbeitete Drumrum doch unspektakulär ausfielen. Aber das ist, als würde ich einen leckeren Burger dafür kritisieren, dass er weniger lecker wäre, wenn ich ausschließlich die Brothälften essen würde.
Und natürlich: Hardliner mögen sich von den stilistischen Freiheiten, der großen Menge an Elektronik und den gleichzeitigen poppigen Ausflügen des Albums gestört fühlen („Das ist doch kein echter Metal“). Tja. Dann hört man’s halt nicht.

Fazit:
Sollte man aber, wenn man komplexe harte Musik mag, die ihren Selbstwert nicht aus „Du musst das mögen, weil Du nicht verstehst, was wir machen“ zieht, aus brutalem Programming einen dicken Unterhaltungsmehrwert rausholt, eine ganz eigene Atmosphäre entwickelt und bereit ist, Konventionen komplett hinter sich zu lassen. Und all das auf ganz hohem Niveau.

Anspieltipps:
„The Turn“, „Beyond Belief“, „The Universal“ und „eMolecule“

Jannis

VICTOR SMOLSKI – Guitar Force

Trackliste:

01. Guitar Force
02. Bought And Sold (Instrumental Version)
03. World Of Inspiration
04. Darkness
05. Self-Blinded Eyes (Instrumental Version)
06. Satisfied (Instrumental Version)
07. Chapter 3 (Concert For Violin & Oboe With Orchestra)
08. Bourree (Suite 2)
09. Menuet (Suite 2)
10. Unity

 

Spielzeit: 58:36 min – Genre: Progressive Metal (am ehesten) – Label: Massacre Records – VÖ: 03.02.2023 – Page: www.facebook.com/victorsmolskiofficial

 

Muss man hier noch irgendwem erklären, wer Victor Smolski ist? Vermutlich nicht. Wer den guten Mann nicht von RAGE oder ALMANAC kennt, der sollte doch zumindest vage darüber informiert sein, dass Victor ganz gut Gitarre spielen kann. Oder anders, dass er ein totaler Gott an der Gitarre ist. Außerdem ist er Rennfahrer, aber das nur so nebenbei. Victor hat außerdem ein hervorragendes Gespür für gute Kompositionen, dazu Kontakt zu einigen Orchestern und vielen Musikern, Audio-Produktionstalent und einige andere Instrumental-Skills.
Man führe all das zusammen – außer eben die Rennfahrer-Sache – und erhält mit ziemlicher Sicherheit gute Musik. Willkommen bei „Guitar Force“, einem sehr feuchten Traum für jeden Freund virtuosen Gitarrenspiels. Um das kurz einzuordnen: Drei der Songs auf der Platte werden ALMANAC-Fans bereits bekannt sein. Sie sind für „Guitar Force“ instrumental uminterpretiert worden und funktionieren in dieser Interpretation blendend. Einen Song, „Unity“, wird der interessierte RAGE-Fan bereits vom gleichnamigen Album der Band kennen und lieben (und einen kleinen Moment der Freude verspüren, wenn er merkt, dass der Bass nach RAGEs Trennung von Victor wieder von Peavy Wagner gespielt wird). Und Smolski-Ultras finden auf dem Album drei Songs vom „Majesty & Passion“-Album, Neuinterpretationen von Werken von Johann Sebastian Bach und ebenfalls sehr stark. Dazu gibt es zwei (wenn man den Ein-Minüter „Darkness“ dazurechnet, drei) neue Songs, die insgesamt aber auch locker auf knapp 27 Minuten Spieldauer kommen und in ihrer Qualität kein bisschen hinter dem Rest zurückbleiben.
So. Zu alldem kommt ein guter Sound. Man muss bei Soloalben von Gitarristen im schlimmsten Fall davon ausgehen, dass sie halt normale Songs komponieren und dann die Vocals durch Gitarre ersetzen. Das muss man bei Victor nicht. Der gute Herr komponiert seine Songs perfekt durch, hat einen sehr coolen individuellen Stil, bringt härtere technische Parts und melodiösere in ein top funktionierendes Wechselspiel, setzt das Orchester gewinnbringend ein und holt aus der Gitarre wirklich alles raus, was geht. „Guitar Force“ ist eines der Alben, denen man einfach vertrauen kann, dass sie alles richtig machen, dass der nächste Part auch geil wird und den aktuellen sinnvoll ablösen wird, und ist auf komische Weise ein hervorragendes progressives Lounge-Music-Album für Metaller.
Klar, der Kritikpunkt liegt auf der Hand. Über die Hälfte des Albums besteht aus irgendwie bereits bekanntem Material und bei „Unity“ und den Bach-Interpretationen ist bis auf die zeitgemäße Produktion nicht wirklich viel anders als bei den Originalen; ich kann wirklich nicht genau sagen, ob hier wirklich großartig Sachen neu aufgenommen oder nur neu produziert wurden.

Fazit:
Aber auch für Kenner von Smolskis verschiedenen Projekten gibt es im Mindesten (gerade bei den Bach-Stücken) verbesserte Produktion, eine knappe halbe Stunde geiles neues Material und coole ALMANAC-Versionen. Für alle, denen Victor bislang nicht auffiel, gibt es edel komponierte, charakterstarke Gitarren-Virtuosität, der man auch dann mal eine Chance geben sollte, wenn man instrumentalen Metal sonst eher meidet. Ist halt einfach krass gut.

Anspieltipps:
„Guitar Force“ und „World of Inspiration“, dazu „Chapter 3 (Concert For Violin & Oboe With Orchestra“

Jannis

MOONSCAPE – The Continuum Synergy

Trackliste:

01. Galileo’s Quest
02. Rude Awakening
03. A Rendezvous In Time
04. Elegy Of Lost Souls
05. If Heaven Knows My Name
06. A Visionary’s Fate
07. Beyond The Periphery

 

 

 

Spielzeit: 54:13 min – Genre: Progressive Metal – Label: Eigenveröffentlichung – VÖ: 20.01.2023 – Page: www.facebook.com/moonscapenorway

 

Keine Ahnung, ob die Bewertung akurat ist. „The Continuum Synergy“ des Quasi-Soloprojekts MOONSCAPE ist keines der Alben, bei denen man grobe Mankos und tolle Leistungen klar zusammenfassen kann, vielmehr gibt es viele kleinere Anlässe für Lob und Kritik. Daher erstmal allgemein: Hâvard Lunde aus Norwegen beweist auf seinem vierten Album viel Expertise, was Progressive Metal und Rock der neuen wie der alten Schule angeht. Nun hat er sich mit einer Riege von Gastsängern und -musikern zusammengetan und in Eigenproduktion ein Album mit ebendiesen Einflüssen gebastelt, das eine ambitionierte und große Science-Fiction-Story erzählt. Produktionstechnisch hätte man vor allem die Vocals noch etwas besser in die Musik integrieren können, sie liegen manchmal etwas darüber und sind in ihrer Tonlage auch mal ein wenig abseits der benötigten. Wie gesagt, etwas und ein wenig. Reicht das für Punktabzug? Weiß ich nicht. Dafür ist der mit echten Leuten aufgenommene Chor sehr gelungen. Aber man hat die Chance nicht genutzt, ihn dort als Backing Vocals einzusetzen, wo er echt sinnvoll gewesen wäre. Sehr gelungen und bereichernd, wenn er vorkommt, ist er trotzdem.
Angenehm hart ist die Platte auf jeden Fall, bringt einige miese Riffs und nicht zu wenig Geballer. Dann wiederum kommen darauf immer mal wieder Melodien, die bei einem solchen Album eigentlich etwas stärker hätten sein müssen. Einige sind aber auch entsprechend stark. Gut, dafür gibt es auch die viel zu klassisch power-metalligen Vibes in „Rude Awakening“, die echt deplatziert wirken. Aber wenn die dann von einem ruhigen Mittelteil beendet werden, folgt auf diesen wiederum genau der nächste Teil, der an der Stelle nötig und gut ist. Die langen Tracks (+10 Minuten) sind im Aufbau gelungen vielseitig. Eine sinnstiftende Struktur lässt sich in ihren ganz großen Kontext jederzeit finden (insofern, als dass zum Beispiel am Ende nochmal der Refrain kommt), ab und an aber nicht aber bei individuellen Entscheidungen, die gen „Hier sind fünf verschiedene Parts hintereinander, also ist es progressiv“ tendieren. Nicht immer, genug Gegenbeispiele vorhanden, bei denen ein neuer Part im Verhältnis zum alten richtig zündet.
Die Streicher klingen etwas künstlich. Die Bläser klingen absolut stabil.
Das ist nur ein Teil der Überlegungen zu „The Continuum Synergy“. Man merkt, viele Gedanken, viel Abwägen. Die schiere Vielzahl sowohl der lobenswerten als auch der zu kritisierenden Aspekte der Platte macht es schwer, die Summe der Teile zu betrachten.

Fazit:
Dann machen wir halt ein langes Fazit, atmen einmal tief durch und kommen klar. An sich ist „The Continuum Synergy“ ein gelungenes Prog-Album mit gesunder Härte, schönen ruhigen Parts, gutem Sounddesign, gutem Chor, okayer bis guter Produktion und einer dicken Menge an dahintersteckender Arbeit, wenn man bedenkt, dass das Ding quasi ein Soloprojekt ist. Bei der Produktion wäre ein zweites professionelles Paar Ohren noch wünschenswert gewesen, und die belangloseren Melodien hätte man, gerade in den längeren Tracks, noch ein bisschen runterkürzen können. Fans von progressivem melodischem Metal mit ein paar Oldschool- und Science-Fiction-Einflüssen sei geraten, sich mal selber ein Bild von der Sache zu machen, durch das Album zu skippen und hier und dort mal ein paar Minuten zu verweilen. Im Endeffekt liegt es an jedem Hörer selbst, als wie gravierend er die Macken von „The Continuum Synergy“ bewertet, wie sehr er die (echt nicht zu vernachlässigenden) geilen Aspekte des Albums feiert, und welche Endeinschätzung sich daraus ergibt. Grob und an die Progressive-Metal-Fans: Hört mal rein, hat Potenzial, gut zu gefallen – oder eben nicht. Mehr als zehn Minuten Zeit läuft man nicht Gefahr zu verlieren, und die sind die Chance auf eine gute Hörerfahrung doch allemal wert.

Anspieltipps:
„If Heaven Knows My Name“ (subjektiv bester Track des Albums) und „A Visionary’s Fate“

Jannis

STARQUAKE – At The Circus

Trackliste:

01. Welcome – Usher In (Noverture)
02. Introduction
03. Life’s A Circus
04. Clowns Don’t Cry
05. Nu Knots
06. Strings Attached
07. Life Without You
08. No Strings Attached
09. Platform (Flink Poit)
10. Train To Nowhere
11. War Is…
12. Never Really Over
13. Afterlife
14. All My Friends Are Dead
15. Prayer
16. Slow Down
17. Farewell – Usher Out (Underture)

Spielzeit: 57:19 min – Genre: Neo 70s Rock – Label: Eigenproduktion – VÖ: 27.01.2023 – Page: www.facebook.com/starquakerock

 

Der Anfang einer Rezension ist natürlich immer besonders wichtig und ich freu mich immer, wenn er so richtig sitzt. Dementsprechend hoch meine Motivation, die Kritik zu STARQUAKEs „At The Circus“ mit irgendwas nach dem Motto „Perfekter Albumtitel für diese Zeit“ zu beginnen. Dann habe ich das Albumcover erstmals gesehen und, nun ja, jemand ist mir zuvorgekommen. Nach längerem Lachen über die absolute „Scheiß drauf“-Entscheidung, aus seinem Plattencover (und dazu noch bei so einem Album) ein boomeriges Meme zu machen, möchte ich STARQUAKE für die Entscheidung schonmal uneingeschränkten Respekt aussprechen.
Denn hinter diesem Cover verbirgt sich nicht etwa irgendein offensiv politische Missstände anprangerndes simpel-angepisstes Rockalbum, wie man vielleicht annehmen könnte, sondern ein astreines Progrock-Konzeptalbum der alten Schule mit modernen Bestandteilen, das viel in den Siebzigern und Neunzigern stöbert und sich an den besten Progeigenschaften dieser Jahrzehnte bedient. Plus BEATLES, die erklärtermaßen eine der absoluten Lieblingsbands von Mikey sind, der einen dichten grauen Bart und wallende graue Haare hat und damit genau dem Bild entspricht, das man von Leuten hat, die so ein Album machen – dazu sogar noch quasi als Soloprojekt.
Jap, man hört „At The Circus“ Mikeys liebe zu Prog, Classic, Hard Rock und Heavy Metal an. Und gerade der ältere Prog, mit „klassischen“ Instrumenten wie Flöten, Streichern oder Klavier angereichert, um Hammondorgel, Mundharmonika, Rasseln, Handtrommeln und oldschoolige Keyboards ergänzt, mit über das Album wiederkehrenden Motiven, die am Ende allesamt nochmal in der wunderbaren „Underture“ zusammengeführt werden, hat es ihm offenbar angetan. Klar ersichtlich auch an der genretypischen Arbeit mit speziellen Dur-Wendungen, unkonventionelleren Taktarten, Effekten und ausdrucksstarken Gesangsstilen, die Mikey allesamt draufhat, und an den kurzen Intermezzi (Ein Track ist gerade einmal elf Sekunden lang).
Subjektiv ist das Hörvergnügen dort am Geringsten, wo STARQUAKE härter und straighter sein will. Das sind dann gute Songs, aber im Vergleich zum Kreativität nur so raussprühenden Rest eher lückenfüllerig. Aber wenn man das genau so sieht, skippt man die Tracks eben nach dem ersten Hören zukünftig, erfreut sich an der wunderschönen Ballade „Clowns Don’t Cry“, feiert bei „Introduction“, packt bei „Life Without You“ die Feuerzeuge aus, rätselt beim geil atmosphärischen „Platform (Flink Poit)“, von welcher Band das wohl inspiriert sein könnte, versinkt bei der „Underture“ in Nostalgie über die letzte knappe Stunde… Ihr wisst was ich meine. Ach ja, und die Produktion ist auch ziemlich geil, lässt lediglich bei mehreren Gesangsstimmen manchmal ein wenig den Überblick verlieren. Einiges an Experimenten leistet sie sich (mit Stereoeffekten etc.), nicht gaaaanz jedes will so recht funktionieren, ein Großteil aber schon.

Fazit:
Wenn STARQUAKE voll in 70s bis 90s Classic Prog Rock aufgehen, sind sie wirklich verdammt stark, abseits dessen (was aber recht selten ist) tendenziell etwas schwächer. Doch das Licht von „At The Circus“ ist so viel stärker und mehr als der Schatten, dass 8,5 bis 9 Punkte dennoch gerechtfertigt sind. All die Liebe, die in dem Ding steckt, all die Arbeit und die musikalische jahrzehntelange Inspiration, die hineingeflossen ist, haben für ein Resultat gesorgt, das der Zielgruppe das ein oder andere Tränchen ins Auge treiben wird. Nun, 8,5 oder 9? Letzter Blick auf’s Plattencover, auf diese herrliche Dualität von „Warum hat ihm das niemand ausgeredet?“ und „Gott sei Dank hat ihm das niemand ausgeredet!“ – okay, neun Punkte!

Anspieltipps:
Das ist ein Konzeptalbum mit songübergreifender Motivarbeit, Leute. Album starten und so genießen, wie der Herr es für gut befand!

Jannis

SILVER BULLET – Shadowfall

Trackliste:

01. Overture To Armageddon
02. Shadow Of A Curse
03. The Ones To Fall
04. Creatures Of The Night
05. Soul Reaver
06. …And Then Comes Oblivion
07. Nighthunter
08. Dusk Of Dawn
09. Falling Down
10. The Thirteen Nails

 

Spielzeit: 45:14 min – Genre: Melodic Metal – Label: Reaper Entertainment – VÖ: 20.01.2023 – Page: www.facebook.com/SilverBulletOfficial

 

SILVER BULLET – mir bekannt seit ihrem grandiosen letzten Album „Mooncult“, das auf ehrenwerte Weise Symphonic Power Metal nochmal die Härte verliehen hat, die das Genre so oft vermissen lässt. Nun sin’se wieder da mit „Shadowfall“ und ziehen ihr Erfolgskonzept nicht nur weiter durch, sondern professionalisieren es auch noch. Muss man ganz deutlich so sagen: Knallender Sound, eine echt gute Menge an Orchester und Chören, top gespielt, top gesungen und nach wie vor nicht zu sehr nach Power-Metal-Schema F komponiert. Im Gegenteil, man ist songwritingtechnisch ein bisschen moderner geworden und ist einfach hinsichtlich des Kompositionsstils nun etwas mehr Symphonic Modern Power Metal, ohne sich dabei in Modern-Klischees zu verlieren. Der gänsehautige Track, der noch am ehesten als Ballade durchginge, ist mit „…And then Comes Oblivion“ dabei. Der schnelle, erbarmungslose Track geht dem mit „Soul Reaver“ voran. Der 80es-Hard-Rock-inspirierte Stampfer fehlt dank „The Ones To Fall“ ebenso wenig, und dazu gibt es viel dazwischen, das Fans von nicht-zu-Modern Power Metal mehr als zufriedenstellen sollte. All das ist gefühlt etwas live-kompatibler als vormals gestaltet (und eine Deutschlandtour steht an, liebe Leute) und ermöglicht viele Ein-Wort-Fangesänge und Klatschparts, ohne stupide zu sein.
Das Orchester klingt dabei so, wie es soll (ja, ist aus der Dose, aber erzeugt doch sein bombastisches Kinotrailer-Feeling) und auch der Chor darf immer wieder mal mehr, als nur AAH oder OOH zu machen oder die Gesangsstimme zu imitieren. Für alle, die also bis hierhin angetan sind, ohne SILVER BULLET irgendwie zu kennen, sei hier schonmal eine warme Reinhörempfehlung zu Screen gebracht, wenn man denn mit dem soweit einzigen Kritikunkt klarkommt: Es gibt diese Technik von Orchester- und Chor-Hits, bei denen möglichst viele Orchester-Instrumente oder Chorstimmen einmal mit Wucht abgeschossen werden (BATTLE-BEAST-Hörer lieben diesen Trick). Die ist auf „Shadowfall“ etwas zu inflationär und wirkt durch ihren exzessiven Einsatz irgendwann unkreativ. Aber was Chor/Orchester-Kreativität angeht, gibt es hier sonst schon noch genug zu hören.
Für die SILVER-BULLET-Fans: „Mooncult“ überzeugte seinerzeit als atmosphärisches, konzeptuelles Hexenwerk. Derweil sagt der Promotext über „Shadowfall“, man sei dieses Mal an kein limitierendes Thema gebunden gewesen. Macht daraus, was Ihr wollt, ich würde mich freuen, beim nächsten Mal wieder ein Konzeptalbum von den Boys zu hören, denn die „Limitierung“ ermöglicht auch eine Erschaffung einer durchgängigen Atmosphäre, die mich bei „Mooncult“ gerade begeistert hat. Diese findet sich, zusammen mit SILVER BULLETs etwas naiverer, freierer, weniger kalkulierter Kompositionsweise insbesondere bei „Creatures Of The Night“ und „The Thirteen Nails“ wieder, die beide absolut edel sind, beim Rest jedoch weniger.

Fazit:
Ja, ich empfehle in diesem Fazit noch einmal „Mooncult“, weil es einfach top ist. Ich empfehle ebenso „Shadowfall“, denn wenn man beim einen Album Aspekte findet, die man gerne ein bisschen anders hätte, während man es ansonsten geil findet – dann besteht eine reelle Chance, dass man diese Aspekte auf dem jeweils anderen Album in den eigenen Wünschen entsprechender Form vorfindet!

Anspieltipps:
„Creatures Of The Night“, „The Thirteen Nails“, „Dusk Of Dawn“ und „Soul Reaver“

Jannis

NEPTUNIZE – Faltering Glamour (EP)

Trackliste:

01. All Is Vanity
02. Digital Jester
03. Gone Daft
04. Roamer In The Night
05. Fly Now Black Bird

 

 

 

 

Spielzeit: 22:42 min – Genre: Progressive Psychedelic Rock – Label: Eigenveröffentlichung – VÖ: 17.11.2022 – Page: www.instagram.com/neptunize

 

Draußen ist es kalt, draußen ist es dunkel, die Weihnachtsferien neigen sich dem Ende entgegen und angesichts all dessen ist jetzt wohl die Zeit, um noch ein zwei Tage im winterschlafartigen Ruhemodus zu verbringen. Diesen Modus kann man perfektionieren: mit einem Glühwein bei gedimmter Beleuchtung auf dem Sofa oder, je nach Blick, spät abends am Fenster – und mit der neuen EP von NEPTUNIZE in der Anlage.
Das Soloprojekt von Mert Güner aus Istanbul wurde 2015 gegründet und hat nun die EP „Faltering Glamour“ in Eigenregie rausgebracht. Soundtechnisch kann sich das Ding absolut sehen lassen. Musikalisch ist man zwischen Neo-Prog Rock und Psychedelic Pop unterwegs, was nach einer spannenden Mischung klingt und ebenjenes ist.
Gemäß der zehn Gebote der Album/EP-Veröffentlichungen ist der Opener generell von härterer Gangart. So auch aus „Faltering Glamour“, was aber nicht viel heißen will – „All Is Vanity“ ist lediglich der am wenigsten ruhige Track, der sich ein bisschen musikalisches Gezappel und ein wenig mehr Action gönnt, als der Rest des Albums. Das macht er gut und deutet schonmal an, wohin die Reise geht: viele Synthesizer, viel Sounddesign, teils Vocaleffekte, meist analoges Schlagzeug, Gitarren nicht zwangsläufig, sondern eben nur dort, wo für den Sound von NEPTUNIZE benötigt.
Ab Track 2 wird es noch etwas ruhiger. Über Midtempo kommt hier praktisch nix mehr, oftmals sind die Arrangements sehr „klein“ und zurückhaltend und meist reicht Mert ein simpler, schön umgesetzter Vierertakt, um seine Musik zu transportieren. Dann wiederum gibt es die großen, vollen Klangmomente, die ruhige, schöne Gesangsmelodien tragen, und Situationen, in denen sich das Klangbild eines Songs schleichend durch den hintergründigen Wechsel von Synths wandelt und weiterentwickelt. Deren Sounds sind wunderbar oldschool und geschmackvoll ausgewählt – kein cheesy Sound-Moment auf „Faltering Glamour“, der irgendwie nicht im Sinne des Albums wäre. Und all das – das sehr starke Sounddesign, die ruhig-hypnotischen Melodien, die längeren instrumentalen Parts, die Synthsound-Auswahl, die gute Vocal-Produktion – macht „Faltering Glamour“ letztendlich ab der ersten Minute, aber besonders ab Track 2, zu einem extrem atmosphärischen kleinen, nicht verkopften Gesamtkunstwerk, das eine melancholisch-positive Stimmung sondergleichen hervorzurufen vermag und unbedingt in gemütlicher Umgebung ohne Ablenkung genossen werden sollte.

Fazit:
„Faltering Glamour“ ist wie eine dicke Decke an kalten Tagen. Die ersten paar Minuten fühlt sie sich noch ein bisschen fremd an, etwas kühl. Doch dann ist sie auf einmal einfach nur maximal komfortabel und man würde eigentlich gerne ewig drinbleiben. Keins Anspieltipps, weil In-Gänze-hör-Platte, aber wenn man nicht genau weiß, ob man die Zeit in die Platte investieren will, starte man am besten bei „Digital Jester“.

Jannis

TALENTSCHMIEDE: Phry McDunstan

 

Band:
Phry McDunstan

Gegründet:
2021

Herkunft:
Köln

Mitglieder:
Phry McDunstan – Produzent, Songwriter, Gitarre, Backgroundvocals und Bass

Stil:
Moderner Rock mit Einflüssen aus Blues, Funk und Metal

Veröffentlichungen:
EP „Coming Up For Air“ 2021
EP „Time And Time Again“ 2022

Einflüsse:
Guns N‘ Roses, Alice In Chains, Soundgarden, Pink Floyd, Joe Satriani, Jeff Beck

Was ich die nächsten fünf Jahre erreichen möchte:
Ich möchte mir eine so große Zielgruppe erarbeiten, dass es sich für mich lohnt, live zu spielen und zu touren, denn direkt für ein begeistertes Publikum zu spielen, erfüllt mich am aller meisten.
Auf Grund schlechter Erfahrungen mit unzuverlässigen Musikern in vergangenen Projekten habe ich mir geschworen, nur noch mit Profimusikern zu spielen. Eine professionelle Backingband muss jedoch bezahlt werden und das sollte einfach kein Verlustgeschäft sein.

Was als nächstes kommt:
Ich werde für diese EP nach der ersten Singleauskopplung noch weitere Musikvideos veröffentlichen. Die nächste Single heisst „Trainwreck“ und das dazugehörige Video haben wir an einem stillgelegten Bahnhof mit sehr alten ausrangierten Zügen und einer restaurierten Dampflok gedreht, was zu einer sehr coolen Atmosphäre beigetragen hat.

Meine beste Erfahrung bis jetzt:
Mit der Hilfe eines fantastischen Musikcoachingprogramms namens „Modern-Musician“ habe ich mir bereits eine tolle Community aus wunderbaren Fans aufbauen können. In meiner Street-Team-Gruppe auf Facebook teilen wir die unterschiedlichsten Dinge, von unserer Lieblingsmusik über unsere Lieblingskonzerte bis hin zu Fotos und Geschichten über die Dinge, die wir unternehmen.
Es fühlt sich super an, so viele unterschiedliche Menschen kennen zu lernen und mit ihnen regelmäßig zu kommunizieren.
Dabei habe ich schon viele Menschen kennen lernen dürfen, die es durch sehr schlimme Zeiten geschafft haben, ohne ihren Mut zu verlieren,
und sich immer wieder aufs neue motivieren gelernt haben. Diese Menschen beeindrucken mich sehr und bereichern diese Gruppe enorm!

Mein peinlichster Moment:
Vor vielen Jahren, bei einem meiner aller ersten Konzerte mit meiner alten Band „Mars Face“ ist unser Drummer bei meinem Gitarrensolo aufs Klo gegangen und nicht rechtzeitig wieder zurückgekommen. Ich hatte den nächsten Song bereits angespielt und nicht gesehen, dass er noch nicht am Schlagzeug saß. Wir mussten ihn erst ausfindig machen und den Song dann nochmal starten.

Mit wem ich gerne ein Bierchen trinken würde und warum:
Abseits von den vielen musikalischen Vorbildern die ich habe und mit denen es auf jeden Fall Spaß machen würde, was zu trinken und zu feiern, würde ich gerne mit Jordan Peterson was trinken gehen. Seine Vorträge und Bücher haben mich immer sehr begeistert und ich denke, dass ich dabei nicht nur großen Spaß haben würde, sondern auch eine Menge wichtige Dinge von ihm lernen könnte.

Wenn ich mir eine Band aussuchen könnte, mit der ich auf Tour gehen dürfte:
Ich würde am liebsten mit Alice In Chains touren. Sie sind die letzte große richtige Grungeband, die sich stilistisch treu geblieben sind und dennoch immer weiter entwickelt haben, trotz der vielen Rückschläge, die ihnen passiert sind.
Ihre Musik bedeutet mit sehr viel und hat mir in der Vergangenheit durch schlechte Zeiten geholfen, da ich mich sehr mit Jerry Cantrells Texten identifizieren kann. Ich würde jeden Abend neben der Bühne stehen und mir ganz genau ihr Set anhören!

Das Beste daran, in einer Band zu spielen/Musiker zu sein:
Ich bin sehr dankbar dafür, dass sich kein Tag, an dem ich etwas für meine Musik tue – sei es zu üben, zu schreiben, aufzunehmen, Werbung zu machen und auch Gitarre zu unterrichten – nach Arbeit anfühlt.

Das Schlimmste daran, in einer Band zu spielen:
Für mich als sehr ambitionierter Musiker war es bisher immer schwer Gleichgesinnte zu finden, die auch die selbe Musik machen möchten, wie ich. Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft einmal ändern wird.

Online:
Website: music.phrymcdunstan.com
Facebook: www.facebook.com/phrymcd
Street Team Gruppe: www.facebook.com/groups/phrymcdunstan

Musik:
Spotify: www.open.spotify.com/artist/448v2qeuqmr9zJSuPMxIyr?si=hoPkK6shSG2_oMYPTT9wig&nd=1
Youtube: www.youtube.com/phrymcdunstan
Soundcloud: https://soundcloud.com/phry

Interview Arrayan Path

(English version below)

ARRAYAN PATH aus Zypern sind in der Rock Garage alte Bekannte. Nach 25 Jahren Bandgeschichte haben die Epic-Power-Metaller nun ihr erstes echtes Konzeptalbum veröffentlicht, das in unserer Review-Abteilung absolut zurecht die Höchstwertung erhielt. Höchste Zeit, nicht immer nur über ARRAYAN PATH zu sprechen, sondern auch mal mit ihnen – genauer gesagt, mit ihrem Sänger und Bandleader Nicholas!

Jannis: Hey Nicholas! Zuerst einmal: Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview mit uns nimmst. Nachdem ich jetzt schon vier Eurer Alben rezensieren durfte, freue ich mich, auch einmal mit einem der Verantwortlichen persönlich zu sprechen. Also, Glückwunsch, „Thus Always To Tyrants“ ist draußen, die Reaktionen von Fans und Presse kommen rein. Zufrieden damit?

Nicholas: Hey! Ja, absolut, die Reviews waren super bislang! Möglicherweise die besten, die wir je für ein Album bekommen haben.

Jannis: Ach edel, dann bin ich nicht alleine mit meiner Meinung. Von den vier neusten Veröffentlichungen von Euch ist „Thus Always To Tyrants“ diejenige, der ich einfach die Höchstwertung geben musste. Sagen wir, ich liege damit richtig: Wie kommt’s? Gab es irgendwelche Neuerungen im Schaffensprozess?

Nicholas: Um ganz ehrlich zu sein: Wir haben nicht bewusst versucht, etwas anders zu machen. Wir haben einfach gemacht, was wir immer machen und versucht, die bestmöglichen Songs zu schreiben. Dabei sei aber gesagt, obwohl ich all unsere Alben liebe, wird das hier von den meisten als eins unserer besten wahrgenommen.

Jannis: Vielleicht hat auch sein Konzept dazu beigetragen. „Thus Always To Tyrants“ wird beworben als ARRAYAN PATHs erstes echtes Konzeptalbum. Was brachte Euch dazu?

Nicholas: Das ist etwas, was ich schon seit längerer Zeit mal machen wollte – ein Album zu schreiben, dessen Handlung in chronologischer Abfolge stattfindet. Ich bin ein großer Fan von Alben wie KING DIAMONDs „Conspiracy“ und „Them“ und wollte sowas einfach mal selbst machen. Und ein Buch schreiben konnte ich nicht, dann eben mit Musik! Ausgewählt haben wir die Geschichte von König Evagoras. Das ist eine Geschichte aus der Vergangenheit meines Landes. Darüber haben wir noch nie etwas geschrieben, wurde also echt Zeit!

Jannis: Wie eine andere Rezension zu Eurem neuen Album schrieb: „Das ist Progressive-offener Power Metal für eingefleischte Kenner und Nerds und jeder mit einem IQ unter 140 kann jetzt den Raum verlassen.“ Und während ich nicht weiß, ob ich dem wirklich zustimme, weil ich das Album sehr mag, aber sicherlich den Raum verlassen müsste, hat „Thus Always To Tyrants“ viele komplexere Bestandteile hinsichtlich Songwriting, musikalischer Details, Strukturen, und viele smarte Ideen, was Sounddesign und Arrangements angeht. Ist auf jeden Fall nicht das normale „Billige Emotionen“-Power-Metal-Album. Kannst Du ein bisschen über den Songwriting-Prozess für die Platte erzählen, wer involviert war und wie der Prozess vonstatten ging?

Nicholas: Findest Du die Songs wirklich so komplex? Unsere Gesangsmelodien sind ziemlich eingängig, hin zu dem Punkt, wo die schmale Grenze zu den Standards von Metal fast überschritten wird. Ich würde sagen, BLIND GUARDIAN sind für mich komplex. Aber ich verstehe, was Du meinst. Wir haben in jeden Song ein paar überraschende Parts eingebaut, weil, wie Du sagtest, wir nicht wie die typische Power-Metal-Band klingen wollen. Was das Songwriting angeht: Normal kommen die Gesangsmelodien zuerst. Dann geht es in Zusammenarbeit daran, die Arrangements auszuarbeiten und die Strukturen zu formen. Auf die Weise haben wir das von Anfang an gemacht, und so läuft es für alle am besten.

Jannis (nun all seine bisherigen Ansichten zu Komplexität in Musik überdenkend): Zum Thema „überraschende Parts“: Auf der einen Seite fühlt sich Eure Musik für mich eher dramatisch und ernst an. Aber fast jedes Album, das ich bislang von Euch gehört habe, bringt mich an ein paar Stellen doch zum lachen, wenn zum Beispiel ein majestätischer, Orchester-reicher Part plötzlich von einem simplen, asozial-trockenen Riff abgelöst wird, das komplett aus dem Nichts kommt. Ist Humor eine Sache bei Eurem Songwriting oder liegt das nur an meinem unter-140-IQ?

Nicholas: Haha! Nun, wenn wir Dich unterhalten können, ist das doch eine gute Sache! Meinen Humor trifft es eher, irgendwelche generischen Power-Metal-Bands zu hören, die bereits verwendete Melodien stehlen und sie uns dann als ihre eigenen verkaufen.

Jannis: Eine eher unoriginelle Frage an dieser Stelle, aber angesichts Eures individuellen Stils doch interessant: Was würdest Du als die musikalischen Einflüsse von ARRAYAN PATH bezeichnen? Scheinen mir nicht METALLICA/MOTÖRHEAD zu sein.

Nicholas: Wir holen uns unsere Einflüsse aus ganz verschiedenen Genres, aber unser größter ist IRON MAIDEN!

Jannis: Siehst Du denn die Chance, ARRAYAN PATH in Zukunft mal auf Tour zu sehen? Das war ja bislang meines Wissens immer ein ziemliches Privileg, bei gerade mal fünf auf Facebook gelisteten Konzerten in der Vergangenheit über sechs Jahre.

Nicholas: Vermutlich nicht, wir sind keine Tour-Band. Lieber mal ein paar Konzerte hier und da. Aber wir reflektieren immer unsere Optionen und entscheiden, ob es den Brassel wert ist. Aber insgesamt sind wir halt echt eher eine Studio-Band.

Jannis: Fast geschafft, letzte Frage: Gibt es irgendeinen Traum für ARRAYAN PATH, den Du wirklich gerne Realität werden sehen würdest?

Nicholas: Mein einziger Traum in der Hinsicht ist, weiterhin Inspiration für unsere zukünftigen Alben zu haben. Ich meine, klar werden nicht alle von ihnen auf dem gleichen Level sein, manchmal spielen ja auch andere Faktoren mit rein. Aber ich hoffe, dass ich in der Zukunft noch bessere Sachen schreiben kann. Und ich wünsche mir, dass unsere Musik weiterlebt und Gehör findet, selbst wenn die Band eines Tages nicht mehr ist.

Jannis: Noch einmal vielen herzlichen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören Dir – Zeit für schamlose Eigenwerbung, radikale politische Statements oder eine sehr kurze Abhandlung über Dein Lieblingstier!

Nicholas: Wir hoffen, Ihr habt unser Album genossen. Spielt es weiterhin, spielt es laut! Zerstört die verdammten Boxen! Ich mag Tiger, nebenbei.

ARRAYAN PATH from Cyprus are no strangers to the Rock Garage. After 25 years of band history the epic power metallers have now released their first real concept album and gained a perfect rating in our review, well deserved. No doubt: It’s about time to stop talking about ARRAYAN PATH for a bit and instead talk with them – more precisely to their singer and band leader Nicholas!

Jannis: Hey Nicholas! First of all, thank you so much for taking your time to do this interview with us. After reviewing four ARRAYAN PATH albums I’m really happy to talk to the mind behind the art (or one of the minds). So, congratulations, „Thus Always To Tyrants“ is out and reactions from fans and press are coming in. Do you like what they say?

Nicholas: Hi! Yes, reviews have been great so far! Probably the best ones we’ve had in our whole career.

Jannis: Okay nice, so I’m not alone with my opinion! Compared to the previous three releases, „Thus Always To Tyrants“ is the one that I really couldn’t help but give a perfect rating. Let’s assume my rating is correct and TATT is really the strongest of those four albums: How come? Was there anything different regarding the development?

Nicholas: To tell you the truth, we did not consciously try to make it different. We just did what we always do; try to write the best songs possible. That said, although I love all our albums, this one is perceived by most to be one of our best.

Jannis: Maybe also because of it’s concept. „Thus Always To Tyrants“ is being promoted as ARRAYAN PATH’s first real concept album. What made you take this step?

Nicholas: It is something I wanted to do for a while now. To compose an album that follows a chronological order. I am a big fan of albums like “Conspiracy” and “Them” and I wanted to do that as well. I couldn’t write a book, so I did it with music! We chose the story about King Evagoras. It is a story from the history of my country. We have never written anything about my country, so it was about time!

Jannis: As a fellow reviewer wrote about your album: „This is progressive-minded power metal for diehards, jocks and anyone with an IQ under 140 can leave the hall.“ And while I’m not completely on his side, as I for sure would have to leave the hall, „Thus Always To Tyrants“ has a lot of complex song structures, complex songwriting, a lot of sophisticated ideas and details regarding composition and sound design and can hardly be considered your average „cheap emotions“ Power Metal album. Can you tell me about the songwriting process for „Thus Always To Tyrants“? Who was involved and how did the composition evolve?

Nicholas: Do you really think they are so complex? Our vocal lines are quite catchy, to the point where it balances on a thin line for the standards of metal music. I mean, Blind Guardian for me is complex. However, I understand what you mean. We have added extra parts (surprises) in each song because, as you said, we don’t want to sound like a typical power metal band. As for the song-writing, we usually write voice melodies first. Then the 3 of us start arranging the songs and forming the structures. We have followed this method from the beginning, and it works better for everyone.

Jannis (now re-evaluating his understanding of complexity in music): About these surprise parts: While your music feels rather dramatic and serious to me, almost every album of yours I’ve listened to has me laughing at a few points, for example when a majestic, heavy-on-orchestra part suddenly breaks down into a dry and simple riff that hits you by surprise. Is humour a thing for you regarding the composition or is this just because of my sub-140 IQ?

Nicholas: Haha! Well, if we can entertain you that’s a good thing. I usually find different things funny, like hearing generic power metal bands, stealing already used melodies and pushing them to our face as their own. Oh well..

Jannis: A rather unoriginal question at this point, but one worth asking regarding your individual style: What are the musical influences of ARRAYAN PATH? Doesn’t seem to be the usual METALLICA/MOTÖRHEAD ones.

Nicholas: We draw influences from many genres, however, our biggest influence is Iron Maiden!

Jannis: Is there any chance for some kind of ARRAYAN PATH tour in the future? As far as I know, catching you live has always been a real privilege with five gigs listed on Facebook in the last six years.

Nicholas: Probably not, we’re not a touring band. We prefer a few concerts here and there. But we always evaluate our options and decide if it’s worth the trouble or not. In general though, we are more of a studio band.

Jannis: Almost done, last question: Is there any dream for ARRAYAN PATH that you would really wish to become reality one day?

Nicholas: My only dream is to keep having inspiration for our future albums. I mean, I know that not all our albums will be at the same level. Sometimes it’s other things as well. But I hope to be able to write even better stuff in the future. And I want our music to live on and be recognized, even after the band is no more.

Jannis: Once again, thank you very much for this interview! The last words belong to you – time for some shameless self-promotion, radical political statements or a very short essay about your favourite animal!

Nicholas: We hope you enjoyed our album and we ask you to keep playing it loud! Blow the damn speakers! I like tigers by the way.

TALENTSCHMIEDE: Zygann

Band:
Zygann

Gegründet:
2022

Herkunft:
Pforzheim

Mitglieder:
Thomas Zigann (Gitarre, Gesang, Songwriting)
Uwe Spinler (Bass, Gesang)
Peter Ikert ( Gitarre, Gesang)
Sascha Ossmann (Schlagzeug, Gesang)
Aktuell suchen wir noch einen Keyboarder.

Stil:
Melodic Rock, AOR

Veröffentlichungen:
On my way home

Einflüsse:
Foreigner, Journey, Saga

Was wir die nächsten fünf Jahre erreichen möchten:
Viele Live-Gigs spielen, noch einige Songs und Videos veröffentlichen.

Was als nächstes kommt:
Geplant und in Vorbereitung ist eine EP.

Unsere beste Erfahrung bis jetzt:
Der Videodreh und die Veröffentlichung von „on my way home“.

Unser peinlichster Moment:
Den hatten wir noch nicht, zumindest nicht in dieser Band.

Mit wem wir gerne ein Bierchen trinken würden und warum:
Mit den Leuten die unsere Musik mögen und an uns glauben.

Wenn wir uns eine Band aussuchen könnten, mit der wir auf Tour gehen dürfen:
Thomas hatte ja bereits Gelegenheit und war in den Neunzigern mit seiner damaligen Band Mason mit Doro auf Tour. Vorstellbar ist für uns aktuell, als Support egal welcher Band dabei zu sein.

Das Beste daran, in einer Band zu spielen:
Immer noch live auf der Bühne zu stehen und das Publikum abholen und mitnehmen, auch wenn es heute auch andere Möglichkeiten gibt, sich zu präsentieren.

Das Schlimmste daran, in einer Band zu spielen:
Wenn´s für die Band super läuft, bleibt vielleicht privat so einiges auf der Strecke, hier die richtige Balance finden ist da, glauben wir, ganz wichtig.

Online:
Website: www.Zygann.com

Musik:
Spotify: www.open.spotify.com/artist/23mangMlQEIilgvFuAZmrv
Youtube: www.youtube.com/watch?v=Gfajo1j9mPM

Live-Dates:
Sind in Planung für 2023