TIMECHILD – Blossom & Plague

Trackliste:

01. The Dying Tide Part I
02. The Dying Tide Part II
03. The Dying Tide Part III
04. Call Of The Petrichor
05. Hands Of Time
06. Buried In Autumn
07. The Sign
08. Only Our Shadows Remain

 

 

Spielzeit: 34:11 min – Genre: Progressive Doom Heavy Rock – Label: Mighty Music – VÖ: 01.09.2023 – Page: www.facebook.com/timechildofficial

 

Vorneweg: Ich hab mir die Genrebezeichnung nicht ausgedacht, die stand so im Promo-Sheet. Aber ja, eigentlich hat man damit TIMECHILDs Stil ganz gut beschrieben. Die Dänen gibt es erst seit 2020 und „Blossom & Plague“ ist ihr zweites Album. Im besten Fall hat man auf dem bereits ein bisschen seinen eigenen Sound gefunden, und oh Junge, das hat diese Band.
Gut, man hat sich auch ordentlich ins Zeug gelegt. Mighty Music ist ja durchaus eine Label-Instanz, Soren Andersen als Produzent von Größen wie GLENN HUGHES und PHIL CAMPBELL auch eine ordentliche Nummer. Und das Coverartwork erinnert nicht von ungefähr an solche von OPETH oder AVENGED SEVENFOLD, schließlich ist dafür Travis Smith verantwortlich.
Hat sich alles gelohnt, „Blossom & Plaque“ ist ein Brett. Gerade mal 35 Minuten lang, dafür aber auch gut komprimiert und mit außerordentlich hohem Geile-Parts-Anteil, top produziert – und in manchem 50-Minuten-Album stecken wesentlich weniger Gedanken und Arbeit.
Die „Für Fans von OPETH, GHOST und BLACK SABBATH“-Angabe im Promosheet ist nicht weniger akkurat als die Genre-Bezeichnung. TIMECHILD können Progressive, halten das aber in Maßen, können Heavy, aber auch ruhige Momente perfekt.
„Blossom & Plague“ ist ein stimmiger, kurzweiliger und unvorhersagbarer Mix aus alldem. Gerade in den wirklich schönen ruhigen Parts kommen GHOSTige warm-mehrstimmige Vocals zum Einsatz, mit smart durchdachten Harmonien, die ebenso zünden wie die rauen „Standard“-Vocals in den härteren Teilen. Die fallen immer wieder wunderbar groovy aus, mit einigen cool heruntergebrochenen Midtempo-Phasen und starker Instrumentalarbeit.
Überhaupt sind die Arrangements der Songs sehr stimmig. TIMECHILD haben so komponiert, dass sie auf „Blossom & Plague“ absolut aufeinander eingestimmt wirken, mit delikater Gitarrenarbeit, die an dieser Stelle noch einmal gesondert hervorgehoben werden muss.
Und was schließlich die Melodien angeht, ist die Platte ebenso oben mit dabei. Dominant hervortretende Einflüsse sind die Ausnahme, die Melodiearbeit ist schlicht eigen, dabei aber (für dieses Genre) häufig Hitmaterial, das viel Mut zu Ruhe und Schönheit besitzt, wo nötig. Was nicht bedeutet, dass die Faktoren „Heavy“ und „Rock“ deswegen zu kurz kämen. TIMECHILD wissen einfach, was man in dieses Genre auch noch einbringen kann, um den Geilheits-Faktor zu erhöhen.

Fazit:
Grund zur Kritik gibt „Blossom & Plague“ einfach nicht, und es ist ein Wunder, dass TIMECHILD gerade einmal drei Jahre existieren. Die Platte klingt nicht nur professionell gespielt, gesungen, produziert und geschrieben. Sie ist auch auf musikalisch-künstlerischer Ebene einfach feierlich und ein Kandidat für meine Jahres-Top-10-Liste!

Anspieltipps:
Am „schwächsten“ ist noch „Hands Of Time“, also einfach irgendeinen der anderen Songs. Oder zwei. Oder drei. Oder alle.

Jannis

CRIME – Hard Times (Zeitmaschine – Re-Release)

Trackliste:

1.Writing On The Wall
2.Fire Walk With Me
3.Running With The Storm
4.Open Your Eyes
5.Kiss My Ass
6.Isolation
7.Get Out Of This Jail
8.I Don´t Wanna Lose This Feeling
9.Hard Times
10.LSD Airways
11.Angel

Spielzeit: 50:13 min – Genre: (Progressive) Hardrock – Label: Metalapolis Records – VÖ: 1993/2023 – Page: www.crime-band.de

Erinnert sich noch wer an das glorreiche Plattenlabel aus dem Süden der Republik, das Anfang der 1990er so manchen Leckerbissen in den CD-Player gezaubert hat?! Die Rede ist natürlich von Long Island Records aus Kissing. FRONTLINE, TAKARA, THE HEAT (mit Mat Sinner), JADED HEART, STEEL DAWN , IF ONLY, GUNSHY oder SABU sowie das göttliche „Stick It In Your Ear“ von PAUL LAINE (mit Bonus Tracks) gingen auf das Konto der bayrischen Überzeugungstäter. Dabei gab es natürlich auch viele Lizenzprodukte, Re-Releases etc.
Aber auch gute eigene Signings konnte man vorweisen. z.B. die deutschen Hardrocker CRIME, die neben dem 1993er Debüt „Hard Times“ zwei Jahre später noch „No Cure“ nachreichten. Danach war allerdings Schluß mit der Band um den griechischen Sänger Stavros Moutzoglou. Des weiteren musizierten bei CRIME Matthias Ehrhardt (guitars), Ulrich Kottke (bass), Gunter Kierstein (keyboards) und Alex P. Meli (drums).

Jetzt erfährt dieser Rohdiamant endlich eine offizielle Wiederveröffentlichung, allerdings vorerst nur digital, dafür aber Remastered.

Leider ist in den Weiten des Internets nicht viel über diese Band zu erfahren. Nur, dass die Band bei allen beteiligten Musikern wohl das einzig nennenswerte Engagement geblieben ist. Beim Öffnen der CD-Box springt einen ein Bandfoto an, das einen gleich erschaudern lässt. So, genau so, konnte man sich das Publikum in der lokalen Rock Discothek vorstellen. Zu dem Zeitpunkt existierten noch einige dieser Schuppen, speziell im eher ländlichen Bayern. Und dort kamen auch die Songs von CRIME zum Einsatz. Sogar bis in die altehrwürdige Rock Fabrik zu Augsburg hat sich dieser Silberling rumgesprochen. Denn dort hörte der Schreiber dieser Zeilen zum ersten Mal den Song „Get Out Of This Jail“ und lenkte seine Augen sofort auf den kleinen Bildschirm, wo das Cover der CD zu sehen war (eine echt geile Idee, die mir so manchen CD-Kauf ermöglichte, auf der anderen Seite aber viel Geld kostete). Der jetzt vorliegende digitale Re-Release kommt nicht von ungefähr über das Label jenes Mannes, der seinerzeit in der RoFa hinter der DJ-Kanzel residierte.

Die 11 Songs auf dem Album könnte man generell als Hardrock bezeichnen – typisch deutschen Hardrock – der sich hin und wieder progressiven Tendenzen hingibt. Das eröffnende „Writings On The Wall“ beginnt frisch und rockig, was allerdings gleich zu Beginn auffällt ist, dass der Sound des Silberlings etwas schwach auf der Brust ist. Das hat sich hoffentlich mit dem Remastering geändert. Auf der anderen Seite hat er Wiedererkennungswert. Das folgende „Fire Walk With Me“ ist dann ein Song von der progressiven Sorte, für mich allerdings nicht dazu prädestiniert, um schon jetzt zum Zug zu kommen. Dafür hat er nicht genügend Durchschlagkraft. Das macht das melodische „Running With The Storm“ aber wieder wett. Die Piano-Ballade „Open Your Eyes“ ist herzzerreißend schön und „Kiss My Ass“ reckt deutlich den Mittelfinger in die Höhe. Die richtigen Highlight kommen aber noch. „Isolation“ macht den Anfang bevor der große Discothekenhit „Get Out Of This Jail“ alle Register zieht. Im Midtempo beheimatet mit Keyboarduntermalung schraubt sich das Stück langsam hin bis zum großartigen Refrain – göttlich. Abermals eine Ballade haben die Jungs mit „I Don´t Wanna Lose This Feeling“ im Programm – abermals ein tolles Stück Musik. Der Titeltrack „Hard Times“ behandelt Rassismus und Fremdenfeindlichkeit und startet auch mit einem dementsprechenden Intro. Es scheint, als würde der griechische Sänger Stavros seine Erfahrungen in dem Song verarbeiten. „LSD Airways“ kann leider nur noch bedingt überzeugen aber die abschließende dritte Ballade des Albums namens „Angel“ zeigt noch einmal das starke Songwriting über weite Teile des Albums. Nicht zuletzt auch im Balladensektor.

Natürlich ist das Debüt von CRIME eher ein Exot und vielleicht auch ein gesuchtes Teil. Aber deshalb wird „Hard Times“ hier nicht vorgestellt, es geht einfach um tolle Musik, die tief aus dem Herzen kommt und für jeden Hardrocker Pflichtprogramm sein sollte. Leider fand die Scheibe damals zu wenig Beachtung und auch die Zeit war wohl nicht auf der Seite von CRIME. Umso mehr ist dieser Re-Release, dem hoffentlich auch ein physischer folgt, mehr als verdient. Da heißt es zuschlagen!

Stefan