SHAKE CITY – Shake City

(Eonian Records, 2009)

Es gab in den späten 80ern und frühen 90ern viele sehr gute Hair Bands, denen auf Grund der sich verändernden Szene der große Durchbruch, geschweige denn überhaupt eine Veröffentlichung verwehrt geblieben war. Doch wir schätzen uns glücklich, dass es heute ein paar Labels gibt, die genau diese vergessenen und verschwundenen Scheiben neu oder überhaupt zum ersten Mal veröffentlichen.

Eine dieser Bands ist Shake City, die in der Zeit von 1987 bis 1992 stets auf Tuchfühlung mit den größeren Acts der Szene war. Sänger Adam Shore war zudem Vorgänger von Jani Lane bei Warrant, so dass es nicht weiter verwunderlich ist, dass einer der Songs des vorliegenden Albums von Jani Lane geschrieben wurde und auf zwei weiteren Songs Erik Turner mitgeschrieben hat – selbiges tat auch ein schwarz-blauer Tommy Thayer.

Das Album hat einen sehr ausgereiften Sound, es handelt sich also keineswegs um eine lose Demosammlung. Klanglich und stilistisch liegen Shake City in der berühmten Schnittmenge von Kix zu „Blow My Fuse“ Zeiten, einer raueren Version von Poison’s zweitem Album, Warrant und ein wenig Tuff. Da ich immer großen Wert auf musikalische Fähigkeiten lege, hebe ich an dieser Stelle gerne hervor, dass Shake City absolut tight spielen, die Gitarrenarbeit deutlich mehr aufweist als nur Powerchords, immer wieder Harmoniestimmen auftauchen und der Gesang stets die richtige Höhe trifft – Hair Metal Gegner finden hier also wenig Angriffsfläche für Beschimpfungen.

Straighten Hard Rock liefert die Band beim Opener „One Good Reason“, dessen Riff ein wenig an „Call Of The Wild“ von Heart erinnert (aber auch nur erinnert), stilistisch mag ich den Song einmal als Bon Jovi’s „Bad Medicine“ ohne Keyboards beschreiben (nein nein, nur stilistisch, also von der Richtung her; nichts geklautes…).

Im gleichen Fahrwasser folgen „Lust & Love“ und “Game Of War”, welches eines der beiden ersten Warrant Alben durchaus bereichert hätte; ja, das ist die Jani Lane Nummer, aus welcher der Herr später wohl „Bed Of Roses“ gebastelt hat – nur so eine Vermutung.

Ordentlich gegroovt wird pflichtbewusst bei „Hot Love“ und dem wirklich superben „Bad On Wheels“, auf das bestimmt auch Cinderella stolz gewesen wären.

Ich bin, ehrlich gesagt, kein Freund schneller Abgehnummern, da es sich dabei meist um Füllmaterial handelt, in dessen Refrains dann viermal der Songtitel gerufen wird. Nicht aber bei „Betty Blue“. Hier gibt es gute Riffarbeit kombiniert mit Harmonien und Melodien, die einerseits griffig sind, dabei aber niemals ins poppig-kitschige abdriften. Als Referenz seien die schnelleren Songs auf Kix’ „Blow My Fuse“ genannt. Und während ich so weiterhöre, fällt mir auf, dass diese Beschreibung genauso gut auch auf den Song „Submarine“ zutrifft.

Interessant wird es bei „Psychedelic Ride“, bei dem auf dezente Weise Melodien gespielt und gesungen werden, die für den Hair Metal nicht ganz alltäglich waren, dennoch aber stark in selbigem verwurzelt sind. So weit „darf“ Weiterentwicklung gehen, ohne dass man sich als Fan verraten fühlt.

Zur Ballade „Little Lianne“ würden böse Zungen anmerken, dass wir sie von den Poisons, Warrants und Tuffs schon mehrmals vorher gehört hätten. Tatsächlich schlägt der Song genau in diese Richtung, was mich persönlich erfreut, und obendrein sind die Melodien schließlich nicht die selben. Sollte also in keiner halbakustischen Kuschelrock Sammlung fehlen.

Etwas voreingenommen bin ich bei „Get It While It’s Hot“, denn ich bin wieder einmal kein großer Freund von – diesmal sind es Songs im Shuffle Feel. Wenngleich ich diese etwas schleppende bluesbereicherte Nummer des öfteren überspringe, tut sie dem Album definitiv keinen Abbruch, da die Musiker immer wieder mit etwas unerwartetem daherkommen, das den Song wieder interessant macht: Slidegitarren. Tonartwechsel und den einen oder anderen nicht vorhersehbaren Melodiebogen.

Auch die zweite Ballade „Can’t Get Over You“ ist geshuffled, überzeugt aber durch ihren Mix aus Powerballade und 50er Jahre Liebeslied (um das böse Wort „Schnulze“ zu vermeiden).

Mit „Sweet Dreams“ gibt es noch eine schöne Akustiknummer, die sowohl aus dem Rahmen des Albums etwas herausfällt als auch aus den üblichen Hair Metal Akustiksongs herausragt. Vielleicht ist das G n’ R „Lies“ Album eine treffende Referenz.

Was sagen wir also abschließend? So stelle ich mir ganz persönlich gelungenen Hair Metal vor: von schnell bis langsam ist alles in perfekten Dosen vertreten, dazu gesellen sich musikalisches Know-How und hochwertige Instrumentalarbeit, und das Ganze wurde noch angereichert mit einem knackigen, druckvollen Sound, der absolut dem damaligen Major Standard entspricht.

Wer nun berechtigterweise meint, das Album haben zu müssen, kann unter diesem langen Link ein paar Samples anhören und direkt bestellen:
http://eonianrecords.com/rockshop/#ecwid:category=1808921&mode=product&product=7684048

Julian Angel

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Julian Angel ist Mastermind der deutschen Hair Metal Band Beautiful Beast, deren drittes Album ‚Kick Down The Barricades’ am 24. Januar 2014 erschienen ist.
www.beautifulbeastrock.com
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