GLACIER – The Passing Of Time

GLACIER

Band: Glacier
Album: The Passing Of Time
Spielzeit: 40:11 min
Stilrichtung: Heavy/Power Metal
Plattenfirma: No Remorse Records
Veröffentlichung: 30.10.2020
Homepage: www.facebook.com/GlacierMetal

Während überall auf der Welt die Gletscher verschwinden, gibt es einen, der tatsächlich gerade zurückkehrt: der, der schonmal Ende der 70er in Portland, Oregon erschien und sich, wie so viele Bands in der Zeit, nach ein paar Demos auflöste. Ja nun, zu jeder undergroundigen Heavy-Metal-Band gibt es eine noch undergroundigere Coverband, im Fall von GLACIER namens DEVIL IN DISGUISE, die mit Michael Podrybau immerhin den originalen Gründungssänger ihren Leader nennen durften. Seit 2015 ein paar Auftritte, dann das offizielle okay der verbliebenen Originalmitglieder, die Tribute-Band als offizielle GLACIER fortzuführen, jetzt das Debutalbum “The Passing Of Time”. So kann es gehen. Stellt sich nur die Frage, ob das Ding auch tau(g)t.
Produktionstechnisch und spielerisch auf jeden Fall. Der Sound von “The Passing Of Time” ist klar, organisch und trotz angemessener Härte irgendwie gemütlich warm. Michaels Stimme sollte der Metalwelt zuliebe eigentlich auf mehr Alben auftauchen, er ist ein großartiger Sänger mit starker, unklischeehafter Heavy-Metal-Stimme und Ausdrucksstärke. Die Instrumentalfraktion ist erwartungsgemäß on Point und agiert im Sinne der Musik. Man braucht nicht immer zwei dicke Gitarren, wenn der Bass eine übernehmen kann und der Sound damit etwas hard-rockig oldschooliger wird. Man kann sie aber natürlich auch auf Lautstärke 11 so richtig schön asozial trocken schrubben lassen (“Valor”). Man braucht keine Keyboards, um eine vollen, harmonischen und dichten Sound hinzukriegen und auch kein Solosynth, wenn man stattdessen mit einigen schönen Gitarreneffekten arbeitet, die den Soloparts mehr klangliche Vielseitigkeit verleihen. Und man braucht kein halsbrecherisches Gefrickel, wenn man seinen Heavy Metal mit Power-Metal-Anleihen (beispielsweise beim herrlich betitelten und ziemlich fröhlichen “Eldest And Truest”) nicht nur professionell sondern auch mit Liebe zum Detail und durchdachter Komposition erschafft. Klischees darf man dabei natürlich verwenden (“Live for the whip, die by the sword!” mit NwoBHMig ausschlagenden Vocals), sind aber selten. Stattdessen verlässt man sich auf die Wirkung der Komposition und der Bandleistung, was zu kleinen Highlights wie “Ride Out” mit seinem Sechser-Takt in der Strophe und dem trockenen Kontrastriff im Vierer-Takt-Rest führt, zum unkonventionellen Chorus in “Infidel”, dessen Geschwindigkeit am Ende nochmal runtergebrochen wird (was immer geil kommt), und zum simplen Uptempo-Ausreißer “Into The Night”.
Die Songs an sich sind lange nicht so einfach, wie man es von Songs alter aufgelöster und nun erneut aktiver Metal-Bands erwarten könnte, wenn auch die Komplexität sich kein bisschen aufdrängt und lediglich im Unterhaltungsfaktor bemerkbar macht. Und das ist eigentlich das, was ein schön geschriebenes Heavy-Metal-Album zu einem nicht geringen Teil ausmacht!

Fazit:
Ich hätte die Truppe dem Sound nach in England verortet und mit ihrem melodieorientierten kreativen Heavy Metal erinnern sie ein Stück weit an jüngst rezensierte und ebenso großartige DARK FOREST in weniger folkig und mehr true. Und ganz klar, authentischer Heavy Metal mit Fantasie, Kreativität, edler Produktion und feiner Bandleistung: Ich weiß nicht, ob es insgesamt einen Fan der großen Genre-Klassiker gibt, der an “The Passing Of Time” keinen Spaß hätte.

Anspieltipps:
“Infidel”, “Valor”, “Ride Out” und “Eldest And Truest”

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Eldest And Truest
02. Live For The Whip
03. Ride Out
04. Sands Of Time
05. Valor
06. Into The Night
07. Infidel
08. The Temple And The Tomb

Jannis

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