WINTER’S VERGE – The Ballad Of James Tig

Band: Winter’s Verge
Album: The Ballad Of James Tig
Spielzeit: 48:49 min
Stilrichtung: Power Metal
Plattenfirma: Pride & Joy Music
Veröffentlichung: 11.09.2020
Homepage: www.facebook.com/WintersVerge

Wir wissen alle, dass wir momentan dankbar sein können über alles, was momentan an Musik von kleineren Bands noch veröffentlicht wird, weil unser aller Lieblingsvirus momentan Gefallen daran gefunden hat, diverse Künstlerexistenzen zu gefährden. Schieben wir es einfach mal darauf, dass die, die noch weiter Kunst schaffen können, das mit geringeren Budgets machen müssen, dass die Orchestral-Sounds auf WINTER’S VERGEs neuem Longplayer “The Ballad Of James Tig” gelinde gesagt günstig klingen. Um den einzigen ernstzunehmenden Kritikpunkt direkt komplett abzuarbeiten: Das vierte Album der Truppe aus Zypern ist als tendenziell piratiger Power Metal sehr orchesterlastig und diesem Orchester hört man doch etwas zu viel an, dass es aus der Dose kommt. Das ist an einigen Stellen echt schade, stört aber kaum, wenn die Stellen nicht rein orchestral sind (was leider gar nicht mal so wenige sind).
Gut, genug des Meckerns: 50 Minuten, neun Songs, ansonsten sehr fette Produktion mit starker Stereo-Ausreizung und gut Druck. George Charalambous macht einen hervorragenden Job als Sänger, der Rest der Band sitzt on point.
Pirate Power Metal – Wie viel Innovation ist da noch möglich? Nun, jetzt nicht allzu viel, aber WINTER’S Verge schaffen es, das Genre allemal interessant und intelligent zu verarbeiten. Wo sie ruhig und gefühlvoll agieren (beispielsweise in der Ballade “Timeless” mit weiblichem Gastgesang oder im Titeltrack), nehmen sie sich Raum zur Ausbreitung der Stimmung, ergänzen sie durch ebenso kluge Orchestral-Arrangements, und wenn Power benötigt wird, dann bricht sie über den Zuhörer mit absoluter Wucht einher. Das kann im Midtempo geschehen (“The Sea”, diese Gitarrenarbeit auch) oder mit einigermaßenem Doublebass-Gewitter (“A Thousand Souls”), bleibt dabei jederzeit hochmelodisch mit einem erkennbaren Faible für 6er-Takt – und Bombast. Tatsächlich gibt es einige Stellen, an denen “The Ballad Of James Tig” an der Schmerzgrenze zu zu viel Bombast kratzt, allerdings subjektiv keine, bei der die Grenze tatsächlich übertreten wird. Kompositorisch hat man natürlich diverse kleine piratige Wendungen drin, gibt sich damit allerdings nicht zufrieden und liefert noch so einiges an geilen unpiratig-fetten Power-Metal-Melodien, die zumeist hervorragend in den Gesamtkontext des Konzeptalbums integriert sind. Überhaupt sind die Songs in sich so vielseitig (die Ballade, der Titeltrack und das kurze “Killagorak”-Intermezzo mal ausgenommen), dass einen praktisch alle 24 Takte etwas anderes erwartet, was allerdings in seiner Abfolge stets so stimmig ausfällt und in nachvollziehbaren Strukturen passiert, dass “The Ballad Of James Tig” als Album zur kleinen abenteuerlichen Seereise ins Ungewisse wird.

Fazit:
Womit ich allen Power- und insbesondere Pirate-Metal-Fans WINTER’S VERGES‘ neues Album soweit wärmstens ans Herz legen kann. Nein, das ist nicht ALESTORM, nicht die Saufen-und-Entern-Art von Pirate Metal, sondern die ernsthaftere und liebevoll komponierte, nicht Pirate auf Teufel komm raus. Musikalisch komplex aber kein bisschen überfordernd. Nur bezüglich der Orchester-Sounds braucht es wirklich Toleranz. Wer sich zutraut, die mitzubringen und die Soundqualität zu ignorieren, wo nötig, der kann auf die Gesamtwertung gerne noch einen Punkt draufrechnen.

Anspieltipps:
“I Accept”, “The Sea” und “A Thousand Souls”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. It Begins
02. A Thousand Souls
03. Dead Reckoning
04. Timeless
05. Killagorak
06. I Accept
07. Blood On The Foam
08. The Sea
09. Ballad Of James Tig

Jannis