LEVERAGE – Gravity

Trackliste:

01. Shooting Star
02. Tales Of The Night
03. Hellbound Train
04. Moon Of Madness
05. Eliza
06. All Seeing Eye
07. King Ghidorah
08. Gravity

 

 

Spielzeit: 45:06 min – Genre: Heavy Rock – Label: Frontiers Music s.r.l. – VÖ: 20.06.2025 – Page: www.facebook.com/leverageofficial

 

 

Outputs von Frontiers Music sind bei der Rock Garage normal weniger meine Baustelle. Allerdings haut das Label in den letzten Wochen Album um Album raus, das ich interessant finde, und das ist nicht anders im Fall von LEVERAGEs „Gravity“. Das ist das nunmehr sechste Album in der knapp 20jährigen Karriere der finnischen Band, die 2022 vom Tod ihres Sängers Kimmo Blom auf die Probe gestellt wurde.
Doch die Reise geht weiter, die Heavy-Rocker haben mit Lotta-Maria Heiskanen inzwischen eine Violinistin am Start, und den Gesangsjob übernimmt Paolo Ribaldini, bekannt von DELAIN. Da „Gravity“ mein erster Berührungspunkt mit LEVERAGE ist, will ich an dieser Stelle nicht mutmaßen, wie gut der Kimmo zu ersetzen vermag, aber was ich sagen kann: Alter Schwede, die Stimme des Mannes mit ihrer Theatralik und dem nicen Vibrato passt unfassbar gut zur Musik von LEVERAGE. Gute Wahl ebenfalls bei den Produzenten der Platte, der Sound ist so wie man ihn sich wünscht. Und die Violine als fester Bestandteil der Band war ebenfalls eine sehr gute Entscheidung. Sie arbeitet tendenziell eher wie ein Synthesizer (ohne die sinnhaft, nicht inflationär eingesetzten Synthesizer zu ersetzen) als wie ein Folk/Klassik-Instrument und gibt dem Sound von LEVERAGE einen passenden, nicht alltäglichen zusätzlichen Layer.
Und wie ist das jetzt stilistisch und musikalisch? Nun, laut Promotext geht die Musik der Band als Heavy Rock durch. Das passt soweit, auch wenn die Truppe daraus ihr eigenes Ding macht, mit ein bisschen AOR, ein bisschen Metal, plus X. Ganz hintergründig kann man „Gravity“ als progressive bezeichnen; angesichts des smarten Songwritings, der interessanten Melodien und der immer wieder zutage tretenden Art, Parts zu verbinden, ineinander greifen zu lassen, die absolut organisch wirkt, aber wirklich ein Kunststück ist, wenn man sich besagte Parts mal näher zu Gemüte führt. Man höre sich alleine „Tales Of The Night“, „Moon Of Madness“ und „Eliza“ an, die allesamt subtil spooky ausfallen, aber nicht auf die platte Weise mit Klischee-Sounds und -Effekten, sondern durch gekonnte Komposition und Interpretation. Dagegen gibt es mit „King Ghidora“ im Prinzip den Power-Metal-Track der Platte, allerdings im Soundgewand von LEVERAGE, und mit „Gravity“ einen wunderschönen, vielseitigen und gut strukturierten Knapp-10-Minüter, der sich Zeit für Feierlichkeit und ruhige Momente nimmt.
Und obgleich „Gravity“ in Sachen Songwriting echt intelligent gemacht ist, geht es einem damit nicht auf den Sack, sondern lädt dazu ein, sich in ihm zu verlieren und seine Reise mit ihm zu vollziehen. Und macht dabei wirklich kaum etwas falsch.

Fazit:
Sehr individueller Stil mit krassem Gesang, toll gemacht und gleichzeitig leicht verdaulich – „Gravity“ ist der nächste Kandidat für meine Top-10-Alben-Liste 2025.

Anspieltipps:
„Tales Of The Night“, „Eliza“, „Gravity“ und „Moon Of Madness“

Jannis

SECOND REIGN – Gravity

Band: Second Reign
Album: Gravity
Spielzeit: 59:55 min
Stilrichtung: Hard Rock
Plattenfirma: Massacre Records
Veröffentlichung: 24.09.2021
Homepage: www.facebook.com/secondreign

Dicke Polysynths, mehr anderen Synths, eine sehr klare Gesangsstimme, ordentlich Backing Vocals, viel BummZapp-Rhythmus und doch so die ein oder andere Dur-Wendung – das klingt nach AOR und ist die Kurzfassung, was den interessierten Hörer auf “Gravity” erwartet, dem Debutalbum der Schweizer von “Second Reign”, das coronabedingt sozial distanzierend aufgenommen wurde, mit getrennten Aufnahmetagen für die einzelnen Musiker. Das Resultat klingt nicht wie ein Debutalbum und es klingt auch nicht so, als sei es auf diese Art aufgenommen, und das sind schonmal zwei sehr gute Voraussetzungen.
Soundtechnisch ist das Ding absolut sauber, spiel- und gesangstechnisch auch. Der Synthesizer-Faktor ist unüberhörbar, ein erheblicher Teil der Songs beginnt bereits damit, aber dankenswerterweise setzt man nicht immer auf die selben zwei Sounds (was das angeht, bin ich wohl ein Stück weit vom letzten WHITE-WIDDOW-Album traumatisiert), sondern greift auf eine stabile Anzahl unterschiedlicher Klänge zurück, was für klanglich nötige Abwechslung sorgt.
Ohnehin ist “Gravity” nicht wirklich klassischer AOR, sondern zumeist eine gute Mischung aus AOR und Hard Rock. Sprich: die Stimmung ist weniger Love & Cheese, der Dur-Anteil geringer als bei einem 100%-AOR-Album, “düstere” Parts vergleichsweise häufig. Trotz Synthlastigkeit finden sich nur wenige der Standard-Pad-Teppiche, SECOND REIGN sind da schon geschmackvoller und etwas subtiler unterwegs, was positiv ist und von der Masse abhebt.
Klar, Dur-Wendungen sind vorhanden und hätten an einigen Stellen nicht sein müssen, ein bisschen Mut zu tatsächlicher Düsterkeit hätte nicht geschadet. Doch auch so, wie es ist, ist “Gravity” in seiner vergleichsweise geringen Klischeehaftigkeit sehr erfrischend, gönnt sich bei “Uncover” auch mal ein bisschen Doublebass und ein gewisses Maß an unerwarteter Progressivität, bei “Fire” saubere Heavy-Hard-Rockigkeit, ein klassisches wie zündendes Hard-Rock-Riff bei “The Truth” und allgemein ein schönes Maß an kleinen Details. Wer es eine Spur unbedarfter mag, widmet sich dem eingängig-fröhlichen “Let Me Breathe”, der Hard-Rock-Ballade “Borderline” oder dem finalen “Home”, das mit Saxophon daherkommt und mit seinem warmen Sound nicht zuletzt an ruhigere FOREIGNER-Songs erinnert.
“You’ll Never Catch Me (When I’m Gone)” setzt ebenfalls verstärkt auf AOR-Moves, greift dabei auf passende Kompositionsstrukturen zurück, die sehr AORig sind, aber nicht die, die man an der Stelle von einem unkreativeren Vertreter des Genres erwarten würde, und bei “Falling” holt man in der Strophe auch mal die E-Drums und das Klavier raus, um ab dem Prechorus ungleich druckvoller zu werden.
Klar, ab und an rutscht man schon ein wenig in Standard-Schemata ab, aber insgesamt schafft die Platte, was viele andere dieses Genres bei mir nicht schaffen: über eine Stunde hinweg absolut zu unterhalten, ohne nach zwei Dritteln bereits alles gesagt zu haben.

Fazit:
Dicker Hard Rock mit vielen Synths und hörbarem aber ausgewogen eingesetztem AOR-Anteil, lange nicht so cheesy, wie er sein könnte und erfreulich ideenreich, auch härtere Parts nicht scheuend, all das höchst professionell eingespielt/gesungen und stark produziert: SECOND REIGN haben hier ein eindrucksvolles Debut vom Stapel gelassen und können sich, wenn diese Qualität beibehalten wird, auf einen festen Platz im melodischen Rock-Circus freuen.

Anspieltipps:
“The Truth”, “Fire”, “Falling” und “Uncover”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Uninvited
02. The Truth
03. Let Me Breathe
04. Fire
05. Falling
06. Borderline
07. Wrong
08. Another Night
09. You’ll Never Catch Me (When I’m Gone)
10. Dark Matter
11. Uncover
12. The Big Lie
13. Home

Jannis