AVATAR – Hunter Gatherer

Band: Avatar
Album: Hunter Gatherer
Spielzeit: 45:31 min
Stilrichtung: Melodic Death Metal
Plattenfirma: Century Media Records
Veröffentlichung: 07.08.2020
Homepage: www.avatarmetal.com, www.facebook.com/avatarmetal

Unbestreitbar, Live sind AVATAR ein wahres Erlebnis. Wer jemals die Chance haben sollte, sich die Jungs mal in Action anzusehen, der sollte sie auf jeden Fall nutzen. Die Entertainer Qualitäten von Sänger Johannes Eckerström suchen in der Metalwelt auf jeden Falls seinesgleichen. Dazu die Windmühlen der Gitarreros Jonas Jarlsby und Tim Öhrstrom sowie Tieftöner Henrik Sandelin ergeben zusammen schon ein beeindruckendes Bild. Drummer John Alfredsson komplettiert die optisch beeindruckende Bande aus Göteborg. Auch ich hatte schon das Vergnügen, die Band live zu erleben, mein erstes Erlebnis mit AVATAR liegt noch gar nicht so lange zurück. Es war 2016 in Berlin mit DISTURBED als Hauptact. Soviel sei gesagt, mit AVATAR als Vorband haben sich die Jungs aus Illinois wirklich gar keinen Gefallen getan. AVATAR haben die Stimmung bereits so aufgeheizt und soviel Spaß und gute Laune verbreitet, die doch eher ruhigeren Vertreter von DISTURBED konnten dagegen nicht mehr wirklich anstinken. Neben dem zahlreich geflossenen Bier sind mir von diesem Abend nur AVATAR wirklich gut in Erinnerung geblieben.
Musikalisch wird es dann eher schon wieder schwierig mit der Band. Obwohl bereits 2001 – damals noch als LOST SOUL – gegründet, haben die Jungens aus Schweden immer noch nicht so ganz ihren Weg gefunden. Zwar waren die beiden Alben „Hail The Apocalypse“ (2014) und „Feathers & Flesh“ (2016) schon recht vielversprechend, sogar megaklasse, es fehlt aber noch das große Ganze.
So ist es auch bei „Hunter Gatherer“. Nach dem eher zwiespältig aufgenommenen Vorgänger „Avatar Country“ haben sich AVATAR zwar wieder auf ihre Wurzeln besonnen, aber diese Wurzeln bestehen eben aus vielen Verzweigungen und es ist immer noch nicht ganz klar, wohin der Weg gehen soll. Das sorgt zwar für Abwechslung auf den Alben, aber so ein kleiner roter Faden fehlt dann doch irgendwie.
Nach dem bereits angesprochenen eher lustigen Vorgänger „Avatar Country“ begeben sich AVATAR mit „Hunter Gatherer“ auf deutliche düstere Pfade und dunklere menschliche Abgründe. Schon der Opener „Silence in the Age of Apes“ startet mit einer Weltbevölkerung, die haltlos auf eine ungewisse Zukunft zusteuert und sich mit überlegener Technologie, Entbehrung und grauenhaftem Schrecken konfrontiert sieht. Ähnlich düster, aber durchweg eingängig geht es auch mit dem Rest des Albums weiter.
Dennoch klingt es bei „Hunter Gatherer“ irgendwie unfertig, den Songs fehlen an manchen Stellen ein passendes Ende, ein Abschluss. Was nicht heißt, dass sie musikalisch schlecht wären, nur eben irgendwie nicht ganz zu Ende gedacht.
Positiv hervorzuheben sind auf alle Fälle die Vielschichtigkeit von Sänger Johannes, der so ziemlich jede Stimmung bedienen kann. Auch das die übrigen Musiker instrumental gereift sind, ist deutlich spürbar. Dennoch ändert das nichts an der Tatsache, dass nur die Hälfte der 10 Songs auf „Hunter Gatherer“ wirklich im Ohr bleiben, so z.b. der eingangs erwähnte Opener „Silence in the Age of Apes“, „When All But Force Has Failed“ oder auch „Wormhole“.

Aber, und das muss ich nochmal deutlich hervorheben: Was ich hier betreibe, ist immer noch jammern auf hohem Niveau. Auch wenn einige Songs aus den genannten Gründen abfallen, sind auch diese nichts für die Tonne und die anderen genannten Songs zünden dann doch ganz megastark gut. Das Zusammenspiel der Band, die gut arrangierten Songs, die gereifte Qualität sind schon nicht von schlechten Eltern. Luft nach oben ist vorhanden, Potenzial auch. Mal schauen, wie es weitergeht. Und wer modernen Metal mag, wird an AVATAR und „Hunter Gatherer“ nicht vorbeikommen. Und Live sind sowieso ungeschlagen.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Silence in the Age of Apes
02. Colossus
03. A Secret Door
04. God of Sick Dreams
05. Scream Until You Wake
06. Child
07. Justice
08. Gun
09. When All But Force Has Failed
10. Wormhole

Tänski

Die Schweden in Hochform (man achte auf die Windmühlen!):

IN FLAMES – I, The Mask

Band: In Flames
Album: I, The Mask
Spielzeit: 50:48 min
Stilrichtung: Metal, Melodic Death Metal
Plattenfirma: Nuclear Blast
Veröffentlichung: 01.03.2019
Homepage: www.inflames.com

Mit “I, The Mask” bringen IN FLAMES ihr mittlerweile 13. Studioalbum raus. 13, die magische Zahl… aber Magie verbirgt sich leider hinter „I, The Mask“ nicht wirklich. Viele Fans der „alten“ IN FLAMES werden vermutlich auch mit dem neuesten Werk der Schweden nicht wirklich warm werden, was vielleicht auch Kalkül der Band ist. Sonst würde man nicht schon seit dem Ausstieg von Mastermind Jesper Strömblad im Jahr 2010 einen anderen Weg einschlagen. Was IN FLAMES seitdem produziert haben, war stellenweise gefällig, stellenweise auch seeehr gut, aber häufig gefühlt auf Radiotauglichkeit getrimmt. Dazu passte dann auch die Attitüde von Sänger und Growler Anders Fridén, der z.B. 2015 einige merkwürdige komplett in weiß gekleidete und Fans abwertende Auftritte hingelegt hat. Nun gut, da hat man sich mittlerweile wieder gefangen und bietet den Fans endlich wieder Shows, die IN FLAMES würdig sind.
Und auch der neueste Dreher „I, The Mask“ beginnt erstmal vielversprechend. Mit „Voices“ geht es direkt fulminant los, der geneigte Fan hat ein leichtes Lächeln im Gesicht und hofft… Zusammen mit dem Titeltrack und den beiden nachfolgenden Songs „Call My Name“ und „Above“ bildet es den harten Teil auf „I, The Mask“. Gewohnt hart, klingen auch diese 4 Songs verdammt gut nach IN FLAMES. Aber 4 Songs von 12? Das reicht einfach nicht.
Der zweite Teil der neuen IN FLAMES startet mit dem ruhigen „Follow Me“. Als Zuhörer des Untergangs möchte ich eigentlich gar nicht weiter folgen, sondern am liebsten nur die ersten 4 Songs in Dauerschleife hören. Auch wenn diese im Vergleich zu den älteren Werken (mit Jesper Strömblad) deutlich abfallen. Mit „Follow Me“ wird der US-amerikanische Weg der Musikalität eingeschlagen. Weg von dem, was schwedischen Melodic Death Metal ausmachen. Seichter Song mit poppig-hartem Mitsing-Refrain.
Das folgende „(This Is Our) House“ könnte auch dem 2016er Album „Battles“ entsprungen sein. Während des Intros schreit Anders Fridén mit einer Horde Kinder um die Wette und mein erster Gedanke war, wow, POD klingen wie IN FLAMES. Der Song hat zwar den erforderlichen Drive, aber ist nicht der wirklich große Reißer. Etwas mehr Bumms stünde ihm gut zu Gesicht.
Ein Totalausfall der gesanglichen Qualität ist „We Will Remember“. Anders Fridén kann einfach besser shouten als singen, das merkt man in diesem – ebenfalls sehr langsamen – Song deutlich. Zusammen mit „In This Life“ ein sehr radiotaugliches Pop-Duo. Einen Song dieser Art hätte ich IN FLAMES auch zugestanden, aber leider haben diese die musikalische Macht übernommen.
Erfreulich härter geht dann schon wieder „Burn“ ans Werk und man freut sich über die zurückgekehrten Shouts. Bis dann der Refrain gnadenlos zuschlägt und den guten Eindruck dann doch deutlich dämpft. Modern US Metal as its best, welcher aber bei den Schweden fehlplatziert wirkt. Ein kleines Experiment ist „Deep Inside“. Mit gekonnt ins Szene gesetzten orientalischen Rhythmen ein interessanter Start, der aber im weiteren Songverlauf leider doch nicht richtig zündet. Mit „All The Pain“ erfolgt ein weiterer Versuch von Anders Fridén, sich als Sänger zu etablieren. Dass er aber, wie zuvor schon angemerkt, einfach ein genialer Shouter aber kein wirklicher Sänger ist, hört man auch hier deutlich. Zumal „Deep Inside“ sehr seicht und belanglos dahindümpelt.
Den versöhnlichen Abschluss bildet „Stay With Me“, ein gar nicht mal so schlecht designter Song. Nicht so ganz IN FLAMES typisch, aber hier spürt man die schwedische Schule. Wehmütige Melodien die einen kleinen Rest Jesper beinhalten. Aber ich werde nicht bleiben, definitiv nicht. Ich weiß, dass die Schweden auch mit der geschrumpften Rumpfmannschaft deutlich mehr vollbringen kann. Auch wenn es Anders Fridén egal ist, was die „alten“ Fans über das neueste Werk denken, sollte er die Tür zur alten Welt nicht komplett verschließen. Denn diese haben IN FLAMES zu dem gemacht, was sie heute sind, auch wenn die einstigen Pioniere der Göteborger Schule ihre Wurzeln anscheinend lieber vergessen wollen. Ich glaube an Euch, daher gibt es auch liebevolle und gutgemeinte 5 Punkte, verbunden mit der Hoffnung auf ein klein bisschen mehr Metal im nächsten Album.

WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Voices
02. I, The Mask
03. Call My Name
04. I Am Above
05. Follow Me
06. (This Is Our) House
07. We Will Remember
08. In This Life
09. Burn
10. Deep Inside
11. All The Pain
12. Stay With Me

Tänski

JOTNAR – Connected/Condemned

Band: Jotnar
Album: Connected/Condemned
Spielzeit: 59:28 min
Stilrichtung: Melodic Death Metal
Plattenfirma: Massacre Records
Veröffentlichung: 21.04.2017
Homepage:  www.jotnar.com 

2017 ist endlich soweit. Die bereits Ende 2008 gegründete Band JOTNAR bringt ihr Debütalbum „Connected/Condemned“ raus. Lange lange lange mussten die Fans warten, aber es hat sich absolut gelohnt. Das Sahnestückchen ist für ein Debüt erstaunlich erstklassig und einzigartig geworden, die Produktion feinste Schweizer Schokoloade. Gemischt von Sacha Laskow in den Perfect Filth Studios in Kanada und gemastert von Jens Bogren in den Fascination Street Studios in Schweden ist das Teil eine echt runde Sache mit nur ganz wenigen unbedeutenden Kanten geworden. 
In Teilen wird man an IN FLAMES erinnert, als sie noch gut waren und für ihre Musik brannten („I, the paradox“) und  doch übertrumpfen JOTNAR ihre Vorbilder locker mit knalligem Melodic Death Metal und beinharten Riffs, die einen nicht zur Ruhe kommen lassen. Schon der Titeltrack „Connected/Condemned”, der anfangs harmlos und nett daherkommt, enttäuscht nicht und ballert einem nach kurzem Intro die ersten harten Sounds um die Ohren und zeigt sein wahres metallisches Gesicht. Auch die Zusammenarbeit mit Björn „Speed“ Strid von Soilwork im Song „Broken Esteem“ und Jennie Nord  von Ultimate Fate bei „The Portrait“ fügen sich nahtlos ein und verleihen dem Debüt das gewisse Etwas, das die Scheibe von so vielen einfallslosen und mit dem Gestank des Mainstream behafteten Melodic Death Metal Alben unterscheidet. D vergleichsweise langsame Track „The Portrait“ rundet die ganze Sache ab und gibt dem Gesamtwerk einen absolut würdigen  Abschluss.
JOTNAR verbinden Old School Elemente mit modernen Melodic Death Metal Arrangements und erfrischen dabei mit neuen Ansätzen. In den Songs „Starved of Guidance“, „Missing Shadows“ oder auch „The loneliness Legacy“ hört man die Verbindung von alt und neu so fließend wie Ying und Yang am deutlichsten raus. Füße still halten ist nicht, der ganze Körper will sich schütteln und zur Musik der Jungs aus Spanien abzappeln und alles rauslassen, was an Energie aufzutreiben ist. Am liebsten vor einer Bühne, denn dort sind sie eine Naturgewalt, deren Fangemeinde mit jedem Gig noch wächst. Die Spanier haben mittlerweile auch schon etliche erfolgreiche Shows mit bekannten Bands wie KORN,AMON AMARTH, MACHINE HEAD, SABATON oder AT THE GATES gespielt. 
Nachdem Sänger Misael Montesdeoca die Band aus persönlichen Gründen verlassen hatte, übernahm Mario Infantes seinen Platz. Infantes fügte dem bisherigen Sound der Band eine völlig neue Dimension hinzu und endlich konnten die Aufnahmen für das Debütalbum starten. Und was für ein Album das geworden ist. JOTNAR haben ihren eigenen Sound und verbinden ihr Metall ohne jegliche Schweißnaht in kraftvolle und alles zermalmende Gitarrenriffs mit geschmeidigen Melodien, wahnsinnige Growls mit eingängigen Refrains. Die ausgewogene Mischung aus heftigen und aggressiven Rhythmen und doch so ausgeprägten Melodien machen aus JOTNAR definitiv eine Band, mit der auch weiterhin zu rechnen ist. Zum Glück für Alle, die auf geil gemachten, astreinen Melodic Death Metal stehen.

Einzig das Nelly Furtado Cover „Say it right“ entzieht sich mir völlig, den tieferen Sinn dahinter suche ich noch immer vergebens. Es ist ganz nett gemeint, aber das Lied hätte sich die Band sparen können, hier gibt es definitiv bessere Sachen, in denen JOTNAR ihre Akzente setzen kann. Zudem besteht die Gefahr, dass das Album mit knapp 60 Minuten Spielzeit auf die Dauer etwas an Schwung verliert. Aber dennoch kann ich es jedem Fan des Genres nur empfehlen, die Band kann endlich ihren Weg gehen und in der aktuellen Besetzung wird noch weitere großartige Musik auf uns zukommen! Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Album. 


WERTUNG:

 

 

Trackliste:

01. Connected/Condemned
02. Remaining Still
03. Missing Shadows
04. Broken Esteem (Feat. Björn "Speed" Strid)
05. Suicidal Angel
06. Live Together Die Alone
07. Starved Of Guidance
08. I, The Paradox
09. The Sentence
10. Invisible Trace
11. The Loneliness Legacy
12. Say It Right (Nelly Furtado Cover)
13. Envy World
14. The Portrait (Feat. Jennie Nord)

Tanja