NACHTBLUT – Todschick

Trackliste:

01. Von Hass getrieben
02. Todschick
03. Nachtgeweiht
04. Das Leber der Anderen
05. Manchmal kommen sie wieder
06. Mein ist die Hölle
07. Götterstille
08. Kinder des Zorns
09. Stirb langsam
10. Schneller als der Tod

 

Spielzeit: 43:15 min. – Genre: Dark Metal – Label: Napalm Records – VÖ: 21.02.2025 – Page: www.nachtblut.com

NACHTBLUT sind mittlerweile eine Institution in der deutschen Dark-Metal-Szene. Ich muss allerdings gestehen, dass mich die Band um Frontmann Askeroth bisher nicht sonderlich fasziniert hat. Das hat sich schlagartig geändert, als mir zufällig bei Youtube einige aktuelle Videoclips der Band angezeigt wurden. Für ihr siebtes Album „Todschick“ fahren NACHTBLUT ein extrem breites Spektrum an Einflüssen und verschiedenen Musikstilen auf. Und einen perfekt produzierten, kraftvollen und epischen Sound. Soviel sei schon mal vorweg genommen.

Verantwortlich für die Produktion zeigt sich ein Mann namens Chris Harms, seines Zeichens Frontmann von LORD OF THE LOST. Vielleicht war sein Zutun das letzte Puzzleteil, um NACHTBLUT auf das nächste Level zu heben. Denn die zehn hier versammelten Stücke sind allesamt einfach großartig.

„Von Hass getrieben“ eröffnet den Reigen relativ verhalten, mit moderater Härte und epischer Grundstimmung. Ganz anders präsentiert sich der Titeltrack „Todschick“. Stampfend, rhythmisch und melodiös – mit Keyboards verfeinert wildert die Nummer irgendwo zwischen Bands wie MEGAHERZ und CREMATORY. Das wiederum mystische „Nachtgeweiht“ spielt mit sakralen Elementen und ist mit seiner düsteren Moll-Stimmung der perfekte Soundtrack für den nächsten Friedhofsbesuch an Vollmond. Mit „Das Leben der Anderen“ haben NACHTBLUT einen waschechten Hit geschaffen. Hier stellt Askeroth all seine Variabilität zur Schau. Ein melancholisches Meisterwerk, das sich am Schluss immer weiter steigert und in knüppelharten Doppelbass- und Gitarrensalven gipfelt. Die Kollegen von CREMATORY und EISREIGEN dürften neidisch auf dieses grandiose Stück schielen.

„Manchmal kommen sie wieder“ startet wie ein Synthie-Hit aus den Achtzigern, kann aber spätestens beim Refrain seine wahren Väter nicht leugnen. Weitere Beispiele für den Ideenreichtum des Quartetts folgen auf den Fuß. Nach dem rotzigen „Mein ist die Hölle“ folgt in „Götterstille“ ein relativ typischer NACHTBLUT-Song. Aber nur, um im Schlussdrittel noch einmal aus dem Vollen zu schöpfen. Das treibende „Kinder des Zorns“ ist ein sakraler, harter und gnadenloser Brocken während „Stirb langsam“ wie eine Kollaboration aus Kapellen wie SALTATIO MORTIS, IN EXTREMO und Konsorten wirkt. Allerdings nur oberflächlich, denn der Text hat durchaus mehr Tiefgang als man vermuten mag. Für den Abschluss ihres neuen Albums haben sich NACHTBLUT eine weitere Überraschung ausgedacht. „Schneller als der Tod“ ist eine Hommage an die epischen Western der Sechziger mit ebensolchen Soundtracks.

Krasser Scheiß – dieses neue Album von NACHTBLUT. Und zwar in seiner Gänze! Und für mich komplett überraschend, da ich die Band bisher absolut nicht zu meinen Faves gezählt hatte. Mit „Todschick“ aber haben mich Askeroth (vocals), Ablaz (bass), Skoll (drums) und Greif (guitars) absolut begeistert und mich in ihr mystisches und dunkles Reich verpflanzt. Ein Eintrag in die Bestenliste 2025 wurde bereits vorgenommen!

Stefan

THE VICE – A Great Unrest (EP)

Trackliste:

01. A Great Unrest
02. From The Barricades
03. Tropic Of Coal
04. 1 Sun
05. Welcome The Storm (Z Edit)

 

 

 

 

Spielzeit: 18:51 min – Genre: Dark Metal – Label: Noble Demon – VÖ: 07.03.2025 – Page: www.facebook.com/TheViceOfficial

 

Ist schon spät, also kommt es sehr gelegen, dass „A Great Unrest“ von THE VICE als nächstes auf meiner Liste steht und sich überraschend als EP mit unter 20 Minuten Laufzeit entpuppt (ja, der Redakteur hat offensichtlich keine vorherige Recherche betrieben, Schande über sein Haupt). Sollte also fix gehen. Aber nix da, ich habe Gedanken.
Der zweite Release der Schweden ist knackige fünf Tracks groß, darunter ein Cover und eine rearrangierte Version eines Tracks. Als Dark Metal beschreibt man den Stil, und das passt soweit. Dabei bedient man sich in Teilen auch an Gothic, Post Rock, Modern Metal, Black Metal, Cinematic Music etc., aber erfreulicherweise nicht auf eine Art, die die Sache unrund erscheinen lässt, im Gegenteil. „A Great Unrest“ zieht schlicht in seinen Bann. Gutes Songwriting bereits beim Opener und Titeltrack, dessen redundante kleine Gitarrenline hypnotisches Flair entfaltet und mich beim Brainstorming Begriffe wie unruhig, schön, tragisch und düster auf mein imaginäres Whiteboard (Blackboard, hehe) schreiben lässt. Die Vocals von Rickard (Ja, einfach Rickard) variieren fließend zwischen Growls, Flüstern, klaren und nahezu klaren Vocals, klingt sehr gut, auch auf dem Rest des Albums.
„From The Barricades“ traut sich anschließend einen Snare-getriebenen Build-Up, den man normal eher aus elektronischer Club Music kennt. Das ist innovativ und sehr geil, ebenso der dicht-treibende Chorus mit dem leichten Vocal-Effekt. Krasses Teil für gerade einmal 2,5 Minuten Spieldauer.
„Tropic Of Coal“ macht ebenfalls sein eigenes Ding, weiß gefühlt aber etwas weniger als seine Vorgänger, was es eigentlich (sein) will. Schwächster Song der EP, aber immer noch interessant.
Und dann kommen wir zum MILEY-CYRUS-Cover „1 Sun“. Der Track eignet sich perfekt für ein Cover in diesem Stil, und THE VICE haben die Chance zurecht gesehen und genutzt. Und mit „Welcome The Storm“ gibt es dann die besagte rearrangierte Version eines Tracks vom ersten Album der Band, der ganz ruhig beginnt und sich mit der Zeit wunderbar intensiviert, mit kleinen Cinematic-Einflüssen, starker Gastsängerin (Hallo Linn!) und gut eingestreuten kalkulierten Dissonanzen.
Elemente wie das hallende Piano, kleine elektronische Einsprengsel und etwas mehr Effektarbeit hätten diese EP noch einmal auf ein ganz anderes Level heben können. Ebenso eine etwas bessere Produktion. Schlecht ist sie nicht, wie sie ist, aber Finetuning hätte hier echt nicht geschadet. Aber abgesehen davon ist „A Great Unrest“ ein wirklich vereinnahmendes, unkonventionelles kleines Werk geworden, und ein perfekter meditativ-kraftvoller Absacker für spät abends bei schummerigem Licht!

Fazit:
Ihr habt von dieser Band noch nie gehört, aber für Dark-Metal-Interessenten ist das hier ein echter kleiner Geheimtipp. Wenige Schwächen und wirklich stimmungsvoll, mit weniger als 250 Facebook-Fans. Diese Kombi ist schon ein Grund zum Reinhören. THE VICE sind genau eine dieser spannenden Sachen, die man nur, und nur durch Zufall, im Untergrund findet und dann eine wirklich gute Zeit mit ihnen hat.

Anspieltipps:
Nun, „Tropic Of Coal“ einfach am ehesten nicht.

Jannis

SEVENTH STORM – Maledictus

Trackliste:

01. Pirate’s Curse
02. Saudade (English Version)
03. Sarpanit
04. Gods Of Babylon
05. The Reckoning
06. Inferno Rising
07. Seventh
08. My Redemption
09. Haunted Sea
10. Saudade Acoustic (English Version)
11. Saudade Acoustic (Portugese Version)
12. Saudade (Portugese Version)

Spielzeit: 73:08 min – Genre: Heavy Metal – Label: Atomic Fire Records – VÖ: 12.08.2022 – Page: www.facebook.com/SeventhStormBand

 

Es gibt immer zwei Möglichkeiten, wenn ein Promotext über 1000 Wörter darauf verwendet, ein Album in höchsten Tönen als krasses Werk zu loben: Entweder das Album ist echt außergewöhnlich oder bleibt absolut hinter den damit erzeugten Erwartungen zurück. Schön, dass bei „Maledictus“ von SEVENTH STORM ziemlich exakt die erste Option zutrifft. Als Heavy Metal liste ich das jetzt mal, doch wird das dem Album nicht wirklich gerecht, da Mike Gaspar Bandleader der Truppe ist, der zuvor nahezu 30 Jahre Drummer von den großen MOONSPELL war. Es überrascht wenig, dass die Grundstimmung düsterer und emotionaler ist, als man von einem klassischen Heavy-Metal-Album erwarten würde – aber auch heavy-metallischer, als man es wiederum von einem MOONSPELL-Album erwarten würde.
Kommt nun die Frage auf, ob man einen Drummer ein Album schreiben und arrangieren lassen sollte, oder diese Aufgabe stattdessen besser einem richtigen Musiker überließe (provokant, hm? Entschuldigung.), so lässt sich jene Sorge schnell fortwischen, denn Mike hat nicht nur massig Erfahrung, sondern auch offensichtlich ordentlich Druck, seine ganz eigene Metal-Vision zu verwirklichen. Die gestaltet sich als sehr melodielastiger Heavy Metal mit viel Schwermut, die auf instrumentaler Ebene mit Black-Metal-Stilistiken angereichert ist, auf Atmosphäre setzt, sich zwischendurch aber auch nicht scheut, gemeine Riffs rauszuhauen, mal länger die verzerrten durch cleane Gitarren zu ersetzen und auf zusätzliche Instrumente wie Klavier, Orgel, Cembalo, Solostreicher, Hörner etc. zurückzugreifen. Das klingt nach einem ziemlich wahnwitzigen Mix und gerade beim ersten Track kann man doch ein wenig Misstrauen entwickeln, ob die Platte in willkürliches Gestückel ausartet. Passiert erfreulicherweise nicht, denn obgleich „Maledictus“ kaum einen Song beinhaltet, der sich auf einen Härtegrad, einen Stil beschränkt, wirken seine Songs in ihrer Mixtur aus Blastbeats, straighten und ganz ruhigen Parts doch sehr rund und abgeschlossen, da das Songwriting über all das eine große Portion Stimmung und Schönheit legt. Das wird verstärkt durch die rauen aber stets melodischen und sehr ausdrucksstarken Vocals von Sänger Rez, der den Intensitätsfaktor nochmal wesentlich erhöht und das Album dort zusammenhält, wo es sonst gegebenenfalls kleine unvorteilhafte Bruchstellen hätte.
Klanglich stimmt die Sache auch, spielerisch eh, und während man missgünstig anmerken könnte, dass die Spieldauer und Trackanzahl nur deswegen so aussehen, weil ein Track in vier Versionen vertreten ist, hätte man ohne die drei Bonusversionen immer noch ein knapp einstündiges Album und auch als Akustik-Variante macht „Saudade“ erheblich was her.

Fazit:
Mike Gaspar weiß, wie man Songs für ein Publikum schreibt, dass sich diesen Songs wirklich aufmerksam widmen und sich emotional auf sie einlassen will. Und SEVENTH STORM wissen dies hervorragend umzusetzen. „Maledictus“ ist ein sehr ernstes, ernstzunehmendes und ausdrucksstarkes Album, melancholisch, schwermütig und dicht – und dazu gut heavy. Klare Reinhörempfehlung, am besten in mehr als nur einen Song!

Anspieltipps:
„Saudade“, „Gods Of Babylon“, „Inferno Rising“ und „Seventh“

Jannis

MOONSPELL – Hermitage

Band: Moonspell
Album: Hermitage
Spielzeit: 52:27 min
Stilrichtung: Dark Metal
Plattenfirma: Napalm Records
Veröffentlichung: 26.02.2021
Homepage: www.moonspell.com

MOONSPELL – auch so eine Band, die seit nahezu dreißig Jahren aktiv ist, in der Zeit eigentlich nur starke Outputs hatte und das absolute Gegenteil von Ermüdungserscheinungen an den Tag legt. Vielseitig war man dabei, mal in härteren Gothic-Bereichen, die am Black Metal kratzen, mal äußerst elektronisch, und immer mit einer charakteristischen würdevollen Düsterkeit, die sonst nur wenige Bands erreichen, ohne zumindest zwischendurch mal in unfreiwillige Peinlichkeit abzudriften. So verhält es sich auch mit “Hermitage”, dem 13. und gewohnt ernsthaften Album der Portugiesen, für dessen exorbitant guten Sound sich Jaime Gomez Arrelano (GHOST, PARADISE LOST, SOLSTAFIR u.a.) verantwortlich zeichnet.
“Hermitage” ist eines der härtetechnisch zurückhaltenden Alben der Truppe, auf eine äußerst vorteilhafte Weise. Die Platte ist oft ruhig, hypnotisch und dunkel. Elektronische Sounddesign-Elemente spielen eine wichtige Rolle, befinden sich aber häufig sehr subtil im Hintergrund, was dafür sorgt, dass sie gegebenenfalls vom Hörer gar nicht bewusst wahrgenommen werden, die Gesamtatmosphäre des Albums aber ungeheuer andichten. Die ruhigen Parts sind sehr ruhig, oft auf gerade einmal zwei Instrumente reduziert, teils mit sehr weich gespielten Drums dabei und getragen von der tiefen und unaufgeregt-majestätischen Stimme von Fernando Ribeiro.
Ebenfalls hoch ist der Anteil an instrumentalen Parts. Zwei Tracks sind komplett instrumental gehalten, doch auch abseits dessen setzt man den Gesang eher sparsam ein und verlässt sich darauf, dass auch längere Instrumentalpassagen dank ihrer Qualität die Aufmerksamkeit des Hörers zu binden vermögen. Und Jesus, das tun sie. Fast meditativ anmutende Songteile, die mit wenigen Mitteln einen sehr vereinnahmenden Sound erschaffen, werden abgelöst von Teilen mit deutlichen Post-Rock-Vibes, die nicht minder dicht und intensiv ausfallen.
Aber natürlich haben MOONSPELL ihre Metalligkeit nicht abgelegt. Songs wie “Common Prayers” oder “The Hermit Saints” bringen die nötige Abwechslung ins Spiel und bieten feinsten melodischen Dark Metal, der von starken Melodien und sinnvoll eingesetzten Klangelementen mit einer angemessenen Kontrastportion Härte getrieben wird. Die Härte früherer MOONSPELL wird dabei selten erreicht. Fernandos unklarer Gesang (der ein bisschen Geschmackssache ist) ist auf wenige Parts beschränkt und bei einigen von ihnen auch nicht komplett unklar. Das stört bei “Hermitage” jedoch kein bisschen. In seiner Gesamtheit wählt das Album seine Härteextreme so, dass sie nicht zu übertrieben weit auseinander erscheinen und das Album stattdessen mit einer extrem düsteren und traurig-schönen Stimmung aufladen. Ein kompletter Geknüppelsong wäre hier aus der Reihe gefallen.

Fazit:
Wundervolles Album mit hoher Intensität, das keine Angst davor hat, zu sicher 50% oder mehr “kein echter Metal” zu sein, und damit eine absolut weise Entscheidung getroffen hat. Melodische Musik, sehr gut arrangiert, sehr emotional, mal hart, mal weich, intelligent und ausdrucksstark, dazu mit vereinnahmenden Melodien ohne Ende angereichert: Wer glaubt, damit etwas anfangen zu können, der tue sich unbedingt den Gefallen. Und für MOONSPELL-Fans ist die Platte eh ein Pflichtkauf!

Anspieltipps:
„The Greater Good“, „Common Prayers“, „Apoptheghmata“ und „Entitlement“

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. The Greater Good
02. Common Prayers
03. All Or Nothing
04. Hermitage
05. Entitlement
06. Solitarian
07. The Hermit Saints
08. Apoptheghmata
09. Without Rule
10. City Quitter (Outro)

Jannis