THE SONIC BREWERY Interview

Nachdem ich das zweite Album der jungen Rocker von THE SONIC BREWERY mit dem Titel „Can’t Kill Rock N Roll“ reviewt habe wurde spontan ein Interviewtermin angesetzt. Also fuhr ich in die kleine niederbayerische Stadt Eggenfelden wo die vier Jungs seit kurzem einen im wahrsten Sinne des Wortes Plattenladen betreiben. Auf eine sehr symphatische und bayerische Art und Weise wurde ein sehr nettes Gespräch daraus mit vielen Informationen.

RG: Servus Jungs stellt euch doch bitte selber kurz mal vor.

BO: Ich bin Benno Olbrich der Sänger und spiele dazu noch die Blues-Harp und Percussion und nebenbei zeittechnisch noch das jüngste Mitglied der Band.
JN: Ich bin der Jonathan Niederer, 26 Jahre wie Benno auch, an der Gitarre und Live Backing Vocals.
AA: Ich bin Andreas Aigner der Mann für den Bass.
TH: Ich bin Thomas Hamberger bin mit 24 Jahren alterstechnisch der jüngste und Drummer von THE SONIC BREWERY.

RG: Benno wo sind deine langen Haare hin?

BO: Rigoros abrasiert! Anfang des Jahres 2023 habe ich mich dazu entschieden die Haare abzurasieren. Ich habe sie ungefähr sechs Jahre lang wachsen lassen, lang gehabt und es hat auch gut zum ersten Album gepasst. Es war zu der Zeit cool und auf dem ersten Album war der Blues im Vordergrund. Ich hatte den Eindruck das die langen Haare auf dem zweiten Album der Schublade und dem Klischee mit langer Matte nicht mehr gerecht ist. Und habe uns rein optisch einfach aus der Nische rausgeholt. Vielleicht hören die Leute unsere Musik, und gehen die Sache, so objektiver an.

RG: Ich persönlich würde das nicht an der Länge der Haare abhängig machen.

BO: Das machen glaube ich tatsächlich viele Leute. Mit Zustimmung der anderen Bandmitglieder.

AA: Die Assoziationen die wir alleine nur durch Bennos Mähne erhalten haben sprechen dafür, anscheinend machen wir Musik wie THE DOORS.

RG: Ich habe auch den Vergleich mit THE DOORS herangezogen und aber auch ein wenig mit T-REX klassische NAZARETH, Classic Rock mit leichter Tendenz zum Psyschedelic Rock. Wie ist da Eure Meinung dazu? Kann man das so unterstreichen?

BO: Coole Sache, vor allem T-REX ist ein sehr angenehmer Vergleich (der Rest stimmte dem zu), ich glaube das war auch du warst der erste der T-REX ins Spiel brachte.

RG: Vielleicht war ich der Älteste der das Album reviewt hat?

BO: Das glauben wir nicht. Für uns ist es sehr spannend zu hören und lesen wie unterschiedlich die Resonanzen ausfallen und was jeder für sich für Vergleiche heranzieht und unsere Musik damit meint. Fast kein Vergleich wiederholt sich, wie beim ersten Album waren es relativ viel die die gleichen Bands nannten. Da war es eindeutig LED ZEPPELIN allein schon durch unser Erscheinungsbild. Aber beim zweiten Album geht die Sache sehr weit auseinander, es werden viele 60er und 70er Jahre Bands genannt, aber wir werden auch mit viel Grunge Bands verglichen was beim Debüt nicht der Fall war. Ich greife da nur mal PEARL JAM oder MAD SEASON werden da genannt.

RG: Ich kann dem ehrlich gesagt nicht zustimmen.

BO: Ich finde das gerade das das Spannende an der Sache ist, unsere Musik ist anscheinend irgendwie sehr klar für viele Leute sowie für dich klingt, aber für andere ganz anders. Die Anderen behaupten das klingt eindeutig nach PEARL JAM, dass wäre interessant wenn du dich mal mit so einer Person unterhalten würdest.

RG: Ich glaube da ginge die Generationsschere zu weit auseinander, wenn er Euch mit PEART JAM vergleicht ist dieser Jemand mit der Musik von PEARL JAM aufgewachsen ich nicht. Ich bin in den 70ern mit SMOKIE, SLADE, BONEY M. und ABBA aufgewachsen.

AA: Das ist ein krasse Vergleich!

RG: Du glaubst es nicht, das habe ich erst vor kurzem bei einer schwedischen Heavy Metal Band gemacht.

BO: Sehr geiler Vergleich.

RG: Warum nicht, schwedische Musiker haben ein besonderes Gespür für Musik. Bei Euch aber genauso für Euer Alter macht ihr Top Musik. Wie kommt man in dem noch jungen Alter auf die Idee so eine Art Musik zu machen?

JN: Das ist jetzt von uns keine bewusste Entscheidung das wir gerade diese Musik machen, wobei es dabei einen Unterscheiden gibt. Beim Debüt haben wir uns von Anfang an ein wenig für diese Retro und Blues Rock Schiene verschrieben. Wir haben alle damals sehr viel von dieser Stilrichtung gehört, trotzdem hat jeder von uns seine eigene Nische gehabt und so war das Debüt ein Sammelsurium von Songs die wir schon hatten und ein paar brauchten wir noch es war ein wenig zusammengewürfelt. Bei „Can’t Kill Rock N Roll“ ist das gesamte Songwriting mit viel mehr Idee und Raffinesse abgelaufen, jeder von uns hat deutlich gewusst wo sein Platz in der Band ist, wir er songdienlicher Spielen kann und jeder bringt seine eignen Einflüsse mit ein. Und so entstand dann der Mix bei dem jeder für sich seine eigenen Stilrichtung und Vergleiche heraushört. Das wir uns bewusst dafür entschieden haben, wir machen das jetzt so oder so ist nicht wirklich der Fall gewesen.

RG: Kann als Weg auf Identitätssuche nennen? Oder habt ihr mit dem zweiten Album Euren Sound gefunden?

JN: Das würde ich nicht behaupten.
BO:
Weder noch.
TH:
Ich bin sehr zufrieden wie der Prozess beim zweiten Album abgelaufen ist, und vor allem was daraus geworden ist. Ich finde eigentlich immer die Entwicklung interessant, nicht dass ich unser nächstes Album als Hip-Hop Album sehe. Ich finde die Ideen die einfach so im Moment auftauchen als das Interessante an der Musik und nicht im Vorhinein zu sagen: „Ich möchte jetzt wieder so ein Album machen wie das letzte“! Dann wird es meistens nichts mehr.
BO:
Es geht für uns nicht darum das wir einen klaren oder festen Stil finden oder uns auf einen festlegen, wir machen eigentlich immer die Mucke die für uns am besten zu den Emotionen passt, die wir komprimieren oder verarbeiten wollen.

RG: Also legt ihr Euch nicht auf einen konkreten Stil fest?

BO: Absolut nicht.
JN: Viel interessanter an Bands ist wenn die sich keinem Stil zuschreiben, sondern wenn man als Band viele kleine Details herausfindest die dich als Band auszeichnen, die eine Band einzigartig machen. Das man sich nicht hinstellt das ist die Band XYZ und wir machen jetzt diesen Stil das ist unser Ding. Das ist natürlich ein Prozess der sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, und deshalb bin ich der Meinung das die Identitätssuche nie abgeschlossen ist, du findest immer wieder ein Detail bei dem du merkst das ist ein Trademark von uns, dass ist Geil lasst uns das mehr ausarbeiten. So kann man sich über Details seinen eigenen Stil entwickeln und ich finde das man das Live am stärksten merkt. Live kommt es stark auf einzelne Moment an.
TH: Wir sind keine Akademiker, sondern erarbeiten uns alles beim Learning By Doing, und dann entwickelt sich über die Jahre gesehen etwas viel stärker als wie ein komplettes Können, man lernt nie aus es gibt immer wieder etwas was man dazu lernt. Aber du ein hohes Grundvermögen vorhanden ist mit dem man an die Musik herangeht dann kann es möglich sein das man sich immer wieder selbst zitiert. Bei uns ist es so dass wir zwei Jahre Live die Songs vom Album spielen, sehen unsere Fähigkeiten dann viel klarer und besser, was man beim nächsten Album dann merkt und feststellen kann. Das man dann andere Mucke macht und mehr experimentiert und den Sound verändert.
BO: Wenn wir uns jetzt auf ein Genre festlegen würden, wäre immer einer von uns vier unzufrieden. Wir sind vier Individuen, hören Privat auch relativ unterschiedliche Musikstile, der Hauptanteil natürlich Rock. Aber Jonathan hört viel Hip-Hop, Thomas kommt aus dem Punk, Andreas ist komplett durchgemischt und das ist das Schöne an der Sache. Ich denke wenn wir uns auf einen gewissen Stil festlegen würden, würden wir uns selber beschneiden und einengen. So kommt immer etwas viel Spannenderes heraus, klar könnten wir jetzt eine Band geben die wie LED ZEPPELIN, GRETA VAN FLEET oder BLACK SABBATH klingt, nur bin ich der Meinung das dies jeder schon gehört hat. Was uns in dem Moment einfällt, vertonen und im Studio so einspielen können das ist viel besser als etwas nach zu ahmen.

RG: Da wäre dann die Frage, wenn man einen zu krassen Cut zum Vorgänger Album macht ob man die Hörer und Fans damit nicht abschreckt?

BO: Das könnte durchaus möglich sein, aber es geht im Endeffekt darum wie ich möchte wie das Stück Kunst werden soll. Wenn ich jetzt sage für das nächste Album bin ich Emotional so drauf und möchte nur depressive Texte dafür schreiben und extrem Schlimme Dinge verarbeiten und ein Fan dann sagt das ist nicht mein Ding. Wir machen die Musik an erster Stelle für uns selber, wenn dann jemand behauptet das ist Geil das gefällt mir sind wir als Band umso glücklicher. Wir sind als Band derselben Meinung das man sich entwickeln sollte, und nicht sieben gleiche Alben wie z.B. AC DC macht hat das schon einen gewissen Charme und Reiz.
JN: Wenn natürlich eine Band so funktioniert, denselben Ansatz verfolgen wie wir und dabei ein klar definierbarer Stil heraus ist das auch fein, aber für uns funktioniert das so nicht.

RG: Der Erfolg gibt aber den Bands die schon über Jahrzehnte im Geschäft sind und fast immer das Gleiche machen recht. Und teilweise gehen die Leute eben wegen der alten Songs und Erfolge in Konzerte um die zu hören.

BO: Keiner geht auf ein GLENN HUGHES Konzert um GLENN HUGHES zu hören sondern weil er vielleicht alte DEEP PURPLE Songs spielt. Das ist immer ein zweischneidiges Schwert, was er in den 80ern gemacht hat finde ich persönlich nicht so gut.
TH: Das tragischste was geschehen kann ist das man so einen krassen Stilwechsel machst das man seine Hörer vom Vorgänger nicht abholen kannst.
BO: Neue Hörer wird es immer geben. Was für uns der Knackpunkt ist, sobald wir nicht mehr wir sein können oder wenn wir so sein müssten wie wir früher waren um nochmal so ein Album machen zu können ist dies für uns der falsche Weg. Nur weil ein Album eingeschlagen hat werde ich nicht nochmal das gleiche Album aufnehmen.

RG: Wie schauen Eure Pläne für die Zukunft aus?

BO: Natürlich wäre ein Tour ideal, am 10.02.2024 spielen wir in München im Kult 9 und hoffen das noch ein wenig mehr geht in Deutschland oder Europa. Das Booking ist momentan extrem schwierig, und als kleine Band irgendwie Deals zu bekommen ist fast unmöglich. Wir hoffen das die Rezis in den Magazinen etwas mehr Schub bringen, dass unser zweites Album mehr Aufmerksamkeit bekommt und die Verantwortlichen nicht nur von uns angeschrieben werden sondern über Magazine und Rezis auf uns aufmerksam werden.
JN: Wir haben auch Radiopromotion am Laufen, es werden Radiosender bemustert und wir bekommen das teilweise über die Socialmedia Kanäle mit das wir irgendwo gespielt wurden.
BO: Es sind auch französische Sender auf uns aufmerksam geworden.

RG: Wo liegen Eure Haupteinflüsse?

BO: Schwer zu sagen, ich fange einfach mal, in meiner musikalische Prägungsphase bin ich mit Glam Bands, GLENN HUGHES, BAD COMPANY, RONNIE JAMES DIO, RAINBOW aber auch STRYPER aufgewachsen.
JN: Meine ganz frühen Einflüsse waren sehr harte Sachen, BLACK LABEL SOCIETY, ZAKK WYLDE bis die Blues Schiene mit JOE BONAMASSA und viel Blues Rocker in dieser Zeit ist auch unsere Band entstanden. Es hat sich dann in alle möglichen Richtungen entwickelt, eine Band die uns alles verbindet sind die RIVAL SONS, durch diese Band habe ich Benno kennen gelernt. Ich hörte auch Jazz aber der größte gemeinsame Nenner waren und sind die rockigen Sachen.
AA: Aus dem härteren Bereich, ich bin durch meinen Vater mit ACCEPT, BILLY IDOL, GOTTHARD aufgewachsen. Später kamen dann SLIPKNOT und ALICE IN CHAINS dran.
TH: Von meinem Vater kam sehr viel BEATLES, THE WHO und diese Richtung. Als die Pubertät anfing wurde es härter mit FIVE FINGER DEATH PUNCH, SLIPKNOT. Als mein Schlagzeugspiel besser wurde fuhr ich auf Solo Schlagzeuger wie Lane Smith oder Cozy Powell ab oder die Bands die sie gegründet haben. Und dann der gemeinsame Nenner RIVAL SONS und Retro Rock.

RG: Wer ist für die Songtexte verantwortlich?

BO: Die kommen alle noch von mir, ich hoffe das die anderen sich mal daran beteiligen, dass ich nicht so viel Arbeit habe. Auf dem Debüt war es sehr viel Spontanes und sehr vieles zum verarbeiten aus den Jahren bevor ich Texte geschrieben habe. Beim zweiten Album haben wir den Großteil der Songs während der Pandemie geschrieben, und zielt stark auf dem gesellschaftlichen Aspekt ab. Fast jeder Song beschreibt ein Tugend beschreibt die während der Pandemie verloren gegangen ist, die Gesellschaft aber nicht auf diese Art und Weise funktioniert, das ein vernünftiges Leben miteinander so nicht möglich ist. Wir haben abends geprobt und während der Wochen davor oder dem Tag hat sich was angestaut was ich vertexten konnte. Manchmal sind es auch ganz klare Dinge wie bei „Giorgio“ geht es um einen sehr guten Freund von mir oder besser gesagt uns der verstorben ist. Der Song war meine Art und Weise diesen Trauerfall zu verarbeiten. Das hat über ein Jahr gedauert den Todesfall zu verarbeiten, ich wusste von Anfang an das ich einen Song darüberschreiben muss. Ein ganzes Jahr hat sich nichts entwickelt, irgendwann ist mir beim Gitarre spielen ein Riff eingefallen, eine Gesangsmelodie hatte ich schon und dann war mir bewusst das ist der Song. Ich habe daraufhin Jonathan angerufen und gesagt das wir den Song gemeinsam ausarbeiten müssen. Es entwickelte sich ein Grundgerüst durch uns beide, ab da an wurde der Rest der Band mit einbezogen und es ist dieser Song dabei entstanden. Dieser Song ist laut einem Rock Magazins zu lang geraten, dann muss ich aber bemerken das der Redakteur den Song nicht verstanden. Es geht bei einem Song meiner Meinung nach nicht darum das er Radiolänge hat sondern dass er die Emotionen und das Feeling während des Entstehungsprozesses wiedergibt und das ich in dem Song verarbeiten kann was ich möchte.
JN: Vor allem ist der Song nicht so lang geworden weil wir nicht mehr wussten was wir noch machen sollten, einen Lückenfüller brauchten sondern weil jeder Schritt im Entstehungsprozess, jede Änderung irgendwie eine Verbindung zur Story hat.
BO: Es ist kaum ein Takt identisch mit dem davor. Die erste Strophe hat vier, die zweite hat drei, die dritte hat zwei Zeilen. Dazwischen kommt immer die Bridge und dann kommt erst der Refrain. Als Gegensatz dazu gibt es „Mercury Of Dreams“ wo wir gleich gemeint haben: „Geile Hook, ein geiler Song den wir schnuckelig machen können“ der zufällig auf 3:30 Minuten gekommen ist. Das geschieht nicht weil wir behaupten einen Radiosong zu schreiben, es ist immer das wie es sich ergibt und entwickelt, das interessiert uns im Vorfeld nicht wirklich.
JN: Die Vorgehensweise wie „Giorgio“ entstand ist für uns untypisch, alle anderen Songs vom zweiten Album haben wir im Kollektiv geschrieben. Wir haben uns im Probenraum getroffen oder es ist jemand mit einer konkreten Idee gekommen. Die Idee wird den Anderen dann vorgespielt und dann wird gemeinsam daran gearbeitet. Oder man spielt einfach und schaut was bei der Sache rauskommt. Das kann auf allem möglichen aufbauen, alles ist möglich und kann zu etwas großem führen. Manchmal ergibt sich aus der Grundidee im Laufe der Zeit und Entstehung ein von Grund auf neuer und anderer Song.
JN: Ich finde es auch immer interessant wenn Bands behaupten das sie immer mit 30 bis 40 Songs für ein Album ins Studio gehen. Wir haben immer genau soviel Songs wie auf das Album sollen und die kommen dann drauf.
BO: Wir sind beim Songschreiben immer diplomatisch, selbst wenn ein Song fertig ist stellen wir uns hin und sagen wie der Song ist. Teilweise sagen wir auch das ein Song Kacke ist und lassen es in dem Fall bleiben. Warum sollte man einen Song aufnehmen bei dem man im Vorfeld schon das Gefühl hat das er nicht gut ist. Ich nehme nur Songs auf hinter denen man 100%ig steht.

RG: Was bedeuten die Titel der beiden Alben?

BO: Wie der Titel auf dem Debüt sagt „Catch The Magic“ die Magie des Momentes einfangen und festhalten. Der Titel von „Can’t Kill Rock N Roll“ steht für die Lebensart und das Gefühl eines Rockers.

RG: Vielen Dank für die Informationen, gibt es noch etwas was die Leser wissen sollten?

BO: Hört Euch einfach unsere beiden Alben an, vielleicht gefallen sie jemanden.

www.facebook.com/TheSonicBrewery

Balle

R.U.S.T.X – Center Of The Universe

Band: R.U.S.T.X
Album: Center Of The Universe
Spielzeit: 51:58 min
Stilrichtung: Hard Rock/Heavy Metal
Plattenfirma: Pitchblack Records
Veröffentlichung:
Homepage: www.rustxofficial.com

Meine Damen und Herren, das hier ist schon eine spezielle Band. R.U.S.T.X kommen aus Zypern und sind mittlerweile eine reine Familienband, bestehend aus vier Geschwistern an Gitarre, Bass, Drums und Keyboard, und jeder übernimmt mal den Gesang. Das Cover lässt bereits vermuten: Es wird retro. Und tatsächlich ist man stilistisch nach recht klaren Heavy-Metal-Anfängen doch mehr und mehr in die Zeit Ende 60er bis Anfang 80er gerutscht, sodass sich mir beim Hören zwangsläufig das Bild der vier Bandmitglieder im Alter von zehn Jahren um einen Plattenspieler vor Augen drängt, auf dem ihnen Mama und Papa ihre Lieblingsmusik vorführen. Wenn dem so war, hat das augenscheinlich Eindruck hinterlassen, denn das Resultat ist verdammt authentisch und fühlt sich, wenn man das so beurteilen kann, wirklich echt und mit Leidenschaft erschaffen an. Der Sound ist organisch, warm und voll, die viel verwendeten Orgelsounds sind zum reinlegen. Und auch das Songwriting ist edel ausgefallen. Kaum Passagen, bei denen man den Eindruck bekommt, hier versuche eine Band auf Teufel komm raus alt zu klingen oder nach Vorlagen zu arbeiten. Die Songs sind in sich so schlüssig wie individuell und resultierend daraus hat das komplette Album einfach Charakter.
Das geht schon bei der herzlichen Hörerbegrüßung durch “Defendre Le Rock” los, feinster Oldschool-Hard-Rock mit wunderbarem Orgelriff, und mit dem anschließenden NWoBHMigen “Running Man”, so klassisch wie liebevoll geschrieben, weiter. Dann gibt es noch eine ordentliche Dosis positive Vibes mit dem poppig-niedlichen, klavierangereicherten “Endless Skies” (omg, so viel Dur, so vielseitig und schön komponiert) und dem ebenfalls klavierunterlegten “Wake Up”. Und mit dem neunminütigen Titeltrack habe ich nach langer Zeit endlich mal wieder einen überlangen Track gefunden, der seine Länge komplett mit echtem Inhalt zu füllen vermag. Allein das Ende. Und der Einstieg des Refrains und der Refrain selbst. Meisterwerkchen.
Ich wäre restlos begeistert von “Center Of The Universe”, gäbe es da nicht ein paar Probleme mit dem Gesang, den die Geschwister aus Gründen ebenfalls selbst übernehmen. Nicht nur ist er der einzige Faktor, bei dem die Produktion zu bemängeln ist (Kein Hall, kein Echo, keine Anfettung, wirkt daher gerne mal dünn), gerade der (selten singende) Herr mit der Gurgelstimme übertreibt diese manchmal, will in meinen Ohren nicht in den Gesamtsound passen und wirkt eher wie ein störender Fremdkörper. Der restliche Gesang ist sonst mindestens akzeptabel, manchmal auch ziemlich  gut, aber mehr Arbeit an der Vocalproduktion und Hustenbonbons für besagten Kollegen sollten in Zukunft auf jeden Fall drin sein. Ist somit natürlich ein durchgehender Kritikpunkt, aber halt auch mehr oder weniger der einzige.

Fazit:
Ernsthaft: Wer sich zutraut, auch mal über längere Passagen, in denen der Gesang nicht so ganz funktioniert, hinwegzuhören, der wird mit “Center Of The Universe” nicht nur ein Album in den Händen halten, das retro klingt, sondern auch eins, das dazu noch mit massig Liebe zur Musik geschrieben wurde, das Stimmung transportiert und gleichzeitig alt und frisch klingt. Wär ich der Papa, ich wäre des Todes stolz!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Defendre Le Rock
02. Running Man
03. Black Heart
04. I Stand To Live
05. Endless Skies
06. Center Of The Universe
07. Widow’s Cry
08. Wake Up
09. Dirty Road (Bonus Track)
10. Band On The Run (Bonus Track)

Jannis

PULVER – Kings Under The Sand

Band: Pulver
Album: Kings Under The Sand
Spielzeit: 36:17 min
Stilrichtung: Retro Heavy Metal
Plattenfirma: Gates Of Hell Records
Veröffentlichung: 10.05.2019
Homepage: www.facebook.com/PulverHeavyMetal

PULVER – ach, was böte sich der Name dieser Band doch für einen billigen Eingangswitz an. Aber jut, ab und zu muss man sich auch mal zurückhalten. Also ganz klassisch zu Anfang ein paar allgemeine Randinfos. Die fünf Jungs von PULVER kommen aus Aschaffenburg, haben seit ihrer Gründung 2016 bereits eine EP veröffentlicht und legen nun ihren ersten, mit 36 Minuten Spieldauer recht kurzen, Longplayer “Kings Under The Sand” vor. Über acht Tracks inklusive Intro wird dem Hörer darauf nach eigenen Angaben eine Mischung aus NWOBHM und Hard Rock der späten 70er geboten. Dem kann ich soweit zustimmen, ebenso wie der Einschätzung, Sänger Dave Fröhlich erinnere unter anderem an Lemmy. Dabei fallen die Vocals allerdings minimal kraftlos aus und wurden mit einem ordentlichen Hall-Effekt ausgestattet. Das ist gar nicht unbedingt schlecht. Gerade die Tendenz von Fröhlich, häufig etwas unter dem angepeilten Ton zu landen und dann die gesungene Tonhöhe der erwarteten anzugleichen, gibt ihm durchaus etwas lässig-Entspanntes, was an sich gar nicht übel zum Rest der Musik passt, der mit seiner klaren 70es-Hard-Rock-Schagseite doch nicht selten eher zum Mitnicken als zum Bangen einlädt. Ist ein wenig Geschmackssache, ich mag’s.
Die Produktion ist recht Drum- und Bass-fixiert, was Gesang und Gitarren gelegentlich ein wenig in den Hintergrund drängt, anhören lässt sich die Platte allerdings problemlos, wenn man denn über gelegentliches Bassdröhnen (insbesondere bei “Warrior Caste”) und leicht dumpfe Drums hinwegsehen kann.
Musikalisch verlassen PULVER sich auf melodische Riffarbeit, viele Tempowechsel (Durchschnittlich einer pro Song ist Pflicht) und klassische Retro-Rock-Wendungen, wobei auf kleine Extras wie Orgel- oder allgemein Tastensounds praktisch komplett verzichtet wurde. Dafür gibt es ab und an kleine Authentizitäts-Boni wie Gong und Schellenkranz in “Warrior Caste”, das auf ungewöhnliche Harmonieführung baut und im Mittelteil schön zappelt. In Sachen Geschwindigkeit bewegt man sich zwischen schleppend-doomigem Downtempo (Sagt man das so?) und gemäßigtem Uptempo. Eher MAIDEN-Galopp als DRAGONFORCE-Gedresche, wie zu erwarten war. Besagtes Downtempo findet sich insbesondere bei “Blacksmith’s Lament” und “Quarinah”, hält sich angesichts des Faibles der Truppe für Tempowechsel jedoch meist nicht lange. “Alpha Omega” ist instrumental gehalten, letztendlich ein vierminütiges Gitarrensolo, das durchweg zu unterhalten weiß, und im finalen Track “Curse Of The Pharaoh” dürfen sogar ein paar fast black-metallig anmutende Gitarren mitwirken, die dem hypnotisch wirkenden Track in Kombination mit den in den Hintergrund gemischten Schreien eine durchaus besondere Atmosphäre verleihen.
Eine bessere Produktion hätte “Kings Of The Sand” gut getan, etwas ausgefeiltere Kompositionen ebenso. Aber Potenzial ist vorhanden bei PULVER, insbesondere hinsichtlich der Gitarrenarbeit und der doch sehr schönen Kombination von 70er Hard Rock und traditionellem Heavy Metal, bei der der Fokus im Gegensatz zu vielen anderen Bands der momentan so gerne gerittenen Retro-Welle erfrischenderweise eindeutig auf ersterem Stil liegt.

Anspieltipps:
“Kings Under The Sand”, “Curse Of The Pharaoh” und “Phantom Hawk”

Fazit:
Retrofreunde sollten hier ohne Frage mal ein Ohr riskieren. Ein bisschen mehr Ausgereiftheit und eine bessere Produktion (plus ein wenig mehr Mut in Sachen Songstruktur) täte dem Musik-Rezept von PULVER noch gut, aber dass die Jungs spielerisch und durchaus auch kompositorisch was auf’m Kasten haben, lässt sich nicht abstreiten. Das nächste Album würde ich gerne wieder rezensieren!

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Rising
02. Phantom Hawk
03. Blacksmith’s Lament
04. Kings Under The Sand
05. Quarinah
06. Warrior Caste
07. Alpha Omega
08. Curse Of The Pharaoh

Jannis