COMMUNIC – Where Echoes Gather

Band: Communic
Album: Where Echoes Gather
Spielzeit: /
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: AFM Records
Veröffentlichung: 27.10.2017
Homepage: www.communic.org

Endlich liegt es vor: „Where Echoes gather“, das erste Album seit dem 2011er Kracher „The Bottom deep“ des überall hochgeschätzten Norwegischen Trios COMMUNIC (denen in Fan-Kreisen schon ein nahezu legendärer Ruf vorauseilt).

Um „Where Echoes gather“ (Album No. 5 seit Bandgründung Mitte der 2000er) schlussendlich fertig zu stellen, brauchte die Truppe um Gitarrist/Sänger Oddleif Stensland einige Anläufe. Zweimal kam die Geburt von Nachwuchs dazwischen, was die Band nötigte die Veröffentlichung zu verschieben, da man das Ganze nicht ohne Promotion durchziehen wollte. COMMUNIC bewegt sich halt in Grenzen, die es den Jungs erlauben die privaten/familiären Belange vor das Interesse der Band zu stellen. Das ist sympathisch und dem fertigen Produkt merkt man das jahrelange hin und her nicht an. Im Gegenteil, die Scheibe wirkt klar strukturiert, glänzend bis ins Detail ausgearbeitet und wartet mal wieder mit spielerisch hohem Niveau und, vor allem, sehr starken Tracks auf. COMMUNIC bewegen sich auch auf „Where Echoes gather“ wieder irgendwo zwischen den Welten, greifen aber, das wird manchen Fan der ersten Stunde freuen, auf teilweise schon sehr alte Songideen zurück. Das bedeutet, dass es stilistisch wieder etwas Richtung Frühwerk geht. Wie gehabt bauen COMMUNIC ihre Songs auf einem Thrash-Fundament auf, streuen gerne mal die ein oder andere Blackmetal Gitarrenlinie ein, setzen auf Gesang den man eher im geerdeten US-Metal verorten würde und scheuen sich nicht, progressive „Vibes“ zu versprühen. Das hat manchmal etwas von Queensryche spielen Thrash, auch wenn dies natürlich diese urwüchsig eigenwilligen Norweger nicht annähernd beschreibt. Der Großteil der Tracks besteht aus in jeweils 2 Teile gesplittete Songs, von denen vor allem das Eröffnungsdoppel „The Pulse of the Earth“ mit seinen Ohrwurmmelodien und dem geilen Riffing sofort hängen bleibt. Als Anspieltipp seien außerdem noch der (doppelte) Rausschmeißer „The Claws of the Sea“ mit seinen vertrackten Rhythmuswechseln und die (naja, nennen wir es mal in Ermangelung einer besseren Bezeichnung) Powerballade „Moondance“ genannt. Letzterer fährt ganz großes Kino auf und balanciert die Scheibe, die eine gesunde Portion Härte mitbringt (siehe das treffend betitelte „Black Flag of Hate“), gelungen aus. Der Rest der Songs ist ebenfalls starke Kost ohne nennenswerte Längen, die allerdings erarbeitet werden will und nix fürs Nebenbeihören ist. Man sollte also Zeit und ungeteilte Aufmerksamkeit mitbringen.

Da der Dreher von Eike Freese (u.a. Dark Age) in dessen Studio 3A/Chameleon Studios 1A abgemischt und gemastert wurde, das Artwork stimmig und der Inhalt weitestgehend über jeden Zweifel erhaben ist, bleibt es zu wünschen, dass diese großartige Band für Ihre Arbeit mit weiterer Aufmerksamkeit belohnt wird. Verdient hätten Sie es allemal. Beide Daumen hoch.

WERTUNG: 

 

 

Trackliste:

01. The Pulse of the Earth (Part 1 – The Magnetic Center)
02. The Pulse of the Earth (Part 2 – Impact Of The Wave)
03. Where Echoes Gather (Part 1 – Beneath The Giant)
04. Where Echoes Gather (Part 2 – The Underground Swine)
05. Moondance
06. Where History Lives
07. Black Flag Of Hate
08. The Claws Of The Sea (Part 1 – Journey Into The Source)
09. The Claws Of The Sea (Part 2 – The First Moment)

Mario

 

MINOTAURO – Apocalyptic Sense

Band: Minotauro
Album: Apocalyptic Sense
Spielzeit: 44:43 min
Stilrichtung: Progressive Power Metal
Plattenfirma: 7Hard
Veröffentlichung: 13.10.2017
Homepage: www.minotauro-band.com

Wer kennt ihn nicht, den Mythos des Minotaurus? Minos, Sohn des Zeus, bat seinen Onkel Poseidon, ihm zur Erlangung der Königswürde ein Wunder zu gewähren und gelobte, ihm zu opfern, was immer er aus dem Meer entsteigen ließe. Poseidon ließ daraufhin DIMMU BORGIR aus dem Meer entsteigen und Minos opferte sie nicht, weil er sie einfach für zu wegweisend für den orchestralen Black Metal erachtete, wurde jedoch trotzdem König von Kreta. Poseidon war deshalb sehr wütend und ließ Minos‘ Frau namens IRON MAIDEN in ein DIMMU-BORGIR-Kostüm stecken, woraufhin sie von DIMMU BORGIR geschwängert wurde. Sie gebar MINOTAURO, die Minos zurecht für dermaßen geil hielt, dass er sie, um sie für sich allein zu haben, im Labyrinth des Underground Power Metal versteckte, wo sie jedoch von einigen rastlos nach neuen Bands suchenden Metallern und von rock-garage.com gefunden wurden.
Lange Rede, kurzer Sinn: MINOTAURO haben ihr zweites Album veröffentlicht. Gemastert und gemixt von Achim Köhler (PRIMAL FEAR, AMON AMARTH, MAJESTY) und einfach mal mit einem kompletten kroatischen Orchester am Start: Die Kollegen aus Kroatien, Slowenien und Italien machen keine halben Sachen. Und Junge, hat sich der Einsatz gelohnt.
Über eine Dreiviertelstunde schallen MINOTAURO fetten, klar produzierten, apokalyptisch-orchestralen Progressive Power Metal durch ihr Labyrinth, dass einem Hören und Sehen vergeht. Klingt die Orchestrierung während des Intros noch leicht syntethisch billig, so gibt sich das spätestens beim Einsatz der Band. Orchestrale Klänge und erbarmungslos treibender Metal gehen hier Hand in Hand und funktionieren unfassbar gut zusammen. Während die Orchestrierung stark an DIMMU zu “Progenies”-Zeiten erinnert, muss sich Bruce Dickinson wohl fragen, ob er in den letzten Monaten nicht zufällig “Apocalyptic Sense” komponiert und eingesungen hat. Denn tatsächlich lässt sich der zweite Album von MINOTAURO wohl am ehesten als MAIDEN in progressiv mit massig DIMMU-Orchester beschreiben, huldigen die Melodielinien der Italiener doch intensiv den besseren Zeiten der NwoBHM-Urgesteine (von der stimmlichen Ähnlichkeit ganz zu schweigen).
Über neun Songs wird der Hörer hier mit einer Masse an tollen Arrangements, Melodien und Spiel/Sangeskünsten konfrontiert, die ihresgleichen sucht. Dazu kommt eine hervorragende Motivarbeit (Da hat irgendwer in der Band Musik studiert, hm?), eine Top-Produktion (Die Streicher bei “All Seeing Eye” sind böser als die, die einem die Wohnzimmerwände zuhause aus Spaß pink anmalen) und Kurzweiligkeit in ihrer reinsten Form.
Man muss hier gar nicht auf die einzelnen Songs eingehen. Von vorne bis hinten ist “Apocalyptic Sense” ein Volltreffer und der Himmel für jeden, der keinen Bock mehr auf lustlos in den Background gematschte Synth-Streicherwände hat.
Immer noch unschlüssig, ob sich der Kauf des Albums echt lohnt? Okay, hier ein finales Kaufargument: Es gibt eine düstere orchestral-metallische Version von “Easy Livin’” als Bonustrack. Ja, Ihr habt richtig gelesen. Von “Easy Livin’”.

Anspieltipps:
“”Braindigger”, “Apocalyptic Sense”, “Landless Soldiers”, “Fields Of Symphobia” und “Graveyard Symphony”

Fazit:
Muss das noch deutlicher? Alle Metaller, die IRON MAIDEN mögen (also alle) und die gerne mal wüssten, wie die eigentlich mit mehr Orchester und in progressiv klingen würden, sollten hier zuschlagen. Alle, die kräftig Druck machenden Power Metal mit Charakter mögen, auch. An dieser Stelle endet die Rezension, weil ich nochmal “Graveyard Symphony” hören gehen muss. Sonst würde ich noch ein paar dutzend Zeilen lang hypen.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Landless Soldiers
02. Fields Of Symphobia
03. Seven
04. All Seeing Eye
05. Braindigger
06. Apocalyptic Sense
07. Son Of A Witch
08. Graveyard Symphony
09. Easy Livin‘

Jannis

 

SONS OF APOLLO – Psychotic Symphony

Band: Sons Of Apollo
Album: Psychotic Symphony
Spielzeit: 57:58 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Inside/Out Music
Veröffentlichung: 20.10.2017
Homepage: www.sonsofapollo.com

Portnoy! Sheehan! Sherinian! Soto! Bumblefoot! Wow, wenn das mal keine Supergroup ist, dann weiss sich es auch nicht. Was Inside/Out hier unter dem Banner SONS OF APOLLO an Land gezogen haben ist ein wahres Schwergewicht. Die Besetzung besteht ausnahmslos aus Kolossen in Ihrem Fachgebiet und die Erwartungen an das gemeinsame Projekt sind, trotz des nachweisslich recht durchwachsenen Output einiger Beteiligter (gut, hauptsächlich Vielspieler Portnoy), sehr hoch. Nun, soviel sei verraten, „Psychotic Symphony“ enttäuscht nicht. Portnoy und Sherinian, die das Projekt (ich nenne das jetzt mal so, auch wenn alle Beteiligten, wie üblich, beteuern dies sei „eine echte Band“) initiiert und federführend produziert haben, wollen augenscheinlich ihrer „alten“ Band nochmal zeigen was seit Ihrem Abgang fehlt. Und das Endergebnis spricht durchaus für sich.

Schon beim Opener „God of The Sun“ schieben die Jungs ein ordentliches Pfund nach vorne. Ein stimmiges Intro und ab geht sie, die Lucy. Ja, wie erwartet sind die Drums eine Tacken zu laut abgemischt. Aber ansonsten kann das wuchtige, fette Soundbild rundherum überzeugen. Sherinians geschmackvolle Sounds, die einen feinen Spagat zwischen Vintage/analog und Moderne schaffen, lassen nostalgisch an alte „Falling into Infinity“ Zeiten denken (die letzte, vielleicht sogar einzige, wirklich grossartig klingende DT Scheibe), Jeff Scott Soto, dieser Berg von einem Typen singt gewohnt einnehmend und kraftvoll. Überraschen kann aber vor allem Ron „Bumblefoot“ Thal, der den meisten wohl bislang nur als Guns N‘ Roses Sidekick aufgefallen sein dürfte. Während sich sein Riffing hauptsächlich in relativ gewohnten Metal-Gefilden bewegt, sind seine Soli tatsächlich ein Highlight der Scheibe. Nix da mit Petrucci Reminiszenzen und ähnlichem standardisierten Genre-Gefrickel. Der Mann hat eine ganz eigene Stimme auf seinem Instrument, die der Scheibe extrem gut tut. Weiter geht es mit den ebenfalls starken Riff-Monstern „Coming Home“ und „Signs of The Time“ (immer wieder von tollen Intrumentalpassagen aufgelockert) und bevor der Hörer sich fragt ob die Jungs nichts anderes können, als auf die 12 zu rocken, wird mit dem fein schwebenden, mit epischen Elementen garnierten „Labyrinth“ das erste kleinere stilistische (und gelungene) Experiment gewagt. „Alive“ ist ein feiner Melodic Rocker während „Lost In Oblivion“ leider nur Mittelmass ist. Gegen Ende der Scheibe hat man das Gefühl, dass den Jungs etwas die Luft ausgegangen ist denn mit dem kurzen (okayen) Instrumental „Figaro’s Whore“ sowie der abschliessenden (ebenfalls rein instrumental gehaltenen) verspielten Prog-Achterbahnfahrt „Opus Maximus“ sind zwar 2 nette Songs vertreten. Ich hätte mir hier aber durchaus noch einen weiteren Song mit Soto’s Gesang gewünscht. Das ändert aber nichts daran, dass „Psychotic Symphony“ eine extrem gute Platte geworden ist. Besser als man es wohl befürchten durfte allemal. Die Besetzung harmoniert prächtig, Jeff Scott Soto agiert angenehm untypisch für das Genre und vermeidet die üblichen kitschigen Powermetalanleihen konsequent.

Yo, passt. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass die Band noch zu weit mehr imstande ist als das, was hier auf diesem erstem Lebenszeichen zu hören ist. Ich würde mir wünschen, das die Jungs noch ein wenig zusammenwachsen, das Songmaterial etwas stringenter gestalten und ihr Profil schärfen. Dann kommt da noch ein grosses Ding auf uns zu. Prog-Metal Fans sollten sich das Debüt der Band auf jeden Fall auf den Zettel schreiben, Besseres hat man von den Beteiligten in diesem Genre schon seit geraumer Zeit nicht mehr gehört.

WERTUNG:

Trackliste:

01. God of The Sun
02. Coming Home
03. Signs of The Time
04. Labyrinth
05. Alive
06. Lost In Oblivion
07. Figaro’s Whore
08. Divine Addiction
09. Opus Maximus

Mario

THRESHOLD – Legends Of The Shires

Band: Threshold
Album: Legends Of The Shires
Spielzeit: 82:50 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Nuclear Blast Records
Veröffentlichung: 08.09.2017
Homepage: www.thresh.net

Wenn eine Band den Abgang eines solch charismatischen Sängers wie Damian Wilson wegstecken muss, dann hat das immer auch einen Einfluss auf den zukünftigen musikalischen Output. Da können THRESHOLD noch so oft und vehement versichern, dass es im Endeffekt nicht ausschlaggebend ist wer bei den Briten das Mikro schwingt. Der (forcierte) Abgang des Ausnahmesängers, der maßgeblich am Erfolg der letzten beiden Scheiben beteiligt war („March of Progress„, 2012 und „For the Journey„, 2014), fand dann sogar im Laufe der Produktion des aktuellen Albums statt. Freundschaftlich wird das Ganze wohl nicht über die Bühne gegangen sein. Was zählt ist aber aufm Platz, und da liegt uns mit „Legends of the Shires“ aktuell ein fetter Doppel-CD Brocken auf dem Teller, versehen mit einem überaus netten Artwork und, soviel sei schon gesagt, einer wie üblich fetten, transparenten, zeitgemäßen Produktion. Dass der Sängerposten bei THRESHOLD einer nicht stillstehenden Drehtür gleicht, dürfte allgemein bekannt sein. Mit Glynn Morgan ist nun ein Ehemaliger zur Band zurückgekehrt, der das 1994er Album „Psychedelicatessen“ eingesungen hatte. Das war damals nicht schlecht, aber, sind wir mal ehrlich, dann doch nicht auf dem Niveau der letzten Alben.

Wie erwähnt wurde Morgan mitten in der Produktion zu „Legends Of The Shires“ ins Studio geholt – er musste also Gesangsspuren einsingen, die ursprünglich für Wilson vorgesehen waren. Auch wenn man das mitunter an der Melodieführung merkt, muss man sagen, dass Morgan einen exzellenten Job abgeliefert hat und mit seinem deutlich rockigeren Gesang den Songs einen eigenen Stempel aufdrücken kann. Aber, er ist kein Damian Wilson. So gut ich Morgan auch finde, so deutlich muss ich doch sagen, dass die Band durch diesen Tausch am Mikro für mich an Präsenz und Relevanz eingebüßt hat. Der Sänger ist halt doch immer das Aushängeschild einer Band – auch wenn der Rest der Musiker das nicht unbedingt wahrhaben will. Nichtsdestotrotz gelingt es THRESHOLD den unter Wilson angesetzten Höhenflug nur marginal beschadet fortzusetzen: Auf „Legends Of The Shires“ tummeln sich auch weiterhin Ohrwürmer der Extraklasse, die die Konkurrenz so einfach nicht auf die Kette bekommt. Frickeln kann heutzutage so ziemlich jeder, Melodien wie in dem grandiosen „Stars And Satellites“ oder dem flotten, straighten „Small Dark Lines“ sind Ausdruck von Songwriting in Perfektion, eingespielt von einer erstklassigen Band. Die immer wieder eingeflochtenen, von akustischen Gitarren getragenen „The Shire„-Parts verbinden die Songs auf elegante Weise, setzen eine stimmige Atmosphäre die sich durch das gesamte Album zieht. Einziger Wermutstropfen ist die für meinen Geschmack etwas zu üppige Spielzeit, die man gut und gerne hätte trimmen können ohne essentiellen Ballast über Bord zu werfen. Ein Longtrack wie „The Man Who Saw Through Time“ hat durchaus verzichtbare Passagen und der ein oder andere nicht so zwingende Füller ist ebenfalls vorhanden (zB das eher suboptimale „Subliminal Freeways“). Die oben genannten Highlights sowie das epische „Lost in Translation“ oder „Snowblind“ heben das Album aber dennoch auf ein Level, dass andere nur schwer erreichen.

Der Verlust von Sänger Wilson ist spürbar, ja, aber THRESHOLD machen das Beste aus der Situation und hauen ein weiteres, hochklassiges Album auf den Markt, das Fans und Kritiker erneut in Verzückung bringen dürfte. Dass es den Jungs gelingt trotz der widrigen Umstände kontinuierlich solch bockstarken Songs zu schreiben ist nicht selbstverständlich und gebührt Respekt und, vor allem, Eurer sauer verdientes Geld.

WERTUNG:

Trackliste:

01. The Shire (Part 1)
02. Small Dark Lines
03. The Man Who Saw Through Time
04. Trust The Process
05. Stars And Satellites
06. On The Edge
07. The Shire (Part 2)
08. Snowblind
09. Subliminal Freeways
10. State Of Independence
11. Superior Machine
12. The Shire (Part 3)
13. Lost In Translation
14. Swallowed

Mario

Dark Avenger – The Beloved Bones

Band: Dark Avenger
Album: The Beloved Bones
Spielzeit: 58:28 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Rockshots Records
Veröffentlichung: 01.08.2017
Homepage: www.facebook.com/darkavengerofficial

 

Manchmal tut es im Herzen weh, einem Album keine explizit gute Bewertung geben zu können. Bei „The Beloved Bones“ zum Beispiel, dem neusten Release der Brasilianer von DARK AVENGER. Auf den ersten Blick scheint hier nämlich alles zu stimmen. Das Artwork ist toll, die Produktion geht auch absolut klar (Tony Lindgren übernahm, wie schon für DRAGONFORCE, KREATOR und andere, das Mastering), die Musiker beherrschen ihr Handwerk und Sänger Mario Linhares muss sich seiner Stimme weiß Gott nicht schämen. Auf musikalischer Ebene ist „The Beloved Bones“ epischer Progressive Metal der etwas älteren SYMPHONY-X-Spielart mit vielen orchestralen Keyboards und einer größeren Anzahl an Takt- und Geschwindigkeitswechseln.
So weit, so gut. Was leider alles andere als spektakulär ausfällt, sind die Melodien. Es gibt kaum eine Melodie auf „The Beloved Bones“, die wirklich ins Ohr ginge. Stattdessen gestalten sich die allermeisten Tracks als Aneinanderreihung kleiner bombastischer aber unspektakulärer Parts, die am Hörer weitgehend vorbeiziehen, mit einem Solopart irgendwo in der Mitte und ein paar Stellen, die sich wiederholen. Zum Teil erweist es sich tatsächlich als schwierig, den Chorus überhaupt zu erkennen, was bei einem Album dieser Art eigentlich nicht der Fall sein dürfte.
Dementsprechend hält der Käufer mit „The Beloved Bones“ ein Werk in den Händen, das seine melodische Uninspiriertheit durch die gut produzierten aber immer gleich klingenden Orchestralkeyboards kaschiert, die oft einfach nur die Gitarrenmelodie imitieren. Das klingt durchaus fett und schafft eine durchweg dramatische, leicht apokalyptische Grundstimmung, kann die schwachen Melodien aber leider nicht entschuldigen. Lediglich die letzten beiden balladesk gehaltenen Songs des Albums und das vergleichsweise aggressive und weniger Keyboard-überladene „Parasite“ fallen ein wenig aus der Reihe. Doch abgesehen von den drei Tracks ähneln sich die Songs so stark, dass sich auch nach mehrmaligem Hören des Albums das Auseinanderhalten der einzelnen Lieder als schwierig erweist. Klar gibt es einige Ausnahmen. Die Refrains von „Empowerment“ und „King For A Moment“ haben durchaus das Potenzial, ein Weilchen im Ohr zu bleiben, und die Tatsache, dass „The Beloved Bones“ fast durchgängig sehr treibend ohne viel Leerlauf voranbrettert, ist auch ein klares Argument für das Album – überkitschte Disneymelodien und seichtes Geseiere sind sehr selten. Doch das reicht nicht, um DARK AVENGERs neusten Streich guten Gewissens empfehlen zu können. Gerade im Progressive Power Metal steht und fällt ein Album auch mit der Qualität seiner Melodien. Und diese ist bei „The Beloved Bones“ einfach zu schwach.

Anspieltipps:
„The Beloved Bones“, „King For A Moment“, „Parasite“, „Empowerment“ und „When Shadow Falls“

Fazit:
„The Beloved Bones“ ist ein handwerklich sehr solides Ding. Doch das vermag nicht zu verhindern, dass sich im Verlauf des Albums beim Hörer eine gewisse Langeweile einstellt. Die Keyboards klingen durchgängig gleich (Die Glocken-Synths sind beim ersten Lied noch geil, werden dann aber dermaßen inflationär eingesetzt, dass sie schon beim vierten Track nur noch nerven) und sind wohl eher gedacht, um von den Schwächen des Albums abzulenken. Die Melodien sind zum größten Teil belanglos und uninspiriert. Zum nebenbei auf dem Festival-Campingplatz hören geht „The Beloved Bones“ voll in Ordnung. Ein Album, das man sich immer wieder konzentriert anhören möchte, ist es jedoch nicht – und das ist bei einem Progressive-Metal-Album keine gute Sache.

 

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. The Beloved Bones
02. Smile Back To Me
03. King For A Moment
04. This Loathsome Carcass
05. Parasite
06. Breaking Up Again
07. Empowerment
08. Nihil Mind
09. Purple Letter
10. Sola Mors Liberat
11. When Shadow Falls

Jannis

LEPROUS – Malina

Band: Leprous
Album: Malina
Spielzeit: 58:48 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Inside Out Music
Veröffentlichung: 25.08.2017
Homepage: www.leprous.net

Die Norwegische Ausnahmeband LEPROUS hat sich in den letzten Jahren zu einem kleinen Phänomen gemausert. Nur wenige im Prog Metal Bereich aktive Bands haben es geschafft sich ein solch eigentümliches Soundgewand zurecht zu schneidern wie das Quartett um Sänger/Keyboarder/Komponist Einar Solberg. Vor allem auf den beiden letzten Alben „Coal“ (2013) und „The Congregation“ (2015) wurde ein Stil/Sound (erst) gefunden und (dann) gepflegt, der sofort und eindeutig identifizierbar war. Als Kehrseite des Ganzen stellte sich eine gewisse Stagnation ein, die sich auf der letzten Scheibe bemerkbar machte – neue Songs in einem bereits gewohnten Klang. Nachdem der langjährige Gitarrist Øystein Landsverk sich vor den Arbeiten zum neuen Album ausgeklingt hatte, war es wohl an der Zeit die eigenen Klang-Parameter neu zu justieren. Während die Songs dank der unverkennbaren Stimme von Solberg (sowie seiner ganz eigenen Phrasierungen) auch weiterhin eindeutig LEPROUS zugeordnet werden können, dürfen Fans der Band sich auf ein neues Erlebnis in Sachen Klangästehtik einstellen.

Gleich mit „Bonneville“ wird klar, dass das bisher bekannte Schema nicht mehr ganz gilt. Die Klangpalette ist eindeutig erdiger geworden, die Gitarren klingen nicht mehr wie maschinell eingespielte Roboterspuren (was bisher seinen ganz eigenen Reiz hatte) sondern erinnern oftmals an die fabelhaften Billy Talent. Die bisher als Singles ausgekoppelten Tracks „Stuck“ und „From the Flame“ betören durch packende Hooklines, die sich im Gehörgang festbeissen. Allerdings bewegt sich die Band auch ein Stück weit weg vom Prog Metal der bisherigen Alben und lässt eine gewisse Portion Alternative Rock Attitude mit einfliessen. Das mag nicht jedem gefallen, ist aber definitiv ein Schritt in Richtung (nötiger) Weiterentwicklung. Wild und ungezügelt geht es aber auch weiterhin in Tracks wie „Mirage“ zu, der gewohnt verschachtelte Rhythmusfiguren mit energischen Melodieausbrüchen kombiniert. Mit dem starken Titeltrack und dem fordernd/fulminanten „The Weight of Disaster“ haben sich die (mutigen) Highlights des Albums weiter hinten versteckt. Es lohnt sich also, das Album als Ganzes zu erschliessen.

Leicht haben LEPROUS es dem Zuhörer noch nie gemacht, und das ist auch auf Album No. 5 nicht anders. Wer die Band bisher gut fand, wird auch diesmal wieder mit einem starken Album belohnt. Die, die sich bisher nicht mit LEPROUS anfreunden konnten, werden sich, trotz Feinjustierung im Klangteppich, auch weiterhin schwer tun. Erfreulich für Fans der Norweger ist auf jeden Fall, dass die Band um Weiterentwicklung bemüht ist. Herausragend bleiben auch auf der neuen (teilweise schwer zugänglichen) Scheibe die unfassbar starken Melodiebögen und das traumwandlerische Zusammenspiel der Truppe.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Bonneville
02. Stuck
03. From the Flame
04. Captive
05. Illuminate
06. Leashes
07. Mirage
08. Malina
09. Coma
10. The Weight of Disaster
11. The Last Milestone

Mario

EAGLEHEART – Reverse

Band: Eagleheart
Album: Reverse
Spielzeit: 55:13 min
Stilrichtung: Progressive Power Metal
Plattenfirma: Scarlet Records
Veröffentlichung: 18.08.2016
Homepage: www.eagleheart.eu

Crowdfunding ist generell eine risikoreiche Investition. Da unterstützt man als Fan eine Band, die man mag, und muss dann in unruhiger Erwartung hoffen, dass das gespendete Geld nicht zu Schrott verarbeitet wird. Die Unterstützer von EAGLEHEART, die den Tschechen die Aufnahme ihres dritten Albums ermöglicht haben, seien an dieser Stelle beruhigt: „Reverse“ ist jeden Cent wert. Die 2003 gegründete Gruppe hat einen absolut würdigen Nachfolger zu „Dreamtherapy“ geschaffen, der kaum Wünsche offen lässt.
„Reverse“ ist beeindruckend fett und klar produziert, tummelt sich irgendwo in den Fahrtwassern von SYMPHONY X und KAMELOT und kommt mit gleich drei Sängern daher, die allesamt nicht nur sehr gute Arbeit verrichten, sondern auch stimmlich sehr gut zur Musik passen.
Mit „Awakening“, einem sphärisch-epischen Keyboard-Intro, gelingt den Herren aus Brno ein stimmungsvoller Einstieg, bevor der erste richtige Track, „Until Fear Is Gone“, unerwartet druckvoll aus den Lautsprechern eskaliert. Progressiv anmutend, mit kleinen Taktwechseln zwischendurch und toller Melodieführung insbesondere im Chorus, sollte bereits dieser Track Freunden melodischen Progressive Metals mit ordentlich Keyboardeinsatz ein paar Freudentränchen aus den Augen locken.
Auf das treibende „Healing The Scars“ folgt dann mit „All I Am“ der vielleicht beste Song des Albums. Wer sich vom kitschigen Synth-Intro nicht abschrecken lässt, findet hier ein unendlich fettes vielseitiges kleines Werk mit großartigem Refrain, einem schönen individuellen Gitarrenriff und modern klingenden Keyboardakzenten.
„Palace Of Thoughts“ und „Reverse“ halten das Niveau beinahe, erweisen sich als vielseitig, aber nicht unübersichtlich chaotisch. „Erased From Existence“ ist vergleichsweise zurückhaltend und einer der schwächeren Songs des Albums, vermag aber durchaus zu unterhalten.
Die Strophe von „Endless“ ist für die Götter und auch der Refrain, der ein klein wenig so klingt, als habe Peavy Wagner ihn geschrieben, kann überzeugen.
Zum Ende von „Reverse“ gibt es mit „Painting The Shadows By Light“ dann nochmal einen kleinen Leckerbissen: Spaßige Disco-Synths auf einem ruhigen Vocal-Intro leiten einen amtlichen High-Speed-Part ein und der Chorus entzückt auf ganzer Linie.
Wer danach ein wenig runterkommen muss, der besorgt sich am besten die Special Edition. Der Bonustrack „Erased“ ist eine nicht zu kitschige Halbballade, die das Niveau des Albums nicht ganz halten kann, aber durchaus hörenswert ausfällt.

Anspieltipps:
„Until Fear Is Gone“, „All I Am“, „Painting The Shadows By Light“ und „Palace Of Thoughts“

Fazit: Reden wir nicht lange um den heißen Brei: „Reverse“ ist ein toller Beitrag zum Progressive-Power-Metal-Genre, der stellenweise vielleicht ein wenig zu überladen ist. Freunde von SYMPHONY X, KAMELOT, modernen Synthesizern und toll ausgearbeiteten Melodielinien sei der neuste Streich von EAGLEHEART bedingungslos ans Herz gelegt.

 

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Awakening
02. Until Fear Is Gone
03. Healing The Scars
04. All I Am
05. Palace Of Thoughts
06. Reverse
07. Erased From Existence
08. Mind To Decipher
09. Endless
10.Enemy Within
11. Painting The Shadows By Light
12. Erased (Bonus Track)

Jannis

 

SOUL SECRET – Babel

Band: Soul Secret
Album: Babel
Spielzeit: 67:53 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: Pride & Joy Music
Veröffentlichung: 28.07.2017
Homepage: www.soulsecret.net

Ich war lange nicht mehr so angenehm überrascht über die Entwicklung einer Prog-Metal Band wie im vorliegenden Fall der Italiener SOUL SECRET. Bewegten sich die Jungs auf dem Vorgänger „4“ noch hauptsächlich auf den (sicheren) Pfaden von etablierten Acts wie z.B. den omnipräsenten Dream Theater, so versucht die Band auf dem neuen Album „Babel“ einen stilistischen Befreiungsschlag, der grösstenteils ganz hervorragend gelingt. Zum ersten mal in der Bandgeschichte ist es dabei gelungen ein Album einzuspielen, dass dieselbe Mannschaft wie der Vorgänger aufweist. Und dieses neugewonnene „Wir“-Gefühl schlägt sich natürlich auch im Songwriting durch.

„Babel“ ist ein Konzeptalbum über, kurz gesagt, ein Projekt zur Suche nach Gott im weiten Weltraum … also, tief stapeln ist definitiv etwas anderes. Das bedeutet im Klartext erstmal, dass viel mit eingestreuten Sprechparts gearbeitet wird. Was auf dem Papier mal schnell aufstöhnen lässt, ist dann in der Praxis aber ziemlich clever umgesetzt. Die Songs fliessen gut ineinander, nichts wirkt störend oder erzwungen. Man merkt, dass SOUL SECRET sich einige Gedanken gemacht haben – nicht nur um das Thema selbst, sondern auch um die Umsetzung im Rahmen einer Platte. Noch wichtiger als Rahmenhandlung und Konzept sind allerdings die Songs selbst. Und hier gibt es fast nur Positives zu berichten: Die Band setzt auf eine angenehme Entschleunigung, lässt der Geschichte Raum und Zeit sich zu entfalten und verpackt das Ganze in entsprechend dynamisch aufbauende Songs. Die schon beim Vorgänger beobachteten Parallelen zu den Briten Haken scheinen auch auf „Babel“ weiterhin durch, vor allem im Gesang und den Arrangements sind sich beide Bands ähnlich. Aber SOUL SECRET haben genug eigene Stärken um sich zu profilieren. Schön sind z.B. die immer wieder eingestreuten Fusion-Schlenker (vor allem in den Gitarren-Soli), die der Erwartungshaltung einen netten Strich durch die Rechnung machen und Akzente setzen können. Anspieltipps sind das wundervolle, federleichte „What we’re all about“, der an die leider mittlerweile aufgelösten Amoral erinnernde Track „Awakened by the light“ mit seinen weit aufgefächerten Melodien sowie die beiden Longtracks „Entering the City of Gods“ und „In the Hardest of Times“ – wobei vor allem Letzterer alle Facetten eines zünftigen Prog-Epos mit sich bringt und von feinen akustischen Tönen, über jazzig verspielte Licks bis hin zu harten Frickelriffs alles gekonnt in sich vereint.

Was die Produktion und die handwerkliche Darbietung der Scheibe angeht bleibt zu vermelden, dass sich seit „4“ nichts zum Negativen Verändert hat. Jeder Musiker beherrscht sein Instrument blind und soundtechnisch hat man die Neugewonnen Leichtigkeit und Transparenz, die das Songmaterial liefert, perfekt eingefangen. Die Akustikgitarren haben Raum zum atmen, wenn es mal kerniger zur Sache geht, wird man zu keinem Moment von einer Soundwand überfahren und die Balance der Instrumente und der Stimme von Sänger ist wunderbar.

Trotz des Mangels an wirklichen „Hits“, also Songs die sich aufgrund eines Ohrwurms gleich im Gehörgang festsetzen, ist SOUL SECRET mit „Babel“ ein bärenstarkes Album gelungen, dass ich den Jungs nach dem bisherigen, auf Nummer sicher gehenden, Output nicht zugetraut hatte. Mut zahlt sich aus, so dass Fans von anspruchsvollem, fordernden melodischem Prog-Metal auf jeden Fall ein Ohr riskieren sollten.

WERTUNG:

Trackliste:

01. Prologue
02. What we’re all about
03. A Shadow on the surface
04. Will they?
05. LogOS
06. Awakened by the light
07. Entering the City of Gods
08. The cuckoo’s nest
09. Newton’s Law
10. In the Hardest of Times

Mario

NEXT TO NONE – Phases

Band: Next to None
Album: Phases
Spielzeit: 78:46 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: InsideOut Records
Veröffentlichung: 07.07.2017
Homepage: www.nexttonone.net

Was macht eine Band, deren Debüt zwar recht wohlwollend aufgenommen, aber nicht wirklich mit Begeisterung empfangen wurde? Jepp, eine der ersten Entscheidungen ist natürlich den Produzenten zu wechseln, schliesslich muss beim Fussball ja auch erst einmal der Trainer gehen … Im Falle der US Amerikaner NEXT TO NONE, rund um den Mike Portnoy Sohn Max am Schlagzeug, wollte die Band dann auch gleichzeitig den Vorwurf aus dem Werg räumen, dass die erste Scheibe, die vom Daddy produziert wurde, nur aufgrund des Promi-Bonus die Chance auf eine Veröffentlichung bekam. So weit, so nachvollziehbar. Ob es eine kluge Entscheidung war, die Produktion der 2. Scheibe, nicht an einen anderen Externen abzugeben, sondern gleich das Ganze selbst in die Hand zu nehmen darf im Fall der noch sehr jungen Band bezweifelt werden …

Durch Neuzugang Derrick Schneider an der Gitarre hat das neue Material eine deutlich härtere Ecke hinzugewonnen. Dies konnte man bereits bei den Konzerten konstatieren, die die Jungs im Vorprogramm der jüngst abgeschlossenen Tour mit den formidablen Haken absolviert haben. In einem solchen Live Kontext konnte die Band auch weitestgehend aufgrund der offensichtlichen Spielfreude überzeugen. Auf Platte kommen NEXT TO NONE leider immer noch ein wenig holprig daher: In „Answer Me“ knüppelt der junge Portnoy, ganz wie sein Papa, auf Deibel komm raus über DT typische Piano Passagen, Klargesang wechselt sich mit Metalcore Gegrunze ab. Das alles hat man schon vielfach (besser) gehört. Zumal das alles nicht immer ganz flüssig wirkt. Aber, anders herum, das ist Gemecker auf hohem Niveau: die Konkurrenz, gegen die NEXT TO NONE heutzutage ins Rennen gehen, ist nunmal technisch so versiert, dass es beinahe ausgeschlossen ist da noch Ausrufezeichen zu setzen. Und das kann man eigentlich nur noch durch einen extrem eigenständigen Sound (siehe z.B. Leprous) oder eben herausragendes Songwriting. In beiden Bereichen müssen die Jungs noch arbeiten. Das heisst aber nicht, dass es auf „Phases“ keine starken Momente zu bestaunen gibt: „The Apple„ (die erste Single des Albums), „Mr. Mime“ und „Denial“ fahren einige gute Melodien, gesunde Härte und schräge Einfälle auf und das abschließende, beinahe 20 minütige „The Wanderer” ist ein mutiger Versuch ein Prog Epos zu schreiben (was teilweise sogar gelingt). Leider bleibt aber selbst nach mehrmaliger Einfuhr des (zudem viel zu langen) Werks, nicht wirklich viel im Gedächtnis hängen.

Auch mit “Phases” können NEXT TO NONE noch nicht richtig überzeugen. Immer noch hapert es am Songwriting, unausgegorenen Arrangements und streckenweise schwachem Gesang. Beim nächsten Versuch sollte die Band vielleicht unvoreingenommene Hilfe von aussen zulassen. Die Basis ist jedenfalls definitiv vorhanden, auch wenn der grosse Wurf noch auf sich warten lässt.

WERTUNG: 

 


Trackliste:

01. 13
02. Answer Me
03. The Apple
04. Beg
05. Alone
06. Kek
07. Clarity
08. Pause
09. Mr. Mime
10. Isolation
11. Denial
12. The Wanderer

Mario

ABSTRACTION – Nightmare

Band: Abstraction
Album: Nightmare (EP)
Spielzeit: 23:50 min
Stilrichtung: Progressive Metal
Plattenfirma: (Eigenveröffentlichung)
Veröffentlichung: 26.06.2017
Homepage: www.abstractionband.com

2014 hatte ich an das Debüt der bulgarischen Prog Formation ABSTRACTION besprochen (und zwar hier), nun liegt uns als Lebenszeichen der Jungs die neue 3 Track EP „ Nightmare“ vor. Näheres zur Band kann man meinem eben angesprochenen Review entnehmen, zum neuen Release gibt es jedenfalls keine personellen Änderungen von Seiten der Band zu vermelden. Gehen wir also mal davon aus, dass ABSTRACTION noch in derselben Formation wie vor 3 Jahren unterwegs sind.

Nennen wir das Kind gleich beim Namen, dann haben wir das aus den Füßen: ja, an dem was ich zum Vorgänger gesagt habe muss nicht viel geändert werden. Auch heute klingen bei ABSTRACTION vor allem DREAM THEATER durch – der Titeltrack spricht da Bände. Das macht die Sache in der Flut von ähnlichen Einflüssen getriebenen, handwerklich starken Bands aus der Szene natürlich nicht leichter. Der wirklich einzige Weg sich da Gehör zu verschaffen und eine eigene solide Fanbasis aufzubauen geht über das Songwriting. Es wird immer eine andere Band geben die noch frickeliger ist, die noch schneller spielt und bei der der Sänger noch durchgeknallter und/oder höher singt. Leider vernachlässigen die meisten Bands grade dieses Thema sträflich und beackern Felder, auf denen eh nix mehr wächst. ABSTRACTION treten zum Glück nicht in diesen Fettnapf, tun sich auf der anderen Seite aber auch ein wenig schwer Hooklines der Marke "Wow" im Gedächtnis zu platzieren. Dennoch kann das mit einer leicht an frühe Therapy? Hits erinnernden Strophe nach vorne rockende „Steam Machine” sowie das mit schönen Clean Gitarren im Stile von Fates Warning oder Queensryche aufgepeppte “Sand In The Hand” überzeugen. Es sind vor allem die immer wieder gut platzierten Satzgesänge, die die Band ein wenig herausheben und für Aha-Erlebnisse sorgen. Im Großen und Ganzen mangelt es wie bereits gesagt etwas an Ohrwurm-Melodien (die solch eine Musik unweigerlich braucht um im Gedächtnis zu bleiben). Appetit auf ein komplettes neues Album der Band macht die EP aber allemal.

Aus den bekannten klassischen Zutaten versuchen ABSTRACTION etwas Eigenes zu schaffen und ziehen sich dabei achtbar aus der Affäre. Charmant ist die Eigenproduktion, die auf der einen Seite nicht billig, auf der andern Seite aber immer noch modern genug und fast schon ein wenig retro klingt. Nimmt man dann noch den eigenständigen Gesang des Fronters hinzu (der sich seit dem Debüt eindeutig verbessert und mit seiner leicht gepressten Stimme Wiedererkennungswert hat), dann sollten für Prog Fans der alten Schule genug Argumente für ein Probehören vorhanden sein. An der Hooklines sollten die Jungs aber noch feilen.

WERTUNG: 

 


Trackliste:

01. Steam Machine
02. Nightmare
03. Sand In The Hand

Mario